Der Extrakt aus dem Prostatakrebs-Forum von KISP und BPS

Nebenwirkungen – Osteonekrose

[Die Osteonekrose (Knochenzerstörung) ist eine ganz üble potenzielle Nebenwirkung, die – im Zusammenhang mit Prostatakrebs – bei Patienten auftreten kann (nicht muss), die wegen Knochenmetastasen, Osteoporose oder prophylaktisch mit Bisphosphonaten (namentlich Aredia®, Zometa®, Fosamax® und Actonel®) behandelt werden. Bei solchen Patienten sind anlässlich von Zahn- und Kieferbehandlungen nicht heilende Extraktionswunden oder freiliegende Kieferknochen eingetreten, die kaum zu behandeln waren (der nachstehenden Hinweis zu Biaxin® ist die einzige bisher bekannt gewordene Behandlungsmöglichkeit. Der entsprechende Wirkstoff ist Clarithromycin).
Das untenstehende Bild seiner eigenen Kiefernekrose stellte mir ein Betroffener freundlicherweise zwecks Anschauung zur Verfügung.
Die Inzidenz dieser Nebenwirkung ist glücklicherweise niedrig, sie liegt bei etwa 5 % und tritt erst nach etwa drei Jahren Behandlung mit dem Bisphosphonat auf. Dies ist natürlich kein Trost für diejenigen, die davon betroffen sind.

Zur Osteonekrose bzw. Kiefernekrose gab es Berichte z. B. im "BPS-Magazin", 1/2005, "Medical Journal of America" und in "USA Today".
Es wurden im Laufe der Jahre eine Reihe von Bisphosphonaten entwickelt, die in ihrer angestrebten knochenschützenden Wirkung unterschiedlich potent sind und bei denen das Risiko, eine Kiefernekrose zu entwickeln, unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Die nachstehende Tabelle (nach Piesold JU, Al-Nawas B, Grötz KA: Osteonecrosis of the jaws by long term therapy with bisphosphonates. Mund Kiefer Gesichtschir 2006; 10: 287, wiedergegeben in Knut A. Groetz, "Kiefernekrose unter Bisphosphonattherapie – eine Standortbestimmung", Expertenworkshop „Supportivtherapie in der Onkologie“, Rottach-Egern, 12. - 14.01.2007) gibt darüber Aufschluss:



Aredia® und Zometa® bringen demnach das höchste Risiko mit sich, dass der Patient nach längerer Behandlung eine Kiefernekrose entwickelt.
Es ist deshalb dringend angeraten, vor Beginn einer Behandlung mit einem dieser Präparate eine gründliche Zahnsanierung vornehmen zu lassen!
Ähnlich der "Interdisziplinären Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms" gibt es die Leitlinie "Bisphosphonat-assoziierte Kiefernekrose (BP-ONJ) und andere Medikamenten-assoziierte Kiefernekrosen". Sie kann als PDF-Datei hier heruntergeladen werden.
Einige Kliniken haben sich auf das Behandeln von Patienten mit Bisphosphonat-assoziierter Kiefernekrose spezialisiert bzw. haben bereits viele derartige Patienten behandelt und damit entsprechende Erfahrung gesammelt. Hier können Sie eine ständig ergänzte Liste solcher Kliniken herunterladen (PDF-Format). Sie können auch per E-Mail weitere, bisher nicht aufgeführte Kliniken melden.
Ed]

Guy schrieb am 25.10.2004:
Hierbei ein Artikel über eventuell auftretende Nebenwirkungen von Bisphosphonaten, die jeder kennen sollte (vor allem Zahnärzte), deshalb stelle ich den folgenden Artikel ins Forum.
http://www.akdae.de/20/20/20040802.html [diese Datei ist online nicht mehr verfügbar – Ed]
Osteonekrosen des Kiefers unter Bisphosphonaten (UAW-News - International)
Bisphosphonate werden zunehmend eingesetzt zur Therapie der Osteoporose, bei osteolytischen Knochenmetastasen von soliden Tumoren bzw. Osteolysen bei multiplen Myelomen oder bei Hyperkalzämie im Rahmen maligner Erkrankungen. In einer New Yorker Klinik für Mund- und Kieferchirurgie fiel jetzt eine Gruppe von Patienten mit nekrotischen Läsionen des Kiefers auf, denen eine klinische Eigenschaft gemeinsam war: sie hatten alle eine Dauertherapie mit den auch in Deutschland zugelassenen Bisphosphonaten Pamidronat, Zoledronat oder Alendronat erhalten.
Deutsches Ärzteblatt, Jg. 101, Heft 31-32, 02.08.2004
Osteonekrosen des Kiefers unter Bisphosphonaten
Die AkdÄ möchte Sie im Folgenden über Publikationen und Meldungen aus dem internationalen Raum informieren und hofft, Ihnen damit nützliche Hinweise auch für den Praxisalltag geben zu können.
Bisphosphonate werden zunehmend eingesetzt zur Therapie der Osteoporose, bei osteolytischen Knochenmetastasen von soliden Tumoren bzw. Osteolysen bei multiplen Myelomen oder bei Hyperkalzämie im Rahmen maligner Erkrankungen. In einer New Yorker Klinik für Mund- und Kieferchirurgie fiel jetzt eine Gruppe von Patienten mit nekrotischen Läsionen des Kiefers auf, denen eine klinische Eigenschaft gemeinsam war: sie hatten alle eine Dauertherapie mit den auch in Deutschland zugelassenen Bisphosphonaten Pamidronat (Aredia®), Zoledronat (Zometa®) oder Alendronat (Fosamax®) erhalten (1; 2). Eine retrospektive Analyse aller Patienten zwischen Februar 2001 und November 2003 mit refraktärer Osteomyelitis und anamnestisch einer Therapie mit Bisphosphonaten ergab 63 Patienten mit einer solchen Vorgeschichte. Von den 63 Patienten hatten 56 eine intravenöse Therapie für mindestens ein Jahr erhalten, und sieben Patienten erhielten eine orale Langzeittherapie. Die Grunderkrankungen waren in 44 Prozent multiple Myelome, 32 Prozent Mammakarzinome, 13 Prozent Osteoporose, 5 Prozent Prostatakarzinome und 6 Prozent andere Erkrankungen. Die Läsionen waren typischerweise nicht heilende Extraktionswunden oder ein freiliegender Kieferknochen,jeweils refraktär gegenüber konservativem Debridement oder antibiotischer Therapie. Eine australische (3) und eine amerikanische Publikation (4) hatten im Jahre 2003 erstmals (Letter) auf die Problematik hingewiesen.
Osteonekrosen des Kiefers (avaskuläre Nekrosen) sind gekennzeichnet durch Verlust oder Zerstörung des Knochens unter den Zähnen. Die Biopsien ergaben keinen Hinweis auf Metastasen beziehungsweise Osteolysen, wie man es bei den entsprechenden Grundkrankheiten differenzialdiagnostisch annehmen könnte. Klinisch imponierten die Nekrosen wie dentale Abszesse, "Zahnschmerzen" oder wunde Stellen im Bereich des Zahnfleisches. Zahnextraktionen stehen häufig am Beginn der Episoden dieser nichtheilenden Nekrosen. Der Kausalzusammenhang der Osteonekrosen des Kiefers mit Bisphosphonaten ist nicht gesichert. Andere Faktoren, wie Begleittherapien (Chemotherapie, Radiatio, Corticosteroide) oder patientenseitige Faktoren (Anämie, Infektionen, vorbestehende kieferchirurgische Erkrankungen) können eine Rolle spielen.
Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA hat bereits für Pamidronsäure (Aredia®) und Zoledronsäure (Zometa®) diese bislang unbekannte unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) in die Gebrauchsinformationen aufnehmen lassen. Die Autoren der New Yorker Studie weisen darauf hin, dass Ärzte angesichts der steigenden Verordnungen von Bisphosphonaten verstärkt auf derartige UAW achten sollten. Ein Problem dabei scheint zu sein, dass sich betroffene Patienten möglicherweise nicht an den die Bisphosphonate verordnenden Arzt, sondern an den Zahnarzt beziehungsweise Kieferchirurgen wenden und die unerwünschten Arzneimittelwirkungen auf diese Weise nicht als solche erkannt werden. Zahnärzte bzw. Kieferchirurgen sind deshalb besonders zur Aufmerksamkeit gegenüber diesen UAW aufgefordert.
Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf de vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen unter der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.
Literatur
1. Ruggiero SL, Mehrotra B, Rosenberg TJ, Engroff SL: Osteonecrosis of the jawsassociated with the use of bisphosphonates: a review of 63 cases. J Oral MaxillofacSurg 2004; 62: 527-534.
2. Schwartz HC: Osteonecrosis and bisphosphonates: correlation versus causation. J Oral Maxillofac Surg 2004; 62: 763-764.
3. Carter GD, Goss AN: Bisphosphonates and avascular necrosis of the jaws. Aust Dent J 2003; 48: 268.
4. Marx RE: Pamidronate (Aredia) and zoledronate (Zometa) induced avascularnecrosis of the jaws: a growing epidemic. J Oral Maxillofac Surg 2003; 61: 1115-1117.
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft
Geschäftsführer Prof. Dr. med. H. Berthold
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Ralf schrieb am 7.5.2005:
In der neuesten Ausgabe des BPS-Magazins (Heft 1/2005, Euer SHG-Leiter sollte es für Euch haben) ist unter dem Titel OSTEONEKROSEN DES KIEFERS UNTER THERAPIE MIT BISPHOSPHONATEN ein Artikel zu einem Problem erschienen, das anscheinend noch wenig Aufmerksamkeit erregt hat, aber jeden betrifft, dem ein Bisphosphonat wie Aredia oder Zometa verabreicht wird. Es wurde bereits im Forum darüber berichtet (Forumextrakt => Medikamente => Bisphosphonate).
Heute bekam ich eine Anfrage von einer Patientin, der seit Jahren regelmäßig Aredia verabreicht wird, die sich kürzlich einer Zahnbehandlung unterziehen musste und bei der sich prompt dies beschönigend als "unerwünschte Arzneimittelwirkung" (UAW) bezeichnete Phänomen einstellte.
Der Artikel im BPS-Magazin gibt leider keinerlei Ratschlag, was getan werden kann, wenn der Schaden erst einmal eingetreten ist. Ich entsann mich, dass ich auf der Seite von Drs. Leibowitz und Tucker (ich nenne sie hier, auch wenn die Namen für den einen oder den anderen von Euch ein rotes Tuch sind) einen Artikel hierzu gesehen hatte, der bisher noch unübersetzt ist (er stammt vom Februar 2004). Ich habe für die Antwort an die Patientin zwei Aussagen aus dem Artikel herausgezogen und kurz übersetzt, hier sind sie:
1. We strongly recommend that any of our patients who are being treated with Aredia or Zometa not allow any dental extraction without discussing it with us. Our usual recommendation is to have a root canal procedure done, and then just let the tooth fall out naturally. If one of our patients develops osteonecrosis, we almost always have to recommend temporarily or permanently discontinuing their Aredia or Zometa.
Wir empfehlen nachdrücklich, dass keiner unserer Patienten, die mit Aredia oder Zometa behandelt werden, einer Zahnextraktion zustimmt, ohne zuvor mit uns darüber gesprochen zu haben. Gewöhnlich empfehlen wir, eine Zahnwurzelkanalbehandlung durchführen zu lassen und dann den Zahn auf natürlichem Wege herausfallen zu lassen. Wenn einer unserer Patienten eine Osteonekrose entwickelt, müssen wir fast immer empfehlen, Aredia oder Zometa zeitweilig oder dauerhaft abzusetzen.
2. In February 2004, Dr. Berenson told us that anecdotally he has found that some patients respond to Biaxin XL 500, one twice a day for 14 days. We are trying this approach with or without other antibiotics.
Im Februar 2004 erzählte Dr. Berenson uns, dass er festgestellt hat, dass einige Patienten auf Biaxin XL 500 ansprechen, zweimal täglich eine Tablette, 14 Tage lang. Wir probieren das jetzt mit oder ohne andere Antibiotika aus.
Ich schrieb dann weiter an diese Patientin:
"Dieser Artikel ist jetzt über ein Jahr alt und wurde bisher nicht aktualisiert. Da mich die Sache jetzt auch interessiert (ich fürchte, ich werde in Zukunft weitere Anfragen zu diesem Problem bekommen), werde ich Dr. Tucker anschreiben (ich war im März bei ihm in LA) und ihn fragen, ob es neuere Erkenntnisse gibt. Ich kann natürlich nicht garantieren, dass er antworten wird, da er und Dr. Leibowitz vielbeschäftigte Männer sind.
Vielleicht sollten Sie und Ihr Zahnarzt oder der Arzt, von dem Sie das Aredia erhalten, dem Hinweis mit dem Biaxin XL 500 nachgehen. Ich habe dazu gegoogelt, und es scheint, dass dies in Deutschland nicht im Handel ist, nur Tabletten mit 250 mg. Davon müssten dann wohl zweimal täglich zwei genommen werden.
In einem Vortrag, den Dr. Leibowitz einmal vor einer PK-Selbsthilfegruppe in Kalifornien hielt, sagte er über Biaxin folgendes:
'Irgendwann einmal hatte jemand eine sehr schlimme Infektion der oberen Atemwege, und der Arzt behandelte ihn mit Biaxin, einem Antibiotikum, zweimal täglich. Und dieser Patient, ich weiß nicht, ob Mann oder Frau, hatte ein multiples Myelom, schreckliche Knochen­schmerzen, nahm Thalidomid und Decadron™ [= Dexamethason – Ed], was nicht wirkte, die Schmerzen wurden schlimmer, er nahm Biaxin, und die Schmerzen waren weg!'"
Jeder, der Aredia oder Zometa bekommt, sollte an das Osteonekrose-Problem denken, wenn er zum Zahnarzt geht. Kein Zahnarzt wird seinen Patienten fragen, ob ihm zufällig Bisphosphonate verabreicht werden, bevor er ihm einen Zahn zieht. Kein Uro- oder Onkologe, der einem Patienten ein Bisphosphonat verabreicht, wird auf absehbare Zeit daran denken, ihn vor Zahnarztbesuchen zu warnen. Wenn Ihr nicht selbst daran denkt und zu denen gehört, bei denen sich diese UAW einstellt, seid Ihr verratzt.
Bernt ergänzte am selben Tag:
Biaxin enthält das Antibiotikum Clarithromycin. 500-mg-Tabletten sind in Deutschland unter "Klacid forte" erhältlich.
Und Dieter V. am 9.5.2005:
Ich habe in der gelben Liste nachgesehen und folgende Medikamente gefunden:
Präparate (lt. Gelbe Liste)
Clarithromycin
Medikament                         Hersteller     Packungen            AVP      
Klacid® Forte 500 mg Filmtbl. (Rp)   Abbott     14 Forte Filmtbl. N1  46,30 €
Clarithromycin-1A                    Pharma     20 Filmtbl. 500 mg N2 44,60 €
Clarithromycin                       HEXAL®     20 Filmtbl. 500 mg N2 44,67 €
Biaxin®                              HP         20 Filmtbl. 500 mg N2 90,41 €
Udo E. recherchierte weiter und schrieb, ebenfalls am 9.5.2005:
Sollte man weiter Bisphosphonate nehmen?
Nicht wenige Privatatienten kommen in den zweifelhaften Genuss einer Übertherapie mit Zometa oder Aredia und ihrer möglichen Nebenwirkungen, wenn sie sich bereits bei einem vermutlich nur mäßig aggressiven PK (z. B. Gleason Score 6) und organbegrenztem Stadium T2 spritzen lassen.
Anders liegt der Fall z. B. ab Gleason 4+3, (d. h. nach Partin-Tabelle nicht mehr organbegrenzt sondern Mikrometasen) und geringer Knochendichte vor Hormonentzugstherapie.
Anbei Meldungen u. a. aus dem Arznei-Telegramm zur Nebenwirkung Osteonekrose des Kiefers. Danach soll ein Zehntel der untersuchten Nekrosefälle von Fosamax und Actonel verursacht sein.
Bemerkenswertes Zitat:
"Bisphosphonate verweilen Monate bis Jahre, eventuell lebenslang im Knochen und werden nicht verstoffwechselt. Ausbildung weiterer Nekrosen trotz Absetzens ist beschrieben."
KIEFER-NEKROSEN UNTER BISPHOSPHONATEN
Auszug aus arznei-telegramm 8.2.05, www.arznei-telegramm.de
Nach der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft1 warnt nun auch das BfArM vor Knochennekrosen des Kiefers in Verbindung mit Bisphosphonaten, vor allem Pamidronat (AREDIA) und Zoledronat (ZOMETA).
Die schwer therapierbaren Defekte treten häufig nach zahnmedizinischen Eingriffen auf und imponieren klinisch beispielsweise als lokale Entzündung mit freiliegendem Kieferknochen oder Osteomyelitis [Knochenmarkentzündung – Ed].
Wie angesichts der Anwendungsgebiete von Pamidronat und Zolendronat zu erwarten, bestehen bei vielen Betroffenen weitere Risikofaktoren wie Krebserkrankung, Chemo- und Strahlentherapie oder Steroidgebrauch.
Gegen ein zufälliges Zusammentreffen spricht jedoch die Beobachtung von Ärzten einer New Yorker Klinik für Mund- und Kieferchirurgie:
Ihnen fällt eine Häufung von Patienten mit hartnäckigen Knochenentzündungen und -nekrosen auf, die klinisch und radiologisch einem Krankheitsbild nach Bestrahlung des Kiefers gleichen.
Während sie diese so genannten Osteoradionekrosen mit ein bis zwei Personen pro Jahr weiterhin selten beobachten, dokumentieren sie nach einer retrospektiven Auswertung innerhalb von zweieinhalb Jahren 63 Patienten, die unter Bisphosphonaten eine Knochennekrose des Kiefers entwickelt haben, ohne dort zuvor bestrahlt worden zu sein.
Bei allen wurde eine Osteolyse [Auflösung und Abbau von Knochengewebe – Ed] bioptisch [durch Biopsie – Ed] ausgeschlossen.
Ursächlich für die Knochennekrosen könnten eine Hemmung des physiologischen Knochenumbaus sowie antiangiogene Eigenschaften sein.
Bisphosphonate verweilen Monate bis Jahre, eventuell lebenslang im Knochen und werden nicht verstoffwechselt. Ausbildung weiterer Nekrosen trotz Absetzens ist beschrieben.
Das BfArM empfiehlt jetzt eine zahnärztliche Untersuchung vor Therapiebeginn. Unter der Behandlung sind zahnmedizinische Eingriffe „auf das erforderliche Minimum” zu begrenzen. Die Fachinformationen von Pamidronat und Zoledronat werden entsprechend angepasst. Ein Hinweis fehlt jedoch bei Alendronat (FOSAMAX)4 und Risedronat (ACTONEL).
In der retrospektiven Auswertung der New Yorker Ärzte haben jedoch 7 der 63 Patienten wegen Osteoporose Alendronat (6) oder Risedronat (1) eingenommen.
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft
Bisphosphonate und Knochennekrosen
Arzneimittelschnellinformation (ASI)
BfArM, ASI 1/05
Bisphosphonate werden mit zunehmender Häufigkeit zur Behandlung der Osteoporose verordnet. Darüber hinaus finden sie Anwendung bei Osteolysen infolge von Knochenmetastasen solider Tumoren oder hämatologischer Neoplasien, bei tumorinduzierter Hyperkalzämie und beim M. Paget.
Im Jahr 2003 wurde in einer US-amerikanischen Publikation erstmals der Verdacht auf einen Zusammenhang zwischen der Anwendung von Bisphosphonaten und Osteonekrosen des Kiefers geäußert.
Der Autor berichtete von 36 Patienten, die, zumeist wegen eines Multiplen Myeloms oder eines metastasierten Mamma-Karzinoms, mit Bisphosphonaten behandelt wurden und Osteonekrosen des Kiefers entwickelten. Klinisch bot sich typischerweise das Bild schmerzhafter, nicht heilender Läsionen mit freiliegendem Unter- oder seltener Oberkieferknochen.
Konservative oder chirurgische Maßnahmen führten meist nicht zu einer dauerhaften Sanierung oder verschlechterten den Lokalbefund weiter (1).
In der Folge berichteten Autoren aus den USA und Australien über weitere Fälle (2, 3). Das klinische Bild ähnelte dabei stark einer Berufserkrankung, die früher bei Arbeitern auftrat, die in der Streichholzproduktion weißem Phosphor ausgesetzt waren (4).
Hinsichtlich der Pathogenese verweisen einige der Autoren neben der hemmenden Wirkung auf den physiologischen Knochenumbau auf die anti-angiogenetische Wirkung der Bisphosphonate.
Dem BfArM wurden bisher 63 Verdachtsfälle von Knochennekrosen des Kiefers unter Anwendung von Bisphosphonaten gemeldet. Alle Meldungen stammen aus den Jahren 2004 und 2005 und wurden vermutlich durch die genannten Publikationen und einen entsprechenden Hinweis der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (5) ausgelöst.
Kritiker des vermuteten Kausalzusammenhangs weisen darauf hin, dass die überwiegende Mehrheit der betroffenen Patienten an malignen soliden Tumoren mit Knochenmetastasen oder an einem Multiplen Myelom litten und eine Chemo-, Radio- oder Steroidtherapie erhielten. Diese Faktoren erhöhen jedoch selbst das Risiko für die Entwicklung von Knochennekrosen.
Darüber hinaus betrafen fast alle publizierten oder dem BfArM gemeldeten Fälle die Bisphosphonate Pamidronat (u. a. Aredia®) und Zoledronat (Zometa®). Diese intravenös zu applizierenden Arzneimittel werden entsprechend ihres zugelassenen Anwendungsgebiets vornehmlich bei Tumorpatienten mit Knochenmetastasen eingesetzt.
Nur wenige Berichte betreffen Patienten, die andere Bisphosphonate erhielten oder aufgrund einer Osteoporose behandelt wurden. In einem großen Teil der Fälle ging dem Auftreten der Knochennekrose ein zahnmedizinischer Eingriff, wie z. B. eine Zahnextraktion voraus.
Insgesamt ist ein kausaler Zusammenhang zwischen der Anwendung von Bisphosphonaten und dem Auftreten von Osteonekrosen des Kiefers nicht gesichert. Möglicherweise tritt der Effekt bevorzugt bei Patienten auf, die durch Tumorerkrankungen oder durch Chemo-, Radio- und Steroidtherapien eine Prädisposition [Zustand, der eine Krankheit begünstigt – Ed] für Osteonekrosen haben, wobei ein zahnmedizinischer Eingriff als Auslöser fungieren kann.
Für Pamidronat (u. a. Aredia®) und Zoledronat (Zometa®) wird seit kurzem in den Fach- und Gebrauchsinformationen auf den möglichen Zusammenhang hingewiesen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass andere Bisphosphonate, die vorwiegend zur oralen Therapie bei Osteoporose eingesetzt werden, ebenfalls zu der beschriebenen unerwünschten Wirkung führen.
Betroffene Patienten wenden sich häufig nicht an den das Bisphosphonat verordnenden Arzt, sondern den Zahnarzt oder Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen, dem die bestehende Medikation nicht bekannt ist.
Wir bitten daher alle Ärzte und Zahnärzte um besondere Aufmerksamkeit für die beschriebene mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkung.
Bei Patienten, die Bisphosphonate erhalten, insbesondere wenn zusätzliche Risikofaktoren wie Tumorerkrankungen, Chemo-, Radio- oder Steroidtherapie bestehen, sollten zahnmedizinische Eingriffe auf das erforderliche Minimum begrenzt werden. Gegebenenfalls sollte vor Beginn einer Bisphosphonat-Therapie eine zahnärztliche Untersuchung erfolgen und eine notwendige zahnärztliche Behandlung abgeschlossen werden.
Literatur
1. Marx, R.E., Pamidronate (Aredia) and zoledronate (Zometa) induced avascular necrosis of the jaws: a growing epidemic. J Oral Maxillofac Surg, 2003. 61(9): p. 1115-7.
2. Migliorati, C.A., Bisphosphonates and oral cavity avascular bone necrosis. J Clin Oncol, 2003. 21(22): p. 4253-4.
3. Carter, G.D. and A.N. Goss, Bisphosphonates and avascular necrosis of the jaws. Aust Dent J, 2003. 48(4): p. 268.
4. Berthold HK, Diel IJ, Gouni-Berthold I: "Phossy Jaw" revisited - do bisphosphonates cause "bisphossy jaws". Drug Safety 2004; 27: 920
5. AkdÄ, Osteonekrosen des Kiefers unter Bisphosphonaten. Deutsches Ärzteblatt, 2004. 101(31-32): p. A 2203.
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft
Geschäftsführer Prof. Dr. med. H. Berthold
Herbert-Lewin-Platz 1 (Wegelystr.)
10623 Berlin
http://www.akdae.de/20/10/961_20050210.html

glenewinkel fragte am 20.3.2006:
Hallo, wer hat Erfahrungen mit der Einnahme von Zometa und der Nebenwirkung von Kieferveränderungen? Suche insbesondere Herrn Gerd U., der selbst im September vergangenen Jahres an der Uniklinik Mainz (Prof. Wagner) operiert wurde. Wäre super nett, wenn ich erfahren könnte, ob der Kiefer nun wieder geheilt werden konnte. Wichtige Frage auch, musste deshalb die Zometa Behandlung gestoppt werden?
Der angesprochene Gerd U schrieb am selben Tag:
Das nekrotische Gewebe ist durch die Operation aus meinem Unterkiefer entfernt worden und ich bin jetzt frei von Beschwerden. Allerdings hat mir ein Oberarzt der Uniklinik, Mainz in Aussicht gestellt, dass ich in spätestens zwei Jahren mit einem Rezidiv rechnen müsse.
Ich bekomme seit September vergangenen Jahres kein Zometa mehr.
Außerdem berichtete Julius P.:
Am 07.02.2006 ist bei mir die Kiefer-Nekrose erfolgreich operiert worden. Die Zometa-Infusionen habe ich bereits im April 2005 abgesetzt, wobei die Wirkung von Zometa in den Knochen noch Jahre anhalten soll, bei manchen sogar ein Leben lang, was in unserem Fall nicht vorteilhaft ist.
Die OP-Fäden wurden gezogen, die OP-Wunden sind verheilt, heute war die Endkontrolle durch Prof. Dr. Weingart im Katharinenhospital Stuttgart. Die OP erfolgte unter Vollnarkose, der stationäre Aufenthalt betrug fünf Tage. Zometa werde ich nicht mehr anwenden, da die Gefahr einer weiteren neuen Nekrose im Kiefer nicht ausgeschlossen werden kann. Medikation war: Isocillin und Klacid forte 500 mg. Eine Nahrungs-Sonde nach der OP war bei mir nicht nötig, denn ich konnte nach einem Tag bereits weiche und flüssige Nahrung zu mir nehmen.
Die Operation sollte man nicht auf die lange Bank schieben, sondern bald durchführen, denn die Nekrose vergrößert sich zunehmend.

Hansjörg schrieb am 7.2.2007:
Erst gestern Abend bei dem Treffen unserer Selbsthilfegruppe saß ich einem Betroffenen gegenüber, der Zometa einnahm, während der Zometa-Behandlung sich einen Zahn ziehen ließ, und daraufhin eine Kiefernekrose erlitt.
Das scheint eine scheußliche Angelegenheit zu sein, und er musste sich in der Uni-Klinik Mainz einer komplizierten Operation unterziehen.
Das ist nun schon der zweite Fall in unserer Gruppe.
Als Rat:
Während der Zometa-Einnahme sollte eine extreme Mundhygiene gemacht werden, so 5 x am Tag die Zähne putzen.

Klausel schrieb am 14.8.2007 unter dem Betreff "Bisphosphonat ein Kuckucksei? Kiefer-Osteonekrose, ein Erfahrungsbericht":
1.Vorgeschichte
Als PCa-Betroffener, der sich mit einer HB3 und anschließender Radiotherapie behandeln ließ, habe ich seit Januar 2001 das (BP) Bisphosphonat Actonel zur Vermeidung einer Osteoporose für insgesamt fünf Jahre oral eingenommen.
Mit Actonel wollte ich auch einen gewissen Knochenschutz bzw. -versiegelung gegenüber Absiedelungen von Metastasen im Knochen erreichen. Um diesen wirkungsvoller zu gestalten, habe ich mir eine Zometa-Infusion, 2 mg geben lassen. Die Zometa-Infusionen musste ich aber sofort aufgeben, da ich ein Herzkammerflattern bekommen hatte. Daraufhin setzte ich auch Actonel für rund ein Jahr ab.
Zu Beginn 2007 bekam ich plötzlich Zahnschmerzen mit gleichzeitigem, intensiven Mundgeruch. Da ich die Zahnschmerzen selbst nicht in den Griff bekam, suchte ich, ausgerüstet mit dem BPS-Merkblatt "Osteonekrose" aus "Texten und Aufsätzen", den Zahnarzt auf, der an Hand einer Kiefer-Panoramaaufnahme drei eitrige Zähne im Unterkiefer diagnostizierte.
Da ich befürchtete, dass die Infektionsherde der drei eitrigen Zähne im Unterkiefer selbst eine Kiefer-Osteonekrose auslösen könnten – dies war die Schlussfolgerung aus den beiden nachfolgend genannten Merkblättern – mussten die eitrigen Zähne bald gezogen werden. Ein Hinausschieben gab keinen Sinn.
Unter den beiden Web-Adressen findet Ihr die zwei weiteren, ausführlicheren Merkblätter, nach deren Lektüre ein Zahnarzt Euch nur noch mit größter Vorsicht behandeln wird, wenn er überhaupt noch mit einer Behandlung beginnt.
http://www.multiplesmyelom.at/uploads/media/Merkblatt_Osteonekrose.pdf
http://www.multiplesmyelom.at/64.html
Mein Zahnarzt, der aufgrund der Informationen der Merkblätter meine Behandlung ablehnte, gab mir die Adressen von zwei niedergelassenen Kieferchirurgen und wünschte mir alles Gute.
Was war nun zu tun?
Mit meinen nachstehenden Ausführungen berichte ich über meinen Weg, der es mir ermöglichte zu erkennen, dass ich den richtigen Kieferchirurgen gefunden hatte:
Am 05.01.07 hatte Michael einen Bericht über "Bisphosphonat-assoziierte Osteonekrose der Maxilla/Oberkiefer" ins Forum gestellt. Hiernach gehörte ich mit meinem Fall zu den Patienten mit niedrigem Risiko, da ich eine orale BP-Therapie ohne zusätzliche Chemo- und Kortison-Präperate gemacht hatte. Doch nach Auskunft des mich jetzt behandelnden Mund-Kiefer-Gesichts-(MKG-) Chirurgen im Klinikum der Universität Regensburg sind Patienten mit oral verabreichten BP zu den Risikopatienten zu rechnen, wenn die Einnahme länger als fünf Jahre vor dem chirurgischem Eingriff bestand. Da meine Kieferknochen sehr verdichtet sind, vermutlich auch, weil ich seit meiner Jugend ein Zahnknirscher bin, wurde ich als Risikopatient eingestuft.
2. Maßnahmen vor der OP
Am 26.02.07 setzte ich wegen des anti-angiogenen Effektes der BP das Actonel ab, um eine bessere Ausheilung der Zahnextraktionswunden zu erreichen. Entsprechend der Empfehlung der Merkblätter war es mein Ziel, nach dem Absetzen von Actonel den OP-Termin um vier Monate hinauszuschieben. Verschiedentlich wird auch eine Pause von mindestens sechs bis neun Monaten vorgeschlagen, was wohl bei einer hoch dosierten, langjährigen Zometa-Infusion notwendig sein dürfte.
Meine bestehenden Zahnschmerzen bekam ich mit einer intensiven Mundpflege in den Griff.
Da ich mit dem Rücken zur Wand stand, bin ich noch einer Empfehlung meines naturheilkundlich-orientierten Nachbarn nachgekommen und habe morgens und abends mit einem Esslöffel Bio Sonnenblumenöl fünf bis zehn Minuten die Mundhöhle gespült. Ich wollte damit die bakterielle Flora im Mundraum für den OP-Eingriff verbessern. Dies ist mir sicher auch insoweit gelungen, als der Eiter eines Zahnes, den ich beim Zähneputzen immer wieder schmeckte, zusammen mit dem intensiven Mundgeruch nach rund vier Wochen verschwand. Mit der intensiven Mundpflege konnte ich den OP-Termin für Anfang Juli planen, womit ich eine viermonatige BP-Pause vor der OP einhalten konnte.
3. Kriterien für eine OP-Behandlung einer BP-assozierten Kiefer-Osteonekrose
Aus dem Internet habe ich die nachstehenden Empfehlungen für eine kieferchirugische Behandlung von Kiefer-Osteonekrosen zusammengetragen. Sie gelten auch für die Durchführung "kleinerer" chirurgischer Eingriffe.


● Behandlung in einer MKG-Klinik mit der Möglichkeit, den Eingriff auch unter Vollnarkose mit anschließender stationärer Betreuung durchzuführen.
● Der chirurgische Eingriff hat mit einer möglichst atraumatischen Operationstechnik zu erfolgen, d. h. die Verletzungen der Mundschleimhaut müssen so gering wie möglich gehalten werden.
● Gebildetes, nekrotisches Gewebe ist vollständig und schonend zu entfernen. Hier bestehen nach meiner Kenntnis zwei Möglichkeiten:
  - "Abschaben" des nekrotischen Knochengewebes bis sich frisch blutender Knochen zeigt.
  - Vorbehandlung des Kieferknochens mit fluoreszierendem Tetrazyklin. Unter spezieller Beleuchtung erscheint das abgestorbene Knochengewebe schwarz, gesunder Knochen fluoresziert. Diese Behandlung erfolgt voraussichtlich innerhalb einer Studie ab Ende diesen Jahres.
● Die Eingriffswunden sind unter spannungsfreier Mobilisierung ausreichender Weichgewebe, mit einer sicheren Abdeckung zu verschließen, um zu verhindern, dass parodontale Infektionen zur Infektion des Kiefers führen.
● Es ist für einen ausreichenden antibiotischen Schutz zu sorgen, der am Tag vor der OP beginnt und bis zur Entfernung der Nahtfäden (nicht vor dem zehnten postoperativen Tag) fortgeführt werden muss.
● Das Operationsgebiet ist sauber zu halten, durch eine künstliche Ernährung über eine Nasensonde sowie durch 3-maliges Spülen der Mundhöhle mit einer chlorhexidinhaltigen Lösung.
4. Chirurgischer Eingriff in der MKG-Klinik der Universität Regensburg
4.1 MKG-Klinik in M.
Zunächst suchte ich eine MKG-Klinik in M. auf, um mich über den Ablauf des kieferchirurgischen Eingriffes zu informieren.
Der konsultierte Arzt hielt es bei mir für notwendig, allein aufgrund der vorgelegten Kiefer-Panoramaaufnahme und meiner dokumentierten Krankengeschichte alle Zähne im Unter- als auch im Oberkiefer zu entfernen!! Meine zögernde Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, zunächst den Unterkiefer mit den eitrigen Zähnen zu behandeln, quittierte der Arzt mit der Bemerkung, "das müssen sie schon uns überlassen". Als ich mich dann noch nach den Möglichkeiten der späteren Zahnversorgung erkundigte, erhielt ich zur Antwort, dass ich froh sein sollte, wenn ich den Kiefer nicht verliere!! Zur Bekräftigung erzählte mir der Arzt einen Fall eines Patienten, bei dem es so gelaufen war.
Mein erster Gedanke nach dem Gespräch war, wie werden Kassenpatienten behandelt, die sich vorher nicht gründlich informiert haben? Ich hatte mich informiert. Vielleicht lag hier das Problem des Arztes.
Der Arzt hielt es noch nicht einmal für erforderlich, in den Mund zu schauen und sich über meine Zahnsituation selbst ein Bild zu machen. Da ich einen schriftlichen Behandlungsvorschlag wollte, wurde nach dem Gespräch, wie in alten Zeiten, von jedem Zahn ein einzelnes Röntgenbild gemacht. Eine Panorama-Aufnahme, von der ich eine CD-Kopie haben wollte, konnte mangels einer geeigneten Ausrüstung nicht gemacht werden.
Aufgrund meiner vorher gesammelten Informationen wusste ich, dass die Beratungsempfehlung eklatant dem Erfordernis einer möglichst atraumatischen OP-Technik widersprach. Die Entfernung aller Zähne hätte für mich zu einem erhöhten Komplikationsrisiko geführt.
4.2 MKG-Klinik der Universität Regensburg
Nach meinem Desaster-Gespräch in M. suchte ich aufgrund der Empfehlung des Zahnarztes meiner Frau die MKG-Klinik der Universität Regensburg auf.
Auf meine Frage nach dem zu erwartenden Behandlungsablauf untersuchte der Leiter der MKG-Klinik meine Zähne, verglich seinen Befund mit der vorgelegten Panoramaaufnahme und schilderte dann Punkt für Punkt den vorstehenden, unter Ziffer 3 zusammengestellten Behandlungsablauf, wobei er diesen gleich schriftlich festlegte.
Mir war, als würde mir ein roter Teppich ausgerollt. Dieses Gefühl der Erleichterung, was ich bei schwierigen Entscheidungen schon öfter kennen gelernt hatte, gab mir augenblicklich die Sicherheit, den richtigen Kieferchirurgen gefunden zu haben. Was ich grundsätzlich sonst nicht tue, ich vereinbarte bei diesem ersten Gespräch gleich meinen verbindlichen OP-Termin für den 03.07.07.
Ergänzen möchte ich noch, dass der Leiter der MKG-Klinik in Regensburg ausgesprochen sympathisch ist. Er selbst ist Mitglied einer Kommission, die zur Zeit die Empfehlungen für die Behandlung manifester Kiefer-Osteonekrosen erarbeitet.
Nach der Festlegung des OP-Termins wurde der Unterkiefer für die Herstellung einer Verbandsplatte abgeformt. Mit der Verbandsplatte sollten die Extraktionswunden weitgehend gegen den Speichel abgedeckt werden, da der Speichel aufgrund seiner gerinnungsauflösenden Wirkung die ungestörte Wundheilung behindert.
Ich hatte bei dem operativen Eingriff keinerlei Schmerzen!! Für die Überleitung aus der Narkose in den Wachzustand erhielt ich eine Infusionsflasche mit einem Kreislaufmittel und Novalgin gegen Schmerzen angehängt, mit der ich nach der OP auf mein Zimmer zurückgebracht wurde.
Von neun möglichen Zähnen wurden mir im Unterkiefer nur vier!! gezogen. Die verbliebenen fünf Zähne sind nicht mehr als sehr gut zu bezeichnen. Sie reichen aber aus, um daran über eine Teleskopverankerung eine Teilprothese zu befestigen, die nicht auf der operierten Mundschleimhaut aufliegt!!
Die Verbandsplatte kam bei mir nicht zum Einsatz, vermutlich weil ein Zahn weniger entfernt wurde als beim Erstgespräch angenommen wurde. Ich hatte natürlich diese Entscheidung dem Operateur überlassen. Mein Wunsch war nur, im vertretbaren Rahmen den Eingriff möglichst atraumatisch durchzuführen. Wie bei der nerverhaltenden OP-Technik können auch hier zurück-bleibende Entzündungsherde eine Kiefer-Osteonekrosen wieder auslösen.
Am Tag der OP und den beiden darauf folgenden Tagen legte man mir eine Kühlmaske an, die ich auch nachts im Gesicht trug, um die Schwellung des OP-Gebietes klein zu halten.
Mit Erfolg.
Für den antibiotischen Schutz erhielt ich am Abend vor der OP 1 Tab. Amoxicillin 500 mg+Clavulansäure 125 mg, zusätzlich 1 Tab. Tranxilium und ab dem OP-Tag bis zur Entlassung aus der Klinik 3x tägl. 1 Infusion mit Augmentan i.v. 2,2 g.
Als künstliche Ernährung bekam ich täglich 3 x 500 ml Fresubin, isokalorische, ballaststoffreiche Standard-Sondennahrung der Fa. Fresenius Kabi. (Zuckergehalt: 1 g auf 100 ml)
Am 01.08.07 wurden die Fäden gezogen. Es war alles "wunderbar" verheilt. Meine Sprechfunktion hat etwas gelitten. Meine Kaufunktion ist gestört bis zum Einsetzen der neuen Teilprothese. Bis dahin muss mein Essen breiartig zerkleinert werden.
Bei meinem zweiten Kontolltermin, vier Wochen nach der OP, habe ich grünes Licht für die Anfertigung meiner Teilprothese bekommen. Wenn nach der Empfehlung des Arztes in M. alle Zähne gezogen worden wären, hätte es zwei bis drei Monate gebraucht, bis die Mundschleimhaut mit einer Totalprothese hätte belastet werden können!!
5. Ausblick
Ich bin mir natürlich darüber im klaren, dass die gut gelungene OP erst ein wichtiger Etappensieg ist.
Mit großer Erwartung schaue ich jetzt auf den dritten Kontrolltermin am 14.11.07, bei dem überprüft wird, ob die nach der Zahnextraktion entstandenen Alveolen sich langsam wieder mit einer Knochenmatrix auffüllen, wie es bei gesunden Kieferknochen der Fall ist. Bei einer ausbleibenden oder verminderten Neoangiogenese kommt es zu einer Störung der ordnungsgemäßen Neubildung der Knochen-Mikrostruktur. Implantate lassen sich dann im Knochen nicht mehr fest verankern. Grundsätzlich wird heute davon ausgegangen, dass nach einer längeren intravenös verabreichten BP-Therapie eine Implantatversorgung kontraindiziert ist.
Ich werde bis auf weiteres kein Actonel mehr nehmen, sondern nur noch täglich Kalk, 1200 mg plus Vitamin D3, 1000 I.E. Da ich beim Absetzen des Actonels die Knochendichte bestimmen ließ, werde ich dies nach einem Jahr BP-Pause wiederholen und entscheiden, wie es weiter geht.
Da in der Mundhöhle ein erhöhtes Risiko für bakterielle Infektionen und Pilzinfekte besteht, werde ich jetzt die Mundhygiene intensivieren und vorerst alle sechs Monate zur zahnärztlichen Kontrolle gehen. Die täglichen Spülungen der Mundhöhle mit einer Chlorhexidin-Lösung vertrage ich nicht so gut, statt-dessen spüle ich wieder mit Bio-Sonnenblumenöl.
Bei der noch bevorstehenden Parodontitis-Behandlung muss wieder auf einen antibiotischen Schutz (Amoxicillin 500 mg + Clavulansäure 125 mg) geachtet werden, um nicht wiederum ein erhöhtes Risiko für eine Kiefer-Osteonekrosen zu bekommen. Dies gilt generell für alle zahnärztlichen Behandlungen, bei denen die Mundschleimhaut verletzt werden kann.
Ich bin aufgrund des guten OP-Verlaufes sehr zuversichtlich, dass sich bei mir innerhalb von sechs Monaten nach der OP keine Kiefer-Osteonekrose mehr bildet, so wie es verschiedentlich beobachtet wurde.
Ich habe mir noch die Frage gestellt, warum es bei mir gleichzeitig zu drei eitrigen Zähnen an verschiedenen Stellen gekommen ist. Es kann davon ausgegangen werden, dass die BP mit ihrer anti-angiogenen Wirkung in der Mundschleimhaut Entzündungsprozesse in der Mundhöhle unterstützen. Während meiner fünfjährigen BP-Therapie habe ich des öfteren Zahnfleisch-Entzündungen gehabt. Diese häufigen Entzündungen während der BP-Therapie können zu Keimeintrittspforten für infektiöse Erreger geworden sein, die zu den drei eitrigen Zähnen führten.
Hieraus folgt für eine langzeitige BP-Therapie die Notwendigkeit einer regelmäßigen zahnärztlichen Kontrolle in kürzeren Abständen, um akute Krankheitsprozesse rechtzeitig zu erkennen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um intravenös verabreichtes, höher dosiertes BP handelt und gleichzeitig, wie bei der PCa-Erkrankung häufig, die Immunabwehr durch eine Chemo- und Kortison-Therapie weiter geschwächt wurde.

Briele fragte am 28.10.2007:
Mein Mann hatte 2005 ein Rezidiv, nach der fünfwöchigen Bestrahlung war der PSA-Wert auf 19 ng/ml gestiegen, Knochenmetastasen wurden leider erst danach festgestellt. Seither hat er folgende Therapie: alle drei Monate Trenantone-Spritze, täglich Casodex 50 mg, alle sechs Wochen eine Zometainfusion.
Es geht ihm – trotz einiger Nebenkriegsschauplätze – (Bandscheibenvorfall, kaputte Knie, etc., ) gut. Nieren und Leberwerte sind in Ordnung.
Seit Beginn der Therapie ist seine große Sorge eine Kiefernekrose. Er ist sehr genau bei der Zahnhygiene, auch oft bei seinem Zahnarzt für zusätzliche Zahnreinigungen mit Vector. Dem Zahnarzt war dieses Thema neu. Auch in der Ambulanz des UKE (Universitätsskrankenhaus) war die Ärztin uninformiert.
Wir beziehen unsere Kenntnisse aus dem Internet, und bei meinem Mann verhärtet sich der Eindruck, dass die Gefahr einer Kiefernekrose bei Zometa nunmehr höher eingeschätzt wird als vor ein bis zwei Jahren.
Hat jemand von Euch wegen eventueller Kiefernekrose von Zometa auf Bondronat gewechselt?
Günter antwortete am selben Tag:
Ich habe selber keine Erfahrungen mit Bisphosphonaten. Über beobachtete, unterschiedliche Kieferknochenschädigungen durch bestimmete Bisphosphonate hat das Universitätsklinikum Bonn, Medizinische Klinik und Poliklinik I, Direktor: Prof. Dr. T. Sauerbruch http://www.meb.uni-bonn.de/innere-medizin ein Merkblatt für Patienten herausgegeben:
"Kieferknochenschädigung (Osteonekrose) unter Therapie mit Bisphosphonaten".
Solltest Du die Bonner Info noch nicht gelesen haben, dann bitte siehe weiter unten eine Passage aus dem Merkblatt.
Passage aus dem Merkblatt
Eine wesentliche Ursache für das Auftreten von Kiefernekrosen besteht zum einen vermutlich darin, dass Bisphosphonate die Wirkung der Osteoklasten (Zellen für den Knochenabbau) hemmen. Osteoklasten bewirken einen regelmäßigen Knochenabbau alten Knochens, was wiederum die Knochenneubildung durch Osteobalsten stimuliert. Dadurch tragen sie effektiv zu Vorgängen des Knochenumbaus und der Knochenerneuerung bei. Bisphosphonate verfügen außerdem über einen antangiogenetischen Effekt. Dies bedeutet, dass die Neubildung von Blutgefäßen durch diese Substanzen gehemmt wird. Hierdurch kann es insbesondere in stark beanspruchten Knochen wie z. B. den Kieferknochen zu einer mangelhaften Durchblutung kommen, was wiederum zu Nekrosen, also Knochenzerstörungen führen kann.
Ein besonders gehäuftes Auftreten dieser Nebenwirkung wurde bei dem Präparat Zoledronat (Zometa®) beobachtet, unter Pamidronat (Aredia®) traten ebenfalls des öfteren Kiefernekrosen auf, jedoch seltener als bei Zoledronat. Unter Ibandronat- (Bondronat®-) Therapie waren Kiefer-Osteonekrosen als Komplikation bisher selten zu finden, und bei Patienten, die Clodronat (Ostac®) erhielten, wurden bisher keine Kiefer-Osteonekrosen beobachtet.
Außerdem möchten wir noch darauf hinweisen, dass andere Medikamente, die Sie möglicherweise ebenfalls im Rahmen Ihrer Therapie einnehmen, ähnliche Effekte auf die Knochenstabilität haben wie Bisphosphonate und daher die gleichzeitige Einnahme dieser Medikamente mit Bisphosphonaten die Entstehung von Kiefer-Osteonekrosen begünstigen kann. Daher sollte die Einnahme von Medikamenten mit hemmender Wirkung auf Osteoklasten oder auf die Neubildung von Blutgefäßen nach Möglichkeit vermieden werden.
PD Dr. A. Glasmacher
Dr. K. Orlopp
Medizinische Klinik I
Universitätsklinikum Bonn“

Jürg berichtete am 25.6.2008:
Meine Onkologin macht Gedanken über die Möglichkeit, dass Zometa eine Kieferknochennekrose auslösen könnte. Sie schlug mir deshalb vor einigen Monaten vor, Zometainfusionen nur noch alle zwei Monate statt monatlich durchzuführen. Ich akzeptierte das, ohne von der Lösung begeistert zu sein.
Bei der letzten Kontrolle mit MRI Mitte Mai zeigte sich, dass sich zwei neue, etwa reiskorngrosse Knochenmetastasen entwickelt hatten (falls sie nicht schon länger da waren und mit den soeben ersetzten Geräten meiner Klinik nur nicht entdeckt wurden!). So oder so stellte mir meine Onkologin die Frage nach dem „wie weiter“, und ich entschied mich ohne Bedenken für die Wiederaufnahme der monatlichen Infusionen. Gezählt habe ich sie übrigens nicht, aber es dürften um die 30 sein.
Dann aber führte ich ein Gespräch mit meiner Zahnärztin und stellte mit Vergnügen fest, dass diese über das Problem der Kieferknochennekrose bestens im Bild war. Nach ihren Informationen und Erfahrungen entsteht sie immer nur ausgehend von einer Entzündung. Sie behandelt daher Patienten und Patientinnen, die unter Zometa stehen, und sich zum Beispiel einen Zahn ziehen lassen müssen, grundsätzlich mit Antibiotika und überwacht den Heilungsprozess engmaschig. Wir haben vereinbart, künftig meine Zähne (sie sind in gutem Zustand) halbjährlich zu kontrollieren, wobei Kronen und Stiftzähne besonders überwacht werden, da sich dort unvermerkt Entzündungen entwickeln könnten. Bei Zahnfleischentzündungen müsste ich mich so rasch wie möglich bei ihr melden, um eine Therapie einleiten zu können.

PeterP schrieb am 25.2.2012:
Vor drei Monaten hat sich eine Stelle im Unterkiefer, bei der ich zuerst an eine kleine Zahnfleischverletzung dachte, als Kiefernekrose herausgestellt. Nach ca. dreijähriger regelmäßiger Zometa-Therapie besteht offenbar doch ein deutlich höheres Risiko, als es meist verharmlosend dargestellt wird. Der Verband der Kieferchirugen spricht ebenfalls von einem erheblich höheren Risiko.
Die Sache bescherte mir einen zweiwöchigen stationären Krankenhausaufenthalt mit zwei Kieferoperationen. Jetzt, gut acht Wochen danach drückt sich wieder der scharfkantige Kiefernochenrand, wo ein Backenzahn gezogen und nekrotische Knochenmasse entfernt wurde, durch die transplantierte Mundschleimhaut durch.
D. h. ich muß die Prozedur nochmals durchlaufen, falls es überhaupt noch einmal gemacht werden kann. Kiefernekrosen werden chirugisch als nahezu unheilbare Krankheiten angesehen und bedeuten für die Betroffenen ein ganz erhebliches Übel.
Der Hinweis auf gute Zahnpflege und regelmäßige Zahnkontrolle ist schön und gut, aber meist entwickelt sich ein kariöser Befall unter einer Füllung oder Krone unbemerkt und dann ist es zu spät, wenn es festgestellt wird!
Die Knochenkrebshemmende Eigenschaft von Bisphosphonat beruht ja auf der "Versiegelung" der Knochenoberfläche, durch die die Durchblutung der Knochenoberfläche aber deutlich reduziert wird. Da Krebszellen bekanntlich eine Blutversorgung benötigen, wird der schützende Effekt plausibel. Durch die reduzierte Durchblutung wird aber auch das Risiko einer Infektion deutlich erhöht.
Eine weitere fatale Sache ist, das diese "Versiegelung" sehr dauerhaft auf dem Knochen verbleibt. Es sind bisher keine Halbwertszeiten bekannt.
D.h. unbedingt nötige Zahnbehandlungen erfordern höchste Sicherheitsmaßnahmen, auch Implantate sind nicht mehr möglich.
Vor diesem Hintergrund ist zu überlegen, ob eine monatliche Verabreichung überhaupt erforderlich ist und nicht in erster Linie der Gesundheit des Herstellers dient. Es gibt Untersuchungen mit betroffenen Brustkrebspatientinnen, in denen ein vorbeugender Schutz mit sechsmonatiger Verabreichung, und im Falle bereits vorhandener Knochenmetastasen bei dreimonatiger Behandlung der Krankheitsfortschritt durch Verkürzung der Intervalle nicht verringert werden konnte.
Ein gewisser Trost ist daher, dass das neuere (und wirksamere) Präparat Denosumab im Knochen wieder abgebaut wird. Das Risiko der Knochen-Nekrose ist allerding bei Denosumab gleich hoch.
Hans-J. schrieb am selben Tag:
Gut, dass du dich diesem Thema zuwendest. Auch ich hatte eine beginnende Kiefernekrose unter Zometa. Die frühzeitige, seitliche Öffnung am Zahnknochen konnte Schlimmeres verhindern. Jedoch die vielen Arztbesuche waren lästig, denn der Befall wurde trockengelegt und mehrfach gereinigt. Nach Abheilen erst endgültig verschlossen.
Das war vor zwei Jahren. Bisher habe ich keine weiteren Probleme mehr erfahren. Nach der Sache jedoch auf Bondronat gewechselt.
Gesamt also zwei Jahre Zometa, 1,5 Jahre Bondronat, 0,5 Jahre Denosumab.
Etwas Verunsichert durch meine verminderten Erythrozytenzellmasse, sowie B-Zellen, welche in Abhängigkeit des Knochenmarks für die Blutbildung maßgeblich sind, bin ich nun auch soweit, mir über die Folgen von Bisphonaten/Denosumab - im Zeitablauf - Gedanken zu machen.
Dieses wird auch beim nächsten Onkologenbesuch eine Rolle spielen, evtl. statt monatlich auf zweimonatlich mir die Spritze geben zu lassen. Auch einer Überlegung wert wäre die Halbierung, da wir ja einen bestimmten Level an den Knochen als Schutz schon aufgebaut haben.
Ob die Versiegelung bei den Bisphosphonaten zu Beeinträchtigungen der Blutbildung führen können, gehört aus meiner Sicht abgeklärt.
Dazu schrieb PeterP:
Mir ist kein Zusammenhang bekannt zwischen Bisphosphonat und Blutbildung. Allerdings leide ich auch unter starker Blutarmut, Erytrozyten und Hämoglobin sind stark vermindert.
Und Jürg schrieb:
recht ausführliche Informationen finden sich z. B. hier: http://www.aerzteblatt.de/archiv/53506.
LowRoad schrieb am 27.2.2012:
Kiefernekrose ist eine leider immer wieder auftretende Komplikation bei langfristiger Bisphosphonat- oder Denosumab-Therapie. Die beschriebenen Raten liegen bei etwa 5 % der Patienten. Ich habe schon öfters auf das Problem und die Bedeutung der Zahnpflege und der Vermeidung von weiteren Risiken wie z. B. Rauchen oder Cortisontherapien hingewiesen.
Durch regelmäßigen Besuch einer Bisphosphonat-Sprechstunde lässt sich das Problem evtl. auch schon im Ansatz angehen. Denosumab hat gegen Bisphosphonat den Vorteil, dass es, kurzfristig abgesetzt, relativ schnell wieder aus dem Körper verschwindet, wogegen die üblichen Bisphosphonate eine Halbwertszeit von bis zu sechs Jahren haben. Zusätzliche Maßnahmen wie z. B. optimaler Vitamin-D- (30-70 ng/ml) und Kalziumspiegel wären sicher nützlich.
Als weitere Maßnahme möchte ich hier noch auf Strontium hinweisen. Nicht das radioaktive Strontium, sondern das ganz normale Stromtium-88.
Einführend ein kleine Anekdote:
"In a 10-year study, the United States Navy Dental Service examined the teeth of about 270,000 naval recruits. Of those, only 360 were found to be completely free of cavities. Curiously, 10 percent of those 360 individuals came from a small area around Rossburg, Ohio, where the water contains unusually high concentrations of strontium. Epidemiologic studies have shown that strontium concentrations of 6 to 10 mg/liter in the water supply are associated with a reduced incidence of cavities..."
"In einer 10-Jahres-Studie untersuchte der United States Navy Dental-Service, die Zähne von etwa 270.000 Marine-Rekruten. Davon erwiesen sich nur 360 als vollständig frei von Löchern in den Zähnen. Seltsamerweise kamen 10 Prozent jener 360 Personen aus einem kleinen Bereich um Rossburg, Ohio, wo das Wasser ungewöhnlich hohe Konzentrationen von Strontium enthält. Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass Strontium-Konzentrationen von 6 bis 10 mg/Liter in der Wasserversorgung mit einer geringeren Häufigkeit der Zahn-Hohlräumen verbunden ist..."
Ein ähnliches Ergebnis existiert für zwei unterschiedliche Orte in Griechenland. Strontium ist als Osteoporose-Medikament (Strontiumranelat) zugelassen, wobei bis zu 2 g/Tag eingesetzt wird. Übliche Ergänzungdosen von 100...300 mg/Tag erscheinen mir deshalb sicher. Strontium sollte aber nicht zusammen mit Kalzium eingenommen werden! Ob es auch gegen ONJ [osteonecrosis of the jaw = Kiefernekrose – Ed] wirksam ist, bleibt natürlich offen, aber schaden wird's wohl nicht..
Und PeterP antwortete am 29.2.2012:
Danke für Deinen Beitrag, es ist keine einfache Sache, die wirklich notwendige Vorsorge durchzuführen. Dazu kommt noch die Schocksituation, wenn man mit der Diagnose Knochenmetastasen konfrontiert wird.
Man denkt dann zuerst an die mögliche Therapie, bevor man an seine Zähne denkt. Zumal das Risiko leider verharmlost wird:
Hier ein Beitrag zu diesem Thema von der Internetseite der Kiefer- und Gesichts-Chirugie des Campus Innenstadt der Uniklinik München:
"Die Bisphosphonat-assoziierte Knochennekrose der Kiefer (im Folgenden BAK genannt). Seit der Erstbeschreibung hat sich die BAK zu einem ernsthaften medizinischen Problem entwickelt, insbesondere bei Patienten, die aufgrund einer Krebserkrankung stickstoffhaltige Derivate (sog. Aminobisphosphonate) intravenös verabreicht bekommen. In dieser Patientengruppe wurden Prävalenzen der BAK von über 18 % beschrieben. Aber auch bei Patienten mit oraler Bisphosphonateinnahme ohne maligne Grunderkrankung, wie z.B. der Osteoporose, tritt diese Erkrankung auf, allerdings mit einer deutlich geringeren Wahrscheinlichkeit von ca. 0,1 %."
Diese Zahlen sprechen für sich. Wahrscheinlich beruhen andere Prozentangaben auf Mittelwertbildungen.
Reinardo fragte am 3.3.2012:
Kann jemand sagen, warum es ausgerechnet die Kieferknochen sind, bei denen die Nekrose auftritt? Warum nicht Knochen an anderen Körperteilen, wo dann auch leichter zu therapieren wäre?
Nachdem ich in Unwissenheit um dieses Problem zehn Jahre lang ein orales Bisphosphonat (Fosamax) streng nach Vorschrift zur Vorbeugung gegen Knochenmetastasen eingenommen hatte, habe ich dieses nach Lesen der Ausführungen von Lowroad sofort abgesetzt und mir ein Rezept für Denosumab besorgt. Da finde ich aber auch den Hinweis auf das Risiko von Nekrosen und zögere mit dem Spritzen.
Was kann und sollte ich tun?
jürgvw kommentierte am selben Tag:
Anscheinend kennt man die Ursachen der Kiefernekrosen immer noch nicht:
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/krebs/mamma-karzinom/default.aspx?sid=806643&cm_mmc=Newsletter-_-Newsletter-C-_-20120303-_-Mamma-Karzinom
PeterP versuchte, ebenfalls am 3.3.2012, eine Erklärung auf Reinardos Frage:
Die genauen Vorgänge konnten zwar noch nicht geklärt werden, doch deutet die Tatsache, dass es in erster Linie die Kiefernochen befällt, auf bakterielle Ursachen hin. Die Zähne stellen da ein potentielles Risiko dar. Der Unterkiefer ist dabei noch häufiger betroffen, möglicherweise ist er schlechter durchblutet.
Denosumab hat eben den Vorteil, dass es schnell abgebaut wird. Vermutlich ergeben sich dadurch bessere Heilungschancen, auch wenn das nur ein kleiner Trost ist.
Ebenso Hvielemi einen Tag später:
Das scheint mir ganz einfach: Die Kiefer sind die einzigen Knochen, in die Material eingebunden ist, das direkten Kontakt zur Umwelt hat.
Karies, gebrochene Zähne, Kronen, Brücken, Wurzelfüllungen und Implantaten bilden direkte Zugänge für Fremdstoffe und Bakterien aller Art zum Knochen. Eiterherde an den Wurzeln behandelter und kranker Zähnen sind ja keine Seltenheit. So was gibt es an anderen Knochen nicht.
Wer Schrauben, Platten, Nägel und anderes osteosynthetische Material trägt, ist wohl auch an den betroffenen Knochen nekrosegefährdet. Weniger als am Kiefer, denn die direkte Pforte nach draußen fehlt dort zumeist.
Deshalb wird ja auch empfohlen, alle wurzelgefüllten oder sonstwie kranken Zähne zu sanieren – im Klartext: zu ziehen -, bevor Biphosphonate eingesetzt werden (diese drastische Maßnahme wird auch mit Erfolg angewendet gegen chronische Müdigkeit (CFS), multiple Chemikaliensensitivität (MCS) und andere Umwelterkrankungen).
http://www.cgg-mannheim.de/resources/downloads/Bisphosphonate2.pdf
Je nun: Lieber die Zähne ziehen lassen, als den Kiefer demontieren, siehe Abbildung 2 auf Seite 4 in obigem Link.
Ausführlich antwortete LowRoad am 5.3.2012 auf Reinardos Frage:
Da gibt es Hypothesen, sicher ist man sich nicht.
"Der Kieferknochen entwickelt sich, ebenso wie die übrigen Skelettknochen aus dem 3. Keimblatt (Mesoderm). Der Kieferknochen, wie auch die Schädelkalotte und die lateralen Teile der Claviculae, ist desmalen Ursprungs, also durch direkte Differenzierung von Vorläuferzellen in Osteoblasten entstanden. Im Gegensatz hierzu entsteht das übrige Skelett über den Weg der enchondralen Ossifikation, indem zunächst eine knorpelige Anlage entsteht, die dann in Knochen umgewandelt wird. Grundsätzlich scheinen die metabolischen Regelmechanismen identisch zu sein, der unterschiedliche Entstehungsmechanismus, wie auch Krankheits-spezifische Ausprägungen (z.B. Cherubismus) deuten darauf hin, dass der Kieferknochen speziellen regulatorischen Mechanismen unterliegt. Hieraus können unterschiedliche Reaktionen auf bestimmte Therapeutika abgeleitet werden. Was tatsächlich diesen Unterschied unter einer BP-Therapie ausmacht ist unklar..." [Felsenberg, Charité Berlin, 2004]
Tatsächlich ist der Kieferknochen sehr selten bis gar nicht von Metastasen des Prostatakarzinoms betroffen. Ob daran die "speziellen regulatorischen Mechanismen" ursächlich sind, oder nur die Tatsache, dass sich der Kieferknochen seltener umbaut, ist ungewiss. Wie auch schon erwähnt, braucht es aber wohl eines Anstosses, dass es zu Kiefernekrosen kommt:
"...Der Kiefer ist die einzige Stelle im Körper, in der mit hoher Inzidenz Keimkollonisierungen, auch ohne Epitheldeckendefekt durch dentogene Infektionen (..), stattfinden können..." [Ingo Diel, Im Focus Onkologie 3, 2005]
Obwohl die Mundhöhle durch den Speichel eine erhebliche antibakterielle Abwehrlage besitzt, kann es besonders beim Zusammentreffen von weiteren Faktoren zur Ausbildung von Kiefernekrosen kommen:
"…
muss als Risiko-Konstellation unterschiedlicher Ausprägung für eine Kiefernekrose angesehen werden…“ [Diel, s.o.]
So ist auch klar, warum Rauchen zu den Faktoren zählt, die Kiefernekrosen unter BP Therapie wahrscheinlicher machen.
ADT als Kofaktor:
Selbstverständlich, denn ADT drückt nicht nur das Testosteron in den Kastrationsbereich, sondern damit verbunden auch das Estradiol, welches für den Knochenaufbau wichtig ist. Der Knochenumbau wird gehemmt, was ja eigentlich auch gewollt ist. Sind noch keine Knochenmetastasen vorhanden, wird empfohlen, Östrogenergänzung zur ADT einzusetzen, um den Knochenabbau zu verlangsamen. Weiter oben hatte ich Strontium aus gleichem Grunde empfohlen. Sind Knochenmetastasen vorhanden, muss das individuell betrachtet werden, einfache 08/15-Rezepte gibt es nicht. Ich, z. B. beobachte genau die Knochenumbaumarker und verwende DENOSUMAB nur so viel, dass diese nicht ansteigen. Und während der ADT bzw. in der Off-Phase wird unterschiedlich vorgegangen... alles experimentell, versteht sich!