Der Extrakt aus dem Prostatakrebs-Forum von KISP und BPS

Diagnostik – DNA-Zytometrie

[Zu diesem schwierigen Thema, über dessen Bedeutung sich die Gelehrten streiten und für das eine abschließende Beurteilung noch aussteht, möchte ich auf eine Seite der Medizinischen Fakultät der Universität Düsseldorf verweisen.
Über wenige Themen wird im Forum so heftig debattiert wie über den Nutzen der DNA-Zytometrie für das korrekte Erkennen der Aggressivität eines Prostatakarzinoms. Die Diskussionen ziehen sich über Dutzende von Beiträgen hin und sind nach Meinung von Ed. teilweise ideologisch gefärbt. Es ist dem Editor nicht möglich, aus diesen Diskussionsfäden einen repräsentativen Auszug zu schaffen. Ein Beispiel für einen solchen thread ist dieser im Jahr 2012 hier begonnene.
Eine spannende Frage ist der Nutzen der DNA-Zytometrie im Rahmen einer Entscheidung zu einer Active-Surveillance-Strategie. Für die Befürworter der Feinnadel-Aspirationsbiopsie mit anschließender DNA-Zytometrie steht außer Frage, dass diese der herkömmlichen Bestimmung durch Zwölf-Stanzen-Biopsie mit Bestimmen des Gleason-Scores überlegen und dass dies durch Studien belegt sei. Vom neutralen Standpunkt aus ist allerdings zu sagen, dass die DNA-Zytometrie ein nicht leitliniengerechtes Verfahren ist, dessen Relevanz, gerade in Hinblick auf eine Active-Surveillance-Strategie, in der Medizin noch völlig unklar ist. In der „Interdisziplinären Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms“ heißt es dazu: "Auch für die DNA-Zytometrie stehen nach Ansicht der Autoren nicht genügend Daten zur Verfügung, um den Routine-Einsatz als prädiktiver Marker für eine aktive Therapie zu begründen."
Über die prognostische Interpretation der DNA-Bildzytometrie für Prostatakarzinome gibt diese Übersicht Auskunft.
Ed]

Heinrich Josef schrieb am 19.4.2005:
im BPS Magazin 2/2004, S. 10-14, hatte Herr Prof. Dr. Böcking und im BPS Magazin 3/2004, S. 13-15, Herr Dr. Samsel zum Thema "Prostatakrebs und DNA-Zytometrie" geschrieben [die BPS-Magazine können vom BPS, Anschrift siehe www.prostatakrebs-bps.de, bezogen werden – Ed]. Beide Berichte sind hoch interessant und hatten mich veranlasst, die im Mai 2000 aus meiner Prostata genommenen Stanzbiopsien von Herrn Prof. Böcking auch DNA-zytometrisch untersuchen zu lassen.
Das Ergebnis liegt nunmehr vor. Die Messung ergab eine "sogenannte peritetraploide DNA-Verteilung mit Stammlinien bei 2c und 4c. Nach den Untersuchungen von Tribukait (1993) sollten Männer mit diesem Tumortyp keiner hormonellen Therapie unterzogen werden. Die Prognose dieses Typs eines Prostatakarzinoms ist vergleichsweise gut".
Ohne irgendjemandem eine Schuld zuweisen zu wollen, muss ist feststellen, dass, wenn ich die Ausführungen von Tribukait, Böcking, Samsel u. a. zugrunde lege, mir die Androgenunterdrückung, darunter auch die DHB, eher geschadet als genutzt und letztlich zu einem höchst malignen hormonrefraktären Prostatakrebs beigetragen hat (siehe oben). Die notwendige Diskussion hierüber wird leider nicht geführt. Vielmehr gewinnt man den Eindruck, als würde diese Auseinandersetzung unterdrückt.
Hat jemand Erfahrung mit der DNA-Zytometrie?
Kennt jemand Ärzte, die sich hiermit befassen und peritetraploide Prostatakrebse behandeln?
Würde nicht in diesem Fall eine Testosteronerhaltungstherapie helfen? Oder eine andere Hormontherapie: Östrogen?
LudwigS schrieb darauf am selben Tag:
Lieber Heinrich Josef, das Thema ist zumindest nicht neu hier im Forum. Ich habe mal einen alten Beitrag von 2002 herausgesucht. Durch die Ineinanderschachtelung mehrerer Beiträge muss man etwas genauer hinschauen.
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Geschrieben von Ludwig am 28. November 2002 20:51:27:
Als Antwort auf: Re: Zytometrische Bestimmung der Ploidie des Prostatakarzinom geschrieben von Christian am 28. November 2002 20:41:25:
Werte Mitkämpfer,
bei einer Abwägung vorhandener Therapieverfahren, so meine ich als absoluter Anfänger zu verstehen, ist die Kenntnis des Ploidiegrades/art des Karzinom wichtig.
Forumsleser bitte ich deshalb um Informationen bezüglich vorgenommener Analysen, ihrer Nutzung bei dann erfolgten Therapieentscheidungen und Adressen von Institutionen, welche diese Analysen des Zellkerns vornehmen.
Ebenso bitte ich um Einschätzungen hinsichtlich der Aussage, daß bei Karzinomen mit tetraploidem DNA Verteilungsmuster eine Hormontherapie vermieden werden sollte, weil die Hormonbehandlung die Progression des Tumor begünstige, wohingegen bei diploidem Muster die abwartende Kontrolle am sinnvollsten sei.
Vielen Dank den Antwortenden und allen das Beste
Lieber Günter,
hier gehst Du aber ins Eingemachte. Bei unseren Prostatakrebsdiagnosen wird der Ploidiestatus eigentlich überhaupt nicht oder nur in großen Ausnahmefällen beim Urologen als Diagnosethema behandelt. In der normalen Progression des Prostatakrebses verändern sich die Zellen von normalen diploiden Zellen (46 Chromosomen) über leichte Veränderung bzw. Schädigungen (high grade PIN) zu tetraploiden und aneuploiden Zellen. Die Pathologen stellen einen Entdifferenzierungsgrad fest. Dabei sind natürlich typische der am stärksten veränderten Zellen (aneuplid) am wichtigsten in die Diagnose einzubeziehen, wie wir ja auch den Gleason Score nur in der entdifferenziertesten Form als das Maß der Aggressivität nehmen.
Um Deine Frage nach bestem Wissen zu beantworten: Hormone wirken entsprechend dem ploidy-Status: diploide Zellen reagieren hervorragend auf Hormonbehandlung, tetraploide weniger gut und aneuploide noch schlechter. Von schädlicher Hormonblockade habe ich noch nicht gehört. Aber ich habe von vielem noch nicht gehört, was es so in der Wissenschaft gibt. Vielleicht gibt es etwas, das Deine Frage ausgelöst hat. Am besten Du unterhältst Dich mal mit einem fähigen Pathologen.
Grüße
Christian
Lieber Christian,
ob der nachstehende Bericht repräsentativ ist, weiss ich nicht. Aber er verweist zumindest auf eventuelle Probleme mit Hormonbehandlung.
mfg Ludwig
Abstract Volume 19 Issue 1 (1998) pp 53-58
übersicht: Zytopathologie der Prostata
Cytopathology of the prostate
A. Böcking
Institut für Cytopathologie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Zusammenfassung:
Die transrektale, palpatorisch kontrollierte FNAB der Prostata ist eine preiswerte und schnelle Methode zur Diagnostik palpabler und nichtpalpabler Raumforderungen mit hoher Sensitivität (ca. 95 %) und niedriger Komplikationsrate (<1 %). Ihre Spezifität beträgt 97 %. Der Mangel an geübten Punkteuren und zytologisch erfahrenen Pathologen schränkt jedoch bisher die klinische Anwendung der Methode ein. Neben diversen Formen der Prostatis können fünf verschiedene Primärtumortypen differenziert werden. Während PIN I zytologisch nicht diagnostizierbar ist, muß man bei PIN-II/III-Läsionen mit falsch-positiven zytologischen Karzinomdiagnosen rechnen. Das zytologische Malignitätsgrading ist prognostisch relevant und eng mit dem histologischen korreliert. Die präoperative, radiologisch kontrollierte FNAB pelviner und paraaortaler Lymphknoten trägt mit einer Sensitivität von ca. 86 % und einer Spezifität von ca. 100 % zur Vermeidung wegen Lymphknotenmetastasierung nicht indizierter Prostatektomien bei.
Die diagnostische DNA-Zytometrie erkennt in den konstant und repräsentativ diploiden und tetraploiden Prostatakarzinomen diejenigen, welche nicht nur ein sehr geringes Progressionsrisiko aufweisen, sondern die auch unbehandelt gegenüber gleichalten gesunden Patienten kein erhöhtes Sterberisiko mit sich bringen. DNA-tetraploide Prostatakarzinome zeigen unter Hormontherapie wahrscheinlich eine Verschlechterung der Prognose. DNA-aneuploide Prostatakarzinome dürfen nicht abwartend therapiert werden; sie sprechen auch auf eine Hormontherapie nicht an.

Reinardo schrieb am 6.4.2006:
In seiner Schrift "Nuclear Deoxyribonucleic Acid Determination in Patients with Prostate Carcinomas: Clinical Research and Application" (1993) untersucht Tribukait auf der Grundlage einer Studie mit 287 unbehandelten unter kontrollierter Beobachtung stehender Patienten und 309 mit Hormonentzug behandelter Patienten den diagnostischen und den prognostischen Wert von DNA-Messungen mittels der in Schweden gebräuchlicheren Feinnadel-Aspirationsbiopsie. Die Untersuchung erstreckte sich über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren.
Er kommt zu dem erstaunlichen Ergebnis einer signifikant längeren Überlebenszeit bei unbehandelten gegenüber mit Hormonentzug behandelter Patienten. Er führt dies zurück auf die Vernichtung hormonabhängiger diploider Tumoranteile,wodurch das Wachstum hormonunabhängiger tetraploider oder aneuploider Tumoranteile vermehrt gefördert werde.
Er schreibt: (übersetzt) "Sofern der Tumor aus einer einzigartigen,hormonabhängigen Zellpopulation besteht, führt Androgen-Entzug zu ausgezeichnetem klinischen Ergebnis, Schrumpfung des Tumors, keine Schmerzen, usw. In einem Tumor jedoch, der sowohl hormonabhängige als auch hormonunabhängige Anteile enthält, führt Hormonentzug zunächst auch zu einem guten klinischen Ergebnis entsprechend dem Anteil der hormonabhängigen Komponente des Krebses. Dessen Eliminierung führt jedoch zu einem Wachstumsschub der hormonunabhängigen Komponente.
In Anbetracht dessen kann man hinsichtlich der Überlebensrate von unbehandelten gegenüber hormonell behandelten Patienten folgendes sagen: Diploide, also gut oder hochdifferenzierte, Tumore sind hormonabhängig und werden nach Hormonentzug lange Zeit ruhig bleiben. Desgleichen wird deren Weiterentwicklung zu tetraploiden oder aneuploiden Tumoren bei diesen Patienten zu Gunsten langer Überlebensszeiten unterdrückt. 14 Jahre Beobachtung in dieser Studie haben nicht ausgereicht zu entscheiden, ob hormonell behandelte Patienten wirklich einen Überlebensvorteil haben.
Grob aneuploide, schwach oder schlecht differentierte Tumore sind hormonunempfindlich. Androgenentzug eliminiert die hormonabhängigen Teile des Tumors. Das Ergebnis ist schnelleres Krebswachstum zur Metastasenbildung und signifikant kürzere Überlebenszeiten im Vergleich zu nicht behandelten Patienten.
Hoch interessant ist dass Verhalten tetraploider Tumore, die normalerweise viele Jahre stabil bleiben gemeinsam mit Androgenen, aber recht schnell zu wachsen beginnen, wenn man die Androgene entzieht."
Die Studie Tribukaits (in englischer Sprache) kann angefordert werden vom Institut für Cytopathologie des Universitätsklinikums Düsseldorf, Chefsekretariat, Moorenstr. 5 40225 Düsseldorf gegen Vorauszahlung einer Spende von 5 EURO auf das Konto Univerdsitätsklinikum Düsseldorf Nr. 10001550 Stadtsparkasse Düsseldorf, BLZ 30050110, Verwendungszweck Vorhaben 701300646.
Würdigung:
  1. In den Fällen rein peridiploider Prostatakarzinome mit niedrigen Wachstumsraten kann bei älteren, aber auch zunächst bei jüngeren Männern auf eine belastende Hormontherapie verzichtet werden, wenn das Tumorwachstum durch 1-2 jährige Feinnadel-Biopsien kontrolliert wird. Ein Überlebensvorteil durch Hormonbehandlung ergibt sich bei diesen Tumoren nicht. Viele unter uns hätten die DHB also gar nicht machen brauchen oder zumindest den Beginn ohne Schaden hinauszögern können.
  2. Operation und Bestrahlung stellen bei Tumoren peridiploider Beschaffenheit eine Übertherapie dar. Hackethal hatte Recht. Haustierkrebse operiert man nicht !!
  3. Die Hormontherapie ist viel mehr als es derzeit geschieht zu hinterfragen. So haben Männer, die sich einer Strahlentherapie unterziehen, durch zusätzliche Hormontherapie keinen Überlebensvorteil, wenn es sich um Tumore nicht peridiploider Beschaffenheit handelt. (Pollack et al., 2003) Durch die Hormontherapie kann es zu einer Selektion besonders bösartiger Tumorzellen kommen. Nach einem anfänglichen missgedeuteten PSA-Rückgang erleidet der Patient eine durch die Hormontherapie bewirkte Beschleunigung seines Krebsleidens. (Bichler et al, 1998, Sauer et al. 20019
  4. Prostatakrebs wird ungenügend diagnostiziert. Jeder Krebs sollte auf seine DNA-Struktur untersucht und mit dem Betroffenen ein hierauf fussendes Therapieprotokoll besprochen werden. Wie die Diskussionen über Erst- und Zweitgutachten gezeigt haben ist der Gleason-Score ein sehr subjektives Urteil von Pathologen, wohingegen die Bildzytometrie den Befund objektiviert und auch bessere Prognosen über das zu erwartende Krebswachstum ermöglicht.
Ich bin durch Zufall in der SHG Berlin/Brandenburg auf die von der Gmünder Ersatzkasse GEK herausgegebene Schrift Prostatakrebs - Diagnose und Prognose - gestoßen (www.gek.de) und wundere mich sehr, dass die Thematik der DNA-Bildzytometrie in den Foren nicht diskutiert wird. Die Thesen sind schlüssig. Die Diagnostik ist objektiv. Sie führt zu verlässlichen Prognosen und vermeidet, wenn möglich, eine für den Patienten belastende Übertherapie, die dem aktuellen Wissensstand gar nicht mehr enrspricht.
Dazu bemerkte Günter F. am selben Tag:
Die von Dir beigetragene Information – "peridiploider PCa bedeutet kein wahrscheinliches Krebswachstum" – wird von Prof. Böcking und Prof. Bonkhoff unterschiedlich beurteilt. Auch zum aneuploiden oder peritetraploiden PCa sind die Auffassungen von Prof. Böcking und Prof. Bonkhoff nicht kongruent. Meine eigene Laienmeinung dazu ist, ich kann nicht beurteilen, wer von beiden die Datenlage auf seiner Seite hat, trotz Kenntnis der wissenschaftlichen Studien. Beiden bin ich dankbar für ihren Einsatz für die Pca-Diagnostik.
In der praktischen Auswirkung bedeutet das für mich, und wie ich weiß auch für viele andere, die Ploidie des PCa soll bestimmt werden, und aus der Summe der Diagnosefaktoren (PSA, CGA, NSE, PAP, Ploidie, Gleason, etc.) ergibt sich eine genauere Therapieanleitung als aus den wenigeren oder singulären Diagnoseformen.
Udo E. schrieb:
Zur Veranschaulichung sind Grafiken aus Tribukaits Studie Patienten online zugänglich unter:
http://media.gek.de/downloads/broschueren/GEK-Broschuere_Prostatakrebs.pdf (750 KB, ohne DSL-Anschluss langsamer).
Seite 18
Sie zeigen die Überlebenswahrscheinlichkeit von Patienten mit unbehandeltem oder hormontherapiertem Prostatakarzinom in Abhängigkeit von ihrer DNA-Verteilung:
A = peridiploid, B = peritetraploid, C = x- oder multiploid (Tribukait, 1993)
Wie Reinardo schon sagte, kann die wissenschaftliche Patientenbroschüre "Prostatakrebs: Diagnose und Prognose" auch bei der GEK angefordert werden.
Wer gern weiterführende Original-Quellen liest, findet hier weitere Hinweise:
http://media.gek.de/downloads/broschueren/Referenzen_PCa_Broschuere.pdf
Englisches Abstract der Studie:
Nuclear deoxyribonucleic acid determination in patients with prostate carcinomas:
Clinical research and application.
Bernhard Tribukait
Department of Medical Radiobiology, Karolinska Institute, Stockholm, Sweden.
Eur Urol. 1993;23 Suppl 2:64-76
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=7685705&query_hl=4&itool=pubmed_docsum
Professor Bernhard Tribukait sprach im Mai 2005 auf dem Bremer wissenschaftlichen Symposium zur Diagnostik des Prostatakarzinoms mit besonderer Berücksichtigung bildzytometrischer Verfahren.
Der Symposiumsband liegt im Druck und wird bei der GEK erhältlich sein.
für PC-Nutzer ohne DSL-Anschluß, die Probleme mit dem Runterladen der Broschüre haben, hier ein kurzer Auszug zum Ausdrucken, den ich für mich und andere Selbsthilfegruppenmitglieder gemacht habe.
PROSTATAKREBS: Diagnose und Prognose (Auszug)
Ist die DNA-Bildzytometrie zur Aggressivitätsbestimmung des Prostatakarzinoms besser geeignet als der Gleason-Score?
Die DNA-Bildzytometrie ist zur Prognose des Prostatakarzinoms meist besser geeignet als der Gleason-Score. Sie liefert auf jeden Fall wesentliche Zusatzinformationen.
Beide Methoden machen eine Aussage zum Malignitätsgrad des Prostatakarzinoms.
Dabei ist die Vorhersagekraft (prognostische Validität) durch die DNA-Bildzytometrie in vielen Studien mit dem Gleason-Score verglichen und fast durchgängig als besser beurteilt worden (Ross et al., 1994; Lorenzato et al., 2004).
Es hat sich gezeigt, dass sich die Vorhersagekraft des Gleason-Score durch die DNA-Bildzytometrie signifikant verbessert und dabei – und das ist von ganz besonderer Bedeutung – vor allem harmlose von weniger harmlosen Krebsen der Prostata besser unterscheiden können (Ross et al., 1994, 1999; Song et al., 1992).
Fachliche Hintergrundinformationen
Da Prostatakarzinome mit mittleren Gleason-Scores (Stufen 5–7) durchaus DNA-peridiploid oder peritetraploid sein können und damit prognostisch noch relativ günstig zu beurteilen sind, überschätzt der Gleason-Score gelegentlich die maligne Potenz von Prostatakarzinomen.
Dies gilt vor allem für kleine Karzinomherde in Stanzbiopsien, für die manche Autoren eine niedrige (Stufe 2-4) Gradierung nach Gleason sogar völlig ablehnen (Sakr et al., 1996; Epstein, 2000).
An diesen wenige Millimeter kleinen Tumorherden lässt sich meist aber noch eine DNA-Bildzytometrie durchführen.
In vielen Fällen ist also das DNA-Malignitätsgrading dem Gleason-Score sowohl von seiner Reproduzierbarkeit als auch von seiner prognostischen Aussagekraft her (Validität) überlegen.
Konkret bedeutet dies, dass sich die Bestimmung des DNA-Malignitätsgrades zusätzlich zum Gleason-Score empfiehlt, wenn man eine möglichst präzise Vorhersage des wahrscheinlichen Verlaufes der Prostatakarzinom-Krankheit und eine Aussage über eine wirksame Therapieoption wünscht
(Song et al., 1992; Veltrie et al., 1994; Borre et al., 1998; Amling et al., 1999; Ahlgren et al., 1999; Amling et al., 1998, 1999; Ross et al., 1999; Mora et al., 1999; Deliveliotis et al., 2003; Jaboloyas et al., 2004).
Wie häufig sollte eine DNA-Bildzytometrie beim Prostatakarzinom durchgeführt werden, wenn auf eine Therapie verzichtet und eine abwartende Haltung („Wait and See“) eingenommen wurde?
Sinnvoll sind DNA-Bildzytometrie-Untersuchungen alle ein bis zwei Jahre, wenn auf der Grundlage eines entsprechenden DNA-zytometrischen Befundes (peridiploid oder peritetraploid) zwar ein Prostatakrebs festgestellt, aus den dargestellten Gründen aber auf „abwartendes Beobachten“ entschieden wurde.
Die kontrollierenden DNA-zytometrischen Untersuchungen sollten am besten mittels Feinnadelaspirationsbiopsie durchgeführt werden.
Fachliche Hintergrundinformationen
Diese Empfehlung ist deshalb derzeit sicherheitshalber sinnvoll, da man über die zeitlichen Verhältnisse einer zwar seltenen aber möglichen Progression unbehandelter peridiploider Prostatakarzinome zu höheren Graden der DNA-Aneuplodie bislang noch keine völlig ausreichenden Kenntnisse hat.
Die Progressionsraten werden auf unter zwei Prozent pro Jahr geschätzt.
Das heißt, dass in zehn Jahren etwa 20 Prozent der peri-diploiden Prostatakarzinome im Rahmen der sog. Tumorprogression peri-tetraploid, x-ploid oder multiploid würden.
Sollte sich der Tumor in einer Kontrolluntersuchung zu einem höheren Malignitätsgrad weiterentwickelt haben, kann dann eine spezifische Therapie erwogen werden.
Macht die DNA-Bildzytometrie bei lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom noch Sinn?
Auch bei einer fortgeschrittenen Prostatakrebs-Erkrankung ist die DNA-Bildzytometrie sinnvoll.
Fachliche Hintergrundinformationen
Wie die deutschen Urologen Al-Abadi und Nagel (1992) zeigen konnten, entwickeln selbst Patienten, deren Prostatakarzinom die Kapsel überschritten hatte (Stadium T2 und T3), unter Hormontherapie kein Weiterwachsen des Tumors und keine Metastasen innerhalb von neun Jahren, wenn ihr Tumor eine peridiploide DNA-Verteilung aufwies.
97 Prozent dieser Männer überlebten länger als fünf Jahre.
Das entspricht exakt der Sterbequote gleich alter Männer ohne Prostatakarzinom in Deutschland.
Wahrscheinlich ist dieses Ergebnis aber nicht als Effekt der Hormontherapie anzusehen (Vergleich mit unbehandelten Patienten in dieser Studie fehlt), sondern es hat wohl eher mit den für die Überlebensraten günstigen Eigenschaften peridiploider Prostatakarzinome zu tun.
Dies zeigten die Studien des schwedischen Forschers Tribukait (1993), der belegen konnte, dass hormonbehandelte Prostatakarzinom-Patienten mit peridiploidem Tumor genauso lange lebten wie Unbehandelte.
Macht die DNA-Bildzytometrie beim Vorliegen von Metastasen Sinn?
Auch wenn Metastasen festgestellt wurde, ist die Wahl dieses Verfahrens sinnvoll.
Fachliche Hintergrundinformationen
Selbst beim Vorliegen von Knochenmetastasen leben Patienten mit Prostatakarzinom noch deutlich (signifikant) länger, wenn ihr Tumor eine „peridiploide“ oder „peritetraploide“ DNA-Verteilung aufweist (Kugler et al., 1997).
Diese Konstellation ist allerdings sehr selten.
Auch hier gilt, dass Patienten mit diesen Tumoren wahrscheinlich keinen Überlebensvorteil durch eine Hormontherapie haben.
Bei Patienten mit Lymphknoten-Metastasen kommen nach einer Untersuchung von Pollak et al. (1997) in einem Beobachtungszeitraum von vier Jahren weder eine lokale Progression noch Fernmetastasen vor, wenn ihr Prostatakarzinom peridiploid war (Pollack et al., 1997).
Macht die DNA-Zytometrie nach einer operativen Entfernung der Prostata, einer durchgeführten Therapie Sinn?
Ja, denn sie ermöglicht eine Beurteilung des Therapieerfolges oder auch (im schlimmsten Fall) des Misserfolges.
Nach einer operativen Entfernung der Prostata, einer durchgeführten Strahlen- oder Hormontherapie kann die DNA-Zytometrie Aussagen über den Therapieerfolg ergeben.
Ist der Tumor unter Therapie aggressiver (negative Veränderung des DNA-Musters) geworden, so sollte man über einen Therapiewechsel nachdenken.
Geht andererseits der DNA-Malignitätsgrad unter der Therapie zurück, dann spricht der Tumor auf die Behandlung wahrscheinlich an (Leistenschneider und Nagel, 1984, Böcking et al., 1985; Al-Abadi und Nagel, 1995).
Außerdem ist z. B. der Nachweis eines peridiploiden Karzinoms in einer operativ entfernten Prostata ein vergleichsweise beruhigender Befund für einen Patienten.
Wird die DNA-Bildzytometrie an pathologischen Instituten deutscher Universitätskliniken durchgeführt?
Ja, an einigen. An den Universitäten Düsseldorf, Halle und Berlin zum Beispiel wird die DNA-Bildzytometrie in den jeweiligen Instituten für Pathologie als Dienstleistung angeboten.
Wer bezahlt die DNA-Bildzytometrie?
In der Regel übernehmen die gesetzlichen und meist auch die privaten Krankenkassen die Kosten, ansonsten muss sie der Patient selbst tragen.
Wieviel kostet die DNA-Bildzytometrie?
Das hängt vom Untersuchungsmaterial und davon ab, ob ein entsprechender Überweisungsschein vorliegt.
a) Mit Feinnadelaspirationsbiopsie:
b) Mit Stanzbiopsien oder Operationsmaterial:
Was muss man als Patient tun, damit beim Prostatakarzinom eine DNA-Bildzytometrie durchgeführt wird?
  1. Den behandelnden Urologen um eine Überweisung an einen Pathologen für eine DNA-Zytometrie bitten.
  2. Das eigene Biopsie-Material beim Pathologen anfordern (sollte der Urologe veranlassen).
    Der primär diagnostizierende Pathologe, der die histologische Diagnose eines Prostatakarzinoms in der Regel aus der Stanzbiopsie gestellt hat, muss gebeten werden, das Untersuchungsmaterial an das die DNA-Zytometrie durchführende Institut zu schicken.
  3. Befürwortet der behandelnde Urologe die Durchführung der DNA-Zytometrie nicht, so kann der Patient den Pathologen selbst schriftlich darum bitten.
    In diesem Fall muss die Untersuchung aber selbst bezahlt werden.
    Das Untersuchungsmaterial (Gewebe in Paraffin und gefärbte Schnitte) ist, wie ebenfalls bereits erwähnt, rechtlich gesehen Eigentum des Patienten. Der Pathologe hat für beides eine Aufbewahrungspflicht von 10 Jahren. Er hat kein Recht, die Herausgabe dieser Materialien an den Patienten (ggf. gegen Quittung) zu verweigern.

Benötige ich für die DNA-Bildzytometrie neues Untersuchungsmaterial?
Neues Untersuchungsmaterial ist in der Regel nicht erforderlich. Die diagnostische DNA-Bildzytometrie kann am einfachsten an Ausstrichen von Feinnadelaspirationsbiopsien der Prostata durchgeführt werden. Auch Stanzbiopsien der Prostata lassen sich noch nachträglich für die DNA-Zytometrie verwenden.
Wer muss den Pathologen mit der Durchführung einer DNA-Bildzytometrie beauftragen?
Im Idealfall macht dies der behandelnde Urologe, der dann für Patienten der gesetzlichen Krankenkassen einen Überweisungsschein an einen Pathologen für eine diagnostische DNA-Bildzytometrie ausstellt. Den Auftrag kann aber auch der Patient von sich aus erteilen.
An wen schickt das die DNA-Bildzytometrie durchführende Institut den Befund*?
  1. An den behandelnden Urologen oder Hausarzt,
  2. an das das Untersuchungsmaterial bereitstellende Institut für Pathologie.

Erhält der Pathologe das Untersuchungsmaterial zurück?
Der das Untersuchungsmaterial bereitstellende Pathologe erhält sowohl die Gewebsschnitte als auch das in Paraffin eingebettete nicht benötigte Gewebe zurück. Auch Ausstriche von Feinnadelaspirationsbiopsien werden zurückgegeben.
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Quelle:
Auszug aus GEK-Broschüre Prostatakrebs: Diagnose und Prognose, S.28ff, S.33ff
Autoren: Professor Dr. med. Alfred Böcking, Dr. med. Walter Samsel
Download:
www.gek.de/service/broschueren/therapie/index.html
http://media.gek.de/downloads/broschueren/GEK-Broschuere_Prostatakrebs.pdf
Weiterführende Literatur:
http://media.gek.de/downloads/broschueren/Referenzen_PCa_Broschuere.pdf
Diskussion im BPS-Magazin:
Heft 3/2005 S.39, Heft 2/2005 S. 19, Heft 3/2004 S.13, Heft 2/2004 S. 10
http://www.prostatakrebs-bps.de/extern/magazin/BPS_Magazin_03_2005.pdf
http://www.prostatakrebs-bps.de/extern/magazin/BPS_Magazin_02_2005.pdf
http://www.prostatakrebs-bps.de/extern/magazin/BPS_Magazin_03_2004.pdf
http://www.prostatakrebs-bps.de/extern/magazin/BPS_Magazin_02_2004.pdf
Ralf schrieb, immer noch am 6.4.2006:
Ich würde der "Würdigung" noch einen fünften Punkt hinzufügen:
5. Die Studie stammt von 1993, ist also 13 Jahre alt. Die Behandlung der Patienten hatte dann in den 80-er Jahren begonnen. Es darf angenommen werden, dass alle mit Hormonentzug behandelten Patienten einen dauerhaften Hormonentzug hatten, ja dass damals bei den meisten, wenn nicht allen, von ihnen der "Hormonentzug" eine irreversible chirurgische Kastration gewesen war. "Hormonentzug" hört sich halt etwas freundlicher an als "Kastration". Diese Patienten hatten dann nach einigen Jahren mit den bekannten Nebenwirkungen wie Osteoprose zu kämpfen, die sich jedenfalls nicht lebensverlängernd auswirkten.
Das Konzept der intermittierenden Androgendeprivation kam meines Wissens erst später auf (zuerst durch Nik Bruchowsky), und wurde in Schweden Mitte der 80-er/Anfang der 90-er Jahre mit einiger Sicherheit (noch) nicht praktiziert.
Die intermittierende Androgendeprivation (und ihr Ableger, die Dreifache Hormonblockade mit lebenslanger Erhaltungstherapie mit einem 5alpha-Reduktase-Hemmer) geht von der These aus, dass in der Therapiepause die überlebenden hormonabhängigen Krebszellen nach der aktiven Therapie sich wieder vermehren und die hormonunabhängigen Zellklone, die den Androgenentzug mehr oder weniger unbeschadet überlebt haben, zurückdrängen.
Der unbefangene Leser könnte aus dem Satz "Er kommt zu dem erstaunlichen Ergebnis einer signifikant längeren Überlebenszeit bei unbehandelten gegenüber mit Hormonentzug behandelter Patienten" den Schluss ziehen, dass Nichtstun immer noch besser sei als eine hormonelle Therapie. Das war vielleicht im Schweden der späten 80-er und frühen 90-er Jahre so; dass es heute und bei uns noch so ist (meines Wissens haben hormonelle Behandlungsformen in Schweden immer noch kaum einen Stellenwert bei der Behandlung des PK), darf man zumindest bezweifeln.
Dazu antwortete Udo E. einen Tag später sehr ausführlich:
wie Du weißt, habe ich selbst intermittierende Hormonblockade gemacht.
Ich hoffe, dass meine Entscheidung von 2003 mit systemischem Prostatakrebs (hohe Wahrscheinlichkeit für Mikrometastasen wg. Gleason Score 4+3, vergl. Partin Tabelle) und jungem Alter (Mitte 50) nicht falsch war, eine kurze aber maximale Hormonblockade (15 Monate LHRH-A, AA..., ein Jahr Kastrationsniveau) zu machen.
Zwar ist die Pause meiner Intermittierenden Hormonblockade (IHB, IAD) bereits überdurchschnittlich lang (20 Monate) und mein PSA stagniert bei 0,4 ng/ml, aber eine DNA-Zytometrie kannte ich 2003 noch nicht, sonst hätte ich vor der Hormonblockade geprüft, ob ich den für Hormonblockade bzw. Abwarten prognostisch günstigen peridiploiden Tumor habe.
Nachholen konnte ich die DNA-Zytometrie vorerst auch nicht, da der Pathologe Prof. R. aus Hannover sich zuerst weigerte, die Paraphinblöcke der Biopsie DNA-zytometrischen Zweitbegutachtung an einen Kollegen zu schicken und sie zuletzt als verschwunden erklärte.
Du weist zu recht darauf hin, dass Tribukaits Forschungen die permanente Hormonblockade zugrunde lag. Aber sie stellt auch heute noch die Standardform der medikamentösen Hormonentzugstherapie dar.
Auch bei kurzen bzw. intermittierenden Hormonblockaden halte ich es für gerechtfertigt, die Prognose durch ein DNA-zytometrisches Zweitgutachten des Biopsiebefunds besser abzusichern.
Die DNA-zytometrische Prostatakrebs-Diagnostik ist nicht auf dem Stand von vor 13 Jahren (Tribukait 1993) stehen geblieben.
Prof. Böcking gab auf dem Bremer Symposium folgenden Überblick über ihre diagnostische Relevanz für die Hormontherapie, Prostatektomie, Strahlentherapie etc. in der internationalen Forschung (Auszug):
5. Zur Prädiktion (Vorhersage)
....
5.3 Der Überlebenswahrscheinlichkeit
Die DNA-Zytometrie kann wie keine andere prognostische Variable statistisch valide Aussagen zur Überlebenswahrscheinlichkeit an einem bestimmten Prostatakarzinom machen.
5.4 Ohne Therapie
Bei untherapierten Prostatakarzinomen lassen sich mittels DNA-Zytometrie diejenigen Patienten erkennen, die keine verminderte Lebenserwartung haben.
5.5 Zum Therapie-Monitoring
Änderungen des DNA-Verteilungsmusters unter konservativer Therapie lassen ein Ansprechen oder Nichtansprechen des Tumors frühzeitig vorhersagen.
5.6 Nach Strahlentherapie
In der multivariaten Regressionsanalyse nach Cox war die DNA-Ploidie vor dem Tumorstadium und dem histologischen Malignitätsgrad (Gleason-Score) die wichtigste prognostische Variable.
5.7 Nach Hormontherapie
5.8 Nach Strahlen- und Hormontherapie
Aneuploide Prostatakarzinome unter Bestrahlung profitieren nicht von zusätzlicher Hormontherapie.
5.9 Nach radikaler Prostatektomie
Fazit:
Durch Ergänzung der Diagnostik mit der (leider unterfinanzierten) DNA-Zytometrie könnte Prostatakrebs gezielter therapiert bzw. und belastende Übertherapie vermieden werden.

Jürgen hatte gefragt, wo in Deutschland DNA-zytometrische Diagnostik durchgeführt wird. Udo E schrieb daraufhin am 10.4.2006:
Du fragtest danach, welche Pathologen in Deutschland DNA-zytometrische Diagnostik anbieten können.
Ich empfehle anderen SHG-Mitgliedern meist, Paraphinblöcke und Schnittpräparate von Stanz-Biopsie oder OP entweder an Prof. Böcking oder andere (Zyto-)Pathologen zu schicken (auf Veranlassung des Urologen oder Hausarztes per Überweisung).
Falls der Erstpathologe die Paraphinblöcke nicht pflichtgemäß aufbewahrt hat, ist eine neue (Feinnadel-)Biopsie durch Urologen möglich, falls man noch eine Prostata oder einen lokalisierbaren Tumor hat.
Da einige PC-Nutzer Probleme mit dem Download der Broschüre haben, habe ich einen kurzen Auszug gemacht.
Wie finde ich qualifizierte Cytopathologen?
In der Regel kennt der die Zellen zu diagnostischen Zwecken entnehmende Arzt auf Zelldiagnostik spezialisierte, beziehungsweise darin besonders versierte Pathologen oder Pathologische Institute.
Diese können in privater Praxis, in einem Institut, an einem Krankenhaus oder in einer Universitätsklinik arbeiten.
Ihr Arbeitsplatz sagt nichts über eine eventuell besondere Befähigung zur cytologischen Diagnostik aus.
Diese wird eher durch den Nachweis einer der bestandenen oben genannten Prüfungen belegt oder auch durch die Mitgliedschaften in einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft für Cytologie (zum Beispiel der Arbeitsgemeinschaft für Cytopathologie der Deutschen Gesellschaft für Pathologie).
Der Berufsverband Deutscher Pathologen
www.bv-pathologie.dgn.de
erteilt Auskünfte über Institute für Pathologie im Umkreis eines Patienten oder Arztes.
Institute und Kliniken in Deutschland, an welchen die diagnostische DNA-Bildzytometrie durchgeführt wird (Stand: 08.09.2004):
http://kinzel-web.de/krebsdiagnostik/Wie%20finde%20ich%20qualifizierte%20Cytopathologen.htm
Feinnadelaspirationsbiopsie
(Auszug aus Broschüre Prostatakrebs: Diagnose und Prognose)
Wer ist an der Diagnosestellung beteiligt und wer hilft im Falle einer Krebs-Diagnose, die richtige Entscheidung zu treffen?
An der Diagnosestellung sind zunächst Ärzte beteiligt (Hausarzt, Urologe, Pathologe, Radiologe etc.).
Bei der Entscheidung über die richtige Therapie können aber auch Ehepartner, Partner, Kinder, Freunde, Selbsthilfegruppen und andere erkrankte Männer eine wichtige Rolle spielen.
Der Pathologe kann eine detaillierte feingewebliche, zytologische resp. DNA-zytometrische Diagnose mit Tumortyp und Malignitätsgrad (Grad der Bösartigkeit) liefern.
Daraus lässt sich,zusammen mit dem Tumorstadium und dem Alter des Patienten, die Prognose abschätzen.
Der Urologe bestimmt das Tumorstadium, ermittelt auf der Grundlage aller gesammelten Daten (Staging und Grading, siehe Glossar ab S. 38) die Prognose, macht Therapievorschläge und benennt mögliche Komplikationen, ihre Wahrscheinlichkeit und gibt auch eine Prognose über die Heilungschance.
Der Urologe sollte auch eine Aussage machen, ob angesichts der Art des Tumors, des Tumorstadiums (z. B. T1a), des Malignitätsgrades (z. B. peridiploid = Grad 1) und des Alters das Leben des Betroffenen überhaupt bedroht ist.
Wie können Zellmaterial und Gewebeproben zur Prostatakrebs-Diagnose und zur Feststellung seiner Bösartigkeit gewonnen werden?
Voraussetzung für eine sichere Diagnose ist bei allen in den folgenden Kapiteln beschriebenen Diagnoseverfahren das Vorliegen von geeigneten Gewebeproben bzw. Zellmaterial.
Das Untersuchungsmaterial für die Beurteilung kann auf folgenden Wegen gewonnen werden:
aus Gewebepartikeln mittels einer sog. Stanzbiopsie (siehe Frage 3)
aus einem Operationspräparat nach operativen Eingriffen an der Prostata
aus Zellmaterial, das mittels einer sog. Feinnadelaspirationsbiopsie (FNAB, siehe Frage 11) gewonnen wird.
Welche Bedeutung hat die Feinnadelaspirationsbiopsie?
Die Feinnadelaspirationsbiopsie (FNAB) hat eine ganz besondere Bedeutung zur zytologischen und DNA-zytometrischen Tumorberwertung. Dieses Verfahren ist für den Patienten vergleichsweise nebenwirkungs- und schmerzarm. Histologische Untersuchungen, also die Begutachtung von Gewebeveränderungen etwa durch den Gleason-Score, sind mit der FNAB-Methode nicht möglich.
Was bringt die Feinnadelaspirationsbiopsie (FNAB) der Prostata?
Die FNAB ermöglicht wichtige Aussagen im Rahmen der Tumordiagnostik. Die FNAB dient der Gewinnung von Zellmaterial zur Abklärung eines Tumorverdachtes sowie der Typisierung und Malignitätsbestimmung eines Prostatakarzinoms.
Fachliche Hintergrundinformationen
Die Feinnadelbiopsie der Prostata ist zu folgenden Zwecken sinnvoll:
Abklärung eines Tumorverdachtes, z. B. bei erhöhten PSA-Werten im Blut oder einem verdächtigen Knoten (als Tastbefund durch den Enddarm) in der Prostata.
Oft stellt sich dabei auch eine banale Entzündung oder eine gutartige Vergrößerung der Prostata als Ursache heraus.
Ggf. die zytologische Typisierung des Krebses, z. B. ein von den sekretorischen Drüsen der Prostata ausgehendes sog. Adenokarzinom, ein von den Zellen der Harnröhrenschleimhaut ausgehendes sog. Urothelkarzinom, ein von den Drüsenzellen mit endokriner Funktion ausgehendes sog. neuroendokrines Karzinom usw.
Ggf. Bestimmung der Aggressivität des Tumors mittels zytologischem Malignitätsgrading (siehe Kapitel Zytologische Diagnostik, Seite 15).
Ggf. die objektive Bestimmung der Aggressivität des Tumors mittels DNA-Malignitätsgrading (siehe Kapitel DNA-Zytometrie, ab Seite 16).
Wie funktioniert die Zellentnahme per FNAB von Zellmaterial zu diagnostischen Zwecken an verschiedenen Stellen des Körpers?
Durch eine in die Prostata eingeführte, haarfeine Nadel werden Zellen abgesogen (siehe Abb. 3 und 4).
Dazu wird eine sehr feine (0,7 mm), lange Nadel in einer Führungshülse aus Metall vom Zeigefinger des Urologen geführt durch den Enddarm gezielt in die Prostata oder einen dort zu tastenden Knoten gebracht. Die Punktion kann auch gezielt unter Ultraschallkontrolle erfolgen.
Fachliche Hintergrundinformationen
Die Feinnadelaspirationsbiopsie (FNAB) ist eine seit vielen Jahren bewährte, harmlose Methode zur Gewinnung von Zellmaterial zu diagnostischen Zwecken.
Für die Prostata entwickelte der schwedische Urologe Justus Franzén dafür im Jahre 1960 ein spezielles Punktionsbesteck. Die FNAB ist in der Regel nicht schmerzhaft und nahezu komplikationsfrei (Leistenschneider und Nagel, 1963). Die Nadel ist mit einer normalen Spritze verbunden. Durch Zug am Spritzenstempel wird ein Unterdruck erzeugt. Die Nadel wird unter stetigem Sog in der Prostata hin und her geführt. So können mehrere tausend Zellen aus verschiedenen Regionen der Prostata entnommen werden. Durch fächerförmiges Arbeiten kann man Zellproben aus nahezu allen Bereichen der Prostata gewinnen (und nicht nur aus wenigen Bezirken, wie bei der Stanzbiopsie). Die aspirierten Zellen werden anschließend auf einen Glas-Objektträger ausgeblasen, dünn ausgestrichen, mit alkoholischem Spray fixiert und gefärbt. So können im Normalfall gut 100 000 Zellen der Prostata gewonnen und zytologisch (nicht histologisch!) vom Pathologen begutachtet werden. In den 80iger Jahren war die FNAB der Prostata Thema auf vielen Fortbildungskongressen deutscher Urologen (Faul, 1975, Leistenschneider, 1984, Böcking, 1981 Helpap et al., 1985;).
Die relativ geringe Vergütung im Rahmen der ärztlichen Gebührenordnung EBM (derzeit 11 D pro zytologischer Untersuchung) und der Mangel an in der Zytologie erfahrenen Pathologen in Deutschland sowie das Fehlen einer industriellen Lobby (z. B. für Nadeln zur FNAB) dürften wohl der Grund sein, warum diese sanfte Zellentnahme-Methode in Deutschland nicht weiter verbreitet ist.
In Schweden dagegen ist die Feinnadelaspirationsbiopsie der Prostata noch heute üblich.
Nur wenn Patienten die FNAB wieder vermehrt nachfragen, werden Urologen das Punktieren mit der Feinnadel und Pathologen die zytologische Diagnostik wieder erlernen.
Wer führt in Deutschland Feinnadelaspirationsbiopsien durch?
Bedauerlicherweise wird diese einfache, nebenwirkungsarme, preiswerte aber sehr wichtige Methode nur von wenigen Urologen in Deutschland angeboten und durchgeführt.
Die (unvollständige) Liste von Urologen, die FNAB-Unterschungen der Prostata durchführen:
Dr. med. M. Roth und Dr. med. L. Wins
Ärzte für Urologie
Morianstraße 10
42103 Wuppertal
Prof. Dr. med. J. Breul
Chefarzt der Urologischen Abteilung des Loretto Krankenhauses Freiburg
Mercystr. 16
79100 Freiburg
Dr. med. W.-H. Weidenfeld
Chefarzt der Urologischen Abteilung des Marienhospitals Düsseldorf
Rochusstraße 2
40479 Düsseldorf
Dr. med. H. Bliemeister
Praktischer Arzt und Urologe
Hamburger Straße 14
22952 Lütjensee (bei Hamburg)
Prof. Dr. med. B. Aeikens
Äskulap-Klinik
Gusauerstr. 8
6440 Brunnen, Schweiz
Dr. med. E. Hahn
Chefarzt der Urologischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses
Grünstraße 35
58095 Hagen
Nachtrag:
Eigene Nachfrage:
Prof. Dr. Gerald Mickisch & Dr. Roland Mattes
Fachärzte für Urologie
Partnerschaft
Robert-Koch-Str. 34a
28277 Bremen
und weitere Urologen auf Nachfrage
____________________________________________________________________
Quelle:
GEK-Broschüre: Prostatakrebs - Diagnose und Prognose, Seite 9 ff, Seite 43
Autoren: Prof. Böcking, Dr.Samsel
http://www.gek.de/service/broschueren/therapie/index.html
Weiterführende Information:
http://kinzel-web.de/krebsdiagnostik/Punktate%20von%20Organen.htm
http://www.sanfte-krebsdiagnostik.de/

KlausUwe schrieb am 25.5.2006:
Ein belgischer Onkologe teilte mir mit, das in allen Krankenhäusern die Geräte zur Feinnadelbiopsie verschrottet im Müll gelandet sind. Auch kein Urologe wird mehr dafür ausgebildet. Die Feinnadelbiopsie ist aber ein wichtiger Bestandteil der DNA-Zytometrie und für die Zukunft unverzichtbar. Diese Methode wird in Belgien als nicht zweckmäßig angesehen und deshalb nicht von der Krankenkasse bezahlt.
Nun könnte man sagen: Was geht das uns an, hier zahlt die Krankenkasse. Aber was ist das für ein vereinigtes Europa, wenn man sich noch nicht einmal zur Zusammenarbeit auf diesem für uns so wichtigen Gebiet einig ist?
Dazu schrieb Franz von der SHG Itzehoe und Elmshorn einen Tag später:
Ich vermag nicht zu erkennen, warum Dich dieser Umstand so beschäftigt. Auch in Deutschland kann kaum ein Urologe diese Methode anwenden. Die Geräte sind nicht vorhanden, und die Gesetzlichen Krankenkasse zahlt für eine "normale" Biopsie wesentlich mehr.
Es folgte eine längere Diskussion mit mehreren Teilnehmern zu den Themen "Feinnadelbiopsie" und "Zytometrie", die Urologe fs am 28.5.2006 abschloss mit:
Man braucht keine Feinnadelbiopsie zur DNA-Zytometrie, wie ich schon einmal schrieb. Die Zytometrie ist selbstverständlich auch aus der Biopsie und auf Wunsch gleich bei der Diagnosestellung mitzumachen. Eine erneute Punktion daher überflüssig. Eine FN-Biopsie alleine ist aber nicht in der Lage, eine saubere Diagnostik zu gewährleisten (Gleason, neurale oder intraduktale Invasion, Samenblaseninfiltration, biologische Marker wie bcl2, Androgenrezeptorstatus etc.). Dafür führt die FNB häufiger zu falsch-negativen Ergebnissen (Tumor wird übersehen). Deshalb geht alle Welt von der FNB ab – nicht von der Zytometrie.

Udo E. schrieb am 21.6.2006:
wie im alten Forum angekündigt, ist das GEK-Buch [GEK = Gmünder Ersatzkasse – Ed] mit dem Bericht vom Bremer Prostatakrebs Symposium jetzt erhältich. Das Buch kann bei der GEK, dem Verlag bzw. im Buchhandel bestellt werden:
Prognostische und therapeutische Bedeutung der DNA-Zytometrie beim Prostatakarzinom
Wissenschaftlicher Bericht über das Experten-Symposium an der Universität Bremen vom 12.5.05
Dr. med. Walter Samsel, Prof. Alfred Böcking
GEK-Edition; Bd. 41
Asgard Verlag 2006
214 S.
ISBN 3-537-44041-3
Euro 12,90
Nachfolgend einige Zitate aus dem Buch.
Prognostische und therapeutische Bedeutung der DNA-Zytometrie beim Prostatakarzinom
W. Samsel, A. Böcking
Vorwort
...Der Prostata-Krebs ist der häufigste bösartige Tumor des Mannes. Das Robert-Koch-Institut in Berlin berichtet von 40.670 Neuerkrankungen an Prostatakarzinomen bei Männern in Deutschland im Jahre 2000. Damit steht das Prostatakarzinom an erster Stelle unter den Neuerkrankungen an Krebs bei Männern (20,3 Prozent), noch vor Dickdarmkrebs (16,2 Prozent) und dem Lungenkrebs (15,9 Prozent). Während das Prostatakarzinom bis zum 50. Lebensjahr als ärztliche Diagnose nur sehr selten vorkommt, haben von den 70-jährigen Männern schon mehr als 50 Prozent und von den 80-jährigen mehr als 90 Prozent diesen Krebs („Suchet so werdet ihr finden"). Die meisten dieser Tumore bleiben aber so klein, dass sie keine Beschwerden machen und deshalb nur durch Zufall diagnostiziert werden. Aus der Differenz von Inzidenz (darunter versteht man die Neuerkrankungsrate pro 100.000 Männer pro Jahr), die beim Prostatakrebs 101,4 beträgt und der Mortalität (darunter versteht man den Anteil der an Prostatakrebs gestorbenen Männer an allen gestorbenen Männer eines Jahres), die in Deutschland leider auf einer recht unsicheren Grundlage mit 27,7 errechnet wurde, leitet sich eine relativ niedrige scheinbare Letalität (darunter versteht man den Anteil der Männer, der an Prostatakrebs erkrankt ist und auch daran stirbt) von 27,3 %. Eine genaue Ermittlung der Sterberate ist allerdings äußerst schwierig, weil ca. 30 Prozent aller auf Todesbescheinigungen vermerkten Todesursachen nach neueren Studien falsch sind. Berücksichtigt man diesen Umstand, so beträgt die Sterblichkeit an Prostatakrebs in Deutschland 19,4 Prozent.
Das bedeutet: Vier von fünf Männern sterben nicht an, sondern mit ihrem Prostatakarzinom (Hölzel et al., 2002). Zusätzlich kann hier noch angemerkt werden, dass in anderen Ländern andere und zwar meist deutlich niedrigere Sterberaten beim Prostatakrebs genannt werden. In den USA geht man davon aus, dass im Jahr 2005 nur etwa 10% der an Prostatakrebs Erkrankten an ihrem Tumor sterben werden. Fakt ist: Die meisten Prostatakarzinome sind harmlose „Haustierkrebse". Die beim ersten Blick auf die Statistik scheinbar relativ ungünstigen Überlebensraten von Patienten mit Prostatakarzinom ergeben sich nicht aus der Aggressivität (=Malignitätsgrad) des Tumors, sondern aus dem hohen mittleren Erkrankungsalter der Patienten von durchschnittlich 72 Jahren. Die Patienten sind also oft in einem Alter, in dem auch viele andere Todesursachen nahe sind.
Wichtig ist also zunächst zum Zeitpunkt der Diagnose die genaue Feststellung, von welcher Art der Krebs ist - ob „Haustier" (geringer Malignitätsgrad) oder „Raubtier" (hoher Malignitätsgrad), um einerseits (nebenwirkungsreiche und Lebensqualität mindernde) Übertherapien möglichst zu vermeiden und andererseits eine exakte Therapieplanung zu ermöglichen.
Die Themenstellung des Symposiums „Prognostische und therapeutische Bedeutung der DNA-Zytometrie beim Prostatakarzinom" orientierte sich genau an diesem Punkt und setzte dort an. Es ging dabei vor allem um ein in diesem Kontext wichtiges und unverzichtbares Diagnoseverfahren – die DNA-Zytometrie. Bei diesem Diagnoseverfahren handelt es sich -kurz gesagt- um ein bewährtes, standardisiertes, objektives Messverfahren, das mit der optischen Mengenmessung der Erbsubstanz (DNA) von Krebszellen eine genaue Bewertung des Tumors in dieser Richtung zulässt. Die unterschiedliche Malignität des Tumors ergibt sich über die sich verändernde Erbsubstanzmenge in den Krebszellen, wie sie sich mit der Zeit bei der Entwicklung des Tumors findet. ...
Und weitere Zitate aus dem informativen Buch:
Prognostische und therapeutische Bedeutung der DNA-Zytometrie beim Prostatakarzinom
W. Samsel, A. Böcking:
P. Duesberg
Ist Krebs eine genetische oder eine chromosomale Krankheit?
...
Zusammenfassung:
Konventionelle Gentheorien haben bisher nicht erklären können, warum Krebs (1) in Neugeborenen nicht auftritt und nicht erblich ist; (2) von nicht-mutagenen Karzinogenen verursacht wird; (3) sich erst Jahrzehnte, nachdem er durch Karzinogene initiiert wurde, entwickelt; (4) sowohl chromosomal als auch phänotypisch "unstabil" ist; (5) spezifische chromosomale Fehlverteilungen oder Aneuploidien enthält; (6) viel komplexere Phänotypen hervorbringt als gewöhnliche Mutationen, z.B. "multidrug resistance"; (7) nicht-selektive Phänotypen herausbildet, z.B. Metastasierung oder Affinität zu nicht nativen Organen und "Immortalität", die keine Voraussetzung für Tumorgenese ist; (8) keine krebserzeugenden Mutationen enthält. Deshalb schlagen wir vor, dass Krebs keine genetische sondern eine chromosomale Krankheit ist. Nach dieser Theorie wird Karzinogenese durch unspezifische Aneuploidien ausgelöst, die entweder spontan oder durch Karzinogene entstanden sind. Aneuploidie verdirbt Teams von Proteinen, die Chromosomen bei der Zellteilung verteilen, synthetisieren und reparieren. Aneuploidie ist somit eine ständige Quelle für chromosomale Veränderungen, von denen, in klassisch darwinistischer Manier, Selektion die Entwicklung und dann Weiterentwicklung von bösartigen Krebszellen begünstigt. Diese chromosomalen Evolutionen konvergieren bei biologisch maximalen Entropien von ~3n. Die chromosomale Veränderungsrate ist proportional zum Grad der Aneuploidie und kann konventionelle Mutation um 4-7 Grössenordnungen übertreffen. Deshalb handelt es sich bei Krebszellen um neue Zell-"Arten" mit spezifischen Aneuploidien aber instabilen Karyotypen, statt um Mutationen von normalen Zellen. Krebsspezifische Aneuploidien erzeugen komplexe, maligne Phänotypen über die chromosomal veränderte Dosis von Tausenden von Genen – genauso wie Trisomie 21 Down Syndrom hervorruft. Die Chromosomen-Theorie erklärt, (1) dass Neugeborene krebsfrei sind, weil Aneuploidie nicht erblich ist; (2) nicht-mutagene Karzinogene als Aneuploidogene; (3) die lange, "neoplastische Latenzzeit" mit der geringen Wahrscheinlichkeit, dass sich neue, konkurrenzfähige Arten entwickeln; (4) nicht-selektive Phänotypen durch Gene, die Mitläufer von selektiven Chromosomen sind; (5) Immortalität, weil chromosomale Veränderungen negative Mutationen neutralisieren und sich ungünstigen Bedingungen viel schneller anpassen als konventionelle Mutationen....
A. Böcking
DNA-Bildzytometrie - Methode zur Früherkennung und Malignitäts-Gradierung bösartiger Tumoren
Der amerikanische Molekularbiologe Peter Duesberg beschreibt die Entstehung einer Tumorzelle als Kettenreaktion mehrfacher Aneuploidisierungen (Duesberg et al., 2004). Dementsprechend beginnen die meisten Tumoren mit relativ geringen Chromosomen-Veränderungen, die dann im Lauf der Jahre zunehmen können. Dies in dem Maße, wie die Bösartigkeit des Karzinoms (= maligne Potenz) zunimmt ("chain-reaction of multiple aneuploidizations"). Das heißt, je bösartiger ein Krebs ist, umso ausgeprägter sind die in seinen Zellen vorkommenden Chromosomenstörungen (an Zahl und Art) und umso unterschiedlicher (variabler) sind sie von Zelle zu Zelle. Die DNA-Zytometrie misst beides, das Ausmaß der chromosomalen Aneuploidie und ihre Unterschiedlichkeit (Variabilität). Ein vergleichsweise wenig bösartiger Krebs („Haustier-Krebs") zeigt demnach in fast allen Zellen noch relativ normale DNA-Gehalte. Man nennt dies „peridiploid", weil der normale Chromosomensatz diploid ist (Abb. 10). Ein sehr aggressives Prostatakarzinom zeigt dagegen sehr hohe DNA-Gehalte (bis zum 10-fachen der Norm) und starke Schwankungen. Der Pathologe spricht von einer „multiploiden" DNA-Verteilung (Abb. 13). Dazwischen gibt es noch die „peritetraploide" DNA-Verteilung (Abb. 11), der z.B. beim Prostatakarzinom immer noch eine relativ guten Prognose entspricht und die „x-ploide" Verteilung (Abb. 12). Zwischen „peridiploider" (= Grad I), „peritetraploider" (= Grad II), „x-ploider" (= Grad III) und „multiploider" (= Grad IV) DNA-Verteilung gibt es fließende Übergänge (Tribukait, 1991). Mit der Zeit kann es im Rahmen der sog. „zytogenetischen" Tumorprogression" spontan zu einem Anstieg des DNA-Malignitätsgrades, d. h. des Ausmaßes chromosomaler - und dementsprechend von DNA-Aneuploidie kommen (Böcking et al., 1985). Zudem können sich in verschiedenen Teilen des Tumors unterschiedliche DNA-Verteilungsmuster finden. Daher muss man, vor allem bei größeren Tumoren (T2, T3, T4), mehrere (bis zu fünf) verschiedene Proben für die DNA-Zytometrie untersuchen (Wang et al., 2000).
Folgende Ursachen kommen für die Entstehung von chromosomaler Aneuploidie infrage: Chromosomen-Brüchigkeits-Syndrome, ionisierende Strahlen (z. B. Röntgen), mechanische Kräfte (z. B. Asbestfasern), Virus-Infekte (z. B. HPV), chemische Agenzien (z. B. Nitrosamine) und Mutationen bestimmter Gene (z. B. APC)...
H. Al-Abadi:
Zytomorphologie und DNA-Zytometrie beim Prostata-Carcinom und ihre prognostische Bedeutung
Zusammenfassung
Bei 271 Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom wurden mittels der Einzelzell-DNS-Zytophotometrie die Ploidie, die DNS-Hetreogenität und die Anteile der Zellzyklusphasen der Tumoren vor und während der Therapie untersucht, um neben den bisherigen prognostischen Faktoren (Stadium, Grad) weitere prognostische Parameter zu finden. Der Zeitraum der Verlaufsbeobachtung betrug 1 bis 14 Jahre.
Von den 271 Patienten haben 198 Patienten (73,7 %) einen T3 N0 Mo-Tumor, während bei 73 Patienten (26,3 %) ein Stadium T3/T4 N+ M1 vorlag. 11,8 % der Patienten wiesen den zytologischen Malignitätsgrad 1, 64,3 % der Patienten den Malignitätsgrad 2 auf und 23,8 % der Patienten hatten ein Grad-3-Karzinom. Die Einzelzell-DNS-Zytophotometrie ergab bei den höheren Malignitätsgraden 2 und 3 eine Aneuploide-Rate bis zu 71% und eine Diploidie-Rate bis zu 23,8 %. Bei dem Malignitätsgrad 1 dagegen lag die Diploidie-Rate bei 71% und die Aneuploidie-Rate bei 15.2 %. Diese Unterschiede sind signifikant (p<0,001).
Zwischen den Ergebnissen der DNS-Zytophotometrie und dem klinischen Verlauf bestand eine signifikante Korrelation. Patienten mit diploiden Tumorzellkernen entwickelten innerhalb einer Beobachtungszeit von 14 Jahren keine Metastasierung und keine lokale Tumorprogression, während Patienten mit aneuploiden Tumorzellkernen eine Metastasierung und eine lokale Tumorprogression trotz Therapieumstellung innerhalb von 8 bis 22 Monaten aufwiesen. Die Patienten in der aneuploiden Gruppe starben durchschnittlich 21 Monate nach dem Zeitpunkt der Primärdiagnose an ihrem Tumorleiden.
Schlussfolgerungen
Die DNA-Ploidie ist ein objektiver, reproduzierbarer, diagnostischer und prognostischer Parameter.
DNA-Zytophotometrie korreliert signifikant mit dem klinischen Verlauf
Patienten mit diploiden und tetraploiden Tumoren entwickelten innerhalb einer Beobachtungszeit von 14 Jahren keine Metastasierung und keine lokale Tumorprogression
Patienten mit aneuploiden Tumoren zeigten trotz Therapieumstellung eine Metastasierung und lokale Tumorprogression und hatten eine höhere Mortalität (Mediane Überlebenszeit 21 Monate).
B. Tribukait
Klinische Bedeutung der DNA-Durchfluss-Zytometrie beim Prostatakarzinom
Es verstarben im vorliegenden Patientengut mehr als 2/3 der unter 60-jährigen Patienten an Karzinomen, aber nur die Hälfte der 70-jährigen und 1/3 der über 80-jährigen Patienten. Daraus zu folgern, dass jüngere Patienten mehr aggressive Tumoren haben als ältere ist jedoch nicht richtig. Das wird deutlich, wenn man das tumorspezifische Überleben mit dem Tod durch Prostatakarzinom unabhängige Todesursachen in Abhängigkeit vom Alter vergleicht (Fig.3). Der Medianwert der Überlebenskurven für diese interkurrenten Todesursachen betrug für unter 55 Jahre alte Männer 23 Jahre, für 65-70 Jahre alte Männer 13 Jahre und für über 80 Jahre alte Männer 5 Jahre. Diese Linksverschiebung der Überlebenskurven mit zunehmendem Alter erfolgt linear um durchschnittlich 0,6 Jahre/Lebensjahr. Das tumorspezifische Überleben verblieb mit einem Medianwert von durchschnittlich 8,8 Jahren unverändert für Patienten aller Altersgruppen. Die prozentual hohe Tumor-Todesrate der jungen Patienten erklärt sich somit ganz durch die niedrige Prostatakarzinom unabhängige Todesrate.


B. Aeikens
Das Prostatakarzinom, eine Herausforderung für den niedergelassenen Urologen?
Die Tumorgraduierung nach der Einteilung von Gleason basiert auf die Bewertung der Wachstumsmuster des Karzinoms unter Berücksichtigung unterschiedlicher Karzinomarchitekturen. Die Graduierung erfolgt aber nach subjektiven Kriterien des Pathologen und ist messtechnisch nicht objektivierbar. Zytologische Malignitätskriterien finden bei dieser Graduierung keine Anwendung. Im Gegensatz dazu basiert die Auswertung der Saugbiopsie fast ausschließlich auf zytologische Kriterien. Aufgrund der andersartigen Präparateaufbereitung bleiben feinste aussagefähige zytologische Strukturen der Zelle erhalten, die sonst bei der Paraffineinbettung verloren gehen. Eine Quantifizierung und damit Objektivierung des DNS-Gehaltes des Zellkerns mit Hilfe mikroskophotometrischer Messverfahren ist somit möglich, so dass die Ploidie-Rate bestimmbar und damit eine bessere Beurteilung der Malignität möglich ist. Bisher hat dieses vor mehr als 30 Jahren in Schweden entwickelte Untersuchungsverfahren jedoch kaum Anwendung gefunden, da die zytologische Beurteilung eines sehr erfahrenen Zytologen bedarf, um reproduzierbare Ergebnisse zu liefern. Historisch gesehen wurde die Zytopathologie im deutschsprachigen Raum eher stiefmütterlich behandelt, dies mag eine Erklärung dafür sein, dass diese Methode bisher nicht den ihr zustehenden Stellenwert in der Diagnostik erlangt hat.
In den Leitlinien zur Therapie des „klinisch" lokal begrenzten Prostatakarzinoms (T1-2) wird bei einer Lebenserwartung von mehr als 10 Jahren als kurative Maßnahme an erster Stelle die radikale Prostatavesikuloektomie mit partieller Lymphadenektomie empfohlen, eine Therapie, die dem Patienten das Bewusstsein vermittelt, durch die Operation vollständig vom Krebsleiden geheilt zu sein. Dies ist jedoch ein Trugschluss…
K.H. Bichler
Bedeutung der DNA-Bildzytometrie für die Therapieplanung beim Prostatakarzinom (PCa)
Willet Whitmore hat vor über 20 Jahren zur Problematik der Behandlung des Prostatakarzinoms geäußert:
Wenn die Behandlung des Prostatakarzinoms möglich ist, ist sie notwendig, und wenn die Behandlung notwendig ist, ist sie möglich?"
Wir können feststellen, dass diese Aussage noch genau so relevant ist für die Behandlung des PCas wie vor zwei Jahrzehnten. Vielleicht noch bedeutender, da wir mit besseren diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten eine wesentlich differenziertere Behandlung durchführen können und eine subtile Entscheidung beim einzelnen Patienten gefordert ist. Dabei ist zu bedenken, dass noch vor ca. 30 Jahren die Behandlung des PCas gleichzusetzen war mit einer hormonellen Therapie.
Wie auch bei anderen diagnostischen Methoden, die bioptisches Material zur Grundlage haben, ist für die Aussagefähigkeit der DNA-Zytometrie die Heterogenität des PCa zu bedenken. Das PCa besitzt eine ausgeprägte Heterogenität im Vergleich zu anderen Malignomen, erkennbar an der Expression von Molekularen Markern [9, 15]. Hier kommt der Gewebsentnahme eine besondere Bedeutung zu (Abb. 5). So kann die Erfassung der Heterogenität durch die Zunahme der Zahl von TRUS-gesteuerten Biopsien verbessert werden.
Mit Rücksicht auf diese Gegebenheit wird heute eine größere Zahl von Stanzen preferiert (10, 12, 15 evtl. 18! oder eine Wiederholung der Sextantenbiopsie) [11]. Wiederholung der Biopsie ergibt in 10 bis 20 % Treffer während eine dritte oder vierte nur noch ca. 5 % aufweist.

KlausUwe schrieb am 19.6.2006 unter dem Betreff "Sich schlau machen lohnt sich":
Heute hatte Prof. Dr. A. Böcking mich angerufen, um mir einige Ergebnisse der DNA-Bild-zytometrischen Analyse mitzuteilen. Er stellte mir sofort die Frage, ob ich bereits eine Hormontherapie begonnen habe, meine Antwort war nein.
Das sei gut so. Bei meinem Hauskrebs Grad 2 in Verbindung mit der DNA-Begutachtung wäre eine Hormontherapie das Verkehrteste was ich machen könnte. Aus dem Hauskrebs würde sich höchstwahrscheinlich ein hochaggressiver Krebs entwickeln.
Wenn ich nun voreilig (wie ich es vorhatte) eine DHB gemacht hatte, so wäre der Schaden hinsichtlich meiner Lebenserwartung riesengroß gewesen [Anmerkung: Dies ist eine alleinstehende Meinung von Prof. Böcking, die wir mit unserem derzeitigen Wissen weder bestätigen noch widerlegen können – Ed].
Mein gut gemeinter Rat: Jeder sollte eine DNA-zytometrische Analyse machen lassen.
Für mich ist es heute ein sehr glücklicher Tag.
Christian schrieb einen Tag später dazu:
Was es nicht alles gibt.
Dass durch eine Hormonblockade ein Haustierkrebs zum Raubtierkrebs wird, höre ich zum ersten mal. Es widerspricht jeglicher praktischer Erfahrung mit HB, die seit 1945 millionenfach eingesetzt wurde. Ich habe zwar auch schon von durch Zytometrie entdeckten nachteiligen Veränderungen der Zellstruktur infolge der HB gehört, aber das ist wohl auf Ausnahmefälle beschränkt.
Es gibt gewichtige Stimmen, die der Meinung sind, eine zytometrische Untersuchung ist bei modernen pathologischen Geräten, Verfahren und Kenntnissen überflüssig und kann kaum sinnvolle Wirksamkeitsaussagen über Therapieformen (Hormonblockade, Strahlentherapie) machen.
Ein riesengroßer Schaden durch Hormonblockade? Wenn es sich hierbei nicht um eine seltene Einzelkonstellation von Zellstrukturen sondern eine allgemein zu erwartende Folge der HB handeln soll, dann ist das schon eine seltsame Einzelmeinung.
Carola-Elke antwortete darauf:
ganz von der Hand zu weisen ist diese molekulargenetische Eigenschaft mancher PCa nicht. Die Androgenrezeptormutation kann bei bestimmten Karzinomen durch die Einnahme von Steroidhormonen gefördert werden.
http://diglib.uni-magdeburg.de/Dissertationen/2005/albroepke.pdf
".... zeigen die mutierten AR-Gene oft eine veränderte Spezifität in der Bindung von unterschiedlichen Hormonen.
Die Analyse einiger mutierter AR zeigte, dass tumorspezifische Mutationen die Steroidbindungseigenschaften und somit die Antwort auf Anti-Androgene, Östrogene und Gestagene beeinflussen können (Veldscholte et al., 1990; Culig et al., 1993; Peterziel et al., 1995; Taplin et al., 1995; Shi et al., 2002)
....
Verschiedene Studien unterstützen die Hypothese, dass die Amplifikation des AR-Gens verantwortlich für die Entwicklung einer Hormonresistenz ist (Visakorpi et al., 1995a; Koivisto et al., 1997).
Eine Amplifikation des AR-Gens wurde bei 20 bis 30 % der Patienten mit hormonrefraktären Prostatakarzinomen gefunden (Koivisto et al., 1997; Gregory et al., 1998; Bubendorf et al., 1999; Miyoshi et al., 2000; Kaltz-Wittmer et al., 2000; Linja et al., 2001).
Durch diese AR-Genamplifikation kommt es zu einer bis zu sechsfach höheren Expression des AR-Gens (Linja et al., 2001)."
Näheres hierzu in diesem Faden, der Hinweise auf interessante Dissertationen enthält: http://forum.prostatakrebs-bps.de/showthread.php?t=207
Ich nehme an, Uwe meint alleine die androgenunabhängigen Zellen, die meistens von Anfang an vorhanden sind, im Anschluss an eine HB übrigbleiben und sich hinterher um so rascher vermehren.
Die Dissertationen enthalten stellenweise aber ebenfalls Hinweise darauf, dass manche PKs auf die antiandrogene Behandlung besonders stark negativ reagieren könnten, weil bei ihnen die Amplifikation des Androgenrezeptor-Gens geradezu stimuliert wird.
Amplifikation > http://de.wikipedia.org/wiki/Amplifikation_%28Genetik%29
Sicherlich sind diese molekularbiologischen Erkenntnisse nicht unbedingt ein Thema in der täglichen Praxis.
Dieter aus Husum meinte am selben Tag:
Zitat:
Zitat von cligensa am 20.06.2006
Es gibt gewichtige Stimmen, die der Meinung sind, eine zytometrische Untersuchung ist bei modernen pathologischen Geräten, Verfahren und Kenntnissen überflüssig und kann kaum sinnvolle Wirksamkeitsaussagen über Therapieformen (Hormonblockade, Strahlentherapie) machen.
Da hat aber Helpap in Magdeburg etwas ganz anderes gesagt, nämlich:
Zitat:
Zitat von Helpap sinngemäß
DNA-Zytometrie ist ein gutes zusätzliches Verfahren. Korrekter Gleason deckt sich mit Werten aus der DNA-Zytometrie.

Reinardo schrieb am 6.7.2006:
"Die Gmünder Ersatzkasse GEK ist die fünftgrösste bundesweit tätige Krankenkasse. Rund 1,5 Millionen Menschen sind bei der GEK versichert. Ein bundesweites Netz mit derzeit über 180 GEK-Standorten garantiert den individuellen Service.
Zum neunten Mal in Folge wurde die GEK im Jahr 2005 als die kundenfreundlichste Krankenkasse Deutschlands unter den frei wählbaren Krankenkassen ausgezeichnet.
Die GEK ist Anwalt der Versicherten. Sie versteht sich als Sprachrohr der Versichertengemeinschaft.
Vor diesem Hintergrund betreibt die GEK Gesundheitsanalysen mit dem Ziel, Determinanten des gesundheitlichen Wohlergehens zu identifizieren, um mit diesen Ergebnissen auf bessere Versorgungsstrukturen hinzuwirken.
Die GEK strebt Rationalisierung anstelle von Rationierung in unserem Gesundheitssystem an". (GEK-Schriftenreihe).
Dieter Hebel ist der Vorstandsvorsitzende dieser ungewöhnlichen Krankenkasse.
Im zweiten Halbjahr 2005 hat die GEK die in diesem Forum mehrfach zitierte Broschüre "Prostatakrebs: Diagnose und Prognose" auflegen lassen. Dieses Heft ist kostenlos in den GEK-Standorten oder im Internet als PDF-Datei (www.gek.de), Bereich Service - Broschüren - Therapie Broschüren erhältlich.
Nun ist auch in der Reihe "GEK-Edition" unter dem Titel "Prognostische und therapeutische Bedeutung der DNA-Zytometrie beim Prostatakarzinom" der wissenschaftliche Bericht über das Experten-Symposium an der Universität Bremen vom 12. Mai 2005 erschienen, der im Buchhandel unter ISBN 3-537-44041-3 (GEK-Edition Bd. 4) zum Preise von EUR 9,90 bestellt werden kann.
Es finden sich in der Edition die Beiträge von P. Duisberg, A. Böcking, H. Al-Abadi, B. Tribukait, H. Bonkhoff, B. Aeikens, K.H. Bichler, eine Zusammenfassung der Diskussionen und ein Konsensus Statement der Teilnehmer des Symposiums zum DNA-Malignitätsgrading.
Hebel schreibt in seinem Geleitwort: "Und wir haben ehrlich gesagt zu Beginn Zweifel gehabt, ob wir der Darstellung glauben können,die uns gegeben wurde. Den Medizinern, die sich mit bildzytometrischen Verfahren beschäftigten und die uns sagten,sie könnten mit ihren Methoden bessere oder genauere Aussagen zur jeweiligen Bösartigkeit des Prostatakrebses machen, haben wir zunächst nicht geglaubt.Wenn diese Methode einfach zu lernen ist und für die Wahl der Therapieoptionen beim Patienten zusätzliche wertvolle Hinweise gibt, warum wird sie dann nach unseren Recherchen bei den etwa 3.000 niedergelassenen Ureologen wie auch im Krankenhaus vergleichsweise selten angewandt?Aber je länger wir uns Beleg um Beleg aus der internationalen Literatur vorlegen und erklären liessen,desto sicherer sind wir geworden,dass hier ein Schatz zugunsten einer qualitativ besseren Patientenversorgung zu heben ist. Darin haben uns auch die Urologen bestärkt, denen wir das Material vorgelegt haben."
Ich möchte bemerken, dass insbesondere die Forschungsergebnisse von B. Tribukait und H. Al-Abadi, über die ich in früheren Beiträgen berichet habe, in der vorliegenden Edition jetzt auch in deutscher Sprache vorliegen und damit einem größeren Kreis Interessierter zugänglich sind. Die Darstellung in den Beiträgen orientiert sich am gesprochenen Wort, richtet sich zwar an Urologen, ist daher aber auch für medizinische Laien (noch) verständlich. Zu Tribukait möchte ich in Erinnerung rufen, dass seine Forschungsergebnisse die derzeit häufig beobachtete Praxis der unterschiedlosen und bedenkenlosen und z. T. auch alleinigen Verordnung der Hormon-Entzugstherapie bei hoch malignem Prostatakrebs in Frage stellen. Bezgl. Prostatakrebse niedriger Malignitätsgrade schreibt Tribukait, hätten 14 Jahre Beobachtung nicht gereicht nachzuweisen, dass mit Hormonentzug behandelte Patienten gegenüber nicht behandelten einen Überlebensvorteil haben.

Klaus (A) schrieb am 16.10.2007:
im Rahmen meiner Entscheidungsfindung, was ich jetzt in meiner Situation unternehmen werde habe ich mir auch die hier öfters erwähnte Broschüre "PK – Diagnose und Prognose" der Gmünder Ersatzkasse schicken lassen. Der Inhalt der Broschüre stammt überwiegend aus der Feder von Prof. Böcking.
Meine (teils kritischen) Anmerkungen hierzu:
1. Die Ausführungen über die DNA Zytrometrie sind hochinteressant; die Schlussfolgerungen sind nachvollziehbar.
2. Wenn die grundsätzlichen Erkenntnisse über die Konsequenzen dieser DNA Zytrometrie durch Tribukait schon in den 90er Jahren gewonnen wurden, warum werden diese Erkenntnisse weder in den USA noch in Europa bisher in der Diagnostik und Behandlungs-Entscheidung ernsthaft in Betracht gezogen???
3. Offensichtlich ist die DNA Zytrometrie und vor allem die daraus folgenden Behandlungsentscheidungen (noch) nicht medizinischer Standard.
4. Wenn aber Punkt 3 richtig ist, dann ist der hochinteressante Artikel in der GEK-Broschüre vollkommen fehl am Platz! Ein solcher Artikel gehört an anderer geeigneter Stelle veröffentlicht!
Warum sage ich das?
Eine Broschüre einer Krankenkasse, die über die Krankheit PK informiert, sollte nicht durchweg über eine Diagnostik und deren Behandlungs-Konsequenzen berichten, die nicht allgemein anerkannte medizinischer Standard sind.
- Wenn jemand mit der Diagnose PK konfrontiert wird,
- wenn dann dieser die für seinen Fall wichtige Broschüre seiner Krankenkasse anfordert,
- wenn dann dieser die dort beschriebenen DNA Untersuchungen machen lässt,
- wenn dann dieser entsprechend der Broschüre seine Schlussfolgerungen mit seinem Arzt bespricht,
ja dann kommt er in große Schwierigkeiten und Unsicherheiten, denn sein Arzt wird mit großer Wahrscheinlichkeit auf etablierte Standards verweisen, die der Konsequenz widersprechen, dass man auch bei relativ hohem PSA aber bei diploider DNA keine HB machen sollte.
Es ist nicht meine Absicht, die Erkenntnisse über DNA-Zytrometrie in Frage zu stellen.......im Gegenteil, ich bin beeindruckt.
Allerdings sollten die sowieso schon meistens überforderten Patienten in einer Broschüre ihrer Krankenkasse nicht mit einer Diagnostik/Behandlungsmethode konfrontiert werden, die allgemein noch gar nicht anerkannt ist und in den Praxen nicht befolgt wird.
Dazu schrieb Günter Feick am selben Tag:
Von Deiner individuellen Krankheitsgeschichte zum Grundsätzlichen der DNA Zytometrie.
In diesem Forum wird seit 2002 in nicht geringem Maße über die DNA Zytometrie informiert.
Seitdem ist Lesern dieses Forums deutlich:
1. die DNA Zytometrie ist objektiv, reproduzierbar und preiswert.
2. Das Ergebnis ist stark korrelierend mit den Gleason Werten eines PCa
Aber die DNA Zytometrie kann nicht:
1. unterscheiden zwischen einem HGPIN und einem Prostatakarzinom,
2. die Marker P53, Bcl-2, EGF-R1 und EGF-R2 (HER2/neu) und Androgenrezeptor-Amplifikation, etc. bestimmen,
3. Chromogranin A nachweisen – peridiploide Karzinomzellen können auch Chromogranin-A-positiv sein und sind somit nicht als ungefährlich einzustufen,
4. nicht die Tumorlokalisation, die Ausdehnung pro Stanze, eine Nervenscheideninvasion und Lymphspalteneinbrüche erkennen.
Die immer wieder zitierte Prof.-Tribukait-Studie berücksichtigt nicht:
1. Die Bedeutung von adrenalem Testosteron, Androstendion, DHEA und DHEA-S, die in der Prostata zu Dihydrotestosteron synthetisiert werden und bis zu 50 % des gesamten Dihydrotestosteron ausmachen können.
2. Die signifikante Senkung des Chromogranin-A-Serumwertes durch die intermittierende Androgenblockade.
Die Uropathologie hat bis heute bereits weitere Differenzierungen bei der Bestimmung der Histologie und in der Immunhistochemie entwickelt. Diese Information kann die DNA-Zytometrie nicht liefern. Die Biologie des PCa ist komplexer als manche von uns zu glauben scheinen. Die Entwicklung zu einem hormonrefraktären PCa ist nicht abhängig von Hormonmodulation. Das Fortschreiten der Erkrankung in unterschiedlicher Form bei Männern mit scheinbar gleichen Voraussetzungen kann noch nicht erklärt werden, weder bei Männern mit Hormotherapie noch bei Männern ohne Hormontherapie.
P.S.: Noch dieses Zitat aus einer Prof.-Tribukait-Studie:
Der prognostische Wert von Gesamt-PSA im Gewebe aus Feinnadelaspirationsbiopsien wurde verglichen mit dem gesamten (T) und dem freien PSA im Serum , dem Verhältnis von freiem und Gesamt-PSA im Serum, Tumorgrad, zytologischen Stadium und der DNA-Ploidie bei 179 Patienten mit Grad-T2- bis -T4-PCa. Patienten ohne Knochenmetastasen zur Zeit der Diagnose wurden mit Orchiektomie oder GnRH-Analoga oder hohen Dosen parenteralem [unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes verabreichtem – Ed] Estrogen behandelt. Sie wurden 71 Monate bzw. bis zu ihrem Ableben beobachtet. PSA im Gewebe erwies sich als der wichtigste Prognosefaktor für das Überleben. 93% der Patienten mit niedrigem PSA waren progredient [ihre Erkrankung schritt fort – Ed], und 87 % dieser Gruppe verstarben an PCa. Von den Patienten mit mittleren PSA-Werten waren 15 % progredient und 10 % verstarben an PCa. Kein Patient mit hohem T-PSA war progredient. Ähnlich aber weniger deutliche Verbindung zwischen Tumorprogress und PCa-spezifischem Tod bestand bei den Prognosefaktoren klinisches Stadium, zytologischem Grad und DNA-Ploidie. Das T-PSA war der einzige wichtige Prognosefaktor. Das bewahrheitete sich auch für die Untergruppe der Patienten mit Stadium-T2- und -T3-Erkrankungen. Die Studie zeigte, dass Gewebe-PSA anderen routinemäßig genutzten Markern für die Prognose der Lebenserwartung von hormonbehandelten Patienten mit primären PCa überlegen war.
PMID: 10656445 [PubMed - indexed for MEDLINE]

Pünktlich am 1.1.2008 begann eine Diskussion über die DNA-Zyometrie auf einem Niveau, wie man es sich als Forumsbetreiber nut wünschen kann.
Hartmut schrieb:
die im Forum in letzter Zeit häufig angeführten Thesen Tribukaits und Böckings, nach denen die HB ein Anwachsen der malignen Krebszellen fördert und deshalb bei tetraploider Verteilung schädlich sei, hat offensichtlich mittlerweile nicht wenige Forumsmitglieder in ihren Bann gezogen. Ich möchte daran erinnern: Noch im November 2006 hat Prof. Böcking in einem Brief an die SHG Husum geschrieben: „Die Hormontherapie eliminiert … die peridiploiden und peritetraploiden und schafft Platz für die x-ploiden und multiploiden Tumorzellen.“ Ohne dass neue Erkenntnisse vorlägen, hat die Diskussion eine Verschiebung ihrer Argumente vorgenommen: die „Bösen“ sind nunmehr schon die tetraploiden Zellen. Die Hormontherapie sieht sich einem Frontalangriff ausgesetzt. Bei K. H. Bichler, einem der Autoren in der GEK-Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse, Band 41, wird mit der Beschreibung eines Fallbeispiels zu obiger These ein schaurig-abschreckendes Szenario zur Wirkung der Hormontherapie präsentiert: „Der anfänglich weitgehend diploide Tumor mit einigen aneuploiden Zellen ändert im Verlauf weniger Wochen, bis zu drei Monaten über hypotetraploid zu multipel aneuploid und damit zu einer schlechten Prognose.“ (S. 177) Erfreulicherweise wurden bei dem Beispiel die PSA-Werte und Prüfzeitpunkte für die DNA mitgegeben. Beim Beispiel-Patienten war nach einem PSA-Anstieg von 1,0 auf 5,5 binnen eines Monats, d. h. einer VZ [(PSA-) Verdoppelungszeit – Ed] von 12,6 Tagen (!) eine Hormontherapie begonnen worden, und man hatte ihm bei der Ausgangs-DNA eine diploide Verteilung bestätigt gehabt. Man möge sich die Schaubilder auf S. 178 des erwähnten Aufsatzes kritisch anschauen: Ist dies nicht gleichermaßen ein Beispiel für die Unzulänglichkeit der DNA-Bildzytometrie? Hochaggressiven Zellen waren schon vor der Therapie vorhanden und werden nicht dargestellt!? Hinterher pickt man dann in den Haufen der übriggebliebenen resistenten Zellkolonien und präsentiert die verschlechterte Malignität als Ergebnis der HB. Ein an sich banaler, keineswegs mit neuen Erkenntnissen behafteter Vorgang der Herausbildung eines Therapieergebnisses, nämlich der Selektion therapieresistenter Zellen, wird dämonisiert und gegen die Therapie gerichtet, der Blindheit gegenüber solchen Vorgängen unterstellt wird. Ein weiteres von Bichler aufgezeigtes gegenteiliges Fallbeispiel , ebenfalls mit Ausgangs-DNA diploid verblieb nach mehrjähriger HB trotz zwischenzeitiger tetraploider Verteilung bei diploid (Schaubilder S. 179). Fast kleinlaut mutet die Erläuterung hierzu an: „Die Diskrepanz zu den Thesen von Tribukait könnte sich darin begründen, dass es sich hier nur um wenige peritetraploide Zellen gehandelt hat, unter denen möglicherweise noch keine hormoninsensitiven waren.“ Meine anfängliche Begeisterung für die DNA-Zytometrie ist jedenfalls nach näherem Studium einer kritischen Distanz gewichen. Die DNA-Histogramme suggerieren dem Patienten eine objektive Darstellung des authentischen Krebses, fernab seiner tatsächlichen Größe und seiner Metastasierungspotentials, und dies in unerschütterlichem Vertrauen, dass bei der Biopsierung der höchste Gleason auch erwischt wurde. Des weiteren verbleibt die Darstellung der Struktur in einer wenig aufschlussreichen Abstraktheit, denn hinter den chromosomalen Entartungen, ja selbst den diploiden, können sich unterschiedlichste Pathologien verbergen. Da scheint mir kein entscheidender Vorteil gegenüber den bisherigen Pathologieprüfungen und Markern gegeben zu sein.
Ich halte mehr von der DNA-Analyse als vielleicht das Geschriebene vermuten lässt. Für mich ist es auch durchaus begründbar, dass im Kampf um Ressourcen aggressivere Krebszellen bei Eliminierung hormonsensitiver Zellen einen Entwicklungsvorteil erhalten können. Ich halte jedoch die therapeutischen Konsequenzen daraus für einseitig und dogmatisch verkürzt. Zweifellos ist es ein Verdienst zu erkennen, wenn im Frühstadium evtl. noch WW [Watchful Waiting – Ed] angesagt ist. Der frühe radikale Eingriff ist tatsächlich nicht immer angezeigt. Die dogmatische Logik der Zytometriker führt jedoch früher oder später unweigerlich zu „Stahl“ oder „Strahl“ und damit in das traditionelle Therapieraster. Bei diploider Struktur wird WW empfohlen, d. h. abwarten bis die Entwicklung zur Tetraploidie geht? Bei Tetraploidie dann aber bloß keine ADT, denn man schafft ja so Platz für die „Bösen“. Die medikamentöse Behandlung sieht sich dann wieder in ihre alte „Ausputzerrolle“ gedrängt, wenn die Heilsversprechen der Chirurgie und Radiologie sich als Irrtum herausstellen.
Nein, eine seriöse Anwendung von Hormontherapien weiß um deren Grenzen, weiß, dass bei höherer Malignität zusätzliche adäquate Therapien erforderlich sind und weiß auch einzuschätzen, in welchen Fällen und zu welchem Zeitpunkt dies erforderlich werden könnte. Zur HB gehört auf der Rückhand das chemotherapeutische und radiologische Arsenal. Noch immer gilt, dass der PK sehr früh eine systemische Krankheit ist, früher als die die bildgebenden Gerätschaften nachweisen können, deren Ergebnisse allzu schnell in unkritischer Sichtweise zur Diagnose „Organbegrenzung“ herangezogen werden. Auch dies scheint in Vergessenheit geraten zu sein bei denjenigen, die vormals die DHB als Heilstherapie missverstanden hatten, heute enttäuscht sind, dass bei ihnen adjuvante Strategien angedacht werden mussten und jetzt dabei sind, das Kind mit dem Bade ausschütten. Die DHB hat weiterhin ihre Berechtigung!
knut.krueger schrieb einen Tag später:
Mit Deinem Beitrag starten wir in guter Forumstradition ins Neue Jahr, nämlich wieder mit einer Verbalattacke, und zwar zum ersten Mal gegen DNA und Zytometrie (zwei bewährte, etablierte wissenschaftliche Verfahren), wie dies bisher nur zwischen den Lagern DHB und Tektomie üblich war.
Ich möchte nun versuchen, die Diskussion wieder zu versachlichen und gleichzeitig versuchen, meine Überlegungen/Erkenntnisse besser heraus zu arbeiten.
Beginnen möchte ich mit dem Diagramm von Reinardo:



Die DNA-Diagramme suggerieren nun wirklich keine heile Welt, und bei diesem Ergebnis finde ich es verständlich, dass sich Reinardo nun kritisch mit der Hormontherapie auseinandersetzt, und er hat inzwischen selber seinen Standpunkt zur Thematik im Beitrag vorher dargelegt. Für mich ist dies ein hervorragendes Beispiel für ein Therapiemonitoring mittels DNA und FNAB mit dem Ergebnis, dass bei Reinardo mit hoher Wahrscheinlichkeit WW ausreichend bzw. die bessere Entscheidung gewesen wäre. Aber er hat mit seiner Aussage, dass die DHB für Ihn seine Sternstunde war trotzdem Recht, weil zum damaligen Zeitpunkt dies Wissen um DNA und FNAB nicht öffentlich bekannt war. Er hat für sich alles richtig gemacht und hat noch seine Prostata und wird wohl voraussichtlich mit dem eingeschlagenen alternativen Weg und dem vorgesehenen FNAB und DNA Monitoring zu Recht kommen.
Die wissenschaftlichen Untersuchungen von Prof. Tribukait haben ergeben, dass
- bei 14 Jahre Beobachtungszeit bei diploider Verteilung zwischen Hormonbehandlung und WW kein Unterschied in der Überlebenszeit festgestellt wurde,
- aber ab tetraploider Verteilung eine Hormonblockade gegenüber WW zur Lebensverkürzung führt.
Aus dieser Untersuchung hat dann Prof. Böcking die so umstrittene Aussage „Die Guten machen Platz für die Bösen“ abgeleitet.
Zu unserer FNAB-Gruppe gehört auch Schorschel. Schorschel hat GS7 aber mit einer sehr guten diploiden Verteilung. Schorschel macht schon einige Jahre WW mit zusätzlicher Stimulierung des Immunsystems sowie Ernährungsumstellung und hat bisher den PSA-Wert als Kontrolle verwendet, den er über diesen Zeitraum konstant halten bzw. sogar leicht absenken konnte. Sein DNA-Ergebnis kennen wir im März, und ich erwarte, dass fast keine Progression stattgefunden hat.
Damit hätten wir dann das Beispiel, dass bei diploider Verteilung auch bei höherem GS aktives WW durchaus Sinn macht und nicht automatisch bei Stahl oder Strahl enden muss.
Dies, lieber Hartmut, sind für mich die Fakten und mir erschließt sich aus Deinen Ausführungen, worin der Vorteil der DHB als Ersttherapie gemäß Leibowitz als Ersatz für kurative Therapien liegt bzw. woraus Du diesen ableitest.
Nachstehend möchte ich nun noch meine persönliche Meinung, um Missverständnisse über den von mir gesehenen Einsatz der FNAB auszuschließen, über Screening und Diagnosefindung darlegen:
1. Jährliche PSA- mit fPSA-Messung.
2. Sollte die Entwicklung der Werte den Verdacht auf PK ergeben, dann ein PET-Cholin-CT durchführen.
3. Wird der Verdacht durch diese Untersuchung bestätigt, dann eine PET-Cholin-CT geführte Biopsie durchführen.
4. Ergibt die Biopsie PK mit ermitteltem GS, dann zusätzlich die DNA bestimmen lassen.
5. Dann Therapieentscheidung und abhängig von dieser gegebenenfalls FNAB und DNA als Monitoring.
Meine Überzeugung ist, dass GS und DNA zusammen erst eine optimale Therapieentscheidung in vielen Fällen ermöglichen, und ich vermute, dass die DNA-Kenntnis auch den Einsatz der Hormontherapie optimieren kann.
Hartmut antwortete am 4.1.2008:
ich hatte in meinem Beitrag bewusst eine polemische Form gewählt, weil diese doch die Möglichkeit gibt, pointiert eine Position herauszustellen. Leider hast Du Dich mit Deiner Antwort weitestgehend um eine Replik zu meinen kritischen Argumenten gedrückt und stattdessen Deine bereits bekannte Sichtweise erneut dargestellt. Gerne will ich jedoch Stellung zu Deinen Ausführungen beziehen.
  1. Du hast Reinardos Verlauf als beeindruckendes Musterbeispiel für ein Therapiemonitoring vorgestellt. Unerschütterlich gehst Du offensichtlich davon aus, daß hier der Tumor in seiner pathologischen Struktur adäquat abgebildet wird. Es gibt gute Gründe, diese Darstellungen immer mit Vorbehalt zu beurteilen. Eine Biopsie und die resultierende pathologische Beurteilung, ob mit der Stanze oder Feinnadel, ist maximal nur so gut wie das Zellmaterial, das ich für meine Probe ziehen konnte. Wenn ich die relevanten GG 4- [GG = Gleason-Grad – Ed] oder auch tretraploiden Anteile nicht erwische, weil meine Nadel 1 mm daran vorbei zielte, wird eben aus einem tetraploiden Tumor oder auch GG 4 ein diploider oder GG 3 (eine enge Korrelation von GG und Plodie sei hier unterstellt). Die empfohlene WW läge ebenso daneben wie wahrscheinlich die Annahme, dass eine HB längere Jahre ohne PSA-Anstieg bleiben könnte. Ich neige eher zu Zweifeln, dass Reinardos Ausgangstumor mit seinem damaligen Biopsieergebnis adäquat erfasst wurde. Ich hatte mir überlegt gehabt, ob ich meine Biopsien zur Zweituntersuchung zum Bodensee oder nach Düsseldorf schicken sollte. Ich hatte PSA 49, alle sechs Stanzen befallen, und die Erstuntersuchung ergab GS 3+4 und T2c. Das PET/CT zeigte in der linken Prostatahälfte dorso-apikal deutliche Mehranreicherungen, was auch die Einzelstanzen bestätigte. Ich durfte also annehmen, dass der GS 3+4 nicht so daneben lag und schickte neugierig meine Biospie zu Prof. Böcking, da ich es für einen Vorteil hielt zu wissen, ob sich auch x-ploide Zellen finden lassen und wie die quantitative Verteilung generell aussieht. Zurück kamen zu meiner Verwunderung zwei Histogramme: die linke Hälfte tetraploid, die rechte Hälfte diploid. Ich hatte eine Vermutung und machte mir die Mühe, beide Diagramme auszuzählen, aufzuaddieren und ein summarisches Diagramm zu erstellen. Und siehe da, das Ergebnis scheint mir eine diploide Verteilung zu sein. Dies wirft natürlich die Frage auf, ob eine Segmentierung einzelner Tumorareale und deren getrennte Qualifizierung zulässig ist, gerade auch im Hinblick auf Therapieempfehlungen. Oder kritisch formuliert: Mit Segmentierung kann ich u. U. auch manipulieren, um vorgefasste Therapieempfehlungen oder Therapieablehnungen zu stützen. PSA 49 und WW, das würde nicht zusammenpassen. WW hatte ich nach meiner Rechnung ca. drei bis vier Jahre gemacht, wenn auch unfreiwillig und unbemerkt, und hatte den PSA auf 49 steigen und zeitgleich die Malignität zum Hochrisikobereich hin wachsen lassen. Man höre und staune: Mich haben die Ergebnisse aus Düsseldorf darin bestärkt, mit einer DHB oder HB3 zu beginnen und meine Hoffnung genährt, doch vielleicht mehrere Jahre ohne harte Zusatztherapie auszukommen. Ich habe auch geplant, nach Ende der HB in Freiburg eine FNAB machen zu lassen und nach Düsseldorf zu schicken, ganz im Sinne eines zwar nicht vorbehaltfreien aber auch nicht untauglich Instruments der Verlaufskontrolle. Die Therapiesteuerung jedoch orientiert sich an der Entwicklung der Primärmarker PSA, T, CGA, NSE, CEA, AP u. a. Wie es aussieht, erlaubt die DNA-Zytometrie auch eine Eingrenzung der Personengruppe, für die WW angesagt ist. Eine diploide Verteilung korreliert mit langen Verdopplungszeiten und eröffnet die Möglichkeit langer Jahre ohne Therapie. Wer wollte das bestreiten, aber WW haben auch schon kluge Patienten gemacht, ohne Befunde von DNA-zytometrischen Prüfungen zu haben. Und solange WW greift, bedarf es tatsächlich auch keiner Hormonblockade. Aus meiner Sicht ist es aber sicherer und unverzichtbar, bei WW auf die Verdopplungszeiten und die PSA-Entwicklung zu achten, als einem bescheinigten diploiden Verteilungsstatus zu vertrauen. Einem glücklichen WW-ler hinterher die Diploidie zu bescheinigen, dürfte kein Problem sein. Wie Du siehst, Knut, ich bin nicht generell gegen die DNA-Zytometrie. Ich bin nur dagegen, dieses Diagnoseinstrument zum Goldstandard zu erheben und dessen Ergebnisse als Kampfargument gegen die HB zu missbrauchen.
  2. Bei von Dir gerne angeführten Thesen von Prof. Tribukait möchte ich mich nicht lange aufhalten. In den Anfängen der Hormontherapie, den 80ern und frühen 90er-Jahren, hatte man die Patienten bedenkenlos auf lebenslangen Hormonentzug gesetzt. Es gab weder eine intermittierende HB noch war die effektivere HB3 bekannt. Dass dabei Ergebnisse herauskommen, wie Tribukait sie anführt, wundert mich nicht. Das ist mir ehrlich gesagt zu plump. Dass die mittlerweile als Schreckgespenst herumgeisternde These „Die Guten schaffen Platz für die Bösen“ auch für mich plausibel ist, habe ich bereits erwähnt, und es ist ein der biologischen Natur nicht fremder Vorgang, wo es immer um Ressourcenkämpfe geht. Ich denke, Leibowitz geht mit dem konform, wenn er schreibt: „Ich habe früher schon versucht, das Phänomen vereinfachend zu erläutern, dass, wenn ein Mann eine Hormonblockade beendet, das wiederkehrende Testosteron bevorzugt die hormon-sensitiven Zellen dazu anregt, auf Kosten der hormonresistenten Zellen wieder zu wachsen. Die wieder wachsenden "guten Zellen" unterdrücken die aggressiveren Zellen, und dies erlaubt einem Mann, über längere Zeiträume ohne Hormonblockade auszukommen.“ Wie bekannt resultieren u. a. daraus Erwägungen, evtl. nach Ende der Hormonblockade den T-Anstieg medikamentös zu forcieren. Reinardo versucht Leibowitz und die DNA-Zytometrie zu versöhnen, indem er letzterer unterstellt, sie würde die Praxis von Leibowitz, Erfolge wie Misserfolge, erklären.

Nun gut. Unübersehbar ist jedoch – und dies ist der nicht zu verleugnende fundamentale Gegensatz –, dass die Zytopathologen Leibowitz angreifen, weil er auch WW-Kandidaten einer HB unterzieht und auch nur hier Erfolg habe, und dass er ferner Personengruppen mit Androgenentzug behandelt, die vorhersehbar hinterher eine höhere Malignität hätten als vor der Therapie. In der Konsequenz wird deshalb der HB der Anspruch aberkannt, als Primärtherapie eingesetzt zu werden. Bei Reinardo im Nachhinein zu mutmaßen, bei ihm sei WW „wahrscheinlich“ besser gewesen als die DHB finde ich sehr gewagt. Sein Histogramm von 2001 ähnelt ziemlich dem meinigen. Es hätte nicht lange gedauert und sein PSA hätte ihm signalisiert: “Junge, jetzt musst du was tun!“ Welche „kurative Therapie“ hätte man ihm denn empfohlen? Hätte er das auch wollen? Was würdet ihr denn mir empfehlen?
  1. Man will von mir Argumente hören für eine DHB als Primärtherapie bei Kapselbeschränkung statt einer kurativen. In meinem näheren persönlichen Umfeld kenne ich drei Personen, die an PK erkrankt waren. Allesamt hatten sie nach meinem Kenntnisstand günstigere Werte als ich, v. a. was den PSA-Wert anbetrifft. Mein Halbbruder, Jg 1942, unterzog sich 1999 bei Prof. Huland in Hamburg-Eppendorf einer PEB, zumindest die Kontinenz betreffend schonend. Ausgangs-PSA 7,6 und Gleason mit 4. Er galt als geheilt. Vier Jahre später dann ein PSA-Anstieg. Vermutung: Rezidiv, und Blind-Bestrahlung der Loge, jedoch ohne Erfolg. Nach zwei Jahren dann Depotspritze (HB1) und nach Absetzen erneuter Anstieg, aktuell noch unter 1,0 ng/ml, aber steigend. Ein Freund von mir, Jg 1945, hatte im März 2007 mit PSA 8,0 ng/ml eine laparoskopisch durchgeführte PE bei Prof. Rassweiler in Heilbronn, ebenfalls eine namhafte Fachkapazität wie Huland . Er hat seine Kontinenz bis heute nicht erlangt und mit trauriger Stimme sagte er zu mir: “Weihnachten wird es bei mir nie mehr geben.“ Er schluckt heute Flutamid und kriegt die Eligard-Spritze, weil der einzige entnommene Lymphknoten befallen war. Der dritte Bekannte wurde 2001 mit ein Jahr langem Ärger bis zur Heilung der OP-Wunden über den Damm operiert, hat aber Gott sei Dank bis heute seine Ruhe. Warum schreibe ich dies? Die sog. kurativen Therapien sind nach wie vor zu hohem Anteil mit irreversiblen Nebenwirkungen verbunden, und das Risiko soll man zudem eingehen in der Gewissheit, dass bei hohem Prozentsatz die Krankheit wiederkehrt, manchmal erst nach zehn Jahren. Warum soll ich mich diesem Risiko aussetzen? Knut, Du setzt Dich vehement dafür ein, die PET/CT für die Diagnose zu nutzen. Das finde ich richtig. Falsch finde ich jedoch Deinen Rückschluss, bei erkennbaren Anreicherungen nur in der Prostata von einer Kapselbegrenzung auszugehen. Metastasen bilden sich viel früher als allgemein angenommen. Das PET/CT kann Tumoranhäufungen unter Erbsengröße nicht erkennen, und angesichts der hohen Krankheitsrückfallquoten finde ich Lokaltherapien ohne adjuvante systemische Behandlung generell sehr bedenklich. Es mag Ausnahmen geben. Knut und Horst, was macht euch eigentlich so sicher, dass Eure begonnene DHB nicht gut war und systemische Bereinigungen erzielt hat? Warum hat denn die Strahlentherapie mit HB bessere Ergebnisse als nur die Lokaltherapie? Ich mache um die risikobehafteten Lokaltherapien einen Bogen, solange es geht. Ich hoffe, dass ich nach acht Jahren von mir wie von Reinardos Lebensqualität berichten kann. Ob dies gelingt, kann ich nicht wissen. Wenn dies gelingt, hatte ich schon mal diese acht Jahre eine bessere Lebensqualität aus Tausende von Männern, beschädigt von der Lokaltherapie und einem zweiten Schock ausgesetzt, nachdem die Heilsversprechen sich als Irrtum erwiesen und der Krebs wiederkam. Dies ist meine Position und meine Begründung für meine DHB. Andere favorisieren eben eine Lokaltherapie, und es ist ihre Entscheidung, dass sie Risiken eingehen möchten.
  2. Zum Schluss möchte ich eine Sache ansprechen, die ich nur ungern vortrage und bei der ich hoffe, dass ich nicht zu weit gehe. Ich schätze an den Beiträgen im Forum das hohe fachliche Niveau, das sich bei Leuten wie Dir, Knut, vor allem auch bei SHG-Leitern findet. Ich schätze aber auch die auffällige Zurückhaltung, wenn es um Therapieempfehlungen geht. Mir ist nicht bekannt, ob dieses irgendwo normativ festgelegt wurde. Es ist okay, sich für die Nutzung einer Diagnosemöglichkeit stark zu machen, es ist aber aus meiner Sicht nicht okay, sich lautstark für oder gegen eine Therapie einzusetzen und dabei diese seine Wahrheit Ratsuchenden gleich als Empfehlung mitzugeben. In der theoretischen Diskussion dürfen hier ruhig die Fetzen fliegen. Keiner hat die Wahrheit gepachtet. Der Krebs ist heterogen und voller Überraschungen und jede Person reagiert auf Therapien individuell verschieden. Jeder soll seinen Therapieweg finden und ihm soll dabei geholfen werden. Für mein Empfinden in völlig überzogener Weise führst Du einen Feldzug gegen die Hormontherapie als sei Sie Teufelswerkzeug. Und dies ausgerechnet gegen eine Therapie, die wahrlich eine schonende Variante ist verglichen mit den Schäden, die die Chirurgie und Radiologie anrichten können.

Dazu schrieb der genannte Reinardo am selben Tag:
Ich nehme an, dass Knut Dir auf Deine beeindruckende Replik noch etwas schreiben wird, will mich deshalb beschränken auf einige Punkte, wo Du Dich auf mich beziehst.
Bei der Feinnadel-Aspirationsbiopsie hat mich überrascht, dass eigentlich verhältnismässig wenige Zellen abgesaugt werden, und zwar nach dem Zufälligkeitsprinzip, und aus diesen Zellen dann das DNA-Histogramm erstellt wird. Wie bei der Stanzbiopsie besteht hier in der Tat die Gefahr, dass besonders maligne Zellen nicht erfasst werden. Das räumt Prof. Böcking in seinem Buch "Mit Zellen statt Skalpellen" auch ein, wenn er die Treffsicherheit der FNAB mit 86 % Sensitivität und 96,6 % Spezifität angibt gegenüber 89,3 % bzw. 98,7 % bei der Stanzbiopsie. Den sampling error [Abtastfehler – Ed] haben also beide Arten der Biopsie gemeinsam. Der große Vorteil der FNAB ist die signifikant geringere Komplikationsrate von 0,9 % gegenüber 19,8 % bei der Stanzbiopsie und daher ihre Eignung, in sinnvollen Zeitabständen Rebiopsien zur Kontrolle der Malignitätsentwicklung vorzunehmen. Dass es hier auch Ausreißer und gelegentlich Fehlinterpretationen gibt, muss ebenso hingenommen werden wie bei anderen Verfahren. Mir wurde vor Jahren in der Universitätsklinik Bonn einmal nach einer Röntgenaufnahme gesagt, ich hätte keinen Nierenstein. Tage später wurde in der Praxis des Urologen erneut geröntgt und der Nierenstein war unübersehbar.
Wegen unterschiedlicher Messverfahren sollte man DNA-Analysen daher immer im gleichen Institut vornehmen lassen, die FNABs vom gleichen Urologen unter Ultraschall und in gleichen Zeitabständen. Dann lässt sich auch ein Trend erkennen.
Es ist m. E. auch nicht richtig, die Befunde allzu starr zu interpretieren, also z. B. zu sagen: peridiploid = WW, Hormontherapie unnötig oder gar schädlich. Die Richtigkeit der Therapie hängt noch von anderen Umständen ab als nur vom Ergebnis der DNA-Analyse, unter anderem von der Entwicklung des PSA-Wertes. Man kann sich doch nicht abwartend verhalten, wenn trotz peridiploidem Befund der PSA-Wert steigt und steigt. Aber wenn er nicht steigt oder nur im Schneckentempo ansteigt, dann gibt der Befund DNA = peridiploid die Sicherheit einer guten Prognose und dass man mit abwartendem Verhalten richtig liegt und Übertherapie mit gutem Gewissen vermeiden kann. Dass auch Tribukait die Prognose nicht abhängig macht allein von der Ploidie, ist seinem Beitrag im Symposium der Bremer Universität zu entnehmen, worin er ebenso die S-Phase-Fraktion und den Tumorgrad für die Prognose einbezieht.
Nichts ist so sehr und wird immer wieder in Zweifel gezogen wie die Aussage Tribukaits, dass agressive Krebszellen einen Wachstumsvorteil erfahren, wenn man die hormonsensitiven Zellen durch Hormontherapie eliminiert. Dass es sich hiebei um ältere Untersuchungen handelt, ist ein schwaches Argument. Jedenfalls wird das Wachstum agressiver Zellen gebremst, solange bzw. wenn sie sich wieder im Verbund mit hormonsensitiven Zellen befinden, was durch Dein (mir nicht bekannt gewesenes) Zitat von Leibowitz bestätigt wird. Dass es jedenfalls falsch ist, Patienten im fortgeschrittenen Stadium so lange die Hormonspritze zu geben, bis sich nichts mehr rührt, damit haben die Zytopathologen doch wohl recht. Da passiert mit dem Krebs so etwa dasselbe, wie wenn man einen Verschnitt so lange purifiziert, bis man die reine Substanz erhält, und das ist dann die tödliche Malignität.
Die Kritik der Zytopathologen an Leibowitz, wie sie insbesondere in einem Brief Professor Böckings an Ludwig zum Ausdruck kommt, teile ich nicht, weil ich meine, dass Leibowitz der am wenigsten geeignete Adressat hierfür ist, weil er die DHB zwar in allen Erkrankungssituationen anwendet, aber sehr wohl darauf achtet, was dann passiert, d. h. den Hormonentzug rechtzeitig unterbricht oder ihn mit antiangiogenen Mitteln oder einer frühzeitigen Chemotherapie kombiniert, welche auch gegen hormonresistente Zellen wirkt. Leibowitz therapiert Welten entfernt von dem, was unsere Urologischen Behandlungsrichtlinien zulassen.
Und ich teile auch ebenso wie Du die Auffassung, dass man "sanfteren" Therapien wenn möglich den Vorzug geben sollte. Wenn ich mir einmal überlege, welches Missvergnügen und Einbusse an Lebensqualität bereits ein Mückenstich verursacht, dann möchte ich mich schon gar nicht den Nebenwirkungen der REP oder Blasen- und Darmproblemen als Spätfolgen der Bestrahlung aussetzen, ganz abgesehen von dem Risiko, durch radikale Maßnahmen auch nicht geheilt zu sein.
Es gibt sicherlich Arten von Krebs, bei denen eine chirurgische oder strahlentechnische Maßnahme die einzige Möglichkeit ist, zu überleben. Beim Prostatakarzinom stehen uns jedoch Medikamente zur Verfügung und haben innovative Onkologen wie Leibowitz Möglichkeiten der Therapie entwickelt, mit denen wir auch ohne Chirurgie und Strahlentechnik gut und lange leben können. Und das sollten wir anerkennen und nutzen.
Und knut.krueger, ebenfalls am selben Tag:
Da Du meinst, dass ich mich vor Deinen Argumenten bzw. vermeintlich gewonnenen Erkenntnissen – dargelegt in Deinem vorherigen Beitrag – um eine Stellungnahme herumdrücken möchte, gebe ich Dir nun nachstehend meine Meinung zu Deinen Ausführungen:
  1. Ohne dass neue Erkenntnisse vorlägen, hat die Diskussion eine Verschiebung ihrer Argumente vorgenommen: die „Bösen“ sind nunmehr schon die tetraploiden Zellen. Die Hormontherapie sieht sich einem Frontalangriff ausgesetzt.
    Ich kann mich nicht erinnern, dies gelesen zu haben. Wenn ich gemeint sein sollte, so hast Du dies dann mit meiner Aussage verwechselt, dass die Untersuchung von Prof. Tribukait ergeben hat, dass es ab tetraploider Verteilung zur Lebensverkürzung im Vergleich zu WW kommt. Diese Untersuchung ist aber schon seit längerem bekannt.
  2. Bei K. H. Bichler, einem der Autoren in der GEK-Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse, Band 41, wird mit der Beschreibung eines Fallbeispiels zu obiger These ein schaurig-abschreckendes Szenario zur Wirkung der Hormontherapie präsentiert: „Der anfänglich weitgehend diploide Tumor mit einigen aneuploiden Zellen ändert im Verlauf weniger Wochen, bis zu drei Monaten über hypotetraploid zu multipel aneuploid und damit zu einer schlechten Prognose.“ (S. 177) Erfreulicherweise wurden bei dem Beispiel die PSA-Werte und Prüfzeitpunkte für die DNA mitgegeben. Beim Beispiel-Patienten war nach einem PSA-Anstieg von 1,0 auf 5,5 binnen eines Monats, d.h. einer VZ von 12,6 Tagen (!) eine Hormontherapie begonnen worden und man hatte ihm bei der Ausgangs-DNA eine diploide Verteilung bestätigt gehabt. Man möge sich die Schaubilder auf S. 178 des erwähnten Aufsatzes kritisch anschauen: Ist dies nicht gleichermaßen ein Beispiel für die Unzulänglichkeit der DNA-Bildzytometrie? Hochaggressiven Zellen waren schon vor der Therapie vorhanden und werden nicht dargestellt!? Hinterher pickt man dann in den Haufen der übriggebliebenen resistenten Zellkolonien und präsentiert die verschlechterte Malignität als Ergebnis der HB. Ein an sich banaler, keineswegs mit neuen Erkenntnissen behafteter Vorgang der Herausbildung eines Therapieergebnisses, nämlich der Selektion therapieresistenter Zellen, wird dämonisiert und gegen die Therapie gerichtet, der Blindheit gegenüber solchen Vorgängen unterstellt wird. Ein weiteres von Bichler aufgezeigtes gegenteiliges Fallbeispiel , ebenfalls mit Ausgangs-DNA diploid verblieb nach mehrjähriger HB trotz zwischenzeitiger tetraploider Verteilung bei diploid (Schaubilder S. 179). Fast kleinlaut mutet die Erläuterung hierzu an: „Die Diskrepanz zu den Thesen von Tribukait könnte sich darin begründen, dass es sich hier nur um wenige peritetraploide Zellen gehandelt hat, unter denen möglicherweise noch keine hormoninsensitiven waren.“
    Mir ist nicht ganz klar geworden, lieber Hartmut, ob dies von Dir eine absurde Interpretation ist oder eine bewusste Konstruktion quasi ein Rundumschlag gegen DNA und Zytometrie sein soll, da Dir gewisse Schlussfolgerungen/Erkenntnisse über die DHB nicht passen, denn Bichler ist in keiner Weise gegen die Hormontherapie und zitiert nur Tribukait mit „Tribukait zieht daraus den Schluss, dass eine Hormontherapie nur bei rein diploiden PCas sinnvoll ist“. Er bringt zwei Fallbeispiele und liefert im Anschluss auch gleich die Erklärung für die Schwierigkeit einer guten Diagnose beim Pca nämlich die außergewöhnliche Heterogenität desselben.
    Ich habe deshalb den Originaltext mit Diagrammen nachfolgend eingestellt, damit jeder dies einfach mit Deiner obigen Interpretation vergleichen kann. Anmerken möchte ich noch, dass sich dieser GEK-Band 41 durch eine sachliche, informative Darstellung auszeichnet zumindest für den Teil, den ich jetzt zur Beantwortung gelesen habe.

Kopie aus GEK-Band 41:
Tribukait zieht daraus den Schluss, dass eine Hormontherapie nur bei rein diploiden PCas sinnvoll ist. Hierzu als Kasuistik ein im Verlauf heterogen aneuploides PCa (Stadium 3) unter Hormontherapie bei einem 63 Jahre alten Patienten (Abb. 16). Das obere Bild zeigt den Zeitpunkt der Biopsien mit DNA-Analysen sowie den Verlauf der PSA-Bestimmung. Der anfänglich weitgehend diploide Tumor mit einigen aneuploiden Zellen ändert im Verlauf weniger Wochen, bis zu drei Monaten über hypotetraploid zu multipel a-neuploid und damit zu einer schlechten Prognose.



In einer anderen Kauistik war bei einem 66 Jahre alten Mann mit einem T2 Prosta-takarzinom Jahre vor unserer Behandlung eine Brachytherapie durchgeführt wor-den (Abb. 17). Die Ausgangs-DNA (1) ergab einen periploiden Status, der sich über 5 Jahre erhielt. Im weiteren Verlauf kam es zu einer peridiploiden Verteilung mit erhöhter Proliferationsfraktion, die auch im dritten Histogramm auftritt, so dass sich hier eine beginnende tetraploide Stammlinie abzeichnet. Im Histogramm 4 bestätigt sich dann diese Interpretation. Die Diskrepanz zu den Thesen von Tribukait könnte sich darin begründen, dass es sich hier nur um wenige peritetraploide Zellen gehandelt hat, unter denen mögli-cherweise noch keine hormoninsensitiven waren.




Wie auch bei anderen diagnostischen Methoden, die bioptisches Material zur Grundlage haben, ist für die Aussagefähigkeit der DNA-Zytometrie die Heterogenität des PCa zu bedenken. Das PCa besitzt eine ausgeprägte Heterogenität im Vergleich zu anderen Malignomen, erkennbar an der Expression von Molekularen Markern [9, 15]. Hier kommt der Gewebsentnahme eine besondere Bedeutung zu (Abb. 5). So kann die Erfassung der Heterogenität durch die Zunahme der Zahl von TRUS-gesteuerten Biopsien verbessert werden.
Mit Rücksicht auf diese Gegebenheit wird heute eine größere Zahl von Stanzen preferiert (10, 12, 15 evtl. 18! oder eine Wiederholung der Sextantenbiopsie) [11]. Wiederholung der Biopsie ergibt in 10 bis 20% Treffer während eine dritte oder vierte nur noch ca. 5% aufweist.
Wir haben zum Problem der Heterogenität bei 19 lokal begrenzten Prostatakarzinomen nach totaler Prostatektomie den jeweiligen Tumor zytologisch untersucht bzw. eine DNA-Zytometrie durchgeführt [17]:
Dann geht es bei Dir weiter mit:
3. Die dogmatische Logik der Zytometriker führt jedoch früher oder später unweigerlich zu „Stahl“ oder „Strahl“ und damit in das traditionelle Therapieraster. Bei diploider Struktur wird WW empfohlen, d.h. abwarten bis die Entwicklung zur Tetraploidie geht? Bei Tetraploidie dann aber bloß keine ADT, denn man schafft ja so Platz für die „Bösen“. Die medikamentöse Behandlung sieht sich dann wieder in ihre alte „Ausputzerrolle“ gedrängt, wenn die Heilsversprechen der Chirurgie und Radiologie sich als Irrtum herausstellen.
Woraus Du dies ableitest, erschließt sich mir nicht. Dies ist wohl eine Behauptung, eine eigene Meinung von Dir. Ich habe auch im GEK-Band 41 etwas gestöbert und bin dort auf folgende Ausführungen gestoßen:
Die moderne Diagnostik birgt aber die Gefahr der „Überbehandlung“ (over-treatment). So verleiten die größere Zahl an im Frühstadium erfassten PCas und die deutlich verbesserten Behandlungsmöglichkeiten dazu häufiger die radikalchirurgi-schen bzw. curativ radiologische Methoden anzuwenden.
Die unkritische Applikation der curativen Behandlungsverfahren, insbesondere bei älteren Patienten mit eingeschränkter Lebenserwartung kann zur „Überbehandlung“ führen. So macht das gleiche Tumorstadium abhängig vom Lebensalter und gesund-heitlicher Belastung (speziell cardiovaskulär) unterschiedliche Therapiekonzepte erforderlich (siehe Kasuistik Abb. 14).
Die Adäquanz des Behandlungsverfahrens ist in der modernen Behandlung des PCa eine dringende Forderung.
Die zunehmend frühzeitige Entdeckung von lokal begrenzten kleinen Karzinomen der Prostata hat zu einer sich entwickelnden Diskussion über die Indikation radikaler Therapie, insbesondere bei „low-risk“ Tumoren geführt [4, 10]. Kriterien zur Erfassung der malignen Potenz des Karzinoms erhalten daher Bedeutung.
Es ist zu bedenken, dass der Erfolg der Behandlung nicht nur von den deutlich verbesserten Methoden der Diagnostik (Stadium, Grading) und Therapie beeinflusst wird, sondern auch von den spezifischen Eigenschaften des PCas. Daraus ist zu folgern, dass wir nach Methoden suchen müssen, die uns Informationen darüber geben.
Was kann demnach die therapeutische Entscheidung bei Patienten mit PCa nach Erfassen des Stadiums und Gradings beeinflussen?
o Das maligne Potential des Tumors
o Die langsame Progression des Tumors
o Das Alter bzw. Allgemeinzustand des Patienten (Begleiterkrankungen, z.B. cardiovaskulär)
o Die Lebenserwartung
o Die Wünsche des Patienten (Lebensqualität)


Über welche Möglichkeiten verfügen wir, das maligne Potential des Tumors zu erfassen (Vorhersagefaktoren)?
o Gleason-Score
o Molekulare Prognose Marker
   - DNA-Ploidie [5]
   - Onkogene [7]
   - Tumorsuppressorgene (TSGs) [9]
   - Mikrogefäßdichte (MVD) [9, 16, 8]
In dieser Arbeit steht die Bedeutung der DNA-Zytometrie für das PCa im Mittelpunkt.
Der Grund für diese Fokussierung ist nicht die Vernachlässigung anderer Faktoren, sondern liegt in unserer speziellen Beschäftigung mit der Ploidie des PCa [2, 12].
Die Bedeutung der DNA-Zytometrie beim PCa:
Verschiedene Punkte sind hier von Interesse:
1. Es handelt sich um ein unabhängiges Kriterium zur Dignitätsdiagnostik neben der Erfassung des Stadiums und des Malignitätsgrades („Staging“ and „Gra-ding“).
2. Sie erfasst Chromosomen-Veränderungen des Tumorgeschehens = DNA-Ploidie.
3. DNA-Zytometrie ermöglicht biologische Bewertung der Tumorprogression beim PCa (Abb. 11): diploid ÀÆ tetraploid ÀÆ aneuploid und sich daraus ergebende therapeutische Ansätze.
4. Hinweise auf die Hormonsensibilität.
5. Heterogenität des PCa und DNA-Zytometrie.
Diese sachliche Begründung für WW kann Dich wohl kaum zu obiger Aussage inspiriert haben, aber vielleicht erklärst Du uns noch die Begründung zu Deiner Feststellung. Der Rest Deiner Antwort vom 1.1.08 besteht aus liebgewonnenen Allgemeinplätzen der DHB-Befürworter, so das sich weitere Stellungnahmen erübrigen.
Ich möchte nun zu Deinem heutigen Beitrag übergehen und benutze der Einfachheit halber Deine Nummerierung.
1. Du hast Reinardos Verlauf als beeindruckendes Musterbeispiel für ein ............
Es verblüfft mich doch , dass Du bei Reinardo Zweifel am Biopsieergebnis anmeldest und Dein Ergebnis mit nur sechs Stanzen bei PSA 49 für repräsentativ hältst. Das sehe ich genau umgekehrt, da der gute Verlauf bei Reinardo nach der DHB schon auf eine richtige Diagnose schließen lässt, während in Deinem Fall bei nur sechs Stanzen und alle befallen ich noch erheblich mehr Diagnoseaufwand als nur ein PET-Cholin-CT gemacht hätte.
Ich nehme an, dass Prof. Böcking in einem Teil Deiner Stanzen diploide und im anderen Teil tetraploide Verteilungen gefunden hat und Dir deshalb zur Information beide Verteilungen zugeschickt hat. Dies ist doch eine gute und richtige Entscheidung, und wenn Du Zweifel hast, warum fragst Du dann nicht bei ihm nach?
Deine Befürchtung, dass ich die DNA zum Goldstandard erheben möchte, kann ich Dir nehmen. Der Goldstandard ist schon durch die Tektomie besetzt und wird von Leibowitz mit dem Platinstandard für die DHB übertrumpft. Ich empfehle meine Beiträge genau zu lesen und in meinem letzten Beitrag in diesem Thread habe ich meine Vorstellung über Screening und Diagnostik dargelegt, und da nimmt die DNA einen bescheidenen Platz ein. Die meisten Forumsteilnehmer- und da befindest Du Dich in guter Gesellschaft- verlieren den Überblick und die Nerven und verlassen den Pfad der sachlichen Argumentation, wenn es Kritik an der von Ihnen gewählten Therapie gibt.
2. Bei von Dir gerne angeführten Thesen von Prof. Tribukait möchte ich mich nicht lange aufhalten.....
Auch diesen Punkt sehe ich anders. Im Forum habe ich beobachtet, dass Forumsfreunde mit Hormonblockade die PSA absenken, aber schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit ein Wiederanstieg haben und noch eine gewisse Zeit mit Medikamentenwechsel Erfolg haben, aber dann ist auch dies Pulver verschossen. Nun muss dann auf Chemo oder anderen Mitteln zurückgegriffen werden. Es liegt hormonrefraktärer PK vor. Ich habe mich schon öfters gefragt: Sind wir nicht zu sehr auf den PSA-Wert fixiert, und erringen wir nicht nur einen Pyrrhussieg und geben den Weg frei für die Expansion der Bösen? Wäre es nicht gescheiter bei Kenntnis seiner DNA sich gleich um den kritischen Teil zu kümmern mit Chemo oder anderen Mitteln und die diploiden und tetraploiden Zellen quasi als Puffer zu halten? Für mich ist der Ablauf beim fortgeschrittenem PK eine Zeitrafferdarstellung für die günstigeren Verteilungen wie z.B. tetraploid.
Weiter gibt es auch Forumsfreunde, die WW machen mit Essensumstellung und den bekannten Nahrungsmittelergänzungen und den PSA-Anstieg dadurch moderat halten und auch nicht bei PSA-Werte von 20 nervös werden und aufgrund ihrer inneren gefestigten Einstellung eine sehr gute Lebensqualität haben.
Deswegen hat für mich die so umstrittene Aussage „Die Guten machen Platz für die Bösen“ ihre Berechtigung.
3. Man will von mir Argumente hören für eine DHB als Primärtherapie bei Kapselbeschränkung statt einer kurativen......
Von allen Therapien gibt es negative wie positive Beispiele, und es ist natürlich Dein Recht, wenn für Dich die negativen Beispiele bestimmend sind, keine kurative sondern die DHB als Deine Therapie zu wählen. Meine Entscheidungsfindung kannst Du unter KISP Texte Nr. 46 nachlesen. Für mich war ausschlaggebend nicht nur bei der DHB zu bleiben die Befürchtung, bei meiner tetraploiden Verteilung in einigen Jahren vor einem zweiten Zyklus mit Chemo usw. zu stehen. Weiter liebe ich Zahlen und Statistiken als Grundlage zur Entscheidungsfindung und nachfolgende hat mich letztendlich überzeugt



4. Zum Schluss möchte ich eine Sache ansprechen, die ich nur ungern vortrage und bei der ich hoffe, dass ich nicht zu weit gehe. Ich schätze an den Beiträgen im Forum das hohe fachliche Niveau, das sich bei Leuten wie Dir, Knut, vor allem auch bei SHG-Leitern findet. Ich schätze aber auch die auffällige Zurückhaltung, wenn es um Therapieempfehlungen geht.....
In diesem Punkt stimme ich mit Dir überein, dass bei Therapieempfehlung Zurückhaltung geboten ist. Ich mache äußerst selten eine Empfehlung sondern beschränke mich auf weitere Diagnoseschritte und zu meinem Standardrepertoire – wie Du auch schon angemerkt hast – gehören das PET-Cholin-CT und die DNA.
Ich bin kein Gegner der DHB, sondern trete hier nur sehr pointiert auf, weil diese Therapie in der Vergangenheit einen unangemessenen hohen Stellenwert in den Therapiebeschreibungen des BPS hatte. Inzwischen ist der Text über die DHB auf der BPS-Homepage sehr viel moderater geworden, wobei, wenn die Schützenhilfe von fs ausbleibt, der nachfolgende Textabschnitt aus der BPS-Homepage
Die Dreifache Hormonblockade verspricht keine Heilung vom Prostatakrebs. Ziel ist vielmehr, die Krankheit als beherrschbare chronische Erkrankung ähnlich Diabetes, Bluthochdruck usw. zu behandeln.
gemäß meiner Meinung eine Irreführung ist.

Im Rahmen der Diskussion zur HAROW-Studie wurde von einigen Forumsteilnehmern bemängelt, dass bei dieser Studie Feinnadelaspirationsbiopsie und DNA-Zytometrie keine Rolle spielen. Hierzu nahm der an der Studie beteiligte Dr. Schnell am 24.6. und am 30.6.2008 wie folgt Stellung:
Es ist den Urologen, die HAROW geplant haben, nicht bewusst gewesen, mit welchem Eifer die Feinnadel-Saugbiopsie (FNAC, FNAB) gegenüber der Stanzbiopsie favorisiert wird. Wir sind überrascht. Fachlich können die damit zusammenhängenden Fragen am besten von einem Pathologen/Zytologen beurteilt werden.
Hier die Antwort aus urologischer Sicht:
Bis Ende der 80er Jahre ist die Stanzbiopsie von verhältnismäßig vielen Urologen regelmäßig zusammen mit einer Feinnadelsaugbiopsie gemacht worden. Die Saugnadel ist wesentlich dünner, durch die notwendige fächerförmige Aspiration ist das Verfahren aber kaum schonender. Anfang der 90er Jahre hat dann Prof. Huland die in den USA entwickelte Sextantenbiopsie in Deutschland eingeführt und auch die Vorteile einer pathohistologischen Beurteilung nach Gleason dargelegt. Inzwischen sind sowohl die Mehrfach-Biopsie als auch die Beurteilung nach dem Gleason-Score verfeinert und etabliert. Es liegen evidenzbasierte Daten vor, aus denen Einschätzungen zur Prognose und Therapieentscheidungen getroffen werden können. Hier ist die Zytologie zumindest in der breiten Anwendung unterlegen. Wäre die Zytologie zum Tumornachweis gemäß Leitlinie geeignet, würde sie von Urologen häufiger durchgeführt. Finanzielle Interessen weise ich als Motiv zurück. Die Dicke der Nadel spielt bei der Rechnungsstellung keine Rolle.
Aus urologischer Sicht wird eine Fehlentwicklung nicht in der Frage Stanznadel/Feinnadel gesehen, sondern vor allem in blinden "Sättigungs-" oder x-fach-Biopsien und den zu häufigen Wiederholungen (z.T. 3 Biopsien pro Jahr), angefeuert aus Sorge vor einem heimtückischen Krankheitsverlauf. Wir möchten den Patienten Argumente für mehr Gelassenheit geben bei langsam steigendem PSA oder auch einzelnen PSA-Ausreißern. Technisch sollte das zukünftige Interesse am ehesten einer verfeinerten Bildgebung gelten (z.B. Magnetspektroskopie?), die tumorverdächtige und unverdächtige Areale identifiziert und dann mit einer einzigen gezielten Biopsie (target biopsy) den Tumor bzw. gutartiges Gewebe nachweist. Ein vollständiger Verzicht auf die histologische Sicherung wird erst in ferner Zukunft möglich sein.
Der Beobachtungsarm Active Surveillance in HAROW fordert keine Biopsien am laufenden Band, sondern nach 1, nach 4, nach 7 und nach 10 Jahren. Ich kann nicht ausschließen, dass z.B. bei einem Verkürzen der PSA-DT (PSA-Verdopplungszeit) ein behandelnder Arzt die Notwendigkeit für eine zusätzliche Biopsie sieht und seinen Patienten entsprechend berät. Es ist aber ausdrücklich in das Studienprotokoll aufgenommen, dass mehr als 1 Biopsie pro Jahr unbedingt vermieden werden soll. Ein einziger suspekter PSA-DT Wert begründet keine Wiederholung der Biopsie. HAROW wird dazu eine Beratungsmöglichkeit (online und telefonisch) für die Ärzte einrichten.
Sie sind nicht einverstanden, dass die Feinnadel-Aspirationsbiopsie/-cytologie (FNAC oder FNAB) mit anschließender Ploidie-Bestimmung in der Studie HAROW kein Schlüsselparameter ist. Ich habe Ihren Aufschrei im Forum des BPS gehört.
FNAC/FNAB kann fachlich und formell nicht berücksichtigt werden, weil die Leitlinie zur Primärdiagnostik eines Prostatakarzinoms (s. früherer Beitrag im Forum) einen histologischen Befund zur Beurteilung fordert. Die Feinnadelaspiration liefert eine Zytologie, keine Histologie. Der Grundsatz einer histologischen Tumorsicherung gilt für jeden Tumor ohne Ausnahme. Auch z.B. ein Schilddrüsenkarzinom oder ein Blasentumor dürfte nicht ausschließlich auf Grundlage einer Zytologie diagnostiziert und behandelt werden.
Damit ist nicht ausgeschlossen und auch nicht ignoriert, dass FNAC in der Hand einzelner Zytologen eine gut geeignete Untersuchung zur Tumorbeurteilung ist und beim Gleason Grad 2 der histologischen Beurteilung möglicherweise überlegen ist. Wir machen aber beim Bewerten der Prognose zwischen Gleason 2 und 3 keinen Unterschied. Patienten mit Gleason Score 2+2, 2+3 und 3+3 haben die gleiche günstige Prognose. Die Unterscheidung zwischen Gleason 3 und 4 ist für ein Einschätzen der Prognose wichtig, die Unterscheidung zwischen 2 und 3 hat dagegen in den meisten Fällen keine sehr hohe Bedeutung.
HAROW ist eine Beobachtungsstudie zur Versorgungssituation von Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom. Mit den Überwachungsstrategien Active Surveillance und Watchful Waiting sind erstmals zwei rein konservative Strategien bei Vorliegen eines Prostatakarzinoms integriert. Für die Beobachtungsarme Active Surveillance und Watchful Waiting möchten wir geeignete Patienten finden, die sehr lange/vielleicht für immer eine Therapie zurückstellen können.

Hutschi schrieb am 12.8.2008:
Zusammenfassung meiner ganz persönlichen Eindrücke als Mitglied des AK "Innovative Therapien zur Bekämpfung des Prostatakarzinoms" im Forum des Bundesverbandes Prostatakrebs Selbsthilfe e. V. (BPS):
Aus etlichen Gesprächen mit Urologen und Pathologen und nach Eingang von relevanten Stellungnahmen der von mir angeschriebenen Experten bin ich zu folgender Einschätzung der Möglichkeiten gekommen, der DNA-Ploidie als Diagnoseinstrument wieder zu der Stellung zu verhelfen, die ihr eigentlich gebührt.
Da der unvorbelastete Patient ebenso wenig mit der zusätzlichen Diagnose- und Malignitätsbestimmung per DNA-Ploidie vertraut ist, wie viele Urologen selbst, kann auch keine Nachfrage erzeugt werden. Der Urologe wird vermeiden, sich zusätzlicher Aufklärungsarbeit widmen zu müssen. Weil der Pathologe, sofern er überhaupt dafür ausgebildet ist, auch keine Aufträge vom Urologen bekommt, mittels Zellvereinzelung und DNA-Zytometrie die Malignität zusätzlich zum Gleason zu ermitteln, ist diese hervorragende, objektive Möglichkeit der exakten Malignitätsbestimmung mittels DNA-Ploidie fast in einen Dornröschenschlaf hinübergedämmert.
Da man ferner grundsätzlich nach ärztlichen Richtlinien in urologischen Praxen verfährt, wonach ausschließlich der per Stanzbiopsie durch den Pathologen subjektiv ermittelte Gleason-Score als verbindlich zur Einschätzung und exakten Beurteilung eines Prostatakarzinoms anerkannt wird, könnte nur ein ausdrücklich von einem aufgeklärten Patienten geäußerter Wunsch nach DNA-Ploidie-Befundung zu einer Weiterleitung der Biopsate zu einem Zyto-Pathologischen Institut führen.
Zum ergänzenden Thema, um mittels FNAB (Feinnadelaspirationsbiopsie) in erster Linie für WW (watchfull waiting) oder AS (active surveillance) Patienten vor einer Wiederholung von Stanzbiopsien zu bewahren, geben selbst Professoren von größeren Kliniken in persönlichen Gesprächen ohne Umschweife zu, dass man über kein ausgebildetes Personal für diese fast beschwerdefreie Biopsatentnahme verfüge. „Wir haben zwar die für FNAB erforderlichen Bestecke aber kein Personal, das damit umgehen kann. Weil wir aber eigentlich mit der Stanze genügend Informationen bekommen können und auch eine weitere Biopsatentnahme per Stanze kein so großes Risiko wegen des eingespielten Teams darstelle, können wir darauf verzichten, nun auch noch Erfahrungen mit per FNAB gewonnenem Biopsat zu sammeln“.
Im Zusammenhang mit der Harow-Studie gab ein von der Studie beauftragter Mitwirkender hierzu noch seine persönliche Meinung ab, wonach ein Urologe schon deswegen keine FNAB durchführen würde, weil die nicht so hoch vergütet wird wie eine Stanz-Biopsie. Ein Insider berichtet hierzu, dass die Urologen eine Stanzbiopsie als Operation fakturieren könnten.
Kernsätze von Experten: "Die zytologische Diagnostik mittels Feinnadelaspiration wird zu meinem großen Bedauern nur noch sehr selten durchgeführt. Insbesondere im follow-up beim Prostatakarzinom und zur orientierenden Diagnostik (bei der das exakte Gleason-Scoring nicht erforderlich ist) erweist sich die Prostata-FNAB als sehr zuverlässig (sensitiv und spezifisch)". (Aus einer Stellungnahme von Prof. Griesser).
Die DNA-Zytometrie liefert Informationen zur Bösartigkeit eines Prostatakarzinoms. Daneben erlaubt diese diagnostische Untersuchung anscheinend auch eine Beurteilung, ob ein Tumor auf Hormonentzugstherapie ansprechen wird oder nicht. (Hormonsensibilität): Es gibt Hinweise, dass Tumoren, die noch keine so starke Chromosomenaberrationen aufweisen (sog. „rein diploide“ Prostatakarzinome) ein gutes Ansprechen auf eine Antihormontherapie erwarten lassen, während Tumoren mit stark veränderter Chromosomenzahl (sog.„tetraploide“ und aneuploide“ Prostatakarzinome) nicht bzw. nur schlecht auf eine solche Therapie reagieren.“ (Auszug aus einer E-Mail von Dr. Gebest, DKFZ).
Fazit: Trotz einiger bemerkenswerter ausführlicher und Hoffnung erweckender Stellungnahmen von wirklich kompetenten Ansprechpartnern ist eine immense Aufklärungsarbeit erforderlich, um Patienten davor zu bewahren, gerade für AS + WW Wiederholungs-Stanzbiopsien über sich ergehen lassen zu müssen. Es ist zwingend notwendig, Urologen mit der Technik der Biopsatentnahme per FNAB vertraut zu machen und Pathologische Institute so technisch aufzurüsten, dass dort zusätzlich Zyto-Pathologische Befunde auch von Stanzbiopsaten per Zellvereinzelung erstellt werden können.
Die Bestimmung der DNA-Ploidie ist auch in etlichen Urologenkreisen anerkannte Diagnosemöglichkeit zur noch besseren Einschätzung der Malignität eines Tumors. Vielfach wird jedoch aus Bequemlichkeit oder einfach Desinteresse darauf verzichtet. Obwohl als Kassenleistung anerkannt und jederzeit aus Stanzbiopsien mittels Zellvereinzelung möglich, wird sie leider in der täglichen urologischen Praxis eher vernachlässigt, wenn nicht überhaupt ignoriert. Ohne Mithilfe des BPS, der mit den von ihm vertretenen Patienten eine Allianz eingehen könnte, wird es kaum gelingen, die dringend notwendigen Verbesserungen auch hinsichtlich Diagnosefindung zu erzielen.
Inzwischen gab es auch für mich noch diesen interessanten Beitrag von Prof. Böcking:
"Übrigens plant jetzt die British Columbia Agency, Vancouver, Kanada, unter der Beteiligung von Professor Branco Palcic zusammen mit uns sowohl eine retrospektive als auch eine prospektive Studie zur prognostischen Relevanz der DNA-Zytometrie von Patienten mit Prostatakarzinomen nach Brachy-Therapie. Die Hypothese ist, dass wir mit unserer Methode vorhersagen können, welche Patienten nicht auf diese Form der internen Strahlenbehandlung ansprechen werden.
In Deutschland wird die Methode wohl erst dann akzeptiert, wenn deutsche Urologen und Pathologen davon auf amerikanischen oder kanadischen Kongressen hören. Im November bilden wir einen Chemiker aus San Franzisco und zwei Pathologen von der Technical University of Texas in DNA-Zytometrie hier aus".

knut.krueger schrieb am 7.8.2011:
Für Alle, die sich mit der Ploidie noch nicht befasst haben, möchte ich nachstehend aufzeigen, warum die Ploidie dem GS [Gleason Score – Ed] überlegen ist. Die Aussage/Prognose der Studie ist, dass für AS [Active Surveillance – Ed] eine peridiploide Verteilung mit einer Proliferationfraktion < 5 % Voraussetzung ist.
Der DNA-Inhalt gesunder Zellen ist diploid = c2. Krebszellen, die in ihrem DNA-Inhalt nur gering von der gesunden Zelle abweichen, nennt man zur Unterscheidung peridiploid, und in diesen Prostatakrebszellen liegt immer die reguläre Anzahl von 46 Chromosomen vor. Bei einem bösartigen Karzinom weisen die PK-Zellen fast in jeder Zelle einen anderen Chromosomensatz auf, der bis um das Zehnfache erhöht sein kann. Die Chromosomenpaare in einer PK-Zelle können nur aus einem oder 1½ oder drei und mehr Chromosomen bestehen, und abhängig vom Umfang der Störung wird der DNA-Inhalt größeren c-Werten wie c3, c4, c5 usw. zugeordnet. Die Beurteilung der PK-Zellen erfolgt unterm Mikroskop vollautomatisch mit einem Bildauswertprogramm.
Bei den gesunden Zellen der Prostata befinden sich < 5 % in Teilung, so dass daraus abgeleitet wird, dass bei Prostatakrebs mit peridiploider Verteilung auch nur < 5 % der Krebszellen in Teilung sein sollten für AS. Diesen Vorgang nennt man Proliferationfraktion. Liegen höhere Teilungsraten, z. B. 10 % oder gar 15 % vor, dann kommt es schneller zu Veränderungen bei den Chromosomenpaaren, und der DNA-Inhalt verschiebt sich zu höheren c-Werten, und man spricht von Tumorprogression.
Nun komme ich zu meinem Fallbeispiel. Nach einer Zwölfer-Stanzbiopsie erhält unser 65 Jahre alter Betroffener, wohnhaft in Bruchsal, seine Diagnose mit GS 6 bei zwei betroffenen Stanzen. Da der PSA-Wert 5,2 ng/ml war, rät der Urologe erst einmal zu AS. Unser Betroffener tritt der SHG-Bretten bei, und dort erfährt er von der prognostischen Bedeutung der DNA-Ploidie. Er lässt an seinen zwei positiven Stanzen die DNA-Ploidie bestimmen, und das Ergebnis ist eine peridiploide Verteilung mit einer Proliferationsfraktion von 8 %. Aufgrund des Ergebnisses entschließt er sich zu einer Prostatektomie. Eine richtige Entscheidung, denn mit seiner Proliferationsfraktion von 8 % würde er zu den 32 % Patienten mit peridiploider Verteilung gehören, bei denen innerhalb von zwei Jahren die Verteilung von peridiploid zu peritetraploid (bei 2/3 führt die Progression zu peritetraploid und beim letzten Drittel zeitlich später) fortschreitet, und seine statistische Chance des kurativen Erfolges von über 80 % würde mit der peritetraploiden Verteilung auf 60 % sinken.
Die Bestimmung der Ploidie aus den beiden betroffenen Stanzen erfolgt an mindestens 300 und in der Praxis meistens an ca. 440 PK-Zellen. Das Ergebnis wird in einem Histogramm dargestellt. Die x-Achse repräsentiert den DNA-Inhalt, also die c-Werte, wobei diese bei einer peridiploiden Verteilung bei c = 2 ± 10 % liegen also von c = 1,8 bis c = 2,2. In der y-Achse werden die gefundenen Zellen [n] mit gleichem DNA-Inhalt eingetragen. Das nachstehende Histogramm zeigt die peridiploide Verteilung bei c = 2 und eine zweite kleine Häufung bei c = 4. Dies Bild haben wir auch bei gesunden Zellen mit den diploiden Zellen bei c = 2 und einer kleinen tetraploiden Häufung bei c = 4, die der in Teilung befindlichen Zellen und damit der doppelten Chromosomenzahl von 92 entspricht. Bei unserem Beispiel mit 8 % Proliferationsfraktion sind dies etwa 33 Zellen von den insgesamt 440 Zellen. Das zweite darunter stehende Diagramm zeigt die mögliche Progression nach einem Jahr und das dritte Histogramm die mögliche peritetraploide Verteilung nach zwei Jahren.









Obige Histogramme zeigen von oben nach unten schön die durch die Progression stattfindende Verschiebung nach rechts zu höheren DNA-Inhalten und damit aggressiverem PK. Hätte sich der Betroffene in unserem Fallbeispiel nur auf den Gleason Score und den PSA-Wert verlassen, dann wäre erst nach zwei bis vier Jahren bei einer Rebiopsie die Progression aufgefallen mit dem Ergebnis der deutlich niedrigeren statistischen Chance auf einen kurativen Erfolg bei der Ektomie.
Weiter lässt sich die Ploidie sehr gut als feinfühliges Therapiemonitoring für AS verwenden, denn auch bei den peridiploiden Verteilungen mit einer Proliferationsfraktion < 5 % kann man nicht gänzlich auf eine Überwachung verzichten, da eine Progression immer einmal stattfinden kann/wird. Der weitere große Vorteil ist, dass für die Ploidie keine Stanzbiopsie benötigt wird, sondern eine FNAB (Feinnadelaspirationsbiopsie) ausreichend ist. Letztere ist sehr viel schonender und wenig belastend für die Prostata, wie ich auch aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Bis zur Diagnose hatte ich drei Stanzbiopsien mit insgesamt 33 Stanzen und später im Rahmen einer Forums-Gruppenaktivität eine FNAB zwecks Therapieerfolgsnachweises. Die FNAB ist vergleichbar mit einer rektalen US-Untersuchung.
Der Vorteil der DNA Ploidie für AS ist
- Klare Prognoseaussage mit peridiploider Verteilung und einer Proliferationsfraktion < 5 %
- Feinauflösende Progressionsüberwachung
- Monitoring mittels wenig invasiver FNAB

Abschließend möchte ich noch eine Abschätzung vornehmen, wie viele von den jährlich in Deutschland neu diagnostizierten 55.000 Betroffenen für AS geeignet sind nach den obigen Ploidie-Kriterien. Unter Zugrundlegung nachstehender Tabellen haben 48 % einen GS 6. Dies sind 26.400 Betroffene. Davon haben 62 % eine peridiploide Verteilung = 16368 Betroffene. Nach Tribukait entwickeln sich 32 % der peridiploiden Karzinome innerhalb von zwei Jahren weiter und davon 2/3 zu peritetraploiden Karzinomen, so dass 11.130 geeignete Betroffene für AS, also 20 % der neu Diagnostizierten, übrig bleiben. Dies sind zwar nicht die behaupteten 50 %, aber auch mit 11.000 bzw. 20 % der jährlichen Neuzugänge ist dies eine stattliche Zahl.
Deswegen finde ich es hervorragend, dass sich der BPS für die Durchführung dieser Studie einsetzt. Ich werde dem Spendenaufruf folgen, und zwar um
- den Neubetroffenen eine gesicherte Entscheidungsgrundlage zu geben,
- Übertherapie zu vermeiden,
- meinen Söhnen, falls sie in meine Situation kommen, eine bessere Entscheidungshilfe zu liefern.

Am 28.5.2012 äußerte Knut Krüger sich aus gegebenem Anlass abermals ausführlich zur DNA-Zytometrie:
Ich möchte die Zusammenhänge [zwischen Gleason-Score und DNA-Ploidie – Ed] nachstehend noch einmal detailliert darlegen.
Meine Kernaussage ist, dass der Gleason Score mit der DNA-Ploidie korreliert. Was ist Korrelation? In Wikipedia heißt es:
Eine Korrelation beschreibt eine Beziehung zwischen zwei oder mehreren Merkmalen, Ereignissen oder Zuständen“.
Im Gegensatz zur Proportionalität – darunter versteht man, wenn zwei veränderliche Größen immer im gleichen Verhältnis zueinander stehen – ist die Korrelation nur ein statistischer Zusammenhang. Dies möchte ich an einem einfachen Beispiel erläutern, und zwar über den Zusammenhang von Körpergewicht und Größe eines Mannes. Ein 165 cm großer Mann kann 100 kg wiegen, während einer mit 180 cm nur 80 kg auf die Waage bringt. Dies ist abhängig vom persönlichen Verhalten, von den persönlichen Essgewohnheiten. Trotzdem wissen wir, dass tendenziell größere Männer mehr als kleinere wiegen, und diese Tendenz heißt in der Mathematik Korrelation. Es besteht also keine feste Beziehung zwischen Größe und Gewicht, sondern nur ein tendenzieller, ein statistischer Zusammenhang. Bei unserer Diskussion geht es um die Aussagefähigkeit des GS zur DNA-Ploidie, wobei letztere die korrekte Diagnose liefert, wie die nachstehende Beweisführung zeigen wird. Bei der DNA-Ploidie werden unter dem Mikroskop die Zellkerne der Krebszellen betrachtet. Der Kern der gesunden Zelle hat 23 Chromosomenpaare, also insgesamt 46 Chromosomen, und zu diesem paarweisen Vorliegen der Chromosomen sagt man in der Medizin diploid. Bei gesunden Zellen sind < 5 % in Teilung, d. h. diese haben 46 Chromosomenpaare, also insgesamt 92 Chromosomen. Wenn ich z. B. unter dem Mikroskop 400 gesunde Zellen untersuche, dann finde ich maximal 20 Zellen, die in Teilung sind. Wenn ich dann dies Untersuchungsergebnis in einem Diagramm graphisch darstelle mit N = Anzahl der Zellen in der y-Achse und den Zelleninhalt c in der x-Achse mit c=1 für 23, c=2 für 46, c=3 für 69, c=4 für 96 Chromosomen usw., ergibt sich nachstehende Grafik:
Die Krebszellen des PCa sind gestört und haben mehr oder weniger Chromosomen. Ist die Abweichung innerhalb ±10 %, d. h. 41 bis 51 Chromosomen, so spricht man von einem peridiploiden Krebs. Die Vorsilbe „peri“ wird zur Unterscheidung verwendet, dass keine gesunden Zellen vorliegen. Wenn dann diese Krebszellen noch eine Teilungsrate wie gesunde Zellen nämlich < 5 % haben, dann ist dies eine Diagnose mit einer guten Prognose, und nach Prof. Böcking erfährt nur jährlich ein Prozent der Betroffenen mit dieser Diagnose eine Progression, so dass für ein relativ risikofreies AS [Active Surveillance – Ed] die peridiploide DNA-Verteilung mit einer Proliferationfraktion (Teilungsrate) < 5 % Voraussetzung ist. Nachstehende Grafik zeigt eine peridiploide Verteilung mit 440 ausgewerteten Krebszellen und einer Teilungsrate von 8 %, so dass um c = 4 ± 10 % etwa 34 in Teilung befindliche Zellen, also mit der doppelten Chromosomenzahl, zu finden sind.
Mit der höheren Teilungsrate von 8 % wächst das Progressionsrisiko drastisch. Die Krebszellen werden entarteter, d. h. die Chromosomenzahl liegt nicht mehr zwischen 41 und 51, sondern bei c = 3, d. h. 69 oder c = 5, d. h. 115 oder c = 8,3, d. h. 191 Chromosomen usw. Mit der Progression schrumpft die Verteilung um c = 2 und es entstehen neue Häufungen gemäß den vorherigen Annahmen um c = 3, c = 5, c = 8,3 usw. Man spricht dann von einer multiploiden Verteilung. Dieser Krebs ist hochaggressiv und geht meistens mit Metastasierung einher.
Im nachstehenden kleinen Video zeige ich die Progressionsablauf mittels der DNA-Ploidie im Zeitraffer.
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=EWqCVqsOde8
Die DNA-Ploidie gibt also ein genaues Bild des Prostatakarzinoms, da direkt die Entartung der Krebszellen gemessen wird!
Der Gleason-Score wird dagegen an Gewebsschnitten von Stanzbiopsien bestimmt, und zwar wird das Ausmaß der Gewebeveränderung zur Gradierung der Bösartigkeit von Krebs beurteilt. Dies ist eine subjektive und schlecht reproduzierbare Beurteilung, während die Ploidie-Bestimmung objektiv das Ausmaß chromosomaler Veränderungen in mehreren hundert Tumorzellen misst.
Nachstehend sehen wir die Anleitung zur Gleason-Gradierung des Prostatakarzinoms, und zwar links die alte und rechts die neue, ab 2005 gültige, wobei die Zahlen zwischen den beiden Bildmustern die uns bekannten GS-Scores (GS) sind. Je höher die Zahl, desto aggressiver soll der Krebs sein.
Ich schreibe bewusst „desto aggressiver soll der Krebs sein“, denn der GS korreliert nur mit der DNA-Ploidie, d. h. er gibt etwa in 70 % ein korrektes Bild und in 30 % der Fälle ein zu gutes oder zu negatives Resultat wieder.
Der wesentliche Unterschied ist, dass bei der DNA-Ploidie direkt die Krebszelle, und zwar ihre chromosomale Veränderung, zur Aggressivitätsbeurteilung herangezogen wird und beim GS über die Gewebeveränderung, also ein indirektes und subjektives Verfahren, die Aggressivität beurteilt wird, und diese Gewebeveränderung nicht immer die richtige Aggressivität des PCa widerspiegelt. Bei dieser Vorteilslage der DNA-Ploidie fragt man sich natürlich, warum diese durch den gehandicapten GS verdrängt werden konnte bis in die Bedeutungslosigkeit.
Dr. Patrick Walsh, Professor an der John Hopkins University in Baltimore, entwickelte Anfang der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts die nervenschonende Operationsmethode, um die Prostata zu entfernen. Dafür wurden andere Informationen benötigt als wie sie die FNAB mit der DNA-Ploidie liefern konnte. Der Siegeszug der Stanzbiopsie mit GS-Bestimmung begann, denn über die Gewebeveränderungen in den positiven Stanzzylindern konnte rückgeschlossen werden, ob schon Kapseldurchbruch vorlag oder aufgrund der Stanzposition, ob ein oder beide Lappen betroffen waren usw. Die Planungen der kurativen Therapien egal ob Operation oder Bestrahlung basierten auf den Erkenntnissen aus der Stanzbiopsie mit GS-Bestimmung. Vor einigen Jahren hatten wir im Forum – von Günter Feick initiiert – einen Arbeitskreis (AK) über die DNA-Ploidie. Damals war ich verärgert, ja pikiert über Aussagen der renommierten Zentren wie dem UKE „DNA-Ploidie brauchen wir für unsere Entscheidungen nicht!“ Heute sehe ich dies gelassen, ja sogar mit Verständnis, denn beschränktes Wissen bedeutet auch eine beschränkte Sichtweise, so dass die Operateure Diskussionen um eine eventuelle Übertherapie nur als störend empfanden. Sie waren überzeugt, den Betroffenen nur Gutes zu tun, nämlich diese vom PCa zu befreien.
LowRoad war trotzdem nicht ganz überzeugt. Am 29.5.2012 schrieb er:
Der Gleason Score beschreibt die Aggressivität des Tumors nur unbefriedigend, das wissen wir. DNA-Z leider auch! Es ist definitiv unzutreffend, dass die Aggressivität eines Tumors mit Hilfe der DNA-Z objektiv dargestellt werden könnte! Ob die vorhandenen Chromosomenaberrationen gefährlich/bösartig oder eher unbedeutend sind, belegt die DNA-Z nicht.
Will man therapieführende Aussagen bekommen, wird man um eine molekulare Bestimmung nicht herumkommen. Ist z. B. BCL-2 erhöht, könnten COX-2-Blocker zur RT vorteilhaft sein. Sind neuroendokrine Zellen in erheblichem Umfang vorhanden, könnte eine RPE Vorteile haben, ect. ect. Das alles vermag die DNA-Z nicht auszusagen, was nicht heißt, dass sie bei AS als Therapiewunsch nutzlos wäre – aber ansonsten wohl eher nicht.
W.Rellok lieferte am 15.10.2014 eine anschauliche der DNA-Zytometrie:
Weil ich gerade etwas Zeit hatte, habe ich aus der aktuellen Broschüre einen Erklärungsversuch für Einsteiger zusammengestellt (also den Text in mein Hirn kopiert, gekürzt und dann gepastet, Vorsicht: Plagiat!)
Das Ergebnis liegt hier:
Der subjektive Gleason-Score (GS) schätzt die Prognose von Patienten mit Prostatakarzinom nicht sicher genug ein. Bedingt durch chromosomale Instabilität im Rahmen der zytogenetischen Tumorprogression nehmen in Karzinomen Ausmaß und Variabilität chromosomaler Aberrationen (Aneuploidie) zu. [Dieser Satz wurde von mir im Interesse der besseren Verständlichkeit noch etwas umgebaut – Ed]
Damit geht eine zunehmende Malignität der Tumoren einher.
Durch Messung des DNA-Gehalts in Hunderten von Tumorzellen aus Stanzbiopsien kann man das Ausmaß der DNA-Aneuploidie als objektives Maß für die Bösartigkeit individueller Karzinome bestimmen.
Biologische Grundlagen der DNA-Malignitätsgradierung
Normale Zellen des Menschen haben (mit Ausnahme der Samen- und Eizellen) einen zweifachen Satz von 23, insgesamt also 46 Chromosomen (= euploid). Einen zahlenmäßig falschen Chromosomensatz nennt man aneuploid.
Die Entstehung von Krebszellen(Karzinogenese) wird von dem Molekularbiologen Peter Duesberg [20–23] als Kettenreaktion aufeinanderfolgender chromosomaler Aneuploidisierungen beschrieben. Dabei kommt es meist zum Gewinn, gelegentlich aber auch zum Verlust von Chromosomen oder deren Bruchstücken.
Zellen eines frühen Prostatakarzinoms weisen dementsprechend immer fehlerhafte Chromosomenzahlen auf [45].
Da Chromosomen überwiegend aus DNA (Desoxyribonucleinsaure, DNS, Trägerin der Erbinformationen eines Lebewesens) bestehen, kann man fehlerhafte, aneuploide Chromosomensätze auch durch Messungen der DNA-Menge pro Zellkern feststellen. Das macht man mit der DAN-Zytometrie.
Eine Ab- oder Zunahme der Zahl an Chromosomen oder von deren Teilen führt zu einer Ab- oder Zunahme der Menge an DNA in den Tumorzellkernen, die man mikroskopisch messen kann.
Fehlerhafte, aneuploide Chomosomensätze und damit fehlerhafte DNA-Gehalte in ganzen Zellklonen (DNA-Aneuploidie) kommen nur in Krebszellen vor.