Der Extrakt aus dem Prostatakrebs-Forum von KISP und BPS

Diagnostik – die Partin-Tabellen

[Die „Partin-Tabellen“ wurden ursprünglich von den Urologen Dr. Alan W. Partin und Patrick C. Walsh entwickelt, wobei sie die gesammelten Daten hunderter Patienten zugrunde legten, die wegen Prostatakrebs behandelt worden waren. Indem geschickt die drei Dinge miteinander in Vergleich gesetzt wurden, die über die Erkrankung eines Pateienten bekannt waren – der PSA-Wert, die Gleason-Summe und die klinische Einstufung – wurden die Tabellen entwickelt, um Männern und ihren Ärzten dabei zu helfen, den definitiven pathologischen Zustand vorherzusagen (sie wurden nach dem Eingriff bestimmt, wenn ein Pathologe die entfernte Prostata auf das Vorhandensein von Prostatakrebs untersucht) und die beste weitere Behandlung festzulegen.
1996 wurden die Tabellen aktualisiert, und Daten von drei Institutionen – der Universität von Michigan, des Baylor College of Medicine sowie der urologischen Abteilung des Johns Hopkins Medical Institute – und von 4133 Männern wurden aufgenommen, die von fast einem Dutzend Chirurgen operiert worden waren.
Im Jahr 2001 wurden die Tabellen abermals überarbeitet. Das Ergebnis sind die derzeit gültigen Tabellen. Für die T3-Stadien werden jetzt keine Vorhersagen mehr getroffen. Die Gleason-Summen wurden anders gruppiert. Bei der Gleason-Summe 7 wird jetzt unterschieden zwischen 3+4 (günstigere Prognose) und 4+3 (ungünstigere Prognose). Auch die PSA-Werte wurden neu gruppiert, für alle PSA-Werte über 10 ng/ml gibt es jetzt nur noch die Gruppe ">10 ng/ml". Für jeden Tabellenwert wird jetzt auch das 95-Prozent-Vertrauensinterval angegeben.
Ed]

Peter fragte am 13.1.2005:
Ich hätte noch eine Frage in Sachen Kapseldurchbruch. Wenn der Tumor nicht mehr Prostata-beschränkt ist (1. Aussage der Tabellen), ist das doch wahrscheinlich synonym zu Metastasen? Was verschlimmert sich dann noch an dieser Situation bei Kapseldurchbruch? Dass ein Lymphbefall übel ist, leuchtet mir ein, aber welchen Einfluss kann die Wahrscheinlichkeit eines Kapseldurchbruchs auf die Therapieentscheidung haben? Ich wäre dankbar, wenn mir das mal jemand erklären könnte.
LudwigS konnte. Am selben Tag antwortete er:
man darf die Begriffe organbegrenzten Tumor und organbegrenzte Krankheit nicht durcheinanderbringen. Eine organbegrenzte Krankheit hat zwar immer einen oder mehrere organbegrenzte Tumore, aber ein organbegrenzter Tumor muss noch lange keine organbegrenzte Krankheit sein. Der Tumor in der Kapsel garantiert nicht, dass alle Tumorzellen in der Kapsel sind.
Deswegen haben der amerikanische Star-Chirurg Walsh und sein Kollege Partin aus knapp 5.000 Krankengeschichten eine Datenbank erstellen lassen.
Die nicht-tastbaren Befunde wurden unabhängig von Gleason und PSA in die klinische Bezeichnung T1c einsortiert. War der Tumor an einer Seite oben oder unten tastbar, kamen sie in die Spalte T2a. War der Tumor an einer Seite oben und unten tastbar, kamen sie in die Spalte T2b. War der Tumor an beiden Seiten tastbar, kamen sie in die Spalte T2c.
Dann hat man geschaut, wieviele von jeder Spalte hatten eine echte Organbegrenzung der Krankheit, brauchten also keine Tumor-Nachbehandlung, wieviele von welcher Spalte hatten dann nach OP einen Kapseldurchbruch, Samenblasenbefall oder Lymphknotenbefall.
Und daraus ergibt sich dann der Prozentsatz der Wahrscheinlichkeit der Organbegrenzung der Krankheit, des Kapseldurchbruches oder des Samenblasenbefalls oder des Lymphknotenbefalles. Und wenn jemand seine Chancen für eine Heilung durch OP oder eine andere lokale Behandlung ausloten will, muss er die gleichen Kriterien wie für die Erstellung der Tabellen anwenden. Wenn er die Prostata unter allen Umständen raus haben will, braucht er die ganze Theorie nicht und sieht das eben hinterher.
Wenn man aber z. B. sich Seeds einsetzen lassen will, sollte man schon ungefähr wissen, wie die Wahrscheinlichkeiten sind. Deswegen hat man sich da etwa PSA 10 und Gleason 6 als Maximum verordnet, weil man unter diesen Bedingungen eben mit großer Wahrscheinlichkeit noch mit einer organbegrenzten Krankheit rechnen kann.