Der Extrakt aus dem Prostatakrebs-Forum von KISP und BPS

Medikamente – Denosumab (Prolia®, XGEVA®)

[Denosumab ist ein seit Mai 2010 in der EU und einigen weiteren europäischen Ländern zugelassener Wirkstoff gegen Osteoporose bei männlichen und weiblichen Patienten. Der enthaltene Wirkstoff Denosumab hemmt laut dem Hersteller Amgen spezifisch den RANK-Liganden. Dieser Botenstoff ist essenziell für die Regulation der Osteoklasten, die für den Knochenabbau verantwortlich sind. Dem Hersteller zufolge war Prolia® das erste und bislang einzige zugelassene Medikament mit diesem Wirkmechanismus. Einige Zeit nach Prolia® kam das Medikament XGEVA® vom selben Hersteller und mit demselben Wirkstoff auf den Markt, das Denosumab in höherer Dosierung enthält (Prolia®: 60 mg/ml, XGEVA®: 120 mg/1,7 ml).
Die Indikation für Prolia® lautet wie folgt:
"Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen zur Verhinderung vertebraler und nichtvertebraler Frakturen.
Begleitbehandlung bei Frauen mit Brustkrebs unter adjuvanter Behandlung mit Aromatasehemmern und bei Männern mit Prostatakarzinom unter Hormonablationstherapie, wenn ein erhöhtes Frakturrisiko vorliegt."
Die Indikation für XGEVA® lautet:
"Knochenmetastasen solider Tumore in Kombination mit einer antineoplastischen Standardtherapie."
"Antineoplastische Standardtherapie" bedeutet soviel wie "etablierte Therapie gegen die betreffende Krebserkrankung", bei Männern also in der Regel die Behandlung von Prostatakrebs.
In der zulassungsrelevanten HALT-Studie (Hormone Ablation Bone Loss Trial) wurde untersucht, wie sich die Knochendichte der Lendenwirbelsäule unter Prolia® beziehungsweise unter Placebo im Vergleich zum Ausgangswert veränderte. Eingeschlossen waren 1.468 Männer, die aufgrund eines nicht metastasierten Prostatakarzinoms eine Androgendeprivationstherapie erhielten. Nach 36 Monaten hatten Patienten, die mit Prolia® anstatt Placebo behandelt wurden, ein um 62 Prozent verringertes Risiko für neue Wirbelkörperfrakturen, wobei die Risikoreduktion bereits nach 12 Monaten signifikant war.
Die häufigsten unerwünschten Ereignisse unter Prolia® waren Infekte der Harn- und der oberen Atemwege, Ischialgien, Katarakte (Trübungen der Augenlinse), Verstopfung, Hautausschläge und Gliederschmerzen. In den Studien zur postmenopausalen Osteoporose traten schwerwiegende unerwünschte Ereignisse meist als Hautinfektionen und dabei vorwiegend als bakterielle Entzündungen des Unterhautgewebes in Erscheinung. Sie wurden unter Prolia® häufiger als unter Placebo beobachtet (0,4 versus 0,1 Prozent).
In den Studien mit Brustkrebs- und Prostatakrebspatienten waren Hautinfektionen, die als schwerwiegende unerwünschte Ereignisse eingestuft wurden, in den Verum- und Placeboarmen gleich häufig (jeweils 0,6 Prozent).
In der Placebo-kontrollierten Phase-III-Studie mit Prostatakrebspatienten unter Androgendeprivationstherapie waren Katarakte unter Prolia® häufiger als unter Placebo (4,7 Prozent vs. 1,2 Prozent). In Studien mit postmenopausalen Osteoporosepatientinnen bzw. Brustkrebspatientinnen unter Therapie mit Aromataseinhibitoren wurden diesbezüglich keine Unterschiede beobachtet.
Denosumab scheint wie die Bisphosphonate das Risiko von Kiefernekrosen aufzuweisen.
Prolia® (60 mg Denosumab, gegen Osteoporose) wird halbjährlich, XGEVA® (120 mg Denosumab, gegen Knochenmetastasen) wird vierwöchentlich subkutan (Oberschenkel, Oberarm oder Bauch) injiziert. Bei der Verabreichung von XGEVA® ist der Wirkstoff also in wesentlich höherer Konzentration im Körper als bei der Verabreichung von Prolia®, entsprechend ist das Risiko wesentlich höher, dass es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommt.
Empfohlene Begleitmedikation: Bei der Verabreichung von XGEVA® wird die zusätzliche orale Gabe von mindestens 500 mg Kalzium und 400 IU Vitamin D pro Tag für alle Patienten empfohlen, außer beim Vorliegen von Hyperkalzämie (erhöhter Kalziumspiegel im Blut). Die Überwachung des Kalziumspiegels wird empfohlen. Bei der Verabreichung von Prolia® wird lediglich empfohlen, den Kalzium- und den Vitamin-D-Spiegel regelmäßig zu überwachen.
Achtung: Die potenziellen Nebenwirkungen von Denosumab, insbesondere in der höheren Dosierung von XGEVA®, sind nicht ohne. Ein Patient sollte sich daher im Gespräch mit seinem Arzt sehr gut überlegen, ob der erwartete Nutzen die möglicherweise in Kauf zu nehmenden Nebenwirkungen aufwiegt. ist der Wirkstoff ersteinmal injiziert, muss der Patient (im Fall von Prolia®) sechs Monate und länger mit den möglichen Nebenwirkungen leben.
Zu berichteten Therapie-Erfahrungen mit Denosumab siehe hier.
Ed]

Ralf schrieb am 28.5.2010 unter dem Betreff "Neues Osteoporose-Medikament zugelassen":
Die EU-Kommission hat das neue Osteoporose-Medikament Prolia® (Denosumab) zugelassen. Der monoklonale Antikörper ist nach Angaben des Herstellers Amgen zur Behandlung der Osteoporose indiziert bei postmenopausalen Frauen mit erhöhtem Frakturrisiko sowie bei Männern mit Prostatakarzinom, die durch eine hormonablative Therapie einen Knochendichteverlust erlitten haben.
(Aus "Apotheke Adhoc". Volltext der Meldung hier).
Am 20.7.2011 verwies Ralf unter dem Betreff "XGEVA erhält Marktzulassung in der EU " auf diesen Artikel. Daraufhin fragten Juergen + Wltraud:
Ist das etwas anderes als Prolia?
Ralf antwortete, immer noch am selben Tag:
Ich habe dazu diesen länglichen Artikel gefunden, ihn aber nicht komplett durchgelesen. Der Wirkstoff beider Präparate ist Denosumab. Die wichtige Information scheint zu sein, dass Prolia™ indiziert ist bei postmenopausalen Frauen mit dem Risiko von Osteoporose. Die Dosis ist 60 mg alle sechs Monate subkutan. Dies war die ursprüngliche Vermarktung von Denosumab durch Amgen. Dann wurden eine oder mehrere Studien durchgeführt zur Anwendung von Denosumab bei Frauen mit Brustkrebs sowie Männern mit Prostatakrebs, jeweils mit Knochenmetastasen, und eine höhere Wirksamkeit von Denosumab festgestellt, verglichen mit Zometa. Am 18. November 2010 ließ das FDA dies als neue Indikation für Denosumab zu, nämlich von soliden Tumoren verursachte Knochenmetastasen. Die empfohlene Dosierung von Xgeva™ ist 120 mg alle vier Wochen subkutan.
Der Unterschied liegt also in der Dosierung und in der Häufigkeit der Verabreichung.
LowRoad schrieb am 23.7.2011:
Zu Denosumab/Prolia/XGeva gibt es allerlei Informationen, sowie Missverständnisse. Zuerst noch mal: Prolia = XGeva = Denosumab, bis auf die Dosierung gibt es keine Unterschiede!
Zu Denosumab kann aus eigener Erfahrung berichten, was ich hiermit tun will. Ich verwende es seit Anfang 2011 statt Zometa, komplikationslos. Der Vorteil für mich liegt darin, dass ich es mir selbst verabreichen kann. Es wird in einer Fertigspritze geliefert, die eine sehr dünne Nadel besitzt und wie div. Blutverdünner subkutan in die Bauchdecke gespritzt wird. Der monatliche Besuch beim Uro/Onkologen zur Infusion entfällt. Günstig z. B. bei Reiseplanungen.
Ist Denosumab wirksamer als Zometa?
Jein! Es hemmt den Knochenabbau, nachweisbar z. B. am Knochenabbaumarker beta-CTX, deutlich stärker als Zometa. Bei mir ist beta-CTX in den unmessbaren Bereich gefallen, was unter Zometa nicht der Fall war. Den Knochenabbau zu hemmen ist die Aufgabe von Zometa und Denosumab, mehr nicht. Diese Medikamente sind nicht zytotoxisch, höchstens indirekt, indem die Freisetzung von Wachstumsfaktoren aus dem Knochen geblockt wird. Zometa wird gelegentlich direkte zytotoxische Wirkung gegen Krebs zugeschrieben, was allerdings nur bei Brustkrebs belegt scheint, bei Prostatakrebs ist es leider nicht der Fall.
Die Zulassung in der EU ist nicht gleichbedeutend mit Erstattungsfähigkeit durch die GKV in DE! Das muss erst noch durch die Instanzen... Schätze mal Ende 2011. Als Hindernis dürfte der deutlich höhere Preis von etwa 650 € (Denosumab 120 mg) gegen etwa 350 € (Zometa 4 mg) stehen. Man wird argumentieren "...lassen Sie uns doch erstmal mit Zometa anfangen, und wenn es nicht wirkt,...". In vereinzelten Fällen von Knochenschmerzen ist dies auch so beschrieben worden, d. h. Denosumab wirkt schmerzlindernd, was Zometa nicht konnte.
Beide Präparate gleichzeitig einzusetzen, wäre einen Versuch wert, aber ich glaube nicht, dass das was bringt, da die Wirkung (Hemmung des Knochenabbaus) gleichartig ist, es keine synergetischen Effekte geben wird.
Ein weiterer Nachteil von Zometa ist, dass es eine Halbwertzeit von ca. sechs Jahren im Knochen hat. Wenn Komplikationen wie z. B. ONJ auftreten, bringt Absetzen von Zometa nicht viel. Das wäre bei Denosumab möglich! ONJ-Rate bei Denosumab ist leicht höher als bei Zometa. Ich empfehle jedem Langzeitanwender, regelmässig eine Bisphosphonatsprechstunde aufzusuchen. Dort wird man entspr. beraten, kann Probleme evtl. schon im Vorfeld angehen.
Mangelnde Zahnhygiene, Zahnextraktion sowie verschiedene Medikamente wie z. B. Kortison sind ungünstig und können ONJ induzieren!
ACHTUNG: Denosumab muss kalt (Kühlschrank) gelagert werden!!!
Ulla schrieb am 23.7.2011:
Wenn XGEVA anders dosiert wird als Prolia mit dem gleichen Wirkstoff – lieber Himmel – könnte man dann Prolia nicht genauso dosieren wie XGEVA und man hätte es mit nur einem Namen zu tun? ( ... warum so kompliziert - wenn es denn einfacher auch ginge ! )
Sham69 beantwortete das am 28.7.2011:
Das liegt wohl daran, dass Prolia für die Osteoporose und für tumortherapiebedingten Knochenmasseverlust zugelassen worden ist und explizit hierfür zum einen Studien gemacht wurden und auch hierfür gesondert eine Zulassung erteilt worden ist im vergangenen Jahr.
Xgeva ist mit demselben Wirkstoff "ausgestattet", jedoch keine Fertigspritze und in einer völlig anderen Indiktion – nämlich der Behandlung von Knochenmetastasen bzw. der Behandlung/Vorbeugung der SREs (OP, Bestrahlung, Frakturen, Schmerzen, Rückemarkskomperessionen...) – hier erfolgte die europaweite Zulassung am 15.07.11.
Man könnte natürlich auch 2x Prolia verabreichen alle vier Wochen, das macht jedoch aus kostengründen keinen Sinn.
Hätten jetzt beide Präparate denselben Namen, käme es vermutlich für die behandelnden Ärzte, beteiligte Apotheker, Grosshändler etc. zu Missverständnissen, Fehl-bzw. Unterdosierungen.
Einen Preis anzubieten, der sowohl auf dem Gebiet Osteoporose als auch auf dem Onkologiemarkt konkurrenzfähig bzw. betriebswirtschaflich sinnig für ein Unternehmen wäre, lässt sich vermutlich nicht realisieren ?!
Ggf. hat es aber auch mit dem amerikanischen Markt zu tun, wo Xgeva bereits länger Zeit zugelassen ist.
Wirksamer?
liest man all die Studien, die das Präparat durchlaufen hat sollte man darauf schließen, dass es wirksamer ist als Zometa, da alle Endpunkte der Studien (ob nun primäre oder sekundäre, Schmerzsenkung, SRE-Rate [SRE = skeleton related event (skelettbezogene Komplikation) – Ed] etc) eine signifikante Überlegenheit zu Gunsten von Xgeva zeigen, bei einer zumindest auf dem Papier guten Verträglichkeit (keinerlei Dosisanpassungen bei Nierenproblematiken, keine Akutphasereaktion, ähnliche geringe Anzahl von Kieferosteonekrosen) und eine angenehmere und zeitschonendere Darreichungsform (Spritze statt Infusion)...
M Schostak schrieb am 13.12.2011:
Denosumab wurde in einer Studie im direkten Vergleich gegen Zometa getestet (Fast 2000 Patienten, hochrangig publiziert)) und hat etwa 18 % weniger sog. skelettassozierte Ereignisse (also Brüche usw.) zur Folge gehabt.
Es hat im Gegensatz zu Zometa keinen Einfluss auf die Nierenfunktion und macht auch weniger grippeähnliche Symptome. Dafür kann es Calciumveränderungen im Blut geben (durchaus nicht ungefährlich), und die Rate an Unterkiefernekrosen war etwas höher.
Es wird ins Unterhautfettgewebe gespritzt, Infusionen sind nicht notwendig.
Fazit: Denosumab ist wahrscheinlich geringfügig besser [als Zometa – Ed], hat teilweise andere Nebenwirkungen und wird subcutan appliziert [Zometa wird intravenös appliziert Ed].
RuStra schrieb am 17.3.2012 unter dem Betreff "FDA lehnt Indikations-Erweiterung fürs DENOSUMAB ab":
Die FDA (US-amerikanische Medikamenten-Zulassungsbehörde – Ed) hat mit Datum vom 8.2.2012 die Indikationserweiterung fürs Denosumab/XGEVA abgelehnt, und zwar auf der Basis einer Phase-III-Studie zur Verzögerung oder Vorbeugung von Knochen-Metastasierung.
Dabei zeigt die Studie einen signifikanten Vorteil, von dem die FDA aber sagt, das sei kein nachgewiesener klinischer Vorteil:
"Though the study met the pre-specified primary endpoint, with a statistically significant prolongation in BMFS, it is unclear whether an improvement in median BMFS by 4.2 months alone in patients with CRPC at high risk for bone metastases is an adequate measure of clinical benefit."
Übersetzung:
"Obwohl die Studie den festgelegten primären Endpunkt mit einer statistisch signifikanten Verlängerung des BMFS (bone metastases-free survival = Überleben ohne das Auftreten von Knochenmetastasen – Ed) erreicht hat, ist es unklar, inwieweit eine Verbesserung des mittleren BMFS um 4,2 Monate allein ein adäquates Maß für den klinischen Nutzen bei CRPC-Patienten [CRPC = castration resistant prostata cancer, kastrationsresistenter Prostatakrebs – Ed] mit hohem Risiko für Knochen-Metastasen ist."
paul007 schrieb am 4.9.2012 unter dem Betreff "Warnhinweis PEI für Xgeva (Denosumab)":
Rote-Hand-Brief: Xgeva (Denosumab)
Wichtige sicherheitsrelevante Informationen für Angehörige der medizinischen Heilberufe zu Berichten über schwere symptomatische Hypokalzämie (einschließlich Fällen mit tödlichem Ausgang) bei Patienten, die mit Xgeva (Denosumab) behandelt wurden.
http://www.pei.de/cln_092/nn_2299076/DE/arzneimittelsicherheit-vigilanz/archiv-sicherheitsinformationen/2012/ablage2012/2012-09-03-rhb-xgeva.html
[In diesem Warnschreiben wird vor dem Risiko einer Hypokalzämie bei einer Behandlung mit Denosumab gewarnt. Hypokalzämie ist das Gegenteil von Hyperkalzämie = zu hoher Kalziumspiegel im Blut, also ein zu niedriger Kalziumspiegel. Daher die im Kopf dieser Seite aufgeführte Empfehlung der Kalzium- und Vitamin-D-Substitution bzw. -überwachung – Ed]
Das kommentierte Strahlentherapeut Daniel Schmidt am selben Tag:
Das ist nichts Neues und gut vorstellbar. Auch bei Bisphosphonaten kann es zu Elektrolytentgleisungen kommen, daher gibt man auch gerne Calcium dazu.


Urologe fs schrieb am 8.9.2014 unter dem Betreff „AMGEN veröffentlicht Rote-Hand-Brief zu XGEVA/Prolia“:
Eine XGEVA/PROLIA-Behandlung ist nicht harmlos, wie oft suggeriert wird. Vermehrtes Auftreten von Kieferosteonekrosen mit längerer Anwendungsdauer (3,7 bis 4,6 %). Außerdem werden schwere Hypokalziämien [ein zu niedriger Kalziumspiegel im Blut – Ed] beobachtet (9 %, einige mit TÖDLICHEM Ausgang).
Es ist daher wichtig, dass der anwendende Arzt diese Probleme kennt und auch entsprechende Laborwerte bestimmt (und nicht nur immer PSA oder so).
Hier der Link zum Rote-Hand-Brief: http://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/RHB/Archiv/2014/20140904.pdf