Der Extrakt aus dem Prostatakrebs-Forum von KISP und BPS

Palliativmedizin, Schmerzbehandlung

Ralf schrieb am 14.2.2007:
Zum Abschluss der Mitgliederversammlung des BPS Ende November vergangenen Jahres in Hannover hielt eine Ärztin aus Bonn, die sich ganz der Schmerzbehandlung verschrieben hat, einen sehr interessanten Vortrag über die heute zwar verfügbaren, aber einem Großteil der Ärzte nicht bekannten Möglichkeiten der Schmerztherapie. Sie verwies auf die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), die sich diesem Thema widmet. Auf deren Webpräsenz findet man nach Bundesländern sortiert die Anschriften solcher Einrichtungen. Sich in deren Betreuung zu begeben, wenn eine Schmerztherapie erforderlich wird, erscheint mir das beste, was man in der Situation machen kann, denn die Ärzte, mit denen wir bei unserer Erkrankung üblicherweise zu tun haben, sind häufig mit effektiver Schmerzbehandlung überfordert.
Ich werde bei den KISP-"Texten" einen Link zu der Seite der DGP einrichten [der Link ist auf der KISP-Seite unter der Rubrik "Links" eingetragen – Ed].
Dazu schrieb Carola-Elke einen Tag später:
Vor einiger Zeit haben sich Rudolf und ich mit dem Thema der "Schmerztherapie" bei Tumorpatienten näher beschäftigt.
Vielleicht bringt Dir ein Hinweis auf seine Seite http://www.promann-hamburg.de/Schmerz.htm, auf der sehr wichtige Artikel zu dem Thema zusammengestellt sind, in gewisser Weise auch eine Bereicherung.
Im Fernsehen gab es zu diesem Thema diese Woche eine Diskussionsrunde, bei der ein Palliativmediziner anwesend war, der aus medizinischer Sicht einige Fragen detaillierter beleuchtete. Dabei wurden die unterschiedlichsten medizinischen Problemstellungen, die der Sterbeprozess beinhalten kann, deutlicher.
Sehr wichtig in diesem Zusammenhang kann auch der juristische Aspekt werden, den Angehörige und Behandelnde zu beachten haben – festzuhalten am besten in der sog. "Patientenverfügung" und die "Vorsorgevollmacht", die man sich für den Ernstfall zusammen mit seinem vertrauenswürdigsten Menschen überlegen und gründlich besprechen sollte.
Oft ergeben sich bei diesen gemeinsamen Gesprächen anschließend medizinische Fragen, die ein Laie nicht ohne weitere Vorkenntnisse befriedigend beantworten kann.
Wegen dieser offenen Fragen sollte man zusätzlich einen Arzt seines Vertrauens oder besser, einen auf diesem Gebiet erfahrenen Mediziner um Antworten bitten, damit im Ernstfall jede wichtige Entscheidung schnell getroffen und umgesetzt werden kann, denn um Prozesse zu führen oder sich mit einem fremden, vom Gericht bestellten Betreuer herumzustreiten fehlt in derartigen Situationen einfach die Zeit.
Dieses Thema ist sehr vielschichtig. Wir leben hier auf Erden nicht gerade in einem Paradies, in dem man sich darüber keine Gedanken zu machen braucht. Nicht rechtzeitig unterrichtete Angehörige sind schnell überfordert und Nicht-Palliativmediziner entscheiden oftmals sehr zögerlich bei der Verabreichung von potenten Opiaten, wenn der Wille des Patienten nicht klar formuliert wird und niemand dafür sorgt, dass er auch durchgesetzt wird.
Es könnte manchem viel Leid erspart werden, wenn die richtigen Maßnahmen und die definierten persönlichen Grenzen des Patienten immer beachtet würden.
Juristen und manche Politiker haben dieses Thema im Augenblick in Deutschland zu "ihrem Thema" gemacht und ich fürchte, die Politik traut sich nicht, eine wirklich patientenfreundliche Stellung zu beziehen und die Gesetze entsprechend zu formulieren, damit genügend Freiraum für den individuellen Willen wirklich beim Betroffenen selbst verbleibt.
Palliativstationen und Hospize sind hierzulande nicht flächendeckend und in ausreichendem Maße vorhanden, so dass man von einer ziemlich großen Grauzone ausgehen sollte, d. h. auch andernorts versterben Menschen und benötigen menschlich zuverlässige und medizinisch qualifizierte Unterstützung.

Werner R. schrieb am 20.5.2007:
Krebsschmerz-Informationsdienst KSID: 0800/420 3040 !
Dieser Informationsdienst steht allen Krebspatienten täglich von 8.00 bis 20.00 Uhr zur Verfügung, auch per E-Mail: krebsinformationsdienst@dkfz.de. Dieser Informationsdienst bietet zu allen krebsschmerzbezogenen Fragen Antworten und Informationen an.
Der KSID ist ein Modul des Krebsinformationszentrums KID und wird vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg finanziert.
Susann schrieb am 2.11.2019 an eine „betroffene Schwiegertochter“:
Gestern Nacht bin ich auf deinen Thread gestoßen und habe ihn mit zunehmender Anteilnahme gelesen. Es berührt mich sehr, was und wie du über deinen Schwiegervater schreibst und wie sehr ihr euch bemüht, für ihn da zu sein. Gerade wollte ich dir schreiben, dass ihr unbedingt ein Palliativteam zur Betreuung heranziehen sollt, da lese ich zu meiner Erleichterung, dass ein ebensolches Team sich jetzt um deinen Vater kümmert. Ich hoffe und wünsche, dass das Team auch dir, deinem Mann und deiner Schwägerin Hilfe und Kraft geben kann.
Mein Mann - 69, fortgeschrittenes metastasiertes PCa seit 14 Jahren - wird seit Januar dieses Jahres betreut von der SAPV (Spezialisierte ambulante Palliatv-Versorgung). Das Erstgespräch mit einem Arzt und einer Pflegekraft dauerte gute zwei Stunden. Alle Behandlungen, Medikamente und sonstige relevanten Informationen (z.B. auch die Patientenverfügung) wurden besprochen und aufgenommen. Der spezialisierte Arzt legte die Schmerzmedikation fest, die nach Bedarf immer wieder angepasst wird (derzeit Hydromorphon 16-0-16 und Ibu 600 mg 3-4 x täglich). Brauchen wir neue Rezepte, so genügt ein Anruf und sie werden in unsere Apotheke geschickt. Haben wir Fragen, können wir jederzeit anrufen. Und jederzeit heißt wirklich jederzeit! 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche. Du kannst dir vorstellen, was das für eine Erleichterung für uns beide ist. Wenn wir uns nicht melden, weil es meinem Mann zeitweise ganz gut geht, so meldet sich das Team selbst, um nachzufragen. Muss mein Mann ins Krankenhaus wie kürzlich zu einer Bluttransfusion, so muss er nicht über die Notaufnahme, sondern kann direkt auf die in unserem Krankenhaus vorhandene Palliativstation.
Und keine Angst vor dem Wort "palliativ". Es bedeutet nichts anderes als "beschützend, umsorgend" und dient den Medizinern als Gegenstück zu einer "curativen", also heilenden Behandlung. (Uns wurde bereits im ersten gemeinsamen Gespräch beim Urologen gesagt, dass jegliche Behandlung für meinen Mann nicht curativ, sondern nur palliativ sein könnte. Das war 2005.)