Der Extrakt aus dem Prostatakrebs-Forum von KISP und BPS

Therapie-Entscheidung

[Auf dieser Seite wird gesammelt, welche Überlegungen Patienten und Ärzte nach der Krebsdiagnose angestellt haben, um sich für eine Therapie zu entscheiden, von der sie dachten, dass sie unter den gegebenen Umständen und unter Abwägung aller Für und Wider die beste für ihre persönliche Situation sei. Ebenso sind Anfragen Neudiagnostizierter gesammelt, die nach der Diagnose zwar wohl alle noch unter Schock standen, aber doch begonnen hatten, im Internet über ihre Optionen zu recherchieren, und die Anfragen zu ihren Anfragen. Diese Sammlung sollen anderen Neudiagnostizierten Beispiele für die Gedankengänge anderer in derselben Situation liefern.

Es gibt beim Prostatakrebs keinen "Goldenen Standard", auch wenn viele Urologen überzeugt sind – und es ihnen in ihrer Ausbildung beigebracht wird –, ihn mit der Radikalen Prostatektomie (RPE) in der Hand zu haben. Immer müssen das Stadium des Krebses und seine Biologie mit in das Kalkül einbezogen werden, und nicht zuletzt die Gedanken des Patienten, welche Risiken und Nebenwirkungen die jede Therapie hat, nur unterschiedlich – er bereit ist, in Kauf zu nehmen. Lesen Sie vor Ihrer Entscheidung die Artikel zu den Ersten Ratschlägen, zu den unterschiedlichen Therapieoptionen und ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen und zur Wichtigkeit des Ermittelns der Biologie des Prostatakrebses. Eine "Therapie light" gibt es beim Prostatakrebs nicht! – Ed]

Ralf schrieb am 14.02.2001:

...Ich habe mich vor zwei Monaten für die DHB entschieden, und dann vor einiger Zeit, zunächst für mich, niedergeschrieben, warum ich dies tat. Es ist ein langer Aufsatz daraus geworden (12 Seiten), und ich möchte meine Gründe hier einfach zur Kenntnis geben und zur Diskussion stellen.

[Dieser lange Text kann per Anklicken mit der rechten Maustaste hier als PDF-Datei heruntergeladen werden. Zum Anzeigen von PDF-Dateien ist der kostenlos erhältliche Acrobat-Reader erforderlich – Ed.]

Markus fragte am 7.8.2002:

Markus (1938)

Dx: 09.04.2002; aPSA 3,0; PV?
Bx1: 08.05.2002; T in 0/8
Bx2: 02.07.2002; T in 3/8 Apikal L & Mitte L: Gleason 3+5=8 (Infiltrationsgrad 5 %); G3!
TZ L: Gleason 3+3=6 (Infiltrationsgrad 1 %, randlich)
PG 70 g (davon Adenom 30 g)
Tx-Empfehlung 16.07.2002: PEl
In Aussicht stehendes Operationsdatum: "gegen Ende 08.2002"; bis dahin keine tumorhemmenden Massnahmen; bis heute, 07.08.2002, noch keinen Termin erhalten...

Mich quält die Frage:

Was nützt die Früherkennung, wenn dann nicht rasch gehandelt wird? Ich fürchte, durch aufgezwungenes Warten den anfänglichen Bonus "Heilungs-Chance 100 % wahrscheinlich" zu verlieren. Ich sei "jung" und der Tumortyp G3, was beides ein rasches Krebswachstum befürchten lässt.

Was halten Sie von meiner Situation?

Bodo fragte erst einmal zurück:

Ihr PSA ist bei 3,0 ng/ml, was war die Ursache für eine Biopsie?

Und Markus gab die Erklärung:

Anlass für die Biopsie gab die Summe Prostatavergrößerung & Tastbefund (Höcker an der Oberfläche) & PSA = 3,0 & "Abklärung auf sicher". Deshalb folgte auf eine erste Biopsie ohne Befund eine zweite, 6 Wochen später, mit je 8 Gewebeproben.

Wil gab dann am selben Tag eine Antwort auf Markus' ursprüngliche Frage:

Einfach. JEDEN Monat PSA messen um die PSA-Verdopplungszeit genau zu ermitteln (hier kann ich helfen).

Wenn GS tatsächlich 3+5 ist (hatte ich auch in 1993, T3,N+M1), dann erwarte ich eine PSA-Verdopplungszeit von nur 6 bis 12 Wochen. Falls sich dieses bestätigt (du brauchst noch 2 oder 3 Messungen), dann ist der PK so aggressiv, dass ich nicht einmal an eine Operation denken würde, sondern ich würde eine Hormonblockade anfangen. Ist gar nicht tragisch! Köpfchen dabei halten [= kühlen Kopf bewahren? - Ed] und lernen, wie man seine Chancen noch weiter verbessern kann.

Falls die PSA-Verdopplungszeit sich als sehr lange herausstellt, z. B. mehr als 8 Monate, dann dürfte die angegebene GS nicht stimmen. Dann die GS überprüfen lassen. Du hättest dann viel Zeit zum Überlegen.

Und Uwe schrieb:

Wil hat Dich hoffentlich beruhigt. Dein Krebs hat 10 bis 20 Jahre gebraucht, um so groß zu werden, dass man ihn mit der Biopsie findet.

Ich empfehle jedem Betroffenen, nach der Diagnose PK sich ein bis drei Monate Zeit zu nehmen, um dann eine fundierte Entscheidung für die Therapie zu treffen. Du musst die Therapie finden, zu der deine Eigenkompetenz sagt: Die ist richtig für mich und meine Situation, wir nennen das "Sei Dein eigener Guru". Lass Dir Zeit und mach keine Hektik, das schadet Dir und nützt nur Deinem Krebs.

Markus schrieb dann nur einen Tag später:

Wenn in einem drin ein bösartiger dynamischer Prozess läuft, und plötzlich weiß man darum, ist Ruhe bewahren eine schwierige Aufgabe. Ihr Zuspruch hilft mir - danke! Übrigens: Wenige Stunden nach meinem Einstieg ins KISP-Forum erhielt ich gestern mit der Morgenpost mein Aufgebot: Spitaleintritt am 26.08.2002

Und dann: Prostatektomie

Seit drei Wochen recherchiere ich im Internet und habe viel Information gesammelt und Berichte gelesen. Am Ende gelange ich für mich zum gleichen Ergebnis wie der Urologe am Zürcher Unispital. ...

Jetzt läuft alles wie beim Fliegen: Schnall dich am Sitz fest und vertraue dem Piloten und der Technik... Ich hoffe, mit Deinem Rat werde ich nach der Landung, auf die neue Situation bezogen, immer noch einiges machen können!?

Dieter schrieb am 3.7.2003 unter dem Betreff "Abschließender Erfahrungsbericht":

der Weg übers Internet und andere Medien war der erste Schritt, den ich gegangen bin, nachdem ich am 28. Februar 2003 die Diagnose Prostatakrebs erhielt. Dieser Weg soll auch (nachdem ich nun alles hinter mich gebracht habe) der letzte Schritt sein und zwar mit einem großen Dankeschön an alle Barbaras, Christines, Uwes, Christians, Ludwigs, Franks, Horsts usw., die mir in Form von Erfahrungsberichten, Ratschlägen und Tipps geholfen haben die Problematik zu verstehen und damit umzugehen. Es gab mir das Gefühl, dass ich mit dem zu dieser Zeit sich in meinem Kopf abspielenden Chaos an Gedanken und Ängsten nicht mehr allein war.

Deshalb beschreibe ich nachstehend noch einmal meinen Weg. Ich tue das in der Hoffnung, dass es dem einen oder anderen Betroffenen in der Anfangsphase hilft, sich zu motivieren und gegen diesen Schicksalsschlag Kraft aufzubauen und dagegen anzukämpfen.

Ich war zu dem Zeitpunkt 64 Jahre alt, verheiratet, Vater zweier erwachsener Söhne, fühlte mich absolut fit und hatte keinerlei Beschwerden. Beruflich war ich die letzten 30 Jahre in einem amerikanischen Konzern als Sales Manager tätig. In meinem gesamten Berufsleben haben mich bei auftretenden Schwierigkeiten immer zwei Floskeln begleitet, nämlich "stay flexible" und " Blick nach vorne". Nachdem ich die Diagnose Prostatakrebs erhalten, den Schock verdaut hatte und danach einen Durchhänger von ca. einem Tag durchlebte, wurde mir bewusst, dass ich diese beiden Floskeln nun kompromisslos auf mich selbst anwenden musste. Das heißt, ab dem Zeitpunkt erklärte ich diesem hässlichen Thema Krebs den Krieg. Ich wollte alles tun, um wenigstens mit einem blauen Auge davonzukommen.

Begonnen hatte alles bereits Anfang 2001 mit einem PSA von 6,50. Das veranlasste mich einen Urologen aufzusuchen. Die vierteljährlich durchgeführten Kontrollen zeigten steigende (bis zu 8,95) aber dann auch wieder fallende Werte (im Juni 2002 war der PSA wieder bei 5,15). Mein damaliger Urologe sagte mir, dass das alles noch in der Grauzone liege und nicht beängstigend sei. Das war sicher keine gute Einschätzung, die letztendlich dazu führte, dass weiter kostbare Zeit ungenutzt verstrich. Vermutlich hatte ich damals auch noch eine Prostatitis, die zufällig, wegen eines anderen Problems, mit Antibiotika mitbekämpft wurde und dadurch das Auf und Ab bewirkte.

Als im Januar 2003 mein PSA wieder 8,12 erreichte, entschloss ich mich zu einer Biopsie in der Horst-Schmidt-Klinik in Wiesbaden und trennte mich gleichzeitig von meinem Urologen, der meinte, dass ich weitere sechs Monate abwarten sollte. Die Biopsie wurde im Februar durchgeführt. Genommen wurden acht Stanzproben mit dem Ergebnis, dass rechts medial, rechts basal sowie in der rechten Transitionalzone jeweils der Nachweis eines mäßiggradigen differenzierten Adenokarzinoms festgestellt wurde. Die übrigen 5 Stanzzylinder waren karzinomfrei.

Die sich daraus ergebenden Diagnosen waren:

1. Prostatakarzinom T1c, Gleason 3+3=6 (C 61)
2. Bulbäre Harnröhrenstriktur (N 35,9)

Befunde/Sonographie:

Nieren beidseits ohne Auffälligkeiten, Harnblase glatt berandet. TRUS: Prostatavolumen 26 ml.

Empfehlung: Es wurde die radikale Prostatektomie sowie die Urethroskopie und ggf. Urethrotomia interna in gleicher Sitzung empfohlen.

Nun begann meine Suche nach der für mich optimalen Behandlungsmethode. Bekannt war mir bisher nur die RP. Bekannt deshalb, weil über keine andere so kontrovers (leider oft zu recht) in den Medien und zwischen Betroffenen diskutiert wurde und wird. Aber sie ist auch mit ca. 50 % immer noch die am häufigsten angewandte. Kein Wunder, dass es da auch Probleme zu berichten gibt.

Unter den verschiedensten Titeln, wie z. B. "Das Tabuthema Prostatakrebs" habe ich die Thematik auch in den Medien verfolgt. Nun beschaffte ich mir auf der Suche nach "meiner" Lösung alles erhältliche Informationsmaterial, das ich bekommen konnte. Im ersten Schritt befasste ich mich mit der DHB (Dreifache Hormonblockade nach Prof. Leibowitz). Danach erfuhr ich von der Möglichkeit der Ultraschallzertrümmerung (HIFU = Hoch Intensiv Fokussierter Ultraschall), der Brachymethode (Seeds und Afterloading), der OEK (Oel-Eiweiß-Kost), der STT (Selektive Tumor-Therapie), der endoskopischen Operationsmethode usw.

Alles klang auf seine Art erfolgversprechend und jedes für sich hatte begeisterte Befürworter, die damit gute Erfahrungen gemacht hatten. Anstatt klarer zu sehen, wurde die Entscheidungsfindung für mich immer schwieriger. Ich musste mich wieder darauf besinnen, was ich erreichen wollte. Ich wollte nach einer Behandlung möglichst wenig bis keine Unklarheiten den Erfolg betreffend. Ich wollte mich nicht immer wieder fragen müssen, wie hoch ist das verbliebene Langzeitrestrisiko. Damit meine ich nicht, dass ich Gewissheit haben wollte niemals mehr Krebs zu bekommen (das kann niemand ausschließen), sondern ich stellte mir vor, diesen jetzt vorhandenen Herd mit einer der heute zur Verfügung stehenden Therapien relativ sicher zu eliminieren. Deshalb entschied ich mich auf Basis meiner Diagnosewerte für ein Positiv/Negativ-Ranking aller mir bis dahin bekannten Behandlungsmethoden. Übrig blieben danach die Seeds-Implantate und die radikale Prostatektomie.

Es folgte die Teilnahme an einer Brachytherapie-Präsentation mit Schwerpunkt Seedsimplantate, die von einer Selbsthilfegruppe organisiert worden war. Danach führte ich noch ein persönliches Gespräch im Brachyzentrum Köln mit dem zuständigen Radiologen. Parallel dazu konsultierte ich einen niedergelassenen Urologen sowie noch einmal den Chefarzt der Urologie der HSK Wiesbaden. Beide Seiten (die Befürworter der Brachytherapie wie auch die der radikalen Prostatektomie), haben mich absolut neutral und fair beraten. Keiner dieser Fachärzte hat versucht mich übermäßig einseitig in seine Richtung zu motivieren. Das war auch eine gute Erfahrung, die ich gemacht habe. Natürlich gab es innerhalb dieser Gespräche Dinge, die mich mehr oder weniger stark beeindruckten oder überzeugten. Zuletzt musste ich aber mit mir selbst fertig werden und für mich eine Entscheidung treffen. Die Behandlung mit Seedsimplantaten war sehr verführerisch, denn sie kann ambulant durchgeführt werden und verspricht, genau wie die RP, eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit. Leider wird die statistische Erfassung der Behandlung mit Seedsimplantaten erst seit ca. 5 Jahren methodisch betrieben. Trotz intensiver Suche war es mir nicht möglich, Betroffene zu finden, die sich dieser Behandlungsmethode vor wenigstens länger als fünf Jahre zurück unterzogen hatten und die mir Erfahrungswerte geben konnten. Die Ungewissheit, nach diesem Zeitraum möglicherweise erneut mit dem Problem Prostatakrebs oder mit Behandlungsfolgeerscheinungen konfrontiert zu werden, erschien mir deshalb letztendlich zu riskant. Hinzu kam, dass mir von allen Seiten versichert wurde, dass eine danach evtl. notwendig werdende Prostatektomie äußerst kompliziert, wenn nicht sogar unmöglich, sei. Deshalb entschied ich mich für die unbequemere und schmerzhaftere RP unter der Voraussetzung, dass mein Krebs die Kapsel noch nicht durchbrochen hatte. In der HSK wurde mir das glaubhaft versichert, trotzdem wollte ich sicher gehen und unterzog mich bei Prof. Vogl in der Uniklinik Frankfurt/M. zusätzlich einer MRTS. Der Befund war klar, kein Überschreiten der Kapsel, kein sicherer Nachweis pathologisch vergrößerter Lymphknoten. Damit war die Entscheidung endgültig für die RP gefallen.

Ich hatte viele Informationen bekommen, wo die besten Operateure in Deutschland zu finden seien. Das fing mit HH-Eppendorf an und ging weiter über die Charite Berlin, Uniklinik Homburg/Saar, Uniklinik München, Uniklinik Würzburg usw. Ich wohne in der Nähe von Wiesbaden und schätzte die dortige Horst-Schmidt-Klinik, in der ich schon mehrfach wegen anderer Probleme erfolgreich operiert wurde. Doch niemand erwähnte diese Klinik. Nachdem mir von verschiedenen Urologen und in der Wiesbadener Selbsthilfegruppe von dort Operierten gute Operationserfolge bestätigt wurden und ein letztes Gespräch mit dem dortigen Chefarzt mir ein absolut gutes Gefühl gaben entschied ich mich, den Eingriff dort durchführen zu lassen.

Die Operation erfolgte am 27. Mai. Unter Durchführung einer Schnellschnitt-Diagnostik und dem negativen Befund diverser Lymphknoten wurde beidseits gefäß- und nerverhaltend operiert. Eine Harnröhrenverengung wurde ebenfalls beseitigt. Die Operation erfolgte unter etwas erschwerten Bedingungen, ausgelöst durch eine 1996 notwendig gewordene Darmoperation mit vorübergehendem künstlichem Ausgang, der 1997 zurückverlegt wurde und damals zwei Eingriffe in der selben Operationszone nötig machte. Aber auch das wurde von dem Chirurgen sehr gut bewältigt. Am 10. Juni (also exakt 14 Tage nach der OP) wurde, nach radiologischer Kontrolle der Neuverbindung der Harnblase mit der Harnröhre und dem festgestellten Ergebnis "dicht", der Harnblasenkatheter gezogen. Meine größte Befürchtung, nach der OP erst einmal inkontinent zu sein, bestätigte sich nicht. Mein Schließmuskel war funktionsfähig und ich somit kontinent. Lediglich vorsichtshalber trug ich für den Rest dieses Tages Einlagen, was sich aber als unnötig erwies. In der gleichen Woche wurde ich entlassen. Mit mir verließen noch zwei weitere Patienten (einer erheblich jünger und der zweite ein Jahr älter als ich) die Klinik mit dem gleichen guten Operationsergebnis. Was die Erektionsfähigkeit angeht, scheint sich, nachdem nun ca. vier Wochen vergangen sind, auch wieder "Bewegung" anzukündigen.

Das Ergebnis der Prostatahistologie:

Die Resektionsränder sind allseits tumorfrei. Beidseits tumorfreie Lymphknoten. TNM-Klassifikation pT2a pNO Gleason Score 3+3=6.

Es geht mir gut und so wie es aussieht, bin ich erst einmal "aus dem Schneider" wie man so schön sagt, denn absolute Sicherheit gibt es nicht. Jedenfalls habe ich im Moment das Gefühl "frei" (im doppelten Wortsinne) zu sein.

Nach dieser Erfahrung bin ich überzeugt, dass die RP im Falle eines vorher weitgehend sicher festgestellten T1- oder T2-Tumorstadiums eine erfolgversprechende Behandlungsmethode darstellt, dem Krebs zu entkommen, wenn sie von einem erfahrenen Chirurgen durchgeführt wird.

Die Entscheidung allerdings, welche Behandlungsmethode im Fall des Falles für den Einzelnen die richtige ist, muss jeder für sich fällen. Hierfür wünsche ich allen Betroffenen eine glückliche Hand und

Euch allen (und natürlich auch mir) von Herzen zunehmend bessere gesundheitliche Perspektiven.

Susanne fragte am 8.8.2003 im KISP-Forum:

Leider hab ich keine genauen Befunde, die ich Euch beschreiben kann, aber trotzdem hoffe ich, dass Ihr mir ein wenig weiterhelfen könnt.

Mein Papa (61) hat Prostatakrebs. Die Biopsie hat ergeben, dass sich der Krebs schon ausgebreitet hat und deshalb nicht mehr operabel ist. Er hat ihm ein Hormon gespritzt, welches die Bildung der männlichen Hormone unterdrückt. So weit so gut. Aber ist das ALLES?

Der Arzt (Urologe) meinte, mehr könnte man nicht machen. Hinzu kommt, dass mein Papa einen PSA wert von 500 hat und Knochenmetastasen festgestellt worden sind (vor allem in der Hüfte, teils Schulter, teils Wirbelsäule). Schmerzen irgendwelcher Form hat mein Papa KEINE!!

Leider war ich bei den Arztgesprächen selbst nicht mit dabei, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das alles sein soll was man tun kann.

Vielleicht könnt ihr mir auch sagen, wie ich am besten meinen Papa helfen/unterstützen kann. Seine psychische Situation ist sehr ausgeglichen und gelassen (ein Glück). Aber meine Eltern nehmen das alles so hin, von wegen "was der Arzt sagt, wird schon richtig sein und dann fragen wir auch nicht". Das macht mich wahnsinnig.

Habt Ihr Vorschläge/Anregungen für mich?? Ich wäre Euch echt dankbar!!

Ralf antwortete am selben Tag:

man kann mehr machen, als dieser Urologe meint (oder weiß). Voraussetzung ist aber, dass der Patient das auch glaubt und bereit ist, das Wort des Onkel Doktor in Zweifel zu ziehen und sich ggf. einen anderen zu suchen. Das kommt gerade bei unserer Krankheit gar nicht so selten vor, denn immer wieder haben wir den Eindruck, dass das Wissen vieler deutscher Urologen auf dem Stand von vor 20 Jahren stehengeblieben ist.

Ihr Vater hat jetzt eine, vermutlich Dreimonats-, Depotspritze eines sog. "LHRH-Agonisten" (Enantone, Trenantone, Zoladex oder Androcur) bekommen, der die Produktion des Testosterons in den Hoden herunterfährt. Prostatakrebs im Anfangsstadium und auch später noch ernährt sich von Testosteron. Das wird aber zu 10-20 % auch in den Nebennieren gebildet, und dagegen richtet die Spritze gar nichts aus. Es müsste jetzt mindestens noch ein sogenanntes "Antiandrogen" hinzugenommen werden. Es hätte, genau genommen, bei nachgewiesenen Knochenmetastasen bereits vier bis sieben Tage vor der Spritze verabreicht werden müssen. Wenn der Arzt dies nicht getan hat, ist er unqualifiziert; es hätte gereicht, wenn er die Packungsbeilage der Spritze gelesen hätte, da steht es drin.

Dieses Antiandrogen blockiert die Testosteron-Rezeptoren der Prostatazellen und muss von jetzt an parallel zu den Depotspritzen gegeben werden. Antiandrogene sind Flutamid 3 x 250 mg täglich(billig, etwas unbequem in der Verabreichung und mit Nebenwirkungen behaftet) und Casodex 1 x 150 mg (nicht 50 mg!) täglich (20-mal so teuer wie Flutamid, einfacher einzunehmen und in der Regel mit weniger Nebenwirkungen behaftet).

Als Drittes sollte Proscar 1 x 5 mg täglich hinzugenommen werden. Proscar (oder als neueres Mittel Avodart, ich bin aber nicht sicher, ob das in Deutschland bereits erhältlich ist) vermindert die Umwandlung von Testosteron in Dihydrotestosteron (DHT), das den Krebs fünfmal so stark anheizt wie Testosteron. Diese Erkenntnis ist noch längst nicht in allen Urologenköpfen angekommen.

Die Kombination dieser drei Mittel, und verabreicht über einen Zeitraum von ca. 13-24 Monaten, ist bei PK-Patienten (und immer mehr Ärzten, die ihr aber, aus welchen Gründen auch immer, selten positiv gegenüberstehen) mittlerweile als "Dreifache Hormonblockade" (DHB) bekannt. Es existieren auf diesem und auf dem anderen deutschen PK-Forum www.prostatakrebs-bps.de umfangreiche Berichte dazu. Lesen Sie im "Forumextrakt" unter "Therapien" und "Th.-Erfahrungen", was zur DHB, und unter "Medikamente", was zu den genannten hier im Forum bereits geschrieben worden ist.

Bei nachgewiesenen Knochenmetastasen muss zusätzlich ein Bisphosphonat verabreicht werden, das die Knochen stabilisiert und die Metastasen bekämpft. Das beste derzeit erhältliche ist Zometa. Davon werden alle vier Wochen 4 mg injiziert.

Das bis hier Beschriebene ist das Mindeste, was ein gewissenhafter Arzt bei Ihrem Vater jetzt tun sollte.

Bei metastasiertem Krebs würden einige onkologische PK-Spezialisten, von denen es in Deutschland wie in den USA jeweils vielleicht eine Handvoll gibt, zusätzlich eine niedrigdosierte "metronomische", d.h. einem präzisen Zeitplan folgende, Chemotherapie einleiten, weil ihre Erfahrung ist, dass auch die dreifache Hormonblockade plus Bisphosphonat in vielen Fällen nicht ausreicht, um die Krankheit unter Kontrolle zu halten (von "Heilung" wollen wir nicht reden, aber von "Kontrolle", bis der Betroffene in hoffentlich gesegnetem Alter an etwas anderem stirbt). Einen solchen Arzt in Deutschland zu finden, ist schwer.

Mein Rat: Bereiten Sie Ihren Vater darauf vor, dass er bei dem jetzigen, erstbesten Arzt vielleicht nicht optimal aufgehoben ist; er hat keine simple Erkältung, sondern eine sehr schwere lebensbedrohende Erkrankung, die der bestmöglichen Behandlung bedarf, sonst kommt eine schlimme Zeit auf ihn zu.

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Begleiten Sie Ihren Vater zum nächsten Arztbesuch und legen Sie dem Arzt meinetwegen diese Antwort bis zum obigen Trennstrich zur Stellungnahme vor. Beurteilen Sie dann zusammen mit Ihrem Vater, ob Sie das Gefühl haben, dort gut aufgehoben zu sein. Wenn nicht, kann ich Ihnen vielleicht die Adresse eines anderen Arztes in Ihrer Nähe besorgen, der die Behandlung Ihres Vaters engagierter angeht (bitte direkte Mail an mich, im Forum werden keine Namen genannt).

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Ein letzter Kommentar, an alle Leser dieses Forums gerichtet: Aus Vorgehensweisen wie der dieses Arztes, dem bei einer metastatischen Erkrankung nicht mehr einfällt als ein LHRH-Agonist, stammt meiner Meinung nach das Vorurteil vieler Urologen gegen eine Hormonblockade, nämlich dass die nicht mehr viel bewirke.

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Ich wünsche Ihnen viel Kraft, um Ihrem Vater jetzt beizustehen, und Ihrem Vater alles Gute.

Thomas fragte am 7.2.2004:

Bei meinem Vater 65 Jahre wurde im Dezember 2003 folgende Diagnose gestellt: Adenokarzinom der Prostata T1c, G2, Gleason-Score 3+3=6, PSA Wert 5,28 ng/ml mit Quotienten von 21 %. Untersuchungsbefund: Rektal-digital ca 35 bis 40 g große nicht suspekte Prostata. Es wird eine radikale Prostatektomie in der Mainzer Uniklinik empfohlen. Die Operation soll von Univ.-Prof. C.J. Kirkpatrick (Arzt für Pathologie) durchgeführt werden.

Jetzt meine Frage: Ist die Uniklinik Mainz zu empfehlen. Kennt jemand Prof. Kirkpatrick und kann ihn empfehlen? Oder sollte man in eine Spezialklinik gehen? Wenn ja, welche ist zu empfehlen? Sollte man bei diesen Werten die Proben ein zweites Mal untersuchen lassen?

Ralf antwortete am selben Tag:

zu Prof. Kirkpatrick kann ich Ihnen nichts sagen. Mich wundert allerdings ein wenig, dass ein Pathologe die Operation durchführen soll. Nichts gegen Pathologen, aber die schneiden eher an Toten herum, die sich mit Sicherheit über nichts mehr beschweren werden [Thomas hat seine Angabe später korrigiert, es sollte doch ein Chirurg ran. - Ed].

Die Anfragen in den Foren von Betroffenen oder deren Angehörigen nach einer Prostatakrebs-Diagnose ähneln sich alle mehr oder weniger. Ich habe im Laufe der Zeit einige von ihnen beantwortet, so wie andere Forumsteilnehmer auch. Um nicht immer wieder dasselbe schreiben zu müssen, habe ich einmal zusammengeschrieben, was ich nach drei Jahren Beschäftigung mit dieser Krankheit einem frisch Betroffenen an Ratschlägen geben würde. Wohlgemerkt, es ist meine persönliche Meinung. Andere mögen in dem einen oder dem anderen Punkt anderer Meinung sein, dann sollen sie es gerne schreiben. Mein Text ist als Forumsbeitrag zu lang, deshalb habe ich in Ihnen direkt zugesandt. Wen es interessiert, was ich da zusammengeschrieben habe, hier kann es als .pdf-Datei abgerufen werden [der dort zu findende Beitrag ist als permanente Baustelle gedacht und wird bei Bedarf und Vorliegen neuer Erkenntnisse ergänzt, erweitert, und, wo nötig, korrigiert. - Ed].

Günter antwortete am 10.2.2004 auf eine ursprüngliche Anfrage, ob nach einem verdächtigen Befund eine Biopsie nötig sei, sehr ausführlich:

an der Biopsie geht kein Weg vorbei, erst dann weiß man, ob es Krebs ist und in welchem Stadium. Aber immer gleich Gleason-Score-Bestimmung machen lassen und die PAP (Prostataspezifische saure (acid) Phosphatase), die ein Marker für Mikrometastasen ist, leider bei Urologen und Chirurgen als solcher nicht bekannt; die PAP war vor dem Aufkommen des PSA-Wertes der damalige ziemliche ungenaue Prostatakrebsmarker und wird seitdem verachtet. Sehr zu Unrecht!!!

Ich habe meinen Urologen gebeten, Gleason-Score und PAP bestimmen zu lassen, was er beides abgelehnt hat. Ich habe mich selbst darum kümmern müssen.

Bei meinem PSA von 7,2 ng/ml (Januar 2001) und Tumor-Grad 2/3, was er mir nicht erklärte, empfahl er mir die Operation (mit 95 % Erfolg) oder Bestrahlung. Für die Operation riet er zur Trudpert-Klinik Pforzheim oder Prof. Dr. Frohneberg (Städtische Klinikum, Urologie KA). Letzterer habe zwar die größte Erfahrung aufgrund der vielen OPs, aber es sei nicht sicher, dass man auch von ihm operiert werde, da er auch oft unterwegs sei auf Vorträgen, da hätte man doch in PF die größere Chance, auch vom Chef operiert zu werden.

Ich habe mich in Trudpert über die Chancen einer OP informieren lassen, war auch in der Strahlenklinik,wo ich erstmals hörte, ich könnte auch "wait and see" machen, also abwartendes Beobachten.

Ein Onkologe sagte mir, bei einem Grading von 2/3 seien die Chancen auf eine kurative OP 1:1, ich sollte sie ergreifen. So ein Käse! Beim russischen Roulett ist die Chance, von der einen Kugel getroffen zu werden, 1 zu 5, bei meiner kurativen OP stecken aber 3 Kugeln im Sechsschusstrommelrevolver. Das ist also das chirurgische Roulett, das man mit uns spielen will.

Ich habe mich für die Dreifache Hormonblockade nach Dr. Leibowitz entschieden. Erst ein halbes Jahr später habe ich eine Expertenmeinung bei Prof. Dr. Helpap, Singen, eingeholt: Gleason-Score 4 + 3 = 7 (Risiko!), perineurale Invasion (PNI) (Risiko!).

Schon vor zehn Jahren wurde in USA in zwei verschiedenen Studien festgestellt, dass die PNI mit 95 % Gewissheit sicher ist, dass der Krebs die Prostatakapsel durchbrochen hat, eine Operation also keinen Sinn hat. Die Chirurgen sagen dann gern, dass doch dann immerhin die Tumormasse beseitigt sei, was aber nichts bringt, im Gegenteil fangen dann die Metastasen erst recht zu wachsen an und sich auszubreiten, die vorher vom Tumor in der Prostata aus, schlafend gehalten wurden.

Meine Entscheidung hat sich bisher im nachhinein als richtig erwiesen. Und die Moral von der Geschichte:Man muss selber hinterher sein, dass alle Bestimmungen durchgeführt werden, die notwendig sind, um zu wissen, ob ein Kapseldurchbruch vorliegt oder nicht.Erst dann kann man sich für eine Therapie entscheiden.Sicher, es gibt auch dann keine 100 % Gewissheit, das Meiste ist Statistik und der Einzelfall kann ganz anders liegen. In Deutschland gibt es leider nur Fachidioten, keine Experten für Prostatakrebs, kann es auch nicht geben, denn jeder Krebs wird gleich wegoperiert, weil es angeblich keine andere Möglichkeit gibt. Auf die Experten in den USA und Kanada, die sich nur mit Prostatakrebs befassen und darüber informieren, daß es sechs Therapiemöglichkeiten gibt (OP, Bestrahlung, Seeds-Implantation, Vereisung, Überhitzung, Hormonentzug) und dass letztlich der Patient entscheiden sollte, welche Therapie er bevorzugt, denn der hat ja auch die Vor- aber auch Nachteile jeder Therapie zu ertragen, hört auch dort kaum einer. Verständlich, die Chirurgen, Radiologen usw. wollen ja auch leben, und so empfiehlt ein jeder das, was er kann und womit er seinen Lebensunterhalt verdient.


Ewald fragte am 24.4.2004 im BPS-Forum zu Ludwigs Kommentar zu Wils Diagnose durch Prof. Bonkhoff:

Mein Uro hat ein Cytometrisches Gutachten machen lassen. Ergebnis:

'Die Messung ergibt ein insgesamt multiploides DNS-Verteilungsmuster. Die DNS-Malignität entspricht damit G3'

Gleason: 4+3. PSA 11,7 ng/ml. Alter: 53

Interpretiere ich Deine Ausführungen richtig, dass diese Werte auf einen Krebs hindeuten, der relativ unempfindlich auf Hormon- bzw. Strahlenteraphie ist? Wäre dies ein Indiz, eine Operation zu wagen? (in der Hoffnung, dass das Ding lokal begrenzt ist und wie es alle Ärzte, die ich konsultierte, einhellig anraten).

Diese Frage ist für meine unmittelbar bevorstehende Therapieentscheidung sehr wichtig.

Ludwig antwortete am 25.4.2004:

da hast du ja einen richtig guten Urologen ! Tja - vor sich den Feind und hinter sich die Feldgendarmerie - rate da mal einem. Fakt ist - nicht diploid ist Schiet - zumindest für die Hormonblockade.

1. OP:

Krebs sehr wahrscheinlich mit OP auf Anhieb nicht wegzukriegen.

Wenn ein Lokalrezidiv nur bleibt, hast du Glück, sieht man meist gleich mit MRT-S und auch an der Geschwindigkeit des PSA-Wiederanstiegs. Dann kann man mit dem BCL-2-Test aus den Biopsieblöcken die Chance der Strahlenresistenz checken. Ist BCL-2 positiv, ist Strahlentherapie mit Versagen der Strahlentherapie zu rechnen. Man kann auch auf Verdacht bestrahlen, ob man Kosten und Nebenwirkungen bei geringer Aussicht verursachen sollte, ist dann eine Ermessensfrage.

Ein MRT-S könnte wenigstens noch verraten, ob der Chirurg in malignes Gewebe schneiden muss, denn Wunden mit Krebszellen zu schliessen ist auch nicht gerade lebensverlängernd. Wenn der Prostatakrebs BCl-2 positiv und mehrfach-ploid, hat man mit Bestrahlung (ob als Ersttherapie oder nach OP) und Hormontherapie keine durchschlagenden Waffen. BCL-2 Test positiv bedeutet aber nicht garantierte Strahlenresistenz bzw. Therapieversagen, aber 60 %.

Wenn das Pulver nass ist und hinter einem die Wölfe heulen, muss man unter Umständen durchs Feuer springen. Also, selbst mit 20 % Heilungswahrscheinlichkeit alles auf eine Karte setzen und raus die Maus.

2. Strahlentherapie:

BCL-2-Test noch machen und ergebnisabhängig nach Hormonblockade zur Prostataschrumpfung eine mehr regionäre Kombitherapie aus HDR-Brachy und externer Bestrahlung machen. MRT-S wäre auch da hilfreich.

Fazit: Ist BCL-2 positiv - wirst du mit vollen Risiko ins Messer springen und bei Rezidiv hoffen müssen, dass Ploidie und BCL-2 auch nicht immer recht haben.

Dazu Ewald am selben Tag:

erstmals danke für Deinen Beitrag.

Ich hab's befürchtet: Dein 'Bild' gibt die Situation treffend wieder. Genauso fühle ich mich. Die Bestrahlungsvarianten sind mir zu riskant - auch wegen meines 'jugendlichen' Alters. Habe mich diesbezüglich bei einer Bekannten schon sehr eingehend beraten lassen, die die Strahlenteraphie als Krankenhausärztin täglich macht. Bleibt tatsächlich wohl leider nur die OP. Immerhin habe ich das Problem gelöst, wenn ich bei den 20 % bin.... Wenn nicht, habe ich eine sicherere Diagnose und habe ggf. dann immer noch die Bestrahlungschance. Es scheint auch noch ein relativ kleiner Bursche zu sein, da von neun Stanzen nur 1-2 positiv waren. Dies könnte die OP-Chance noch erhöhen. Am Dienstag werde ich mich in einer Klinik schon mal beraten lassen. Mal schauen, was die sagen.

Mein Uro verwendet die Cytometrie übrigens schon lange zur Diagnostik. Ich habe aber in den Diskussionen mit anderen Ärzten den Eindruck gewonnen, dass die Methode ziemlich unbekannt zu sein scheint bzw. ihr keine Bedeutung beigemessen wird.

Dazu wieder Ludwig am selben Tag:

Ach Ewald, was glaubst du, was Urologen alles nicht wissen. Frage einen nach Ploidiebestimmung, nach CGA und NSE, nach Knochendichtebestimmung wegen PK, nach Zweitbefund, nach BCL-2, p53, p21, p27, Her-2/neu und andere .... und ....und... Frage mal einen, ob er weiß, dass es in der Prostata neben Basalzellen, Stromazellen, Epithelzellen auch (stets hormonunabhängige!!!) NEUROENDOKRINE ZELLEN gibt.

Wenn man das Buch von Dr. Strum "A Primer on Prostate Cancer" gelesen und halbwegs begriffen hat, und noch 100 Patientenberatungen dazu gelesen, schlägt man im (theoretischen) Wissen 80 % der Urologen - meine Schätzung.

Deshalb - wenn es einen Oskar für Urologen gäbe, würde ich deinen mit vorschlagen.

Also - Augen zu und durch.......

Melde dich mal - auch wenn's nicht auf Anhieb geklappt hat.

Ich sage das bewusst, da es nicht mal bei denen, die hier sich direkt oder indirekt Rat holten und bei denen es geklappt hat - zu einem Dankeschön in Form einer kurzen Berichterstattung reicht. Deshalb konnte ich nur von Freudentränen über Heilungen in der Bibel lesen - hier im Forum noch nie.

Hals- und Beinbruch


Friedrich fragte am 2.6.2004 unter dem Betreff "Welche Therapie?":

bei mir (64) wurde durch eine Biopsie Prostatakrebs festgestellt. Mein Urologe meint, er könne mich zu 90% heilen, wenn ich eine Prostata-Operation machen lasse. Als Alternative schlug er mir die Brachytherapie vor, mit etwas weniger Heilungsaussicht. Er gab mir Bedenkzeit und ich sollte mich für eine Therapie entscheiden.

Meine Frage nach einem zweiten phatalogischen Gutachen, sah er als unnötig an. Weitere Untersuchungen, um Metastasen auszuschließen, wurden nicht gemacht.

Meine Fragen an alle, die schon Erfahrung mit Prostatakrebs haben: Wie würden Sie sich entscheiden? Wer kennt einen guten Urologen im Raum Augsburg, damit ich eine zweite Meinung einholen kann? Wenn ich mich für eine Seed-Brachytherapie entscheide, wer weiß da eine gute Klinik?

Bisher wurde folgendes festgestellt:

Juli  03: PSA: 5,00 ng/ml
Feb.  04: 6,40 ng/ml
April 04: 7,81 ng/ml; PSA frei: 0,71 (9%)
          Prostata-Tastbefund: Leichte Verhärtung
          Prostata-Größe: 35-40 ml
          Prostata-Biopsie (10 Stanzen?)

Pathalogisch-histologisches Gutachten:

Makroskopisch:

I. (li.):drei Zylinder, 2,0 + 2,0 + 2,0 cm lg. + ein Bröckel
II.(re.):vier Zylinder, 2,0 + 2,0 + 1,0 cm lg. + 0,4 cm lg.

Mikroskopisch:

I. Lange, repräsentativ breite Prostatastanzzylinder mit fibromusculären Stroma, dazwischen liegenden Drüsen mit typischen zweireihigen Epithel, Sekretstau und einigen sog. Prostatasteinchen.
II.Ähnliches Bild wie in I. Zusätzlich fokal eine kleine atypische Drüsengruppe mit einreihigen Epithel, Kerne leicht vergrößert, prominente Nucleolen, deutliche Kaliberschwankung und Dos-a-Dos-Stellung der Drüsen.

Kritischer Bericht:

I. Carcinomfreie Prostatastanzzylinder von links.

II.Prostatastanzzylinder von rechts mit unifokaler Invasion durch ein hier mäßiggradig differenziertes glanduläres Prostata-Carcinom, Malignitätsgrad 2.

Gleason-Score: 3+3=6.

Ralf antwortete am selben Tag:

um als erstes die Frage im Betreff zu beantworten: Zu der Therapie-Entscheidung musst Du selbst finden. Zum Unterschied zu Urologen erteilen wir keine konkreten Therapieempfehlungen, das wollen, können und dürfen wir nicht. Jede Therapie ist ein Lotteriespiel mit ungewissem Ausgang. Die 90 %, die Dein Urologe nennt, sind optimistisch und mehr oder weniger aus der Luft gegriffen.

Wir können Dir nur Ratschläge geben, was Du vor Deiner Entscheidung bedenken und unternehmen sollst. Es wird Dir nicht erspart bleiben, Dich von jetzt an mit Dingen zu befassen, von denen Du vor der Krebsdiagnose nichts wusstest, das ging uns allen so.

Da sich die Fragen nach einer Krebsdiagnose immer ähneln, ähneln sich auch die Antworten. Ich habe aus Bequemlichkeit einmal alles zusammengeschrieben, was mir als Ratschläge für den Anfang einfiel. Ich werde es Dir direkt zumailen. Für alle anderen: Es ist nachzulesen bei KISP unter "Texte" ("Erste Ratschläge"). Für den Blick in die Partin-Tabellen, den ich Dir darin empfehle: Dein klinisches Stadium schätze ich als T2aNxM0 ein.

Kopf hoch und alles Gute!

Auch HansJ antwortete am selben Tag:

auf Deine Frage, wie ich mich entscheiden würde, antworte ich Dir, dass ich mich für die Dreifache Hormonblockade (DHB) entschieden habe, nachdem ich mich mit dem von Christian Ligensa zur Verfügung gestellten Informationsmaterial über die DHB schlau machen konnte.

Meine Ausgangssituation (Februar 03): PSA 8,4 ng/ml.

Biopsie erfolgte im März 03. Histologischer Befund in Fraktion 2 (von 6): glanduläres Prostatakarzinom Gleason Score 3+3.

Nach kurzer Orientierungsphase und Wechsel zu einem Uro, der die DHB unterstützt, begann ich im Juni 03 mit der DHB.

Im Juli 03 war der PSA-Wert bereits auf 0,45 ng/ml gesunken. Seit Dez. 03 liegt mein PSA unterhalb der Nachweisgrenze von 0,01 ng/ml. Morgen erhalte ich die letzte Enantone und freue mich auf das Ende der Therapie Anfang Juli. Ich freue mich deshalb, weil ich erwarte, dass dann auch die unangenehmen Begleiterscheinungen der DHB nachlassen und hoffentlich bald ganz verschwinden werden. Diese Nebenwirkungen habe ich aber angesichts des Erfolges bei meiner DHB gut überstanden.

Dies ist meine Erfahrung mit der DHB. Du wirst vielleicht anderes erfahren.

Ich rate Dir, Dich vor schnellen Entscheidungen zu hüten und Dich erst einmal mittels des von der BPS, bzw. über Christian L. erhältlichen Informationsmaterials zur DHB schlau zu machen, falls Du das nicht schon längst getan hast.

Ich wünsche Dir, daß Du bald zu der für Dich richtigen Entscheidung kommen mögest.


Elke schreib am 10.9.2004:

mein Freund rief mich seinerzeit von der REHA an und grüßte immer aus "dem Haus der Impotenten und Inkontinenten", in dem er sich im Alter von 47 Jahren wie ein Außenseiter vorkam.

Er trug damals auch noch den Bauchkatheter, der ihn erheblich innerhalb der Blase drückte und ihn alle halbe bis ganze Stunde rennen ließ.

Der operierende Professor aus Erlangen - für den ich keine Werbung persönlich machen möchte - rühmte sich indessen stets schon im Vorfeld für seinen von ihm "patentierten" neuen Schließmuskel am Ausgang zur Blase.

Er gibt sein Wissen um diese "technische Schikane" sogar weiter an amerikanische Kollegen.

Nun hatte mein Freund keine Lust, sich auf der REHA zum Beckenbodentraining einzureihen, denn er litt an starken Depressionen, die in der Gemeinschaft anderer älterer Betroffener noch schlimmer wurden.

Trotzdem war er über sein "Tröpfeln" und die Streßinkontinenz sehr verzweifelt. Ein Teufelskreis also.

Bis er endlich zu Hause war und ihm der Bauchkatheter gezogen wurde - und siehe da: die Inkontinenz war wie durch ein Wunder behoben! Offenbar ist der neue Blasenschließmuskel in der Lage, seiner Funktion nachzukommen, und die Beckenbodenmuskulatur steuert hierzu nur einen ganz geringen Anteil bei.

Das Fassungsvermögen der Blase ist über 700ml, fast von Anfang an ein voller Erfolg, zumindest in dieser Hinsicht.

Wäre die Impotenz nicht nach über einem Jahr auch noch unverändert vorhanden, sähe die Welt für ihn momentan ganz gut aus.

Ansonsten ist das so eine Sache mit der konstruktiven Kritik, denn im Grunde ist unser heutige Wissenstand eben nur der von heute - nicht der von morgen.

Das Hauptproblem ist, dass sich die konsultierten Urologen auf neuestem Wissenstand halten sollten, dann wäre vieles einfacher zu bewältigen und das unsichere Gefühl nicht negativ zu bewerten. Die Entscheidung trifft der Patient selbst, doch der Einfluss seines Arztes, dem er ausgesetzt ist und dem er vertraut, ist nicht zu unterschätzen.

Niemand hier aus dem Forum der Informierten wird sich bei einem oberflächlich beratenden Arzt gut aufgehoben fühlen, sondern ihm schleunigst die rote Karte zeigen und sich nach einem besseren umsehen.

Viele Neudiagnostizierte unterschätzen eher ihre Lage in Bezug auf die Zeit, die ihnen zur Entscheidungsfindung bleibt. Gerade die sollten sie sich jedoch dringend nehmen und viele verschiedene Meinungen einholen, bevor sie sich für eine Option entscheiden. So vielfältig wie der PK zu sein scheint, um so notwendiger sind verschiedene Meinungen und Behandlungsvarianten. Hellhörig sollten die hier Lesenden immer werden, wenn einer meint, nur seine Empfehlung sei die einzig heilbringenden. Das halte ich für utopisch, denn es gibt zu viele unbeantwortete Fragen – insbesondere um die Entstehung des PCa’s und die unterschiedliche Aggressivität. Oft spielt auch lediglich das Alter eine erhebliche Rolle, bei der Abwägung der Für und Wider. Denn jeder wird abwägen, jeder muss den Weg finden können, der für ihn maßgeschneidert ist, nachdem er sich grundlegendes Wissen angeeignet hat, damit er nach seinem getroffenen Entschluss wieder ruhig schlafen kann.


Ein "Gast" fragte am 7.11.2004:

Ist hier im Forum jemand, der in Gera operiert wurde? Ich möchte mit demjenigen Kontakt haben.

Diese Anfrage nahm Christian einen Tag später zum Anlass für eine grundsätzliche Ausführung zur Entscheidung über eine bestimmte Therapie:

aus Ihrer Frage scheint ein starker Wunsch nach sichereren Informationen zu sprechen, die Sie von der ärztlichen Seite nicht erhalten können. Allerdings wird selbst der eine oder andere, der sich in Gera hat operieren lassen, diese komplexen und vielfältigen Aspekte im Zusammenhang mit einer Operation in Gera oder anderswo nicht klären können.

Jeder, der sich für eine Operation entscheidet, trifft eine Entscheidung über seine Lebensqualität für den Rest seines Lebens. Die Qualität der Operation, also die Fähigkeit des Operateurs, sehr gut operieren zu können, spielt für die Lebensqualität, d. h. also für das Ausmaß und den Umfang der Nebenwirkungen infolge der Operation, eine ganz entscheidende Rolle. Leider haben nur ganz wenige Prostatachirurgen eine eigene Statistik auf der Basis einer Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung in ihrer eigenen Klinik aufgebaut, obwohl sie oft schon jahre- oder jahrzehntelang operieren. Wenn sie es getan haben, dann zeigen sie diese aber nicht dem Patienten (ganz wenige Ausnahmen, ich kenne einen). Daher werden nahezu ausschließlich die statistischen Daten der amerikanischen „Centres of Excellence“ den Patienten in Deutschland vorgezeigt, wenn sie nach statistischen Daten über Impotenz und Inkontinenz bei dem vorgesehenen Operateur und die Wahrscheinlichkeit einer völligen Heilung fragen. Die Wirklichkeit in den vielen Kliniken in deutschen Landen, in denen operiert wird, dürfte aber leider anders als in dem amerikanischen "Centre of Excellence" aussehen, das üblicherweise dafür benutzt wird. Auch in anderen amerikanischen Kliniken weren solche Werte oft nicht erreicht.

Die erste Frage ist natürlich, ist eine Operation kurativ, werde ich dadurch geheilt? Denn mit größter Wahrscheinlichkeit macht nur dann eine radikale Operation einen Sinn, wenn sie kurativ ist. Bei einer systemischen Situation, die möglicherweise zu einem recht frühen Zeitpunkt eintritt – wenn auch kaum nachweisbar -, ist eine Op. kaum sinnvoll. Bei Lymphknoten-Metastasen oder anderen Indikatoren, die eine systemische Krankheit nachweisen, wird der verantwortungsvolle Operateur sowieso nicht weiter operieren sondern die OP abbrechen. Das ist Stand der Medizin.

Hier hat Dr. Strum für Untersuchungen vor der OP-Entscheidung folgende Hinweise gegeben:

Eine Risikoeinschätzung ist ein SCHLÜSSELKONZEPT, und eine solche Einschätzung steht auf einer besseren wissenschaftlichen Grundlage, wenn die Nomogramme (Partintabellen, Kattan-Nomogramm aus unserer Website), Algorithmen und künstlichen neuronalen Netze eingesetzt werden, in deren Entstehen die Erfahrungen an tausenden von Männern eingeflossen sind. Diesen Reichtum an Informationen zu ignorieren heißt, neu diagnostizierten Männern unsere gesamten bisher gesammelten Einsichten über den PK zu verweigern.

Ein verfeinertes Staging unter Anwendung neuer Techniken wie des endorektalen MRT mit oder ohne Spektrometroskopie, dynamisches MRT, „Ultrasmall Paramagnetic Ironoxyde“ (USPIO) -Sinerem/Combidex und traditionellere Staging-Maßnahmen werden die Unzulänglichkeit der CT-Untersuchung deutlich werden lassen. Wir können mit geeigneter Staging-Technik hunderte Millionen Dollar sparen und gleichzeitig den Patienten genauer einstufen und ihm mehr Behandlungsoptionen aufzeigen, die für das Ausmaß seiner Erkrankung geeignet sind. Dies in der heutigen Zeit in der die Gesundheitsfürsorge so teuer ist, nicht zu tun, führt zum ökonomischen Selbstmord, wenn wir nicht handeln. Außerdem verlangt es die gute medizinische Arbeit.“

Das alles zu berücksichtigen, ist für einen Patienten, für Sie, lieber Gast, eine ziemlich starke Anforderung, denn nur von wenigen Urologen wird hierzu Hilfestellung gegeben. Solche diagnostischen Maßnahmen, wie oben angegeben, sind zwar auch nicht gerade billig, aber im Verhältnis zu den Kosten für eine Operation, die AHB und die oft lebenslange Nachsorge, erheblich preisgünstiger. Allerdings sind das alles Maßnahmen, die oft den Sinn einer möglichen Operation infrage stellen, mithin die wirtschaftliche Situation der operierenden Urologen beeinträchtigen. Viel Unterstützung für mehr Diagnose zur Vermeidung einer Operation ist von daher eher nicht zu erwarten.

Aber es geht hier um die Lebensqualität für den Rest Ihres Lebens, dann darf schon eine ausführliche Diagnose gerechtfertigt sein.

Es könnte natürlich sein, dass Sie ein äußerst attraktiver Patient für jeden Prostatakrebs - Therapeuten (z. B. Chirurgie, Externe Bestrahlung, Brachytherapie, HIFU, Kryotherapie, Hormonblockade, Hyperthermie, ECT etc.) sind. Das sind Sie nämlich dann, wenn Sie einen kleinen Anfangs-PSA (<10 ng/ml) hatten und ein bestätigter (möglichst Zweitmeinung einholen) Gleason Score mit 4 oder 5 oder 6 festgestellt wurde. Sie sind dann deswegen so attraktiv, weil Sie mit größter Wahrscheinlichkeit ein „kurativer Erfolg“ für den Therapeuten sein werden. Egal, für welche Therapie Sie sich entscheiden. Dann dürfen Sie sich die Therapie nach den möglichen Nebenwirkungen aussuchen. Auch eine eng kontrollierte, aktive Überwachung (d. h. nicht „Wait and See“), ist eine Option für Sie. Die am wenigsten invasive Anfangs-Therapiemaßnahme mit einer Nachbeobachtungszeit von bis zu 8 Jahren, die bisher die besten Patientenergebnissen erbracht hat, die mir bei allen möglichen Therapien bekannt geworden sind, ist nach Dr. Leibowitz die sog. Dreifache Hormonblockade. Auch Operation und Bestrahlung sind danach noch möglich, wenn sich der gute Erfolg wider Erwarten bei einer geringen anfänglichen Tumorbelastung nicht einstellen sollte. Wenn Sie darüber mehr erfahren wollen, schauen Sie in unsere oder die KISP-Website unter Dreifache Hormonblockade oder setzen Sie sich mit mir in Verbindung.

Das sind jetzt ziemlich viele Informationen, die es zu verdauen gilt. Als eine der wichtigsten Grundsätze ist zu erwähnen, dass wir den am langsamsten wachsenden Krebs haben, den es überhaupt gibt. Mit wenigen Ausnahmen hat jeder Patient die Zeit, um sich eingehend und tiefgreifend über seine möglichen Optionen, die Nebenwirkungen und Aussichten zur Heilung zu informieren um dann eine informierte Entscheidung zu treffen. Nehmen Sie sich die Zeit. Wenn bei Ihnen die Entscheidung zur radikalen Operation bereits getroffen ist, dann folgen Sie jedoch der allgemeinen Empfehlung:

Bitte fragen Sie Ihren Chirurgen,

1. Wie viele Operationen er in einem Jahr tatsächlich durchgeführt hat (mit Plausibilitätserläuterung). Wenn es weniger als 50 sind, dann sollten Sie sich einen anderen Chirurgen suchen.

2. Prof. Bartsch (Insbruck) forderte bei einem Patientenforum die Patienten auf, sie sollten auch Ihren Chirurgen fragen, wie viele Blutkonserven er bei den Operationen verwendet hat. Nach seiner Auffassung ist von einem guten Operateur heutzutage zu erwarten, dass er die Op. ohne zusätzliche Blutkonserven durchführt.

Auch wenn Sie jetzt nicht gerade beruhigter ihr Problem betrachten können, habe ich Ihre kleine Anfrage zum Anlaß genommen, die ausführlicheren Informationen hier zu schreiben und zwar aus folgendem Grunde, den Dr. Strum aus seiner langjährigen Erfahrung im Umgang mit Prostatakrebs wie folgt erläutert hat:

"Als letztes, Männer mit PK und ihre Ehefrauen müssen verstehen, dass, wie bei allen Bemühungen im Leben, ein vernünftiger Grad an Disziplin und harter Arbeit in die erfolgreiche Gleichung guter Behandlungsergebnisse beim PK eingeht. Nehmen Sie sich die Zeit, Ihre medizinischen Angelegenheiten auf Vordermann zu bringen, um die Analyse und eine klare Kommunikation zu erleichtern. Dies wird Ihr Verständnis verbessern und sich in einem verlängerten Leben mit verbesserter Lebensqualität niederschlagen. Wie man sich bettet, so liegt man."

Diese Erläuterungen auf Ihre kleine Anfrage sollen ein wenig Nachdenklichkeit bewirken, die ein Umdenken bei Patienten und Urologen anstoßen könnte.


Pit fragte am 9.5.2005:

zunächst meine Ergebnisse, die ich seit einer Woche kenne:

Gleason-Score 3+4=7, G2b / T2b N0 M0, letzter PSA-Wert 14,0.

Nachdem ich mich in den letzten Wochen etwas eingelesen habe, favorisiere ich mögliche Therapien in dieser Reihenfolge:

(die beiden l.g. im UKE HH-Eppendorf).

Mich interessieren natürlich Ihre gemachten Erfahrungen in den genannten Kliniken und ob meine Reihen-/Rangfolge (die ich wegen der Nebenwirkungen so erstellt habe), in etwa zutrifft.

Horst 1 antwortete ihm am selben Tag:

Hast du denn auch in die Partin-Tabellen geschaut?? Da kannst du sehen, dass eine nerverhaltende OP kaum in Frage kommt. Denn bei dem Gleason Score ist die Chance, dass der Pk auf die Prostatakapsel beschränkt ist, sehr gering. Außerdem wird im UKE nur bis PSA 10 und Gleason score 3+3=6 operiert (jedenfalls von Prof. Huland). Informiere dich weiter über die anderen Möglichkeiten und ziehe auch die DHB in Betracht. Sie hat nicht nur die wenigsten Nebenwirkungen, sondern ermöglicht auch später noch alle anderen Optionen, falls der Krebs nicht in Schach gehalten wurde.

Willi G schrieb am 10.5.2005:

bei mir lagen die Werte zwar etwas niedriger, aber ich habe mich auch als ersten Schritt zu HIFU entschieden, da dann ggf. noch weitere Möglichkeiten bestehen. Wichtig dafür ist jedoch, dass abgeklärt wird, dass noch alles sich innerhalb der Prostata abspielt und keine Metastasen in Knochen (Becken, Wirbelsäule), Nieren, Bauchspeicheldrüse usw sind. Dies ist aber leicht abzuklären und hat bei mir nur einen Vormittag gedauert.

Meine HIFU-Behandlung fand am 30.3.05 statt (Städt. Krankenhaus München-Harlaching, Urologie Dr. Chaussy).

Bisherige Ergebnisse findest Du im Forum unter willi. g und HIFU-Behandlung.

Otto fragte am 19.5.2005:

Mein Urologe hat mir eröffnet, dass ich um eine OP nicht herum kommen würde. Ich war so schockiert über diese Nachricht, dass ich von seinen weiteren Ausführungen und Erklärungen nicht mehr viel verstanden habe.

Deshalb möchte ich gerne an die Leidensgenossen/Betroffene die nachstehenden Fragen richten:

Eure Erfahrungen interessieren mich sehr.

Als Erster antwortete ihm neun Minuten nach seiner Anfrage Horst K.:

es werden Dir bestimmt noch weitere Betroffene antworten, vorab lies bitte schon mal auf dieser Seite:

http://www.prostatakrebse.de/informationen/pdf/Erster_Rat.pdf.

Dann Jürg:

Eine wertvolle Empfehlung hast Du schon von Horst bekommen. Wenn Du aber Antworten erwartest, die sich auf Deine konkrete Lage beziehen, dann solltest Du Deine Angaben ergänzen. Also Faktoren wie den PSA-Wert, das Ergebnis einer Biopsie und allenfalls andeer Untersuchungen mitteilen. Falls Du diese Angaben nicht besitzen solltest: Die Ärzte müssen sie Dir bekanntgeben!

Hulda Bauer, eine "betroffene Ehefrau", schrieb einen Tag später:

Gut informieren, immer wieder fragen, fragen, und wenn Du mehr wissen möchtest, Du kannst von uns schonungslose Aufklärung erhalten.

Franz Reuter, Leiter der Selbsthilfegruppe Prostatakrebs Itzehoe und Umland:

zu Deinen Fragen gibt es sehr viele Informationen, die Du lesen oder hören solltest. Weiterhin musst auch Du Deine eigenen Daten über den festgestellten Prostatakrebs nennen. Es geht um den PSA-Wert bzw. seine Entwicklung und auch um die Ergebnisse der Biopsie.

Es wäre Dir zu raten eine Selbsthilfegruppe zu besuchen bzw. Kontakt mit einer solchen Einrichtung aufzunehmen.

Dieter fragte am 16.9.2005:

bei mir wurde bei einer Biopsie folgender Befund festgestellt: pT1c NX M0 G2; einseitig; PSA 4,27 ng/ml; Volumen 32 ccm; Gleason 2+3=5. Habe heute von der HIFU-Therapie erfahren, wer hat Erfahrung damit? Mein Urologe empfiehlt nervschonende Prostatektomie. Wäre für Erfahrungsberichte dankbar.

Sein Namensvetter Dieter V. antwortete ihm einen Tag später:

Zunächst scheint dein Krebs ein so winziges und nicht agressives Krebschen zu sein, dass du dich auf gar keinen Fall übereilt irgendeiner Therapie unterwerfen solltest.

Bedenke, dass 80 % der 80-Jährigen Prostatakrebs haben, aber davon nie was gemerkt haben. An normal gestorbenen Männern wurde die Prostata untersucht. Dabei wurde das festgestellt.

Hätten diese Männer 20 Jahre früher einen PSA-Test gemacht und eine Biopsie, dann hätten man vielleicht ebenfalls ein Krebschen festgestellt. dann aber hätten diese Männer nach einer operativen Prostata-Entfernung für den Rest ihres Lebens die dauerhaften Nebenwirkungen der RPE und damit eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität gehabt.

Prostatakrebs ist der am langsamsten wachsende Krebs. Er braucht 10 bis 20 Jahre, bis er überhaupt diagnostiziert werden kann. Da kommt es jetzt wirklich nicht auf einen Monat an! (Ich selbst habe drei Monate gebraucht, bis ich "meine" Therapie gefunden und beginnen konnte (die Dreifache Hormonblockade) das ist nun schon 4,5 Jahre her...

Ich hatte mich seinerzeit ebenfalls für die HIFU interessiert. Hinweise auf Fisteln als Nebenwirkungen haben mich aber abgehalten. Mag inzwischen vielleicht besser sein.

Aber nachdem ich die Informationen über die DHB bekommen habe, war für mich die Entscheidung dann schnell klar. Ich bin heute noch froh, mich damals so entschieden zu haben!

Prostatakrebs wächst in den meisten Fällen so langsam, dass man oft auch die "Therapie"-Möglichkeit "Abwarten und regelmäßig kontrollieren" [wählen kann? – Ed]. Erst bei PSA-Anstieg (Verdoppelung innerhalb 5 Jahren) etwas tun.

Kennst du deinen PSA-verlauf überhaupt? Bei diesem PSA-Wert und niedrigen GS würde ich in jedem Falle erst mal den weiteren Verlauf beobachten!

Die nächste PSA-Messung erst zwei Monate nach der Biopsie, da die Biopsie selbst die PSA-Eerte im Blut deutlich erhöht!

Also, eine Empfehlung: lass dich nicht verrückt machen, lasse dich auf gar keinen Fall zu einer Therapie drängen! Jetzt ist ruhiges Blut und intensive Information das Gebot der Stunde! Die meisten Männer sterben MIT Prostatakrebs, nur die wenigsten AN Prostatakrebs (siehe oben).

Ich rate dir, lies auch mal in der BPS-Homepage => Therapien => Dreifache Hormonblockade (ganz nach unten scrollen). Dort gibt es auch den Vortrag von Dr. Leibowitz in Montabaur im Sept. 2002 zum Download. Die DHB ist eine Möglichkeit, den Krebs OHNE dauerhafte Nebenwirkungen zu bekämpfen. Du musst entscheiden, welche Therapie DU machen willst. Dazu musst du dich bestens informieren.

Im Zusammenhang mit einem Erfahrungsbericht über seine Therapie (zweifacher Androgenentzug) schrieb Jürg hier, wie er zu seiner Therapie-Entscheidung fand.

Achim fragte am 23.10.2005:

nach meinem positiven Biopsiebefund habe ich Euren Rat befolgt und mir die Zeit genommen, weitere Informationen zu Entscheidungsfindung einzuholen. Zunächst habe ich eine Zweitbegutachtung der Biopsie durch Prof. Bonkhoff veranlasst, die einige weitere Hinweise zum aktuellen Status gegeben hat:

Erstbiopsie:

Infiltrate durch ein mäßig differenziertes glanduläres Adenokarzinom in beiden Prostatalappen, links und rechts mittig und apikal. Basal links und rechts negativ. Gleason Score (2+2)=4, Grad G2.

Prof. Bonkhoff:

Apikal links 40% Gleason 3+3= 6
Apikal rechts 60% Gleason 3+3= 6
mittig links 70% Gleason 3+3= 6
mittig rechts 40% Gleason 3+3= 6
basal links und rechts negativ

Nach allem, was ich bisher gelesen habe, passt der Gleason Score 6 besser zum Grad G2, erlaubt aber immer noch eine recht gute Prognose. Bedeutsam und für die weiteren Überlegungen wichtig erscheint mir die große Ausdehnung des Karzinoms im apikalen und mittigen Bereich.

Danach habe ich hier am Ort Gepräche geführt mit dem Chefarzt der Urologie (pro Operation) und dem Chefarzt der Radiologie (pro Bestrahlung). Einen Gesprächspartner für eine Hormonbehandlung habe ich leider noch nicht gefunden.

Zur operativen Methode:

Chefarzt sagt, er habe wohl die meisten RPEs in Deutschland vorgenommen und große Erfahrung in nerv- und muskelschonender OP. Nach einer Bewertung der Biopsie und einem rektalen Ultraschall war er der Meinung, dass die Ausdehnung des Tumors zwar groß sei, aber noch auf das Organ beschränkt, die Samenblasen seien unauffällig. Deshalb seien die Heilungschancen groß. Eine beidseitige Schonung der Nerven wollte er nicht garantieren, das sehe man erst während der Arbeit. Aber Inkontinenz habe ich nicht zu befürchten.

Zur Bestrahlung:

Chefarzt sagt, er führt nur externe Bestrahlung durch, aber mit modernsten Geräten. Die Erfolgsquote sei ebenso hoch wie bei der operativen Entfernung, der Prozentsatz der dauerhaften Nebenwirkungen geringer, die behandlungsbedingten Nebenwirkungen gering und reversibel. Er wies aber darauf hin, dass bei einem Rezidiv ein operativer Eingriff nur schwer möglich sei, meist nur noch eine Hormonbehandlung. Für Seeds käme ich evtl. nicht mehr in Frage, weil der Krebs beide Seiten erfasst hätte. Aber das müsse dann ein Kollege entscheiden, der diese Behandlung durchführt.

Meine eigene Meinung:

Als relativ junger Prostatapatient (58), aktiver Freizeitsportler mit gutem Gesundheitszustand müsste ich eine OP recht gut wegstecken. 10 Tage Klinik und 14 Tage Schonung, dann wäre erst einmal Ruhe. Irgendwann in meinem hoffentlich noch langen Leben würde evtl. ein Rezidiv auftreten, aber dann hätte ich noch einige Pfeile im Köcher.

Bei einer Bestrahlung sollen die möglichen Nebenwirkungen ja geringer sein, aber bei der Ausdehnung des Tumors muss man wohl sehr weiträumig bestrahlen und damit könnten die Nebenwirkungen (auch bleibende) für Blase, Harnleiter und Darm doch höher sein als allgemein beschrieben. Zwei Monate Therapie belasten das tägliche (Berufs-) Leben mehr als die Auszeit bei der OP. Seeds wären eine elegante Lösung, aber evtl. nicht mehr angebracht.

Hormontherapie über mehr als ein Jahr mit ihren Nebenwirkungen lockt mich als aktiver Mensch mit Freude am Beruf und Freude am Sport zur Zeit am wenigsten.

"Abwarten und Beobachten" macht meine Frau mit Lymphdrüsenkrebs schon seit acht Jahren und hat sich damit bis zu einer jetzt laufenden (und anscheinend wirksamen) Impftherapie über die Zeit gerettet, aber ob das bei Prostatakrebs so angebracht ist, da bin ich skeptisch.

Habe ich was übersehen, was ich in meine Überlegungen mit einbeziehen sollte? Ich würde mich über Anregungen freuen.

Die kamen reichlich. Zuerst am selben von Hermann-Josef:

Zur Verträglichkeit der Hormonblockade, ich meine in diesem Fall die 3-HB, kann ich nur sagen, dass man als sportlicher Mensch. die eventuellen Nebenwirkungen sehr gut wegsteckt. Ich war bei Beginn der 3-HB, vor mehr als drei Jahren, ebenfalls 58 Jahre und habe, um die Müdigkeit zu überwinden, regelmäßig wieder mit Laufen (Joggen) begonnen.

Heute laufe ich 3 x die Woche je ½ Stunde und fühle mich sehr wohl. Mein letzter PSA-Wert im August 2005 lag bei 1,74, wobei ich diesen Wert wegen der täglichen Einnahme von Proscar verdoppeln muss. Ich fühle mich pudelwohl.

Kenno, ebenfalls am selben Tag:

bei Deinen Überlegungen bzw. den Empfehlungen der Chefärzte ist die ambulante interstitielle Seedsimplantation, die nur ca. 2 Stunden einschließlich Narkose schlecht weggekommen.

Wenn Du innerhalb der folgenden Werte liegst, dann ist dies die schonendste Therapie:

- Tumorstadium T1- T2a
- Gleason <7
- Prostatavolumen < 50 ccm
- PSA-Wert ≤ 10

Da die Seeds so plaziert werden, dass die gesamte Prostata abgedeckt wird, spielt meiner Meinung keine Rolle, dass beide Lappen befallen sind.

Überlege es Dir nochmals.

Wolfgang am 24.10.2005:

zuerst einmal darf ich feststellen, dass du dich schon sehr gut informiert hast. Zu deinen Ausführungen Folgendes:

Ich denke auch, dass du die Möglichkeiten zu Seeds nochmals genau überprüfen solltest. Es ist wohl die schonendste und in deinem Fall vielleicht doch die richtigste Entscheidung. Eine Hormonbehandlung bei den Werten und deinem Alter käme für mich erst in Frage, wenn ich alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft hätte. Behalte dir diese Optionen bloß übrig.

Wenn Seedsbehandlung definitiv ausscheiden sollte, würde ich auch eine OP vorziehen. Ich selbst hatte auch OP und dann ein Jahr später noch Bestrahlung. Beides hatte natürlich bleibende Nachwirkungen, doch: Unterschätze nicht die Spätwirkungen der Bestrahlung. Diese stehen u. U. denen der OP in nichts nach (Blase, besonders Darm, Müdigkeit etc.).

Ich glaube sicher, dass du die richtige Entscheidung triffst. Wichtig ist m. E., dass du nur das tun solltest, von dem du selbst am ehesten überzeugt bist. Das ist dann ganz sicher richtig.

Reinardo am 24.10.2005:

Als Theoretiker ist es mir immer eine besondere Freude mitzulesen, wie mit unangreifbar logischen Argumenten die "richtige" Therapie angesteuert und bestimmt wird. Das erinnert mich an die Textaufgaben in der Schule, bei denen mit logischen Gedankengängen auch immer die richtige Lösung gefunden werden musste. Hatte man es dann geschafft, war man zufrieden und bekam in Mathe eine "1".

Leider läuft das beim Prostatakrebs so nicht ab, und es stellt sich im nachhinein oft heraus, dass die doch nach so logischen Überlegungen zustandegekommene Therapie die falsche war. Was würde Wolfgang sagen, wenn am Tage der Operation der Operateur einen schlechten Tag hatte (haben auch die besten Ärzte zuweilen), oder die Nachtschwester die Schläuche verwechselt, wenn sich wider Erwarten eine Lungenentzündung, eine Embolie oder Infektion hinzugesellen? Wenn das Bestrahlungsgerät nicht ganz korrekt eingestellt oder von einem Anfänger-Arzt bedient war? Wenn der Krebs auf den Hormonentzug nicht gut genug anspricht oder die Nebenwirkungen unerträglich werden? Und Hormonbehandlung als letzte Option? Was wenn durch Vorbehandlungen der Körper und das Immunsystem dann schon kaputt sind?

Es gibt also eine Menge Unwägbarkeiten, die ebenso oder fast ebenso schwer wiegen wie die logischen Hauptargumente und die in die Entscheidung mit eingehen müssten.

Alle Therapien haben eine mindestens 50-prozentige Glückspielkomponente.

Eines hat Achim sicherlich richtig gemacht: sich genügend Zeit zu nehmen für gründliche Recherche. Nun fehlen ihm nur noch ein guter Tag und eine glückliche Hand.

Dazu wieder Wolfgang, ebenfalls am 24.10.2005:

ich stimme dir vorbehaltlos in allen Punkten zu. Leider ist es aber so, dass es nicht "die" eine Lösung gibt. Aus allen Möglichkeiten muss halt jeder "seinen" Weg suchen und "seine" eigene und persönliche Lösung finden. Das ist die eigentliche Kunst und zugleich das Dilemma. Ob man damit dann richtig liegt, weiß man erst später. Die vielen Unwägbarkeiten, die du richtig beschreibst, haben wir leider nicht in der Hand.

Trotzdem bin ich froh, dass es dieses Forum gibt mit der Vielzahl von unterschiedlichen Sichtweisen und Tipps.

Und Achim selbst schrieb am 24.10.2005 zu Reinardos Gedanken:

mit einer derart skeptischen Grundhaltung kann man eine Entscheidungsfindung nicht angehen. Gefahren lauern überall, sind aber nicht der Normalzustand. Sonst könnte man sich unmotiviert durchs Leben treiben lassen, weil es ja sowieso zwecklos ist, Pläne zu machen.

Es ist schon sinnvoll, mit logischen Argumenten die persönliche Situation zu bewerten und zu einer Entscheidung zu kommen. Wie Wolfgang richtig sagt: "Seine eigene und persönliche Lösung finden". Auch die "Unwägbarkeiten" haben eine gewisse Wahrscheinlichkeit und können in die Überlegungen mit einfließen.

Mein Ziel ist diesmal nicht eine "1" in Mathe, sondern eine "1" in Gesundheit. Dass dazu auch eine Portion Glück gehört ist mir klar. Aber ich hoffe, dass ich auch mit einer geringeren Glückskomponente als 50 % mein Ziel erreichen kann.

Andrea fragte am 6.11.2005:

Bei meinem Mann wurde ein PCa festgestellt, er ist 49 Jahre und wir haben zwei kleine Kinder 3 und 6. Nach dem ersten Schock haben wir uns mit dem Urologen unterhalten, und er meint, bei den Werten stehen die Chancen gut nach einer OP, PSA 6,8 Gleason 3+3, T2. Wachstum mäßig differenziert. Innerlich haben wir jetzt eine OP für uns schon entschieden. Es geht jetzt nur noch um die Technik. Es soll potenzschonend operiert werden. Geht das in dem Stadium überhaupt noch? Was ist mit der Wasserstrahl-Technik von Dr. Fernandez de la Maza? Wer hat Erfahrungen?

WinfriedW antwortete am 7.11.2005:

Ja, bei den Werten stehen die Chancen gut. Herzlichen Glückwunsch! [Zur Wasserstrahl-Technik konnte er nichts sagen – Ed]

Roland und Nora schrieben am 8.11.2005:

Im Frühjahr 2002, nach meinem ersten Schock, sagte mir Uwe Peters am Telefon: Ruhe bewahren, nimm dir Zeit mit deiner Therapieentscheidung, das PCa ist ein langsam wachsender Krebs, du musst nicht innerhalb weniger Wochen eine Entscheidung treffen, lies alles was im Forum steht, werde Manager deiner Krankheit und erst dann rufe mich wieder an.

Lieber anuthu, du hast trotz deines PCa noch viel Glück, du hast Andrea die sich um dich kümmert [nach meinem Verständnis ist "anuthu" der Benutzername von Andreas, und nicht der ihres Mannes – Ed]. Ich wünsche euch beiden, dass ihr eure Entscheidung nicht kopflos unter Schockeinwirkung, sondern mit Vernunft, aber in gegenseitiger Liebe und Achtung fällt. Die Therapie für das PCa betrifft mehr als jede andere Krankheit beide Partner.

Euer Urologe meint, die Chancen stehen gut nach einer OP. Ich denke die Chancen stehen auch gut vor einer OP, denn ein PCa wächst 10 bis 20 Jahre in einem Mann, bis es auffällig wird. Pathologische Untersuchungen an Unfalltoten haben ergeben, dass 40 % aller 40-jährigen und 60 % aller 60-jährigen Männer ein PCa haben! Warum also sich so schnell für eine OP entscheiden. Wartet doch mal ab, wie sich der PSA in den nächsten Wochen u. Monaten entwickelt.

Es gibt Alternativen zur OP, schulmedizinische, sowie alternative, diese solltet Ihr erst mal alle zur Kenntnis nehmen, kritisch prüfen und dann entscheiden und nicht die erstbeste(?) Methode vom erstbesten(?) Urologen übernehmen. Wenn die Prostata operiert wird, mitsamt den Samenblasen und Samenleitern, egal mit welcher Technik, ob mit Skalpell oder Wasser- oder Laserstrahl, ob von hinten oder von vorn, ob laporoskopisch oder mit großem Schnitt, wird dem Mann ein Sexualorgan herausgeschnitten. Die Urologen sagen immer, dass sie Nerven erhaltend operieren, doch sie geben euch nicht die Garantie dafür, sie nennen noch nicht einmal eine Prozentzahl der Nerven erhaltend Operierten.

Der Prof. der Urologie, der meinen Bruder mit günstigerer Diagnose als meiner, vor zwei Jahren operierte, sagte zu ihm: nun sind sie geheilt. Doch was heißt geheilt in der Urologensprache, es heißt der Patient überlebt fünf Jahre nach seiner Diagnose [dies stimmt nicht ganz, es heißt fünf Jahre ohne biochemisches Rezidiv, d. h. ohne PSA-Anstieg – Ed]. Mein Bruder sagte vor einem halben Jahr zu mir: Roland, dir geht es besser als mir.

Liebe Andrea, lieber anuthu, es gibt keine einzige wissenschaftliche Studie die beweist, dass es durch die OP eine Verlängerung der Lebenszeit gibt, es gibt nur folgende Studie: aus: Abwarten und Beobachten (AB) bzw. Wait and See: Trotz millionenfacher Operationen wurde bisher nur eine einzige prospektive randomisierte Studie durchgeführt und zwar von "The Veterans Cooperative Urological Research Group" in den USA, bei der ein Vergleich gezogen wurde zwischen einer Gruppe von Patienten nach Prostatektomie mit Placebo gegenüber einer Gruppe "nur Placebo ohne Operation". Über einen Verfolgungszeitraum von 23 Jahren konnte nicht nachgewiesen werden, dass die Gruppe der Operierten einen Überlebensvorteil gegenüber den "Placebo-Patienten" hatte. Auch die Briten haben eine gute Studie gemacht, (Chadock et al.) und haben bei Soldaten sogar ein Überlebensvorteil bei "Wait and see" gegenüber der OP gefunden.

Prof. Dr. med. Nikolaus Becker vom Deutschen Krebsforschungszentrum: Autopsiestudien belegen, dass latenter Prostatakrebs bereits bei 50-jährigen Männern mit einer Häufigkeit von 50 % vorliegen kann. Der Anteil steigt mit dem Alter an und liegt bei 85-jährigen Männern bei über 75 %. Ende der 80er Jahre, das heißt vor Beginn der PSA-Screening-Ära, erkrankten jedoch nur etwa 10 % aller Männer an Prostatakrebs und noch weniger starben daran. Ein Früherkennungstest, der bei mehr als 10 % aller Männer klinisch manifest werdende Prostatakarzinome detektiert, würde also auf jeden Fall Schaden anrichten: Männer, die ansonsten niemals mit einer Prostatakrebserkrankung zu tun bekommen hätten, werden zu Krebspatienten gemacht ("Überdiagnose"), unangenehmer Diagnostik ausgesetzt und eventuell einer Therapie mit Nebenwirkungen unterzogen, die bis hin zu Impotenz, Inkontinenz oder operationsbedingter Letalität reichen (Walsh 2002).

Prof. Dr. Dr. med. hab. Ben L. Pfeiffer Lexington USA:

Keine andere Krebserkrankung kann für sich in Anspruch nehmen, durch so viele verschiedene Behandlungsmethoden attackiert zu werden wie der Prostatakrebs. Dabei wissen wir heute nicht einmal, ob auch nur eine dieser Methoden imstande ist, das Leben von Patienten mit Prostatakrebs wirksam zu verlängern.

[Prof. Ben L. Pfeiffer hat sich durch seinen regen Vertrieb des vor Jahren aus dem Verkehr gezogenen PC-SPES und des Nachfolgeprodukts ProstaSol einen gewissen Ruf erworden. Unabhängig davon betrachte ich seine obige Aussage als zutreffend – Ed]

Es gibt keine lebensverlängernde und erst recht keine Lebensqualität verbessernde OP, sondern im Gegenteil, die Lebensqualität leidet durch die OP. Vor zwei Jahren hat mir ein Mitglied unseres Forums auf einen meiner Beiträge wie folgt geantwortet: "Ihre Entscheidung finde ich gut und richtig. In Ihrer Situation würde ich mich niemals, niemals verstümmeln lassen, denn ich kenne alle Nebenwirkungen". Ein anderes Mitglied unseres Forums schrieb neulich: "Nach Radikal PS-OP vor drei Jahren mit anschließender Bestrahlung haben sich die PSA- Werte wieder drastisch erhöht (200)…".

Liebe Andrea, lieber anuthu, ich habe vor vier Jahren eine ganz ähnliche Diagnose (siehe meine PKG) wie die von anuthu bekommen und habe mich nach meiner Diagnose nicht nur ganz bewusst für AB entschieden, sondern weiß, dass wer nichts an seiner Lebensweise verändert, bei dem ändert sich auch nichts. Der Begriff AB (Abwarten und Beobachten) ist eigentlich falsch, sondern müsste richtigerweise heißen: Lebensweise positiv verändern und Krankheitsbild beobachten, deshalb befleißige ich mich auch einer möglichst gesunden seelischen und körperlichen Lebensweise. Ich fühle mich topfit, habe mein Normalgewicht und lebe seit vier Jahren in einer glücklichen Partnerschaft (nachdem ich fünf Jahre vor meiner Diagnose in Scheidung, Unfrieden und Unglück gelebt habe) und ernähre mich seit vier Jahren fast ausschließlich vegetarisch, überwiegend von Biokost, rauche nicht, versuche mich weitgehend dem Alkohol zu enthalten, treibe mäßig Sport (Nordic Walking), fahre auch im Sommer viel Rad und versuche mit begleitenden Maßnahmen wie regelmäßigen Benutzung der Orgonkammer nach Wilhelm Reich, Sauna, Thermalbäder zu meiner Gesundung beizutragen. Wie aus meiner PKG zu erkennen ist, habe ich mich bisher erfolgreich therapiert bei gleichzeitig hoher Lebensqualität.

Roland H.: Diagnose und Therapie in Kurzform:

1.) Dx (Diagnose): 10/2001; aPSA 4,43 ng/ml; Prostata-Volumen normal, d. h. dem Alter entsprechend;
2.) Erste Bx (Biopsie): 11/2001 (4x mit Feinnadel vom After) chronische Prostatitis, jedoch ohne Malignität;
3.) Zweite Bx: 12/2001 (7x Stanze durch den Damm) linksseitig in einer Stanze ein hochdifferenziertes und tubuläres Adenocarcinom der Prostata T1c Nx Mx G1;
4.) Zweitdiagnose, Dx v. Prof. Dr. Helpap 04/2002: T2b, GS 3+4 (7)
5.) KS (Ganzkörper-Knochenszintigramm) 01/2002: Kein Anhalt für eine skelettäre Filialisierung.
6.) CT (Computertomographie) 09/04/02 : Kein Hinweis auf eine Fernmetastasierung.
7.) MRT (Magnetresonanztomographie) 09/04/02: Ein organüberschreitendes Wachstum wird nicht gesehen.
8.) Entwicklung der prostataspezifischen Blutwerte:

Datum; PSA; fr. PSA; kompl. PSA; Testosteron
25/11/1999: 4,12
12/12/2000: 3,42
08/10/2001: 4,43
29/01/2002: 3,57
19/02/2002: 3,51
18/04/2002: 3,20
04/06/2002: 4,39
10/07/2002: 4,44
05/08/2002: 5,4
11/02/2003: 5,9; 1,05;
04/03/2003: 5,9;
26/08/2003: 6,6;
07/10/2003: 5,2; 0,85; 4,39;
29/03/2004: 5,4; 0,96
21/10/2004: 7,0; 0,95;
26/04/2005: 6,3; 1,13; 5,2; 6,5

Dazu schrieb Klaus(A), ebenfalls am 8.11.2005:

finde Eure Anmerkungen sehr sensibel und sehr wichtig! Finde es prima und richtig: Ihr habt Euch über alle Optionen informiert, Ihr habt Eure gemeinsame Entscheidung getroffen und steht dazu.

Als "alter Hase" hier im Forum beobachte ich dann allerdings immer wieder das Gleiche (und ich habe früher SELBST so reagiert als ich mit Uwe, Wil, Christian, Reinardo... sehr kontrovers hier im Forum diskutierte!!):

Jeder versucht dann andere von der Richtigkeit SEINER Entscheidung zu überzeugen, auf dass sich andere Betroffene seiner Entscheidung anschließen mögen.

Das ist irgendwie menschlich verständlich und hängt wohl auch damit zusammen, dass man innerlich doch immer wieder zweifelt..... und sich immer wieder selbst bestätigen und beruhigen muss bezüglich seiner getroffenen Entscheidung.

Inzwischen glaube ich, dass man damit vorsichtiger sein sollte; was für den einen richtig gewesen sein mag, kann für den anderen vielleicht vollkommen falsch sein. Irgendwie lädt man da Verantwortung auf sich, denn es könnten ja andere Betroffene von deinen eigenen Argumenten und Erfahrungen so beeindruckt werden, dass sie davon überzeugt werden und entsprechend entscheiden..... und dann war am Ende diese Entscheidung doch grundfalsch!!

Es gibt halt bei diesen verdammten Krankheiten keine allgemeingültigen Regeln; es gibt bestenfalls Wahrscheinlichkeiten, die aufgrund hunderter oder tausender von Einzelfällen abgeschätzt werden können...... aber ob das auf deinen Fall zutrifft ist im Endeffekt reine Glücksache (habe das früher einmal als "Las Vegas Faktor" bezeichnet).

Für viele mag unter gewissen Umständen "Wait&See" eine Option sein, für viele andere kann es unter gleichen Umständen verlorene, nicht mehr aufzuholende Zeit sein mit eventuell schrecklichen Konsequenzen.

Hoffentlich kommt das richtig über, was ich sagen will......

eren sah das am selben Tag auch so und schrieb:

ich bin auch deiner Meinung wenn du schreibst "was für den einen richtig gewesen sein mag, kann für den anderen vielleicht vollkommen falsch sein". Jeder Fall ist anders und selbst bei ähnlichen Fällen wählt der Betroffene aus seiner Sicht eine vollkommen andere Alternative. es gibt wirklich keine allgemein gültige Regeln. Es besteht manchmal die Gefahr, dass die Betroffenen hier von vielen Informationen verwirrt werden und sich im nachhinein fragen, ob sie sich doch nicht anders entschieden hätten?

Roland antwortete am 9.11.2005:

habe auf die Resonanz der Schilderung meines persönlichen Vorgehens (AB) in Sachen PCa festgestellt, dass mein nicht schulmedizinischer Weg von Mitgliedern des Forums als gefährliche Empfehlung gedeutet wird und werde meinen eigenen Weg nicht mehr ins Forum stellen. Mein Ansinnen war ausschließlich zu informieren.

Jedem PCa-Betroffenen empfehle ich, sich anderweitig über alle auch nicht schulmedizinische Behandlungsmöglichkeiten zu informieren. Im kommenden Jahr gibt es von:

Menschen gegen Krebs e.V. Pfarrstr. 8/1, 71394 Kernen, www.krebstherapien.de, Tel. 07151/910217 ein großes, allumfassendes Info- Zentrum aller Therapiemöglichkeiten (schulmedizinische wie naturheilkundliche), welches momentan bei Stuttgart entsteht.

Es ist sehr gut, dass die Wichtigkeit erkannt wird, dass der betroffene Patient nicht von der verdienenden gewinnbringenden Seite zu Therapien gedrängt wird, sondern sich an neutraler kompetenter Stelle ehrliche ungeschönte Informationen holen kann.

Erst wenn man in dem Wissen aller Möglichkeiten mit allen zu erwartenden Vor- und Nachteilen jeder entsprechenden Therapie ist, kann man seine selbst gewählte und nicht die vom Urologen unter Zeitdruck aufgedrängte Wahl treffen, zu der man dann auch in innerer Überzeugung steht.

Vorweg empfehle ich jedem Betroffenen folgendes Buch:

Lothar Hirneise: Chemotherapie heilt Krebs und die Erde ist eine Scheibe.

Und Gerard(US) schrieb:

Für Männer mit frühem Prostatakrebs beantwortet sich die Frage zur Entscheidung zwischen Operation und Abwarten (und Zusehen wie sich der Krebs ausbreitet) zugunsten der Operation.

Eine Studie fand, dass bei Männern unter 65 die Sterbensrate durch Operation um mehr als die Hälfte reduziert wird. Bei den Männern über 65 ist sich die Jury jedoch nicht so einig.

Diese älteren Männer sind jedoch die weit überwiegende Mehrzahl der Krebspatienten.

Dr. Durado Brooks, der Direktor für PCa bei der American Cancer Society erwartet, dass aufgrund dieses Ergebnisses den Jüngeren kaum zum "Abwarten und Beobachten" zu raten sei. US-Ärzte beraten nun öfter Patienten über 65 gegen eine Operation.

Für Europa, wo Ärzte bei jüngeren Patienten in Richtung "Watchful Waiting" tendieren, erwarte man durch diese Studie ein drastisches Umdenken.

Diese im Neu-England Journal für Medizin veröffentlichte Langzeitstudie wurde an fast 700 Patienten aus Schweden, Finnland und Island durchgeführt.

Ich selbst habe mich vor fast fünf Jahren einer Brachytherapie+Bestrahlung unterzogen und mache nun, wenn man so will, "Watchful Waiting" bei PSA Null ;-)

Ich selbst glaube nicht wirklich, dass mein PSA 0,00 ist, deshalb habe ich erstaunt zurückgefragt: wirklich Zero. Mein Urologe sagte: Yes, Zero - that`s what it should be.

Ich denke mein Urologe ist wirklich sehr "nervenschonend". Als empowered patient könnte jedoch eine Zweitmessung bei einem anderen Urologen durchführen lassen - aber wozu?

Als ich ihm vor fünf Jahren "Watchful Waiting" vorschlug, sagte er sehr bestimmt: Aber nicht bei Ihrer familiären Vorbelastung (Bruder PCa, Mutter Brustkrebs).

Dirk fragte am 6.1.2006:

Was wird die richtige Entscheidung sein? Bin 42 Jahre alt. Bei mir wurde im November 2005 ein Prostatakarzionom festgestellt. Der PSA-Wert liegt bei 3,13 ng/ml, Gleason 3+3. Bei der 8-fach Prostatabiopsie wurde in einer von acht Proben (rechts basal) das Prostatakarzionom entdeckt. Wäre eine Total-OP sinnvoll, und wenn, bei welchem Chirurgen, oder sollte man eine Dreifach-Hormonbehandlung in Betracht ziehen, um Zeit zu gewinnen?

Am selben Tag antworteten:

Bernhard A.:

Ich möchte anmerken, daß Du noch  s e h r  jung bist. Deine Lebensqualität ist in Zukunft ganz  w i c h t i g. Deine Werte scheinen noch nicht hoch zu sein.

Es ist inzwischen unumstritten, dass z. B. eine ambulante (ein Tag) SEEDs- (Brachy-) Behandlung oder Bestrahlung mit IMRT über ca. sechs Wochen mindestens die gleichen Heilungschancen wie eine OP hat. Mit dem Unterschied, dass die Nebenwirkungen (Inkontinenz u. Impotenz) wesentlich geringer sind. Ob zusätzlich eine 6-9-monatige HB erforderlich ist, müssen Fachärzte entscheiden. Bei der Brachybehandlung ist es noch wichtiger als bei der OP, dass e r f a h r e n e Radiologen Dich behandeln.

Lass Dir Zeit. Ich habe mich wochenlang hier im Forum und auf anderen Seiten informiert, bis ich mich entschieden habe.

Jürg:

Auf den ersten Blick scheinst Du ein guter Kandidat für die RP zu sein. In Deinem Alter ohne Not schon mit einer Hormontherapie zu beginnen, scheint mir fragwürdig. Ich würde Dir aber empfehlen, das Resultat der Biopsie durch einen Zweitbefund (z. B. Prof. Helpap) überprüfen und nach Möglichkeit ergänzen (andere Tumormarker!) zu lassen. Einen Entscheid solltest Du erst dann treffen, wenn Du alle Möglichkeiten für eine möglichst genaue Diagnose ausgeschöpft hast. Da PK in der Regel langsam wächst und der Deinige nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand auch nicht besonders aggressiv ist, kannst Du Dir für eine umfassende Abklärung Zeit nehmen.

Und Flori:

ich (51 J. / PC-Diagnose 01/05 / PSA 4,75 / GL 3+3 / OP 04/05 durch Prof. Huland / bin sehr zufrieden). Informiere Dich so gut wie es geht über die verschiedenen Behandlungsoptionen; ich denke Du hast aufgrund Deiner Ausgangswerte hierfür ausreichend Zeit und wirst sicher aus dem Forum wertvolle Hinweise erhalten.

Oblomow fragte am 11.2.2006:

Am 25.10.2005 wurde bei mir (48-jährig) nach einer TURP (transurethrale Resektion der Prostata) Krebs entdeckt. Die TURP wurde wegen Blasenentleerungsstörungen gemacht. Dabei wurde im entnommenen Gewebe Prostatakrebs entdeckt: Diagnose: Inzidentelles [zufällig entdecktes – Ed] Prostatakarzinom pT1b Gleason 3+4=7 (10 %) und ausgedehnte Pin-II-Veränderungen. Der PSA-Wert vor der Operation betrug 2,1 µg/l. Heute beträgt der PSA-Wert 1,1 µg/l. Meine PSA-Werte eignen sich offensichtlich nicht als Tumormarker. Drei Pathologen kamen zum gleichen Gleason Wert 3+4=7. Die Computertomographie zeigt nichts Auffälliges. Bei einer Stanzbiopsie (durchgeführt im Dezember 2005) mit 12 Nadeln wurde in keiner einzigen Probe ein Karzinomherd gefunden. Zwei Urologen haben mir zur radikalen Prostatektomie geraten, und zwar drei Monate nach der TURP-Operation. Gleichzeitig soll eine Lymphadenektomie gemacht werden. Brachytherapie ist nicht möglich, weil die Seeds wegen der TURP keinen Halt finden. Die Operation kann nervschonend ausgeführt werden. Die Nebenfolgen können aber trotzdem erheblich sein. Ein Urologe hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass eventuell bereits mit der TURP die Krebsherde entfernt wurden und die Möglichkeit nicht ganz ausgeschlossen werden kann, dass nach der RP festgestellt wird, dass kein Krebsherd mehr vorhanden war. Ich muss mich nun entscheiden. Vielleicht kann mir jemand vom Forum noch einen Rat geben.

WinfriedW meinte am selben Tag:

Sich für die RP zu entscheiden, ist nicht leicht. Vielleicht wäre es eine Variante, den PSA-Verlauf wirklich sehr engmaschig zu beobachten. Wenn PSA dann nicht ansteigt, würde ich abwarten – aber das ist meine ganz persönliche Meinung und kein wirklicher Rat!

Schorschel:

Ich stimme Winfried zu bzgl. engmaschiger Kontrolle von PSA (und anderen Markern/Werten), und ich würde mein Immunsystem stärken. In einigen Monaten hast Du m.E. eine solidere Entscheidungsbasis als heute.

Und Urologe fs:

Sie stecken wirklich in einer Zwickmühle:

Daher einige Denkanstöße von mir:

  1. es wurden neben dem PK auch HGPin gefunden – d. h. für mich, dass Ihre Prostata das Potential/die Veranlagung hat, neue Krebsherde zu bilden, selbst wenn jetzt alle entfernt wären
  2. ein Neuauftreten wird möglicherweise wegen des niedrigen PSAs zu spät entdeckt
  3. dass Brachytherapie nach TURP nicht möglich ist stimmt nicht – es ist nur deutlich schwieriger – aber Könner wie Kahmann haben damit wohl kaum Probleme. Allerdings ist Gleason 7 für Seeds nicht leitlinienkonform.

Mein Resümée:

vielleicht eine dumme Frage. Aber ich meine sie ernst.

Ich (70 Jahre) mache z. Zt. eine Chemotherapie mit täglich 1200 mg Nizoral und 40 mg Hydrocortison (außer 3-Monats-Spritze Decapeptyl, alle zwei Monate Zometa, täglich zwei Esslöffel Fischöl, Lykopin, Orocal und Rocaltrol).

Dabei erinnere ich mich an die Aussage eines Professors auf einem Kongress im Sommer 2004 in der Uni Hamburg: "Mit Chemotherapie kann man durchschnittlich drei Monate länger leben." Andererseits kenne ich die oft zitierte Erklärung von Prof. Ben Pfeiffer: "Behandlungsdschungel... viele Behandlungsmethoden... Deshalb wissen wir heute nicht einmal, ob auch nur eine dieser Methoden imstande ist, das Leben von Patienten mit PK wirklich zu verlängern." Und ein erfahrener Urologe schrieb mir nach Lesen meiner Historie 02/01: "Nehmen Sie nur die Drei-Monats-Spritze."

Tatsache ist: Ich habe seit Geburt bis heute abgesehen von Unfällen nie Beschwerden gehabt und treibe nach wie vor sehr viel Sport. Trotzdem bin ich seit 04/03 verzweifelt. Da nannte man mir ohne besonderen Anlass ein PSA von 15, zwei Monate später von 24,2 und einen Gleason von 5 + 4.

Casodex, Drei-Monats-Spritze Decapeptyl und sieben Wochen Bestrahlung ließen das PSA für acht Monate auf 0,1 fallen. Nach Stop aller Medikamente stieg das PSA trotz dreifacher Hormon-Blockade ab 01/05, Estraderm-Pflaster und ab 09/05 Nizoral/Hydrocortison wieder beträchtlich an bis auf 8,19 in 02/06. Außerdem stellte eine Cholin-Pet-Untersuchung 11/05 eine kleine osteoklastische und eine große osteoblastische Knochenmetastase fest, wobei nachfolgendes Knochen-Szintigramm ebenso wie das von 07/03 nichts entdeckte.

Was soll ich tun?

Weiter dem Rat meines Arztes folgen und das Risiko eingehen, durch die vielen erwähnten Nebenwirkungen mein "gutes" Leben zu gefährden, um etwas länger zu leben? Oder keine Medikamente mehr nehmen oder nur Drei-Monats-Spritze oder nur unschädliche Bio-Mittel, um damit vielleicht kürzer, aber mit Qualität zu leben?

Wer von Euch oder Ihnen (auch kostspielige Vorschläge interessieren mich sehr) hat einen Rat oder kann mir mitteilen, wie ich Männer kennenlernen kann, die in ähnlicher Situation sind oder waren wie ich?

Urologe fs antwortete am selben Tag:


Urologe Dr.F.E. schrieb am 1.5.2006:

Immer, wenn sich Urologen und Chefärzten großer Kliniken treffen, kommt über kurz oder lang das Gespräch auf die radikale Prostatektomie – meist nach dem Motto „Wieviele Radikale habt Ihr dieses Jahr schon gemacht?“ Über Komplikationen hört man nichts. Wahrscheinlich gibt es auch keine – neuen. Die alten (Impotenz, Inkontinenz, gelegentlich starker transfusionsbedürftiger Blutverlust) kennen wir – über die Häufigkeit kann nur spekuliert werden. Die veröffentlichten Zahlen stimmen nicht.

Was aber viel schlimmer ist – die Operateure diskutieren nicht über eine intelligente Auswahl der Patienten (= Indikation). Jeder versucht auf seine OP-Zahlen zu kommen – ob die Patienten von der OP profitieren, scheint leider zweitrangig zu sein.

Es ist unstrittig, dass viele Männer ein Prostatakarzinom bekommen, aber nur wenige daran sterben. Die Biologie des Prostatakarzinoms ist immer noch nicht genau erforscht – aber es gibt Fortschritte. Neben dem Gleason Score können inzwischen eine ganze Reihe von Zusatzuntersuchungen angefordert werden, um die Agressivität des Tumors genauer einzuschätzen.

Viele Arbeiten belegen die Bedeutung des Krebsvolumens. Wenn in einer ordentlich durchgeführten Gewebeentnahme nur eine von zehn Stanzbiopsieen positiv und der Zylinder beispielweise nur zu 30 % befallen ist, wird das Karzinomvolumen wohl sehr niedrig sein. Beurteilt der Experte (!!!) dann das Gewebe mit Gleason 3+3=6 und ist der Patient über 65 Jahre alt, kann man den Sinn einer „ Radikalen“ erheblich in Frage stellen. Zumindest sollte mit dem Patienten über die Möglichkeit einer aktiven abwartenden Strategie mit regelmäßigen Kontrollen gesprochen werden. Ich glaube nicht, dass viele Chirurgen das tun.

Andererseits werden Patienten mit sehr ungünstigen Ausgangsbefunden „radikalisiert“ – z. B. bPSA 45, Gleason 5+4=9. Bei dieser Befundkonstellation liegen mit hoher Wahrscheinlichkeit Mikrometastasen vor – auch wenn das Knochenszintigramm, das Routine-CT oder auch das Cholin–PET/CT negativ sein sollte. Der Patient erfährt dann von dem Operationsergebnis vielleicht so: „Wir haben befallenene Lymphknoten gefunden und alles mit der Prostata entfernt“.

Alle Patienten mit befallenen Lymphknoten bekommen ein PSA-Rezidiv! Üblicherweise wird dann Casodex verordnet, weil eine von der Industrie gut vermarktete Studie die Urologen fast dazu zwingt. Die Androgen-Deprivation mit drei Medikamenten (ADT ) über 12 oder 16 Monate im Sinne einer intermittierenden Androgenblockade wird nicht diskutiert.

Die genaue Bestimmung des Status (Wieviel Krebs ist vorhanden? Wie agressiv ist die einzelne Krebszelle?) unter Einbeziehung moderner bildgebender Verfahren und der Einsatz möglichst vieler Algorithmen (Kattan, Partin und andere) können dann die Frage „lokal begrenztes Karzinom oder systemische Erkrankung?“ sehr genau beantworten. Natürlich geht es um Wahrscheinlichkeitsberechnungen. Manche Patienten glauben wirklich, sie gehören zu den drei von hundert, die durch eine Operation geheilt werden können.

Ob die auch in ein Flugzeug steigen würden, wenn wahrscheinlich nur drei von 100 sicher landen??

Wenn wir auch nicht alles entfernt haben – den größten Teil haben wir erwischt.“ Vielen von Ihnen werden wohl die Ohren klingeln. Das Zauberwort „Tumormassenreduktion“. Na sicher wollen wir das. Aber warum ausgerechnet mit der im wahrsten Sinne des Wortes einschneidensten Maßnahme? Gelingt Tumormassenreduktion nicht auch mit einer ADT3 ± Ketokonazol oder niedrigdosierter Chemotherapie ± konsolidierender Strahlentherapie von Prostata ± Lymphknoten? Die lokale Therapie bei ganz offensichtlich systemischer Erkrankung hat den großen Nachteil, dass die systemische Therapie oft Monate verzögert wird. In dieser Zeit können Mikrometastasen munter weiter wachsen und mutieren. Wertvolle Zeit geht verloren.

Für alle Situationen, in denen nicht klar ist, ob eine lokale oder systemische Erkrankung vorliegt, bietet sich als biologischer Stresstest die ADT3 an. Patienten die innerhalb von 3-4 Monaten einen PSA-Wert von 0,05 ng/ml oder kleiner erreichen, haben eine lokale Erkrankung. Die überragende Bedeutung des PSA-Tiefstwertes (= Nadir ) hat sich leider noch nicht herumgesprochen. Das gilt nicht nur für die Hormontherapie: Wenn nach einer „Radikalen“ der erste PSA-Wert z. B. 0,01 ng/ml ist, kommt es so gut wie nie zu einem PSA-Rezidiv. Das heißt die Erkrankung war lokal. Das gilt genauso für die Strahlentherapie, Seeds, HIFU, Kryotherapie etc.

Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass die überwiegende Mehrzahl der Operateure ihr Handwerk beherrscht. Nochmal: Es geht um die richtige Auswahl der Patienten. Viele Krankenhäuser sind in den roten Zahlen. Da werden keine vom Urologen eingewiesenen Patienten wieder nach Hause geschickt. Das würde auch den Zuweiser erheblich verärgern, weil dadurch seine Kompetenz in Frage gestellt wird.

Sollte nicht die Gesundheit des Patienten im Mittelpunkt stehen?

Der Patient erkennt meistens zu spät, dass irgend etwas nicht stimmt – stellt aber nur selten seine und die Entscheidung des Operateurs in Frage, weil er glaubt, es hätte keine Alternative gegeben.

Es gibt Alternativen: Umstellung der Ernährung, Sport, Stressabbau, kontrolliertes Zuwarten bei niedrigem Risiko – Androgenentzug, Strahlentherapie, Seeds, und eine intelligente Kombination von Medikamenten bei mittlerem und hohem Risiko. Die „Radikale“ hat ihre Berechtigung und wird bleiben. Aber ich fürchte, die Herren Chefärzte werden sich in Zukunft am Stammtisch über wesentlich weniger „Radikale“ unterhalten müssen.

Alles Gute !

Edi fragte am 29.5.2006:

Im Februar diese Jahres ist bei meinem Vater ein Prostatakarzinom diagnostiziert worden (1 von 16 Biopsien positiv mit Gleason 3 + 3), nun stellt sich für ihn die Frage, ob Brachytherapie oder RPE bzw. andere alternative Therapiemöglichkeiten. Ich hätte gerne ein paar Meinungen bzw. Erfahrungen gelesen, welche Therapie für seinen Fall am sinnvollsten wäre (er ist 54). Soweit ich mich bis jetzt informiert und erkundigt habe ist nur mit RPE wirklich eine Heilung gewährleistet. Wie seht ihr das?? Soll man bei seinem Fall die RPE mit all den möglichen Lebensqualitätseinschränkungen in Kauf nehmen oder auf Alternativen setzen?

Ralf verwies am selben Tag auf den "Ersten Rat" und schrieb weiter:

Gewährleistet ist bei keiner Therapie etwas, es ist immer ein Lotteriespiel. Es ist verständlich, dass Ihr jetzt alle geschockt seid nach dieser Diagnose, aber bei den Werten Deines Vaters besteht kein Grund zur Panik oder zu einer überstürzten Therapieentscheidung... Erfahrungsberichte zu unterschiedlichen Therapiemöglichkeiten findest Du im "Forumextrakt" => "Th-Erfahrungen". Mit jeder Therapieart sind gute und schlechte Erfahrungen gemacht worden.

Otto schrieb einen Tag später:

Dem schloss sich Oliver am selben Tag an:

ich muss mich den Ausführungen von Otto vorbehaltlos anschließen und kann aus eigener Erfahrung folgendes dazu berichten:

Auch ich war bei der Diagnose im November vorigen Jahres ebenfalls 54 und stand vor dem gleichen Problem, mich für eine Therapie entscheiden zu müssen … aufgrund meines Alters und der damit verbundenen statistischen Lebenserwartung habe ich mich dann recht schnell für eine kurative Therapie entschieden und zwar für eine RP …

Ich bin dann Anfang Januar am UKE Hamburg operiert worden (Bauchschnitt) und bin sowohl mit dem OP-Verlauf als auch der Rekonvaleszenz außerordentlich zufrieden … Ende Januar habe ich noch eine dreiwöchige Anschlussheilbehandlung in Bad Wildungen durchlaufen und war danach fast 100-prozentig kontinent …

Nach ca. drei Monaten bin ich dann wieder voll in das Berufsleben eingestiegen und hoffe, wie alle Betroffenen mit vergleichbarem Verlauf, dass ich die Sache endgültig überstanden habe …

Wenn sich Dein Vater auch zu einer RP durchringen kann, dann ist vor allem wichtig, dass er von einem erfahrenen Operateur operiert wird.

Am 31.5.2006 schrieb dagegen Reinardo:

Euer Ansicht bin ich nicht. Gute Operations-Bestrahlungsergebnisse lassen sich nicht verallgemeinern. Jedem guten Ergebnis kann man eine negativ ausgegangene Therapie gegenüberstellen. Da spielen so viele Faktoren mit, dass nichts wirklich voraussagbar ist.

Die Gedankengänge, die hier als "richtig" suggeriert werden, spielen sich in abertausend Fällen bei 97 % der landein, landauf Betroffenen ab. Die restlichen 3 % haben Zugang zum Internet und recherchieren die Möglichkeiten der Therapie etwas gründlicher.

Die 'tickende Zeitbombe', von der Otto spricht, befindet sich nur im Kopf, nicht in der Prostata.

Prostatakrebs ist in der Regel ein recht langsam wachsender Krebs, der hinreichend Zeit lässt zum Recherchieren und Überlegen. Mir scheint, Ihr habt die bei KISP unter "Erster Rat" angebotenen Optionen gar nicht studiert und entscheidet Euch 'aus dem Bauch heraus' für die radikalste aber auch risikoreichste Therapie, die Gefahr des Verlustes oder der dauernden Beeinträchtigung der Lebensqualität völlig außer Acht lassend.

Dem widersprach Otto am 1.6.2006:

Ich verstehe nicht genau, wo Dein Punkt ist. Du unterstellst mangelnde Information. Für meine Person kann ich sagen, dass ich den KISP-Ersten Rat durchaus studiert und auch sonst alle mir zur Verfügung stehenden Informationen für meine Entscheidung herangezogen habe. Krebs ist zudem etwas, was ich nicht nur aus der Regenbogenpresse kenne. Meine Tochter hatte mit fünf Jahren Leukämie (ALL) und ist seit 17 Jahren geheilt. Meine Mutter und meine Schwiegermutter sind am Brustkrebs gestorben. Mein Bruder hat 20 Jahre mit einem seltenen, langsam wachsenden Tumor in der Nasenschleimhaut gelebt und ist letztendlich qualvoll daran gestorben. Meiner Frau wurde vergangenes Jahr ein bösartiger Colontumor diagnostiziert und eine Colektomie durchgeführt. Da entscheidet man sich nicht mal eben so aus dem Bauch heraus für eine bestimmte Therapie, weil man seinem Urologen einen Gefallen machen möchte!

Bei der aktuellen Diskussion geht es um einen verhältnismäßig jungen Menschen mit noch nicht weit fortgeschrittener aber manifester Erkrankung . Wie sind da die Optionen? Wait and see, weil , wie Du richtig sagst, das PC ein (meistens, aber durchaus nicht immer) langsam wachsender Tumor ist? Für einen 46-jährigen Mann ist die Chance, dass der Herzkasper das Rennen gegen den Tumor gewinnt doch wohl eher gering! Nach San Francisco fliegen? Na ja. Hormontherapie? Als ob es da keine die Lebensqualität beeinträchtigenden Nebenwirkungen gäbe. Bestrahlung? Sollte man sich, sofern diese Therapieform nicht durch den Grad der Erkrankung indiziert ist, diese Option nicht für den Fall eines Rezidivs offenhalten? Werden nicht auch für die Brachytherapie dramatische Nebenwirkungen berichtet?

Du bezeichnest die RP als "die risikoreichste Therapie" bei der die "Gefahr des Verlustes oder der dauernden Beeinträchtigung der Lebensqualität" völlig außer Acht gelassen wird. Entschuldigung, hier scheint es mir, als referiere ein Blinder über die Farben. Das größte Risiko bei der PR ist, dass man an einen Stümper gerät. Das kann man minimieren, in dem man bei der Wahl des Zentrums Sorgfalt walten lässt und sich gründlich informiert. Meinst Du mit "Verlust oder dauernde Beeinträchtigung der Lebensqualität", die Tatsache, dass man die Zeugungfähigkeit verliert und nicht mehr ejakulieren kann und (nicht immer auf Dauer) die Schwellkörper ihren Dienst aufgeben? Wenn man männliche Sexualität auf die Erektion reduziert, magst Du recht haben. Warum liest man nicht in all diesen Broschüren und Ratgebern, dass Libido, Sensibilität und sogar Orgasmusfähigkeit auch nach der RP vorhanden bleiben? Mit ein bisschen Fantasie und Verständnis muss die Erotik und die Sexualität nicht auf der Strecke bleiben! Mir sind Fälle bekannt, in denen Männer aus einem gewissen Machismo heraus die Behandlung abgelehnt hatten und trotzdem nicht nur ihre Lebensqualität sondern auch ihr Leben einbüßten.

Die tickende Zeitbombe, von der ich spreche, befindet sich sowohl im Kopf als auch in der Prostata. Bei dem einen tickt sie schneller, bei dem anderen langsamer, was aber nicht zu prognostizieren ist. In meinem Fall war der Tumor, mit dem ich mir nach Aussage des Urologen bei der Diagnose jede Menge Zeit lassen konnte, binnen sechs Wochen durch die Kapsel gewachsen. Und selbst, wenn die Bombe "nur" im Kopf tickt und Depressionen verursacht, ist das keine Beeinträchtigung der Lebensqualität?

Jeder muss seine Entscheidung selbst treffen. Dafür sind Informationen wichtig, gerade auch Erfahrungen von Leuten, die sich einer bestimmten Therapie unterzogen haben. Dafür ist dieses Forum da.

Gunter schrieb am 14.7.2006:

ich lese seit einigen Monaten hier im Forum die Beiträge. Viel ist zu lesen, von Werten und Ergebnissen, die jedoch vom Schicksal betroffenen und ahnungslosen Personen keine große Hilfe bieten, oder nicht immer. Mir erging es ebenso, vor genau 12 Monaten! Alles oder viel war für mich mit einem großen Fragezeichen versehen. Wenn ich nun an anderer Stelle hier im Forum lese, dass PSA-Werte von über 270 erreicht werden und mit "ich lebe immer noch, also die Sache ruhig und gut informiert angehen!" kommentiert werden, da wundere ich mich doch etwas. Hier geht es um Krebs und nicht um eine leichte Mandelentzündung, die mit einem Sahneeis gekühlt werden kann.

Bei mir wurde im Dezember 2004, bei einer Routineuntersuchung, ein erhöhter PSA-Wert gemessen. Es waren, gemessen an dem o.a. Wert, nur eine Kleinigkeit von 5,4 – für mich war es eine seelische Belastung! Die Wanderung durch Urologenpraxen begann.

Als Privatpatient, dessen Untersuchung dann alle 4 Wochen für 220.- Euro zu Buche schlug, war ich ein gern gesehener Gast. Ich bekam immer nur zu hören: „Kommen sie in 4 Wochen wieder, wir sehen weiter und beobachten den Wert“. Das war für mich keine Lösung, auch dieses Forum zu dem Zeitpunkt nicht - leider. Ich fand hier in unserer Stadt eine hervorragende Klinik mit einem Topurologen und modernster Ausstattung. Dies zu beurteilen fällt mir nach nun 1,5 Jahren leicht.

Die transrektale 10fach-Biopsie wurde in bilateraler, lokaler Leitungsanäshesie durchgeführt und transrektale Ultraschalluntersuchung. Im Klartext: Es wurden 10 Proben an der Prostata entnommen, durch den Darm, ich fühlte dabei keinen Schmerz und die Prostata wurde ebenfalls durch Ultraschall untersucht. Nach 15 Minuten war es vorüber und ich konnte nach Hause.

Diese Untersuchung sollte JEDERMANN REGELMÄSSIG machen lassen, wo ein erhöhter PSA-Wert besteht.

Die Ultraschalluntersuchung vor Ort ergab zunächst nichts – es war n u r ein leichter Schatten im hinteren Bereich zu sehen. Das Ergebnis kam einige Tage später. Es wurde ein Karzinom festgestellt – bösartig. Es war dort, wo der leichte Schatten bei der Ultraschall- untersuchung zu sehen war. Der Urologe sagte mir, dass eine Entfernung der Prostata notwendig, die Entscheidung darüber jedoch nur mir überlassen bliebe.

Wir hatten danach lange Gespräche mit 100%iger Aufklärung der Risiken, möglichen Nach- und Vorteilen. Seltsam war, dass ich mich über den Verlust der Prostata locker hinweg setzten konnte. Ich sah nur den Vorteil, weg mit dem Karzinom. Bedenken hatte ich nur damit, mein Leben mit einem Urinbeutel an der Hüfte zu beenden und das wollte ich nicht.

Ich hatte und habe noch unbegrenztes Vertrauen in den behandelnden Arzt, der mir sagte, dass er versuchen wird, schonend zu operieren, die Harnwege, Schließmuskel und sogar die Erektionsfähigkeit erhalten will. Der Mann hat begnadete Hände!

Die OP war heute vor 12 Monaten. Mein PSA ist 0,0 ich trage keinen Beutel oder Vorlage, also absolut trocken und die Erektion ist da. Dazu muß ich sagen, dass ich regelmäßig Kraftsport betreibe, 2x wöchentlich und dabei auch die Beckenbodenmuskulatur auf Trab halte.

Patrick schrieb am 18.10.2006:

Ich war bisher hier nur stiller Mitleser aber die Debatte um die Therapieform, und die evtl. Auswirkungen hat mich nun veranlasst, mich hier anzumelden um meine Historie darzustellen.

Bewogen hat mich der Satz eines Mitbetroffenen .... "und wenn ich nur einem Betroffenen Hilfe geben konnte.... usw."

Vorab muss ich aber gleich festhalten: Jeder Mensch ist in seiner Psyche anders gestrickt und legt ganz andere Wertigkeitenm für sich und sein Leben, in die die Diagnose "Krebs" unbarmherzig eindringt. Damit muss man dann erst einmal klarkommen und dann schauen "Wie geht es jetzt weiter" Denn auf einmal sind Dinge " die gestern noch Groß und Wichtig erscheinen, Nichtig und Klein..."

Aber nun zum Entscheidenden:

Immer Kerngesund, keinerlei Probleme ausser der Bandscheibe... durch zuviel Sport, auf vielen Ebenen aktiv, im Job lief es sehr gut und auch das Sexualleben war o.k. Dann stand mein 50zigster Geburtstag vor der Tür und ich wollte mir selbst ein Geschenk machen.. einen Neuwagen aus Schwäbischer Fabrikation (die Nachbarn sollten ja etwas zu Reden haben).

Meine Frau meinte daraufhin sie würde dem nur zustimmen wenn ich endlich zur Vorsorgeuntersuchung gehen würde, ich wäre kaum beim Arzt und wer weiß... Nun ja, ich hatte es dann doch noch herausgezögert.. aber ihr kennt ja Frauen... die geben ja keine Ruhe... Dann haute es mit Arztterminen nicht hin usw. usw. Bis ein Bekannter zu mir sagte: " Du bist doch Privatpatient, lass dich doch zwei Tage in eine Klinik einweisen und mach da das volle Programm.. Magenspiegelung, Darmspiegelung usw. usw. ... hier hast du eine Adresse..." Und wieder ließ ich gut zwei Monate verstreichen.

Dann nahm ich es aber in Angriff. Magen i.O. Darm i.O, Blutdruck i.O. Schlagadern frei.. aber beim Ultraschall der Bauchschlagader meinte der Internist .. "im Bereich der Prostata irgendwas sei.. Kante palpiert .." Blick auf meine Blutwerte... PSA 3,66 !!! da dürfte nichts großes sein aber ich müßte ja noch zum Urologen. Dann Untersuchung beim Urologen... "ja da ist was, aber bei dem PSA .. machen sie sich mal keine Sorgen, aber wir sollten eine Biopsie machen.

Gesagt, getan... (muss hier anmerken – ich habe schon schlimmere Dinge erlebt als die Biopsie... war kein Thema).

Nach Hause entlassen, Befund würde in 2-3 Tagen zu meinem Hausarzt kommen. Nun ja, ich saß meinem Hausarzt dann gegenüber und dann vergesse ich diesen Augenblick nie:

Er las noch einmal den Biopsiebefund und sagte dann: Ja das ist Krebs... !

Als er mein Gesicht sah meinte er: "Wussten sie das nicht ?"

Nein ich wusste es nicht.. und ich musste erst einmal mit der Situation fertig werden. 7 Stanzen, alle befallen Gleason 3+4. Bis dahin wusste ich noch nicht was das bedeutete. Allerdings sagte mir mein Arzt, mit einem so niedrigen PSA solch einen Tumor, ich solle mich schnell entscheiden.

Ich habe mir dann drei Tage freigenommen, im Internet recherchiert, mir über Freunde und Bekannte Infos besorgt und mit meiner Frau die ganze Situation durchgesprochen. Dabei kam auch das Thema Sexualität zur Sprache. Aber das Hauptthema war: Überleben und eine Annehmbare Lebensqualität.

Bzgl. OP hatte ich viel Negatives gehört! Heute muss ich dazu folgendes sagen: Ich hatte mich dann zu einer Strahlentherapie entschlossen und vorher die Lymphknoten im Becken entfernen lassen, um Metastasen sicher auszuschließen. Diese OP geschah Mittwoch morgens, Samstag morgen wurde ich entlassen und nahm Donnerstag auf der Arbeit – etwas geschwächt – an einer Besprechung teil, denn ich hatte mich nicht krankschreiben lassen, ich wollte nicht das "der Krebs" mein Leben bestimmt.

Der Behandelnde Urologe meinte nur zu mir, ca. 1,5 Std länger operiert und ich wäre die Sache los gewesen. Wenn ich gewusst hätte wie gut ich die LK-OP weggesteckt habe, hätte ich evtl. einer Radikal-OP zugestimmt.

Ich hatte mich aber wie erwähnt zu einer Brachytherapie entschlossen. Da mein PSA mittlerweile schon auf fast 6 gestiegen war und beide Lappen vollständig befallen waren kamen SEEDS nicht in Frage. Die Therapie wurde im AFTERLOADING-Verfahren durchgeführt, d.h. 35 Bestrahlungen extern mit knapp 52 Gy und dann dreimal stationär im Abstand von je einer Woche (je drei Tage Klinikaufenthalt) einbringen des Strahlenträgers in den Tumor insgesamt 22 Gy.

Ich habe:

Inkontinenz war nie ein Thema. Potenz Anfangs auch nicht, aber jetzt nach zwei Jahren muss ich sagen, dass jetzt zu einem Thema wird. Die Erektionsfähigkeit lässt rapide nach, und ich fürchte, das wird sich nicht mehr reparieren lassen.

Das bringt nun natürlich einige psychische Probleme mit sich auf die ich nicht näher eingehen will. Vielmehr kommt das evtl. Problem das meine letzten beiden Blutuntersuchung einen minimalen PSA-Anstieg ergaben. Bei einer Strahlentherapie kann es ja immer zu einem PSA-Bounce geben. Was mich (nicht meinen Urologen) etwas beunruhigt, ist der kontinuierliche minimale Anstieg. Habe Anfang Dezember die nächste Untersuchung... dann muss man sehen. Ich habe leider nicht mehr "die beiden Pfeile im Köcher" und muss dann sehen, was zu tun ist.

Momentan geht es mir aber sehr gut, und bedingt durch meine negative Erfahrung sind viele meiner Freunde zu den Vorsorgeuntersuchungen gegangen, und ein Freund hatte mit einem Darmtumor großes Glück. Sein künstlicher Darmausgang konnte wieder zurückverlegt werden. Der Arzt meinte, ½ Jahr später gekommen und das wäre nicht mehr möglich gewesen.

Ich hoffe, ich bin hier nicht zu sehr ins Detaill / Leidensgeschichte gegangen, ich wollte eigentlich nur ausdrücken: Jede Lebenssituation wird durch andere Kriterien und Wertigkeiten geprägt und nicht immer ist die Therapie die mir Super bekam die Wahl der Dinge für Jemanden anderen.

Kann jedem nur wünschen, dass jeder die für ihn richtige Therapie findet und auch den Arzt / die Klinik der/die sie auch umsetzen kann. [Hervorhebung durch Ed]

Schorschel schrieb am 26.1.2008 unter dem Betreff „Persönliche Therapieentscheidung von Männer um die 60 Jahre“:

Ich war knapp 59 Jahre alt, als ich mit der Krebsdiagnose konfrontiert wurde und mich dann notgedrungen mit den Therapieoptionen einschl. deren Nebenwirkungen (und deren statistischer Häufigkeit) vertraut machte.

Meine damalige Lebenssituation: Ansonsten kerngesund, groß/schlank/sportlich, mitten in einem erfolgreichen Berufsleben stehend, reichhaltiges privates Lebensumfeld mit Sport, Reisen, Freundeskreis, spannenden ehrenamtlichen Aufgaben etc., sich relativ jung fühlend, bisher keine größere Operation gehabt – und im 7. Jahr einer neuen und höchst glücklichen Partnerschaft mit einer (jüngeren) Frau, die ich gerade (in zweiter Ehe) geheiratet hatte.

Meine körperliche Unversehrtheit war damals (und ist es noch heute) für mich ein außerordentlich wichtiges Ziel. Die Vorstellung von Inkontinenz war für mich grauenvoll. In dieser Lebenssituation war es daher für mich ziemlich unvorstellbar, mich z.B. einer RPE zu unterziehen.

(Kurze Anmerkung: Ich empfand die RPE damals wie heute als Verstümmelung, die nur in Ausnahmefällen angebracht ist, wo unzweifelhafte Heilungsaussichten bestehen oder die Tumorlast reduziert werden soll; diese Therapie als „Goldstandard“ den Betroffenen – oft reflexartig, ultimativ und bedrängend – aufzudrücken, halte ich für ein Verbrechen der urologischen Zunft; aber das ist nur meine persönliche Meinung, und darum geht es mir in diesem Thread auch gar nicht).

Angesichts eines sehr beglückenden Sexuallebens war natürlich auch die Potenz ein sehr wichtiger Faktor bei den Überlegungen, aber meine Frau und ich waren sehr schnell einig, dass unser Glück – weder das sexuelle, und schon gar nicht das allgemeine - nicht von meiner Erektionsfähigkeit abhängen würde. Aber ich gebe zu: Die mit ziemlicher Sicherheit vorhersagbaren negativen Auswirkungen einer OP auf die Potenz haben mich ebenfalls erschreckt und mein eigentlich im Vordergrund stehendes Verlangen nach körperlicher Unversehrtheit verstärkt und meine große Angst vor Inkontinenz spürbar vergrößert, ebenso natürlich auch meine mangelnde Begeisterung, mich einer großen OP unterziehen zu müssen.

Meine persönliche Priorität war und ist in einer solchen Situation:

Im Vordergrund steht die Lebensqualität und nicht die absolute Länge des Lebens, und das bedeutete damals für meine Therapieentscheidung, dass ich lieber noch 5 Jahre ohne jede Einschränkung an Lebensqualität genieße, selbst wenn dadurch die Erfolgswahrscheinlichkeit bei späterer Wahl einer der sog. kurativen Therapien sinkt (oder eine solche vielleicht sogar unmöglich wird).

Und auch heute noch – wo ich 4 der genannten 5 Jahre schon „im Sack habe“ – setze ich ganz eindeutig Qualität vor Quantität. Und so gilt meine persönliche Therapieentscheidung, die jeder in meiner PK-Historie nachlesen kann, wenn er möchte, auch noch für die nächsten 5 Jahre und dann wieder usw.usw., solange es mir vergönnt ist. Und auch wenn es dann nicht mehr geht, wird meine Entscheidung – zumindest aus meiner heutigen Sicht – nicht in Richtung „RPE/ST“ gehen, sondern um palliative Maßnahmen, solange diese bei guter Lebensqualität und Unversehrtheit möglich sind, und dann wird es eben heißen, Abschied zu nehmen von dieser Welt.

Ich hatte das Glück, in einem relativ frühen Stadium diagnostiziert zu werden (hoffe ich jedenfalls), aber ich meine, dass die von mir geschilderte Entscheidungssituation in abgewandelter Form auch in anderen Krankheitsstadien gilt – natürlich nur, wenn man ein ähnliches Prioritätenmuster hat wie ich. Und das bedeutet: Nicht, wie das Karnickel auf die Schlange, auf die (tatsächlichen oder oft auch nur vermeintlichen) Heilungschancen radikaler Schulmedizin schauen, sondern eine gezielte und sehr bewusste Güterabwägung betreiben und ohne Panik alle – und ich meine alle!! – Therapieoptionen ausloten.

[Schorschels einzige Therapie, die er bis zum Zeitpunkt dieses Beitrages gemacht hatte, war zwei Jahre zuvor die „Autohomologe Immuntherapie“ (AHIT®) – Ed].

Hutschi antwortete darauf am selben Tag:

Deine obigen Aussagen zum Leben entsprechen genau dem, was auch ich immer wieder in den Vordergrund stelle.

Natürlich war ich zum Zeitpunkt der Diagnose schon fast zehn Jahre älter im Vergleich zu Deiner Ausgangssituation. Obwohl man mich biologisch erheblich jünger, von Urologenseite betrachtet, einschätzte und nur die sofortige Ektomie empfehlenswert sei, habe ich mir auch erst einmal eine Auszeit genommen. Der weitere Ablauf meiner PKH kann auch nachgelesen werden [kurzgefasst: Wait and See, Galvanotherapie („vertane Zeit und Kosten“), Dreifache Hormonblockade (DHB), IGTR-gesteuerte IMRT – Ed]. Auch ich habe eine wesentlich jüngere Frau allerdings schon vor 30 Jahren geheiratet. Aus Liebe und Sorge um mich hatte meine Frau mir unentwegt zur sofortigen Operation geraten. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich meine Frau von meinen mir vorschwebenden Plänen überzeugen konnte. Aber es hat sich gelohnt. Auch ich konnte fast sechs Jahre mit einer guten Lebensqualität für mich verbuchen. Ich habe fast nichts in meinen Lebensgewohnheiten geändert, also auch nichts eingebüßt. Im Gegenteil, ich genieße, genau wie Du, jeden Tag aufs neue als einen Gewinn an zusätzlichem Leben, das mir vergönnt ist.

Deine ehrlichen Worte sind mit dem Herzen und mit der Seele geschrieben. Sie bewegen und beschäftigen mich seitdem ich sie heute lesen durfte. Du beweist einmal mehr, dass es auf etwas ganz Anderes im Leben ankommt. Man muß einfach auch den Mut zu solchen Entscheidungen haben, die allein von Liebe und bedingsloser Zuneigung geprägt sind. Schorschel, mit Deinem obigem Beitrag ist Dir eine bemerkenswerte Demonstration von tief empfundenem Lebensgefühl gelungen.

helmut.k schrieb am 10.10.2009:

Die Phase der Entscheidungsfindung habe ich abgeschlossen. Nun gilt es, die Therapie in Angriff zu nehmen.

Sorglos, wie ich war, habe ich mit der Vorsorge geschlampt. Aber heute ist das Schnee von gestern. Ein Zeckenbiss hat mich aus scheinbar heiterem Himmel aufgeklärt. Um eine Borreliose auszuschließen, veranlasst der Hausarzt einen Bluttest und verkündet mir Tage später meinen PSA-Wert.

Das geschah Mitte Juli. Seither versuche ich mich schlau zu machen, entdecke dieses Forum, lese darin und verfolge die Links. Nach dem Biopsiebefund melde ich mich an und stelle meine Fragen in diesem Thread. Ich erhalte wertvolle Informationen in Beiträgen und PN's, auch in der SHG Saarbrücken, wofür ich allen herzlich danke.

Nach dem Befund aus der Biopsie ist klar, dass mich seit vielen Jahren Krebstumore in der Prostata begleiten, gegen die jetzt zu handeln wichtig ist. Ich sehe drei Behandlungsalternativen: eine radikale Prostatektomie, eine Strahlentherapie und eine Hormontherapie (u. Kombinationen daraus).

Trotz Überdenkens mancher Hinweise aus dem Forum, scheidet in meiner persönlichen Bewertung als erste eine Hormontherapie aus dem Rennen. Zum einen, da mir auch hormonelle Therapie als eine "Verletzung" meines körperlichen Systems erscheint, welche ähnlich den anderen Heilungswegen eigene Nebenwirkungen einschließt; zum anderen habe ich als Suchtkranker (Alkoholiker) in den 19 Jahren, in denen ich trocken lebe, mir eine kritische Zurückhaltung erarbeitet gegen über allem, was ich schlucke (oder spritzen lasse).

Die zweite Kandidatin, die Strahlentherapie, lockt mich schon sehr. Sie kommt daher mit dem Charme der modernen Technik. Bei Dr. Neubauer von der Kölner Klinik am Ring erfahre ich, dass ich für die Seed-Implantation nicht mehr in Frage komme, da der Tumor schon beidseitig nachgewiesen (DRU und Biopsie) ist. Bleibt die andere Brachytherapie: Afterloading, kombiniert mit äußerer Bestrahlung (und eventuell mit Hormonbehandlung). Diese Heilungsmethode verspricht zwar ein der Operation überlegenen größeren Sicherheitsbereich, riskiert aber eine irreparable Verletzung der sensiblen Schleimhäute des Enddarms und der Blase. Nach neuesten Studien erscheinen die Nebenwirkungen allerdings langfristig günstiger als nach einer OP. Entscheidend wiegt für mich am Ende die im Vergleich geringere Aussagefähigkeit hinsichtlich einer langfristigen Lebenserwartung. Ich ordne die Bestrahlung als zweiten Pfeil in meinen Köcher ein.

Die dritte Option tritt an zur Abwägung: jene mit scharfen Instrumenten durchgeführte Behandlung, die OP. Vor ihr empfinde ich von Beginn an die größte Angst. Aber es ist nur eines tödlich: die Angst vor der Angst. Antworten von Mitbetroffenen aus dem Forum verschaffen mir einen nuancierteren Blick, und in der Befragung von vier Ärzten setze ich das Fundament meiner Entscheidung. Ich frage nach der „sanfteren“ OP-Methode mit dem DaVinci-System und erfahre, dass auch in den klassischen Verfahren der Prostatektomie mittels Bauchschnitt verschieden Operateure verschiedene Techniken anwenden. So werde ich auf Dr. Prätorius in Starnberg aufmerksam. Die Erfahrungsberichte von Kollegen, die von ihm und seinem Team behandelt wurden, machen mich neugierig und mutig. In einem sehr offenen und ausführlichem Gespräch bereden meine Frau und ich mit Dr. Manuel Prätorius alle Fragen, die wir gesammelt haben, während der Operateur selbst noch weitere Details in die Beratung einbringt. Auch Dr. P. senior stößt zu unserer Gesprächsrunde. Wir fragen, bis uns einsichtig wird, dass die Operationstechnik und die Philosophie des Teams um Dr. P. auf die sichere Entfernung (möglichst) aller Tumorherde abzielt. Und doch haben diese Ärzte bei über 99 % ihrer Patienten den Erhalt der Kontinenz erreicht. Das sollte auch in meinem Falle zu erreichen sein. Auch die Fragen nach der möglichen Wahrung der Potenz finden Antwort. Ohne beim Operieren Abstriche zu machen hinsichtlich der Entfernung der Tumoren, darf auf einen relativen Schutz der Potenz gehofft werden - wenn es auch nicht das primäre Ziel sein wird. Die Darlegung des Dr. P. bleibt ruhig und sachlich, wenn er schildert, wie er – wie alle drei Operateure des Teams – fürsorglich umgehen wird mit dem die Prostata umgebenden Nervengeflecht, um die Funktionstüchtigkeit der Nerven zu erhalten, wie sie die Prostata freilegen und am Ende der Operation in ganz eigener Technik Harnröhre und Blase wieder verbinden werden, ohne den empfindlichen Schließmuskel zu stören und zu verletzen. Nicht zuletzt werden sie sich viel Zeit nehmen, etwa vier bis fünf Stunden, um den Eingriff vorzunehmen.

Resümee: Meine Frau und ich vertrauen dem Menschen und dem Operateur Dr. P. Nach manchen weiteren Gesprächen und einem Überschlafen bei gutem Gewissen entscheide ich mich für die klassische radikale Prostatektomie; und meine Frau (und der Sohn) tragen meine Entscheidung mit.

Nachdem meine Entscheidung gefallen ist, geht es schneller weiter als gedacht. Ich kann einen Operationstermin bereits für den 15. Oktober vereinbaren.

Ich weiß gleichzeitig, dass damit meine Geschichte mit dem Krebs nicht zu Ende sein wird. Ich werde ihn auch in Zukunft beachten müssen und mit ihm leben.


wanderfreund schrieb am 6.7.2010 unter dem Betreff "Aus Fehlern lernen":

Gäbe es eine 2. Chance, dann würde ich manches anders machen. ¼ Jahr nach der RPE und vielem Grübeln über den Untermieter und seine Folgen möchte ich nur einmal meine Gedanken hier aufschreiben. In den Diskussionsforen werden mir die Beiträge langsam zu wissenschaftlich und verwirrend. Wenn man sich über 200 Beiträge in einem Thread durchgelesen hat, ist auch keine Lösung in Sicht. Wahrscheinlich ist der Krebs genauso ein Individuum, wie sein „Hausherr“; genetisch einzigartig und nicht einfach zu entschlüsseln. Deshalb hat wohl die Wissenschaft und die Schulmedizin auch noch nicht das „Allheilmittel“ gegen ihn gefunden bzw. präventive Maßnahmen entwickelt, die das Entstehen von Tumoren verhindern.

So empfehle ich verwandten und bekannten Männern in meinem Umfeld in Hinsicht der Vorsorge bzw. bei ähnlich gelagerter Betroffenheit:

1. Bei Anzeichen von Veränderungen in den unteren Regionen (Wasserlassen, Libido, Schmerzen) nichts auf die lange Bank schieben, sondern durch einen Arzt untersuchen lassen.

2. Vorsorgeuntersuchung bei einem Urologen spätestens ab dem 45. Lebensjahr, mit PSA-Test! Auch, wenn keine Probleme bestehen.

3. Bei zu hohem PSA-Wert weitere Untersuchungen nach dem Stand der Technik. Sollte die Biopsie noch angesagt und positiv sein, dann unbedingt eine Zweitmeinung einholen, um weitere Therapieentscheidungen besser auszuwählen.

4. Zur Therapieentscheidung, die letztendlich immer beim Betroffenen liegt, Informationen jeglicher Art einholen und vergleichen. Nicht gleich den ersten Empfehlungen der Ärzte folgen! Oft ist die Kontaktaufnahme mit einem Gleichbetroffenen ein besserer Ratgeber als der behandelnde Arzt. Hier bieten meiner Meinung nach die Erfahrungsberichte und Statistiken bei „myProstate.eu“ das beste Material, um Gleichbetroffene zu finden und Erfahrungen zu sammeln. Hier sind die Berichte ohne emotionalen Meinungsstreit, wie er ja oft im Diskussionsforum entbrennt, zu studieren und man kann sich seine eigene Meinung bilden.

5. Sollte die Entscheidung zur RPE gefallen sein, dann unbedingt eine Klinik auswählen, die auch mit Schnellschnitten arbeitet. Ich glaube, das verringert das Risiko für unsaubere Wundränder und eröffnet Möglichkeiten evtl. befallene Lymphknoten zu erkennen und zu entfernen u. a.

6. Auf die Folgen der OP – Inkontinenz und Impotenz – muss man sich einstellen. Keine Wirkung ohne Nebenwirkung! Man kann nicht auswählen, zu den ca. 75 %, die sofort nach der Entfernung des Katheders „trocken“ sind, zu gehören. So habe ich es jedenfalls aus den Berichten im Forum entnommen, von 20 mit offener OP waren 15 sofort trocken!??? In meiner Klinik und bei der AHB sah das allerdings ganz anders aus. Aber es können ja letztendlich nicht alle nach Starnberg oder nach Hamburg zur OP fahren. Ich frage mich nur, warum die Operationsmethoden, die einen Nerverhalt ermöglichen, nicht verallgemeinert und von allen Operateuren angewandt werden? Und, wer das nicht beherrscht, sollte Dermatologe werden!

7. Und erscheint die Diagnose noch so schlecht – „Nicht unterkriegen lassen!“ Der Untermieter ist nicht der Hausherr! Das bin ich selbst und es liegt auch an mir, dass ich mich nicht ihm unterwerfe, sondern die Tatsachen akzeptiere.

Die vorstehend aufgezählten Punkte sind genau das Gegenteil von dem, was ich getan habe. Deshalb die Überschrift „Aus Fehlern lernen“. Vor einem halben Jahr kannte ich die Funktion einer Prostata noch nicht und hatte mich mit dem Problem „Krebs“ noch nie beschäftigt. Fast alles, was ich jetzt weiß, habe ich aus dem BPS-Forum und seinen Verknüpfungen. Es reicht mir, und ich habe nicht die Absicht, den Rest meines Lebens nur noch mit diesem Problem beschäftigt zu sein. Im Herbst gehe ich nach Görlitz zur Bestrahlung (3 D-konformal) und hoffe, die Inkontinenz irgendwann in den Griff zu bekommen. Alles Weitere wird sich ergeben. Nicht, dass ich mich aufgebe; bei Weitem nicht!

Die eigentlich in vier Jahren (70 Geburtstag) geplante Wanderung von München nach Venedig wird vorverlagert und vielleicht schon im nächsten Jahr unter die Füße genommen. Ich lebe gesundheitsbewusster, tue etwas für das Immunsystem und orientiere mich an den Mitbetroffenen, die schon mehrere Jahre mit dem Untermieter leben.

So viel und soweit nun genug geplaudert. Danke allen, die die Geduld aufbringen, diesen „Erguss“ zu lesen und eine besonderer Dank für Korrekturen, wenn ich etwas völlig Falsches niedergeschrieben habe.

Alles Gute für jeden Betroffenen in der Auseinandersetzung mit dem „Untermieter“ und seinen Folgen.