Der Extrakt aus dem Prostatakrebs-Forum von KISP und BPS

Diagnostik – Ploidiegrad

[Der Ploidiegrad ist für den medizinischen Laien eine etwas schwere Kost. Um das Verständnis für die hier zusammengefassten Beiträge zu diesem Thema zu erleichtern, zitiere ich darum hier aus dem deutschsprachigen Standardwerk "Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch" (258. Auflage):

"Aneuploidie (engl.) aneuploidy; Abweichung vom euploiden (d. h. physiologisch vollständigen) Chromosomensatz, bei der einzelne Chromosomen nicht in normaler Anzahl vorhanden sind.

Euploidie (engl.) euploidy; Bez. für einen physiol. vollständigen Chromosomensatz mit 22 autosomalen [d. h. nicht zu den Geschlechtschromosomen gehörig – Ed] Paaren u. den Geschlechtschromosomen XX bzw. XY; ein abweichender Satz wird als aneuploid bezeichnet.

-ploid aus dem Griechischen übernommene Endung mit der Bedeutung -fach

Ploidiegrad (engl.) ploidy; quant. Charakterisierung von vollständigen Chromosomensätzen (einfach oder ganzzahlig mehrfach) im Zellkern; von besonderer Bedeutung für die Beurteilung der Proliferation [d. h. Weiterverbreitung – Ed] von malignen Zellen; Einteilung in Euploidie (Diploidie), Triploidie, Tetraploidie u. Hypertetraploidie (Polyploidie)."

- Ed]


Ludwig schrieb am 14.8.2002:

Definitiv festlegen kann man sich bei Prostatakrebs nicht. Es wird ja außer PSA nichts gemessen, wenn man Glück hat, eventuell noch das freie PSA bestimmt. Zytometrisch wird kaum was bestimmt, wozu auch, es wird ja nach Standard sowieso operiert!!

Dabei könnten diese Bestimmungen helfen, die Wirkung der DHB vorab abzuschätzen. Ich zitiere (habe ich schon mal in diesem Forum) einen Beitrag der Universität Düsseldorf von 1998:
......
Die diagnostische DNA-Zytometrie erkennt in den konstant und repräsentativ diploiden und tetraploiden Prostatakarzinomen diejenigen, welche nicht nur ein sehr geringes Progressionsrisiko aufweisen, sondern die auch unbehandelt gegenüber gleichalten gesunden Patienten kein erhöhtes Sterberisiko mit sich bringen.

DNA-tetraploide Prostatakarzinome zeigen unter Hormontherapie wahrscheinlich eine Verschlechterung der Prognose. DNA-aneuploide Prostatakarzinome dürfen nicht abwartend therapiert werden; sie sprechen auch auf eine Hormontherapie nicht an.

Die Wahrscheinlichkeit, diploiden oder aneuploiden PK zu haben, ist aus nachfolgender Tabelle zu entnehmen.

Gleason-Score ----- Diploid-----Aneuploid
2-5 -----------------85 %----------15 %
6 -------------------62 %----------38 %
7 -------------------33 %----------67 %
8 -------------------22 %----------78 %
9-10 ----------------13 %----------87 %

Mit zunehmendem Gleason-Score – wenn diese Beiträge und Angaben stimmen – verringert sich also die Wahrscheinlichkeit, dass Hormonbehandlungen, welcher Art auch immer, greifen. Da nichts vorher gemessen wird, sieht man leider immer hinterher, was man eigentlich hatte. Aber auch bei Operation, Bestrahlung etc. sieht man erst hinterher, ob man eine organbegrenzte Krankheit hatte, welche Wahrscheinlichkeit man auch immer für eine Organbegrenzung vorher ermittelt hatte.

Günter fragte am 16.8.2002:

Diploide und tetraploide Karzinome haben ein sehr geringes Progressionsrisiko und brauchen, da das Sterberisiko ob behandelt oder unbehandelt identisch ist wohl keine Behandlung. Aneuploide Karzinome sind mit Hormonen überhaupt nicht behandelbar. Danach dürfte also keine Hormonbehandlung sinnvoll sein? Also nur operieren? Wer kann meine Verunsicherung beenden?

Wo kann man feststellen lassen ob ein diploider oder aneuploider Krebs vorliegt? Hast Du eine Ahnung, was dies kostet?

Das beantwortete Ludwig am 17.8.2002 so:

wer die Ploidie bestimmen kann, weiß ich nicht, müsste man mal das renommierte Helpap-Labor fragen.

Mit meinem Beitrag der Pathologie der Uni-Klink Düsseldorf wollte ich darüber informieren, dass nach deren Kenntnissstand die Wirkung der DHB (oder vom DHB-Protokoll abweichender Hormonbehandlungen) nicht unmittelbar vom Gleason-Score, sondern von der DNA, also vom Chromosomensatz abhängt. Man kann im Einzelfall durchaus mit Gleason 6 schlechtere Karten haben als mit Gleason 8, aber die Wahrscheinlichkeit, schlechte Karten zu haben, nimmt eben mit zunehmendem Gleason zu.

Und da es unser Ziel sein muss, so wenig wie möglich Krebszellen in unserem Körper zu tragen, und wenn schon, dann so langsam wie möglich sich teilend, muss man - vom Alter abhängend - natürlich was tun. Es sei denn, man hat Nerven wie Stahl. Was das Sinnvollste ist, muss jeder nach seiner Datenlage selbst beurteilen. Abschätzen, erraten, vermuten, wären sicher die zutreffenderen Begriffe. Man hat ja auch mit den Folgen seiner (Fehl)Entscheidung zu leben.

Günter fragte am 17.8.2002 weiter:

Mir ist etwas unklar:

Diploide und tetraploide Karzinome haben ein sehr geringes Progressionsrisiko und brauchen, da das Sterberisiko behandelt oder unbehandelt identisch ist, keine Behandlung. Aneuploide Karzinome sprechen auf eine Hormontherapie nicht an. Also ist eine Hormontherapie überhaupt nicht zielführend? Aneuploide Karzinome also nur operativ therapierbar? Ich bin sehr verunsichert. Wer kann helfen?

Dazu schrieb Ludwig am 18.8.2002:

wenn man irgendwann bei hohen Gleasons bzw. aneuploiden Krebszellen angekommen ist, kann man sich vom Gedanken einer echt organbegrenzten Krankheit sowieso verabschieden.

Man kann dann zwar an unserem Zentralorgan etwas herummanipulieren, aber es ist eben, als würde man einen Sack Flöhe hüten, die Entwichenen kümmert das alles herzlich wenig.

[Am selben Tag verwies Ludwig auf einen älteren Beitrag von Wil, in dem das Thema auch angeschnitten war, und lieferte anschließend noch etwas zum Zähneausbeißen, wie er schrieb. Dieser recht umfangreiche Text harrt leider noch des Übersetzwerdens: - Ed]

Ploidy
Ralph Valle, Gary Huckabay

PLOIDY. A human cell has 46 chromosomes in its nucleus. The only exceptions are reproductive cells -- sperm and egg --- which have only 23 chromosomes. In humans, 46 chromosomes are the full or diploid number of chromosomes. The diploid number includes two chromosomes of each kind. Half the diploid number, called the haploid number of chromosomes, contains only one of each kind of chromosome. Sperm and egg cells have the haploid number of chromosomes. Diploid cells are normal cells. Tetraploid cells have 4 sets of the haploid number or twice the number of a diploid cell. Aneuploid cells have an excess or deficiency of a particular chromosome. Tetraploid and aneuploid cells are abnormal cells in humans.

DNA PLOIDY AND PROSTATE CANCER. In the normal progression of the disease, prostate cancer evolves from pre-cancerous lesions such as PIN to aneuploid tumors going through the progression of stages, diploid to tetraploid to aneuploid. Prostate cancer cells which are nondiploid [either tetraploid or aneuploid] are associated with less favorable outcomes than diploid cells. The response to hormones is also gradual, diploid tumors responding well and aneuploid tumors responding poorly. Much of the published work by Horst Zincke deals with this issue.

DEFINITIONS

Ploidy: Is the status of a cell's nucleus in regard to the number of complete chromosomes sets it contains.

Chromosome: A helical thread of DNA molecules which collectively carry the hereditary material in subunits called genes. Humans have 23 pairs of chromosomes in the nucleus of their cells, except for the ova and sperm.

DNA: Deoxyribonucleic acid is an extremely long molecule composed of smaller individual units called nucleotides which are composed of one of four nucleic acid bases, deoxyribose and phosphate. The four nucleic acid bases are adenine, cytosine, guanine and thymine and are the ones that contain the information "code" of the molecule. A normal human cell contains three billion pairs of nucleotides and each individual of a species has a unique nucleotide sequence (except for identical twins). The double helix molecule of DNA is typically composed of two acid bases. Normally adenine links to thymine and guanine to cytosine.

DNA ploidy analysis: This analysis is available commercially in the U.S.A. as a routine test. It can be performed on needle aspiration, core biopsies, TURP chips or radical prostatectomy specimens using either flow cytometry measurements (FCM) or static image cytometry (SIC). The accuracy of these commercial procedures has been verified recently using an experimental and highly accurate method called FISH. This is for a fluorescent in situ hybridization procedure which can use either fresh or paraffin-embedded specimens. It can visually count chromosomes and is therefore more accurate than the cytometry methods that rely on the weight of the nucleus.

FURTHER READING

Lieber MM : Practical clinical utility of DNA ploidy for managing patients with prostate carcinoma. UROLOGY / April 1995 / Volume 45, Number 4

Zincke H, Hawkins CA, et al. : Influence of DNA ploidy and adjuvant treatment on progression and survival in patients with pathological stage T3 (PT3) prostate cancer after radical retropubic prostatectomy. UROLOGY 46 (3), 1995

Stamey TA : DNA Ploidy Status. UROLOGY / April 1995 / Volume 45, Number 4

Partin AW, Walsh PC, et al. : Deoxiribonucleic acid ploidy analysis as a predictor of recurrence following radical prostatectomy for stage T2 disease. The Journal of Urology, Vol 153, 1015-1019, March 1995

Lieber MM, Blute ML, et al. : DNA Ploidy and surgically treated prostate cancer. CANCER Supplement April 1, 1995, Volume 75, No 7

Powell I, Ensley JF, et al. : Flow cytometric DNA analysis of fresh prostate resections. v72 CANCER Nov. 15, 1993 p3012 (8)

Ross JS, Rifkin MD et al. : Contribution of HER-2/neu oncogene expression to tumor grade and DNA content analysis in the prediction of prostatic carcinoma metastasis. v72 CANCER Nov. 15 1993 p3020 (9)

Tinari N, Zezza B et al. : DNA and S-phase fraction analysis by flow cytometry in prostate cancer. v71 Cancer Feb. 15 19931289 (8)


Maria fragte am 19.8.2002:

Was hat es mit den Kategorien "diploid, tetraploid und aneuploid" auf sich? Ich würde es sehr gern wenigstens annäherend einordnen können.

Ludwig antwortete am selben Tag:

ob die Ploidie so einfach ist, wie ich sie hier erkläre, weiß ich nicht, zumindest erhält man einen groben Eindruck davon. Eine menschliche Zelle hat 46 Chromosomen in ihrem Kern. Ausnahmen bilden Samen- und Eizellen. Sie haben nur 23 Chromosomen. Beim Menschen sind 46 Chromosomen die normale, die diploide Zahl. Di=zwei, also aus beiden haploiden (halbploiden) Sätzen bildet sich die Doppelhelix im Zellkern. Das ist der Normalzustand einer gesunden Zelle.

Unsere Krankheit entwicket sich von Krebsvorstufen (PIN) über diploide Krebszellen weiter zu tetraploiden Krebszellen. Tetra = vier, hier sind im Zellkern zwei diploide Chromosomensätze vorhanden. Die Weiterentwicklung geht dann zur anaploiden Zelle. Es wird ja ständig kopiert, kopiert, kopiert.

Bei aneuploiden Krebszellen sind entweder noch mehr Chromosomensätze im Zellkern oder es sind nicht mal die normalen zwei Sätze da, es fehlen also Stücke.

Tetraploide und aneuploide Zellen sind unnormale Zellen. Sie sprechen auf Hormontherapie schlechter an. Sie teilen sich auch schneller, werden leichter aus dem Zellverband rausgerissen und wandern dann durch unseren Körper auf der Suche nach einem schönen Plätzchen. Sie sind deswegen eher mit Chemotherapien zu greifen.

Nun läuft ja nicht alles sychron in einem Tumor, so dass man je nach Tumoralter mehr oder weniger alle Formen in sich tragen kann.

Deshalb haben die vielen Behandlungsformen die unterschiedlichsten Ergebnisse.

Was man auch immer macht, man sieht bei der dünnen Datenlage vor einer Behandlung immer erst hinterher, was man eigentlich hatte.

Das brachte Maria auf ihre nächste Frage vom 20.8.2002:

Wie findet man heraus, ob man diploide, tetraploide und/oder aneuploide Zellen hat? Und: Macht das - insbesondere während einer HB3 und über die aufmerksame Beobachtung von PSA, weiterer Tumormarker sowie eventuell zunehmender Hormonunempfindlichkeit hinaus - überhaupt Sinn? Ermöglicht es z. B. eine "fundiertere" Therapieentscheidung?

Auch diese Frage versuchte Ludwig zu beantworten:

für ein zytometrisches Gutachten braucht man Prostatamaterial, frisch oder in Paraffin gegossen. Wer es macht, weiß ich nicht. Sicherlich aber Prof. Helpap.

Wenn die Hormonblockade nicht greift, sei es durch Umstellung der Zellen auf andere Nahrungsmittel oder wachsendes Durcheinander im Zellkern, muss man sich sowieso nach anderen Waffen umsehen. Ich habe das Thema nur angerissen, weil man nicht automatisch von der Höhe des Gleason-Scores auf die Wirkung der Hormonblockade schließen kann. Allerdings - je höher der Gleason-Score, desto wahrscheinlicher die Aneuploidie. Um aus dem Vermuten jedoch ein Wissen zu machen, braucht man eben die Zytometrie - oder wie wir alle es machen, schaun wir mal, was unter Hormonblockade passiert.

Am selben Tag meldete sich Wil in gewohnter Gründlichkeit und Ausführlichkeit:

Alles was hier folgt sind meine eigene Interpretationen von allem, was ich im Laufe der Zeit über verschiedene Krebsthemen gelesen habe - no guarantee, no money back - keine Garantie, kein Geld zurück.

Normale Zellen sind aerobic, d. h. sie benutzen Sauerstoff bei ihrer Energieversorgung. Krebszellen sind anaerob, und dadurch ist ihre Energieversorgung nur 15 % vom dem, was normalen Zellen für ihren Eigengebrauch zur Verfügung steht. Während des Zellteilungzyklus (Krebszyklus) wird Energie gebraucht, für die Vorbereitungen, für Kontrollen und Reparaturen und für die Zellspaltung. Normale Zellen machen dabei keine Fehler (nur 1 in einer Milliarde). Krebszellen dagegen machen öfters Fehler wegen der geringeren Energie, die zur Verfügung steht. DNA ist Bestandteil der Chromosomen. Die Gene sind Bestandteil der DNA (mit ihrer Doppelt-Helix Struktur). Fehlern in den Genen der zwei Tochterzellen (die durch Spaltung der Mutterzelle entstehen) entsprechen Fehler in der DNA. Bei weiteren Spaltungen kann dieses auch dazu führen, dass die Anzahl Chromosomen in der Zelle nicht 2 x 23 (diploid) sondern 4 x 23 (tetraploid) ist. Aus tetraploide Zellen können bei zukünftigen Teilungen aneuploide Zellen werden mit 1,1 x 23 bis 3,8 x 23 oder über 4,4 x 23 Chromosomen (diese Zellen enthalten auch Teilstücke von Chromosomen).

Pro Jahr konvertieren 9 % bis 15 % der DNA-diploiden Krebszellen zu DNA-tetraploiden Krebszellen, und diese konvertieren zu aneuploiden Krebszellen. Gleichzeitig werden die Krebszellen genetisch immer mehr abartig und dadurch gefährlicher. Auch wird gleichzeitig die Gewebestruktur des Tumors (z. B. in der Prostata) immer chaotischer, d. h. die Gleason Grades nehmen zu. Dieser Prozess läuft lange vor der erste Diagnose. So kann es also passieren, dass ein Patient schon bei der erste Diagnose eine Gleason-Summe 9 oder 10 hat. Ob dies so stattfindet hängt u. a. von dem genetischen Bestand ab.

Jede Biopsiestanze kann einen anderen Ploidie-DNA-Index aufweisen, der Tumor ist nicht homogen.

Die Ploidie-Bestimmung ist objektiv, die Gleason-Bestimmung ist subjektiv. Nur wenn der Gleason von einem Experten bestimmt wird, gibt es eine hohe Korrelation zwischen Gleason Score und Ploidie-DNA-Index. (Hierzu kommt noch, dass sowohl die Ploidie-Bestimmung als auch die Gleason-Bestimmung in etwa dem gleichen Probefehler unterliegen). Die Ploidie-DNA-Index-Bestimmung hätte nur einen Sinn, wenn es Probleme mit der subjektiven Gleason-Bestimmung gibt.

Viel zu wenig beachtet wird die PSA-Verdopplungszeit (PSA-VZ). Diese korreliert auch sehr stark mit dem Gleason Score, also auch mit dem Ploidie-DNA-Index oder auch mit dem prozentualen Anteil nicht-diploider Zellen. Die folgende Tabelle dient lediglich dazu, einen Eindruck zu bekommen. Die PSA-VZ-Werte sind eigene Schätzungen aus eigenen Wahrnehmungen:

GS     NichtDiploid      PSA-VZ
2-3       15 %        16+ Monate
4-5       15 %        10 Monate
6         38 %         4 Monate
7         67 %         3 Monate
8         78 %         2 Monate
9         87 %         1 Monat
10        87 %         2 Wochen

Eine PSA-VZ von drei Monaten dürfte mit einer Gleason-Summe von 7 übereinstimmen, wobei 67 % der Krebszellen nicht mehr diploid sind. Nicht-diploid bedeutet hier eine Mischung von tetraploiden und aneuploiden Zellen.

Sowohl diploide Tumore als auch Tumore mit einem großen Anteil nicht-diploider Zellen können hormonabhängig sein, also gut auf eine Hormontherapie ansprechen. JEDOCH, je größer der Anteil anaploider Zellen, desto kürzer ist die Zeit, währenmd der eine Hormontherapie (und auch eine Chemotherapie) funktioniert. Jedoch sind die Ursache in erster Linie die Mutationen verschiedener Gene in den Krebszellen (Folgen sind ein hoher GS und letztendlich eine hohe Anzahl aneuploider Zellen).

Eine erfolgreiche Bekämpfung aller Krebsarten mittels Mitteln, die von Genen abhängen oder auf die Gene abzielen, ist mir unvorstellbar. Dafür ist die Anzahl verschiedener Mutationen vieler Gene zu zahlreich. Wie der Nobelpreisträger Dr. Warburg schon vor Jahrzehnten erkannt hat, soll die Krebsforschung sich auf die Außenmembran der Krebszellen richten, den diese unterscheidet sich für alle Krebsarten gemeinsam von der Außenmembran gesunder Zellen. Einen größeren Unterschied kann es nicht geben. Dies hängt damit zusammen, dass alle Arten von Krebszellen anaerob sind. Die Energieerzeugung verläuft ganz anders als bei normalen Zellen. Die Beschaffenheit der Außenmembrane ist anders. Die Lungen (Mitochondrien) der Zellen spielen bei der Energieversorgung eine wichtige Rolle. Alle Einleitungen zur Apoptose sollen über die Mitochondrien verlaufen. Wir brauchen also mehr Geld für die biologische Forschung auf Kosten der Milliarden verschlingende genetischen Forschungen, die viel Geschrei und nur wenig Wolle gebracht haben.

FWIW (For What It's Worth)

Dazu schrieb Guy, ebenfalls am 20.8.2002:

Es wird sicherlich nicht leicht, etwas gegen alle Krebsarten zu finden, welches eine Heilung ermöglicht. Eine einfache Strategie scheint zu sein ihn auszuhungern, indem man zum Beispiel das Glutamin spaltet mittels einem Enzym, so dass der Tumor nichts mehr zu essen aus dem Blut bekommt (normale Zellen produzieren ihr eigenes Glutamin, das im Erwachsenenalter auch ausreicht) doch selbst dann dämmert er noch vor sich hin, so dass man zusätzlich noch eine ähnliche Substanz wie Glutamin ins Blut geben muss, das die Krebszelle schluckt und dann daran erstickt. Andererseits soll man Glutamin zu sich nehmen, damit man eine Chemotherapie besser vertragen soll - also ein Widerspruch!

Oder kommt der Durchbruch mit kleinen radioaktiven Bomben, die sich nur an Krebszellen anheften und deren DNA so schädigen, dass es zur Apoptose kommt? Andererseits brauchen Krebszellen viel Energie, deshalb sind sie besonders froh mit Traubenzucker und Fett (Cholesterol).

Wie könnte man dem Tumor die Energiezufuhr blockieren, eventuell zusätzlich zur Blutzufuhr?

Wie auch immer, wenn die Menschen sich mit der gleichen Energie an die Heilung von Krebs hingeben wie sie aufwendeten, um die Atombombe zu entwickeln (was auch sehr kompliziert war), dann wird es schon gelingen, immerhin sind wir im 3 Jahrtausend.

Dazu meldete sich einen Tag später Wil noch einmal:

Da gibt es schon zwei Substanzen (siehe unten A und B) mit denen es möglich ist ALLE Krebszellen zu töten ohne nennenswerte Nebenwirkungen. Es wird die Energiezufuhr auf Zellniveau blockiert (im Gegensatz zu Anti-angiogenesis, welches auf Tumorniveau funktioniert).
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A) Methyglyoxal

Ein kleines Molekül, das nur durch die Membran einer Krebszellen in die Zelle eindringt. Es stört die Umwandlung von Glucose zu Lactase. Dadurch wird im weiteren Verlauf der Eintritt von Glukose in die Zelle blockiert. Also Energieblockade. Die Zelle wird ausgehungert und stirbt. Die Idee stammt aus Ungarn (Jahrzehnte her). Klinische Versuche laufen in Indien, jedoch mangelt es da an Geld – keine bildgebenden Techniken, also statt medizinisch akzeptabler Berichte nur Berichte wie "der Patient ist nach Behandlung in guter Verfassung".

In Holland werden Versuche mit Ratten gemacht. Die Ergebnisse sind angeblich so gut, dass erwogen wird, eine klinische Studie zu machen. Wird noch ein bißchen dauern.

Natürlich, die Theorie ist geduldig. Es könnte sein, dass die Krebszellen so schlau sind, dass sie sich auf ein anderes Programm umstellen, sich also verteidigen werden. Trotzdem, der Ansatz ist da, und es gibt schon Ideen mittels anderer Mittel die Wirkung von Methylglyoxal zu verstärken.

Natürlich ist niemand finanziell an derartigen Forschungen interessiert. Im Gegenteil. Eine komplette Behandlung würde nur 1000 bis 3000 Euro kosten.
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B) 3-Bromopyruvat

Das Molekül sieht ähnlich wie Methylglyoxal aus, hat jedoch ein Brom-Atom.

ABSTRACT

Geschwind JF, Ko YH, Torbenson MS, Magee C, Pedersen PL.,
Novel therapy for liver cancer: direct intra-arterial injection of a potent inhibitor of ATP production.
Cancer Res 2002 Jul 15;62(14):3909-13 AND PRESS RELEASE http://www.hopkinsmedicine.org/ Energy Blocker May Be Potential Liver Cancer Treatment

[Wil (Wil de Jongh) starb am 31. März 2004 an Prostatakrebs – Ed]


Ludwig schrieb am 24.4.2004 im BPS-Forum:

ob und wie Strahlentherapien oder Hormontherapien greifen, hängt wesentlich davon ab, was man zu Therapiebeginn hat. Eine große amerikanische Untersuchung ermittelte den Zusammenhang zwischen Gleason-Score und Chromosomensatz im Zellkern.

diploid=normaler Chromosomensatz mit 2 Doppelhelixen
aneuploid=vielfache Chromosomensätze oder nur Bruchstücke davon.

Die Wahrscheinlichkeit, einen aneuploiden Krebs zu haben, nimmt mit zunehmendem Gleason-Score zu. Verbunden ist damit die Abnahme der prostatazellspezifischen Hormonabhängigkeit bis hin zur Hormonunempfindlichkeit und NE-Mutation [Mutation hin zu einem neuroendokrinen PK – Ed].

GS         Diploid        Aneuploid        Anzahl Befunde
2-5          85%              15%                564
6            62%              38%             15.999
7            33%              67%             12.768
8            22%              78%              4.433
9-10         13%              87%              2.167

Auszug aus:

Der Pathologe
Verlag: Springer-Verlag Heidelberg
ISSN: 0172-8113 (Paper) 1432-1963 (Online)
DOI: 10.1007/s002920050254
Heft: Band 19, Nummer 1
Datum: Februar 1998

Prof. Böcking
Institut für Cytopathologie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Die diagnostische DNA-Zytometrie erkennt in den konstant und repräsentativ diploiden und tetraploiden Prostatakarzinomen diejenigen, welche nicht nur ein sehr geringes Progressionsrisiko aufweisen, sondern die auch unbehandelt gegenüber gleichalten gesunden Patienten kein erhöhtes Sterberisiko mit sich bringen.

DNA-aneuploide Prostatakarzinome dürfen nicht abwartend therapiert werden; sie sprechen auch auf eine Hormontherapie nicht an.

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Wil hatte zu Therapiebeginn vor elf Jahren einen Gleason-Score 3+5 mit Metastasen.

Mit einem Anteil Gleason-Grad 5 hatte er Teile mit den höchsten Kernanaplasien der gesamten Skala und damit große Wahrscheinlichkeiten für aneuploiden Krebs.

Wie hätte sein Prostatakrebs wohl fünf bis sieben Jahre früher ausgesehen und reagiert.

Ich halte jedenfalls die weitverbreitete Meinung, eine Hormontherapie so lange wie möglich hinauszuzögern, als letzte Waffe aufzuheben, für falsch.

Manch ein diploider, apoptosefähiger hormonabhängiger Krebs endet nach Jahren und der x-ten Zellteilung von immer beschädigteren Zellen in der Anaplasie.

Dann ist das Hormonschwert stumpf.

Dazu schrieb Günter F. :

ich möchte zu zwei Aspekten Deines Beitrages noch etwas herbeitragen.

Zuerst zu den Möglichkeiten der Diagnose bei PK, hier insbesondere der DNA-Zytometrie. Die Homogenität des PK-Gewebes ist nicht gegeben und alle Ploidieformen können vorkommen. Die zur Zeit üblichen Biopsiemethoden, wie notwendig für die Bestimmung der Gewebestruktur nach Gleason, können kein aussagefähiges Bild der zumindest vorherrschenden Ploidie ergeben, wegen der zu geringen Zahl der Proben, bezogen auf die Gesamtmenge der möglichen Ereignisse. Anders als die Gleasongradbestimmung ist eine verwertbare Ploidiebestimmung stärker abhängig von einer statistisch signifikanten Probemenge, die wohl nur nach einer Ektomie zur Verfügung stünde.

Somit könnte der Weg über eine einer Biopsie vorgeschaltete MRT mit endorektaler Spule gehen, wonach dann die Stanzen sich auf die MRT-verdächtigten Areale konzentrieren und dadurch hoffentlich in statistisch ausreichender Anzahl Proben zur Ploidiebestimmung zu gewinnen wären.

Zum Aspekt, ob Hormonblockade und wann, möchte ich für mich feststellen, bei Diagnose PK - sofort Hormonblockade, und alles andere danach. Das würde den Druck aus dem Kessel nehmen, an den wir uns sicher gut erinnern können, der uns umtrieb als wir auffielen. Es muss möglich werden, dass Patienten und Ärzte ohne Druck alle diagnostischen Schritte systematisch, in Ruhe und mit Zuwendung gehen können. Eine sofortige Hormonblockade kann diese Voraussetzung schaffen, ohne irgendeine der evtl. möglichen Therapieformen im Einzelfall zu präjudizieren.

Ich will noch kurz mitteilen, dass ich am Beginn meiner PK-Laufbahn die Frage nach Nutzen und Wert der Ploidiebestimmung gestellt habe, um ein weiteres diagnostisches Hilfsmittel, zwecks Therapiebestimmung, in die Hand zu bekommen. Rückblickend ärgere ich mich über mich selber, wegen unzureichender Konsequenz beim Verfolgen dieser Frage. Hätte ich Herrn Prof. Dr. Bonkoffs Informationen gekannt, wäre ich intensiver mit der Möglichkeit der DNA-Zytometrie umgegangen. Männer aus der Selbsthilfe und auch Ärzte habe ich damals so verstanden, dass kein diagnostischer Gewinn aus der Kenntnis der vorherrschenden Ploidie resultieren kann, bzw. der Versuch dieses zu wissen nicht erfolgreich sein kann.

Ich werde jetzt versuchen diese Analyseform besser zu verstehen, im Sinne der praktischen Anwendbarkeit für Betroffene. Die existierenden Schwiergkeiten der korrekten klinischen Einstufung eines PK werden ja doch von Ärzten zu Recht beklagt. Wenn wir es also schaffen könnten, dieses Element bei der PK-Medizin zu verbessern, erreichten wir wahrscheinlich schon alleine mit den heutigen Therapieformen eine Verbesserung der Heilungschancen.