Der Extrakt aus dem Prostatakrebs-Forum von KISP und BPS

Therapiemöglichkeiten bei
hormon-unabhängigem Prostatakrebs (HUPK)

Norbert fragte am 24.4.2002:
was tut man wenn der PK hormonunabhängig ist?
Zieht man zum Urologen noch einen Onkologen hinzu? Wendet man sich an Leute, die experimentelle noch nicht zugelassene Therapien testen, oder greift man zu den ungezählten Wundermittelchen,mit denen man täglich konfrontiert wird, oder macht man gar nichts mehr und harrt der Dinge, die da auf einen zukommen? Dieser Zustand ist einfach fürchterlich so ganz ausgeliefert zu sein.
Ich habe neulich in Stuttgart beim Krebsforum einen Vortrag von einem Toxikologen namens Weickmann aus München gehört, der gute Erfolge mit Injektionen von Spinnengiften erzielt hat. Er ist jedoch kein Arzt. Ich habe nun angefragt, ob bei mir eine Behandlung sinnvoll sei.
Dann stand in unserer Lokalpresse ein Artikel über einen Prof. Theuer von der FHTE Reutlingen, der dem Krebs mit elektrischen Schwingungen zu Leibe rückt.
Dabei platzen die Krebszellen, während die gesunden Zellen verschont bleiben. Ich habe dem Professor geschrieben und warte nun auf eine Antwort.
Wer von Euch hat von diesen zwei Therapien schon was gehört?
Guy antwortete am 25.4.2002:
Ich habe einen Artikel über Herrn Dirk Weickmann gelesen, der herausfand, dass bestimmte Substanzen in dem Gift der hochgiftigen Sechs-Augen-Krabbenspinne (Sicarius) im Reagenzglas menschliche Krebszellen zerstören. Wie man mit diesem hochgiftigen Gift eine Therapie beim Menschen machen kann, weiß ich allerdings nicht! Vielleicht ist es möglich, mit Adenoviren das Gift direkt in die Krebszellen zu schleusen.
[Guy schickte den Artikel mit, der allerdings keine Aussage über die Wirksamkeit des Spinnengiftes enthielt, sondern über Probleme von Dirk Weickmann mit den Behörden berichtete. - Ed]
Uwe antwortete ebenfalls am 25.4.2002:
mein PSA ist 75, mein Krebs ist hormonunabhängig (HUPK) oder auch hormonrefraktär. Wenn die Hormonblockade nicht mehr wirkt, sollte man sie trotzdem weiter nehmen, um den hormonabhängigen (HAPK) nicht wieder aufblühen zu lassen. Ich mache zur Zeit eine Vakzinierung mit dendritischen Zellen mit den Antigen meines Krebses, dazu braucht man eingefrorene Krebsmasse des eigenen Körpers. Zwei meiner Mitglieder machen bei Dr. Heidenreich in Marburg eine Chemo-Therapie, er behauptet, dass er 80 % Erfolg hat und hat diese klinische Studie schon bei 40 Männern gemacht (siehe Anlage).
Wenn Ihr alternative Medizin gegen HUPK gefunden habt, dann lasst Euch Referenzen geben von Männern, die positiv behandelt worden sind, sonst ab in die Schublade.
Darauf antwortete Norbert am selben Tag:
vielen herzlichen Dank für Dein Schreiben.
Ich habe heute eine sehr erfreuliche Nachricht bekommen: Nachdem mein PSA sich in einem Monat von 2,31 ng/ml auf 4,25 ng/ml fast verdoppelt hatte (Grund meiner E-Mail), setzte ich Casodex ab und nahm statt dessen 2x tägl. eine Honvan, und siehe da, der PSA-Wert fiel innerhalb eines Monats von 4,25 auf 1,47 ng/ml. Mein Urologe sagte mir nun, ich solle diese Therapie nun weiter beibehalten. Ich hatte ja schon vor einem Jahr eine Schocktherapie mit Fosfestrol-Infusionen gemacht und auch anschließend die Honvantabletten genommen. Damals hatte ich eine ähnliche Wirkung erzielt. Ich musste jedoch wegen einer anfänglichen Thrombose abbrechen. Nun zu deiner Vakzinierung. Wie kommt man an das Tumormaterial ran? Mein Lokalrezidiv wurde vor einem Jahr bestrahlt und ist nicht mehr sichtbar. Bleibt nur noch das Material von der Prostatektomie vom 12.12.96. Ob dieses noch existiert? Zu Dr. Heidenreich: Ich habe gelesen, dass eine Chemo bei PK nur geringe Erfolge zeigt. Sollte man dann nicht zuerst mit einer leichteren Variante, dem Estracyt beginnen? Natürlich mache ich erstmal mit Honvan weiter und dann "schaun mer mal". Hoffentlich werde ich von allzu massiven Nebenwirkungen verschont. Momentan hab ich sporadisch eine kleine Übelkeit und Darmbeschwerden.
Zu diesem Bericht nahm Wil am 28.4.2002 Stellung:
Gratuliere zu dem Erfolg (mit Honvan). Alternative wäre Estradiolpflaster, wie sie die Frauen verwenden. Grund: Honvan wird geschluckt, kommt ins Blut und passiert sofort im ersten Blutumlauf die Leber. Da entstehen aus Honvan Metaboliten, die zur Thrombose führen können. Mit Pflaster kommt das Estradiol direkt ins Blut und passiert nicht sofort auch die Leber. Erfolgreiche Behandlungen mit Pflaster wurden und werden von Dr. Premoli in Argentinien ausgeführt.
Wolfgang schrieb am 28.4.2002 zu Norberts Überlegungen bezüglich Estracyt:
deinen Vorschlag hinsichtlich Estracyt halte ich aus eigener Erfahrung für vollkommen falsch. Genau so falsch ist es, bei einem sich entwickelndem PK mit der leichtesten Therapie zu beginnen, wie aus einem Zitat von Dr. Leibowitz zu entnehmen ist:
"Die wahrscheinlich allerwichtigste Beobachtung bzw. der bedeutendste Beitrag, den ich in unserem Kampf gegen den Prostatakrebs bisher geleistet habe, ist die Anwendung der Erkenntnis, die effektivste systemische Therapie 'sofort' einzusetzen. Ich empfehle ganz dringend, das gleiche Prinzip bei Männern mit hormonresistentem oder -refraktärem Prostatakrebs anzuwenden."
Ich habe HUPK, und ich habe die Therapie mit Estracyt begonnen, jedoch ist in dieser Zeit der PSA-Wert von 56 ng/ml bis auf 154 ng/ml gestiegen, und es hatte sich im Spinalkanal im BWK 6 eine große Tumormasse entwickelt, die schließlich mit einer Strahlentherapie wieder beseitigt werden konnte.
Daraufhin kam Wil am selben Tag noch einmal wieder:
Der eine schießt mit einer Flinte in den Nebel, der andere mit einer Kanone. Besser ist es, mit einer Wärmekamera erst mal zu schauen, wohin man überhaupt zielen soll.
So kommt es vor, dass die PK-Zellen gelernt haben, von Östrogenen zu leben. Die Eralpha-Rezeptoren in den PK-Zellen sind dann groß in der Anzahl. Die Hormontherapie funktioniert nicht mehr, der Patient sei hormonresistent geworden. Dann kommt Flinte oder Kanone (Chemo), während die Behandlung mit dem antiöstrogenen Taxotere die meist geeignete wäre - dies alles nur als Beispiel.
Der heutige Stand der Pathologie ist schon sehr fortgeschritten, es wird nur nicht oder kaum davon Gebrauch gemacht - wird wohl zu teuer sein(?). Wer lässt schon seine Chromosomen auf Ploidy untersuchen oder das relative Vorkommen der Gene wie p53, BCL-2 und ... ? Oder wer bekommt auf Basis solcher und weiterer Untersuchungen eine Therapie vorgeschrieben? Denn da soll es doch lang gehen. Erst messen (Ziel wahrnehmen), und dann erst schießen (therapieren), ähnlich wie bei der Bestimmung eines optimalen Antibiotikums. Hier eine diesbezügliche Webseite:
http://www.med-rz.uni-sb.de/med_fak/pathologie/Patho_Home_Start.htm
Ausschnitt:
"Professor Bonkhoff und sein Team haben zahlreiche grundlegende und international anerkannte Erkenntnisse zur Entstehung und Ausbreitung des Prostatakarzinoms erarbeitet. Als Erstem ist es ihm kürzlich gelungen, in Therapie-resistenten, fortgeschrittenen Prostatakarzinomen Oestrogen-Rezeptoren nachzuweisen, eine Entdeckung, die u.U. erhebliche therapeutische Konsequenzen nach sich ziehen wird. Homburg ist seit vielen Jahren Sitz des Prostatakarzinomregisters und diagnostisches Referenzzentrum. Den 2. Schwerpunkt des hiesigen Institutes stellen die gut- und bösartigen Weichgewebs- und Knochentumoren dar. Prof. Remberger ist seit Jahrzehnten als Mitglied der Deutschen AG für Knochentumoren und der International Sceletal Society Referenzpathologe für diese relativ seltenen, aber z. T. hochmalignen Tumoren. Das Einzugsgebiet der zahlreichen Konsiliaruntersuchungen erstreckt sich dabei von Luxemburg über Trier bis nach Berlin und Bayern. Gerade bei den Knochen- und Weichteiltumoren ist eine interdisziplinäre Kooperation aller Fachbereiche von allergrößter Wichtigkeit, aber auch hier stellt letztlich der Pathologe die Diagnose und damit die entscheidenden Weichen für die weitere Therapie.
Food for thought and "for what it is worth" (FWIW) [etwa: Etwas zum Nachdenken. - Ed]
Dazu wiederum meldete sich am 29.4.2002 Peter:
Es gibt ja eine Reihe von Studien, die die Ursache von Prostataprobleme in dem erhöhten Anteil von Östrogen sehen. Estradiol wird als die gefährlichste Östrogen-Variante betrachtet.
Ich habe gelesen, dass Dr. Premoli PSA-Werte gesenkt hat, aber ich werde hier noch ein bissel tiefer graben müssen.
Auch die Terminologie bei Phyto-Agenzien (Phyto-Östrogene) trägt zur Verwirrung bei.
Wolfgang schrieb am 1.5.2002:
Will, deine Metapher von Flinte und Kanone solltest du am besten an Dr. Leibowitz weiter leiten, vielleicht fällt ihm ein besserer Kommentar dazu ein als mir.
Im Übrigen fehlt mir zum vollen Verständnis deiner Mail doch das rechte medizinische Wissen, mit "Ploidy" oder "p53, BCL-2 und ..." kann ich nichts anfangen. Auch finde ich, es werden tagtäglich neue Theorien aufgestellt, neue Erkenntnisse gewonnen. Wenn wir als PK-Kranke mit relativ wenig Zeit alle diese neuen Theorien und Erkenntnisse erproben und anwenden wollten, müssten wir noch Jahrzehnte zur Verfügung haben, dann könnte man damit experimentieren. So aber beschränkt sich in der Regel unsere Therapie (ab einem gewissen Stadium) auf wenige Versuche, und dann ist es mir egal, ob ich mit einer Kanone auf meinen PK schieße!
Noch eine Bemerkung zu deinem "antiestrogen Taxotere" (ich nehme an, du meinst Antiöstrogen): Ich habe von einer Anwendung von Taxotere bisher abgesehen, weil es 1.) in Deutschland zur PK-Therapie nicht zugelassen ist (nur im Rahmen einer Studie, und da läuft z. Z. nichts), und 2.), weil mir die Nebenwirkungen für eine erste Anwendung zu heftig erschienen, und 3.) erscheint mir die Wirkung von Taxotere nur in einer Kombination am wirkungsvollsten zu sein, da bin ich aber noch nicht so weit, die richtige Kombination gefunden zu haben. Hier kommt dann tatsächlich die Pathologie ins Spiel.
Dazu schrieb Wil am 1.5.2002:
Dr. Leibowitz meint man soll den Krebs hart anpacken (mit Chemo), wenn der Krebs noch nicht all zu stark ist. Dabei empfiehlt er eine größere Anzahl verschiedener Chemo-Medikamente in Kombination, z. B. vier statt nur zwei. Andere meinen, man solle es erst mit Medikamenten, die weniger Nebenwirkungen haben, versuchen - alles Ansichtssache. Übrigens, es gibt zur Zeit (in USA) eine allgemeine Tendenz eine Chemotherapie früher einzusetzen.
[Zu Wolfgangs Fragen:]
Ich habe nicht nahe legen wollen, dass wir Patienten onkologisches Wissen haben müssen, und wollte nur betonen, dass wir von Onkologen behandelt werden müssten, falls keine lokale Therapie. Onkologen müssten in der Lage sein, die Kenntnisse der Pathologen besser zu nutzen - und Kenntnisse in der Klinik praktisch anzuwenden.
Mit einer Kanone schießen ist nicht egal, denn die Nebenwirkungen können relativ groß sein. Die Kanone zielt zu ungenau, ist zu unselektiv. Und dann muss man auch noch hoffen, dass das eigentliche Ziel getroffen wird. Es kommt öfters vor, dass eine Chemokombination nach der anderen versucht wird, bis dann endlich mal eine funktioniert. Man experimentiert blind herum, statt erst biochemisch zu untersuchen, welche Chemokombination die beste Chance hat.
[Zum "antiöstrogenen Taxotere":]
Entschuldigung, es muss wohl spät gewesen sein. Ich meinte das Antiöstrogen "Tamoxifen". Übrigens, Taxotere soll das effektivste Chemomedikament sein im Vergleich zu den anderen, wenn jeweils einzeln als Monotherapie verwendet. Kombinationen sollen sich gegenseitig verstärken, brauche ich dir nicht zu erzählen.
Daraufhin fragte Norbert am 2.5.2002:
Was also sollte ich konkret machen, falls mein PSA wieder steigen sollte, wenn nicht Estracit nehmen? Übrigens bekomme ich nun Infusionen mit Zometa. Kann dieses den PSA-Wert auch senken?
Und Wil antwortete am selben Tag:
Hier ist vielleicht eine gute Möglichkeit, etwas Gezieltes zu machen:
Institut für Pathologie der Universität des Saarlandes, http://www.med-rz.uni-sb.de/med_fak/pathologie/Patho_Home_Start.htm, Patienteninformation anklicken, Suchen nach Professor Bonkhoff. Ihn anrufen oder Deinen Arzt ihn anrufen lassen.
Lesen über die verschiedenen Chemotherapien, damit du besser mit dem Arzt zusammen arbeiten / entscheiden kannst. Dr. Eichhorn hat die Artikel von Dr. Strum ins Deutsche übersetzt. Die Dateien kannst du vom Web herunterladen. Der wichtigste (über Chemo) ist hierbei attached.