Der Extrakt aus dem Prostatakrebs-Forum von KISP und BPS

Diagnostik – der PCA3-Test

[Das PCA3 ist eine prostataspezifische Ribonucleinsäure (RNA), die bei Vorliegen eines Prostatakarzinoms überexprimiert wird. Mittels einer Urinprobe wird das Verhältnis von PCA3 zur PSA-mRNA bestimmt. Eine hohe PCA3-Punktzahl ("PCA3-Score") (> 60) hat einen positiven Vorhersagewert (also eine Treffsicherheit) auf das Vorliegen eines Karzinoms von 80 %. Bei Patienten mit einer negativen Erstbiopsie, bei denen z. B. wegen einer verdächtigen PSA-Entwicklung eine Nachbiopsie angeraten ist, hat ein niedriger PCA3-Score (< 20) einen negativen Vorhersagewert (also eine zutreffende negative Aussage) von 88 %. Ggf. kann dann auf eine Nachbiopsie (zunächst) verzichtet werden.
"Der Prostate Cancer Gene 3 (PCA3)-Test ist ein Gen-basierter Test. Er ersetzt den PSA- (Prostata-spezifisches Antigen)-Test nicht. Die PCA3-Untersuchung ist ein zusätzliches Instrument zur Entscheidungsfindung, ob bei Männern, bei denen Prostatakrebs (PCa) vermutet wird, d. h., solche mit einem PSA-Wert zwischen 2,5 und 10 ng/ml, eine Prostatabiopsie zur Diagnose von PCa wirklich nötig ist. PCA3 ist, anders als das PSA, Prostatakrebs-spezifisch. Dies bedeutet, es wird nur von PCa-Zellen produziert und nicht von der Prostatagröße beeinflusst. Es unterscheidet besser als PSA zwischen PCa und gutartigen/nicht-kanzerogenen Prostataerkrankungen, wie z. B. der gutartigen Prostatahyperplasie (BPH, gutartige Prostatavergrößerung) oder Prostatitis (Entzündung der Prostata). Das PCA3 liefert deshalb zusätzlich zum PSA sehr nützliche Informationen bei der Entscheidung, ob eine Biopsie wirklich nötig ist. Ein hoher PCA3-Score deutet auf eine höhere Wahrscheinlichkeit hin, dass eine Prostatabiopsie positiv ausfällt, d. h. Krebszellen in der Prostata vorhanden sind. Ein niedriger PCA3-Score deutet auf eine geringere Wahrscheinlichkeit einer positiven Biopsie hin. Eine kürzlich durchgeführte Studie legt den Schluss nahe, dass der PCA3-Score auch zwischen nicht-signifikantem (indolentem) und signifikantem PCa differenzieren kann."
(Aussagen von der Webpräsenz der Firma
Gene-Probe. Dort sind auch die Anschriften von Ärzten abrufbar, die diesen Test bereits anbieten.
Dort gibt es auch eine Suchfunktion zu medizinischen Labors, die den PCA3-Test anbieten.
Ed]

Josef fragte am 1.2.2007:
Frage: uPM3. Dies ist in Deutschland mittlerweile zugelassen. Hat schon jemand Erfahrung damit? Was kostet der Test? Zahlt es die Kasse (Auflage) bzw. Privatkasse? Gibt es wirklich nur ein Labor, welches die Auswertung machen kann?
Ralf antwortete am selben Tag:
der uPM3-Test ist schon wieder durch etwas Neueres, Besseres abgelöst, den Prostate Cancer Gene 3 (PCA3-) Test. Die Firma Gen-Probe hat den uPM3-Test zurückgezogen und bringt stattdessen den PCA3-Test auf den Markt, der eine höhere Spezifizität haben soll. Entdeckt wurde das PCA3 von Dr. Bussemakers an der uns wohlbekannten Radboud-Universität in Nijmegen. Zu den Unterschieden zwischen dem uPM3- und dem PCA3-Test schrieb mir die deutsche Niederlassung von Gen-Probe in Wiesbaden auf Anfrage:
"When this specific sequence was discovered by Dr. Bussemakers, it was called DD3 or Prostate Cancer Gene 3 (PCA3).
Initially a research assay was developed to detect the PCA3 gene, and the assay was called uPM3. Although the performance of the uPM3 assay was relatively good, it remained a research-use-only assay without regular validation or standardization. The uPM3 assay allowed us to learn a lot about the PCA3 gene and to understand how we could improve the detection of PCA3.
We learned soon that we could improve two important things with the assay:
1. Sample collection. Because the uPM3 assay was not very sensitive, a prostate massage was required to ensure a sufficient amount of cancer cells in the urine and urologist were forced to centrifuge the samples and send the samples on dry ice to the laboratory (not very practical and samples could easily get compromised). As a result, 20 to 25% of samples did not generate a result, which we thought was unacceptable for routine use.
2. Clinical significance. Since we measure the over-expression of PCA3 mRNA and since PCA3 mRNA is also produced in small amounts in normal prostate cells, it is impossible to tell if a large amount of PCA3 comes from a big number of normal prostate cells or from a few cancer cells. Therefore we needed to introduce an internal control to measure the relative expression of PCA3, independent from the number of normal prostate cells. The uPM3 assay did not have this internal control.
These improvements lead to the PCA3 assay, which is not a research-use-only test anymore, but a validated, CE-marked assay.
The sensitivity was significantly improved by using a very powerful amplification technique which is called TMA (Transcription Mediated Amplification).
Sample collection was simplified (now a regular DRE with 3 strokes is sufficient and no centrifugation is not required) and made more secure (refrigerated transport assures stability for 5 days). In a recent study, less than 2% of samples could not generate a results, compared with the 20-25% of our uPM3 assay.
Even more important, results were made clinically more significant with the introduction of an internal control (PSA mRNA, not to be confused with serum PSA protein).
Once the PCA3 assay was validated and made available, we decided to withdraw the uPM3 assay and focus only on the new PCA3 assay. Bostwick laboratories was the only laboratory to offer uPM3 till July 2006, when Bostwick Laboratories switched to the new PCA3 assay.
I hope this clarifies the difference between the uPM3 and PCA3 assays. If you have any additional questions, please do not hesitate to contact me. I enclosed an article on the analytical aspects of the PCA3 assay, which appeared in Clinical Chemistry.
Übersetzung:
Als Dr. Bussemakers diese spezifische Sequenz entdeckte, nannte man sie DD3 oder Prostate Cancer Gene 3 (PCA3). Anfänglich wurde ein Forschungs-Assay zum Detektieren des PCA3-Gens entwickelt, und man nannte dieses Assay uPM3. Obwohl die Leistung des uPM3-Assays relativ gut war, blieb es ein Assay für den Gebrauch nur in der Forschung, ohne regelmäßige Validierung oder Standardisierung. Durch den uPM3-Test lernten wir eine Menge über das PCA3-Gen und darüber, wie wir es nachweisen können.
Wir lernten schnell, dass wir an dem Assay zwei wichtige Dinge verbessern konnten:
1. Probengewinnung. Weil der uPM3-Test nicht sehr sensitiv war, war für das Gewinnen einer ausreichenden Anzahl von Krebszellen im Urin eine Massage der Prostata erforderlich, und die Urologen mussten die Proben zentrifugieren und in Trockeneis zum Labor schicken (nicht sehr praktisch, und die Proben konnten leicht verdorben werden). Am Ende erbrachten 20 bis 25 % der Proben kein Resultat, was wir für den routinemäßigen Gebrauch für unakzeptabel hielten.
2. Klinische Bedeutung. Da wir die Über-Expression der PCA3-mRNA (Boten-RNA) messen, und da die PCA3-mRNA in geringem Umfang auch in normalen Prostatazellen produziert werden, ist es nicht möglich zu sagen, ob eine große Menge PCA3 von einer großen Menge normaler Prostatazellen oder von einigen wenigen Krebszellen stammt. Darum mussten wir eine interne Kontrolle zum Messen der relativen Expression von PCA3 einführen, die von der Anzahl normaler Prostatazellen unabhängig war. Das uPM3-Assay besaß diese interne Kontrolle nicht.
Diese Verbesserungen führten zum PCA3-Assay, das nicht nur für den Gebrauch in der Forschung, sondern ein validiertes Assay mit CE-Kennzeichnung ist.
Die Sensitivität wurde wurde durch das Verwenden einer sehr leistungsfähigen Verstärkungstechnik namens TMA (Transcription Mediated Amplification) beträchtlich verbessert.
Das Gewinnen der Proben wurde vereinfacht (jetzt genügt ein dreimaliges Abstreichen der Prostata, und ein Zentrifugieren ist nicht erforderlich) und sicherer gemacht (gekühlter Transport gewährleistet die Haltbarkeit für fünf Tage). In einer jüngeren Untersuchung ergaben weniger als 2 % der Proben kein Ergebnis, verglichen mit den 20 bis 25 % unseres uPM3-Assays.
Wichtiger noch, wurden die Ergebnisse mit der Einführung einer internen Überwachung (PSA mRNA, nicht mit dem Serum-PSA-Protein zu verwechseln) klinisch bedeutsamer.
Als das PCA3-Assay erst einmal validiert und verfügbar gemacht worden war, entschieden wir, das uPM3-Assay zurückzuziehen und uns nur noch auf das PCA3-Assay zu konzentrieren. Bis zum Juli 2006 war das Bostwick Laboratory das einzige Labor, das den uPM3-Test anbot, dann wechselte es zu dem neuen PCA3-Assay.
Ich hoffe, dass dies den Unterschied zwischen dem uPM3- und dem PCA3-Test klarstellt. Wenn Sie weitere Fragen haben, dann zögern Sie nicht, sich mit mir in Verbindung zu setzen. Ich füge einen Artikel über die analytischen Aspekte des PCA3-Tests bei, der in "Clinical Chemistry" erschien."
Dieser Artikel (in Englisch) kann bei Interesse bei mir angefordert werden.
Bisher gibt es in Deutschland nur ein Labor, das den Test anbietet:
http://www.labor-limbach.de/
Dieses Labor schrieb mir (an KISP):
"Ich möchte Sie davon in Kenntnis setzen, dass wir Ende Januar [2007 – Ed] den PCA3-Test aus Urin anbieten werden. In der Anlage finden Sie eine Broschüre dazu. Zielgruppe sind bislang Männer mit erhöhtem PSA und negativer Biopsie. Der Test wird ca. 350.- Euro kosten und muss privat bezahlt werden."
Die angesprochene Broschüre (PDF-Format, auf Englisch) kann jetzt bei den KISP-"Texten" abgerufen werden (Nr. 31, 2,1 MB).

Dieter schrieb am 23.4.2008:
Mit dem PCA3-Test werden wir wohl noch häufiger konfrontiert werden. Dazu nachfolgend ein interessantes Interview.
"Seit rund einem halben Jahr ist der erste genbasierte Test für eine verbesserte Biopsieentscheidung bei Verdacht auf Prostatakarzinom verfügbar, der PCA3-Test. Nach Überzeugung von Prof. Bernd Schmitz-Draeger (Fürth) ist er ein wichtiger Meilenstein in der Dia-gnostik des Prostatakarzinoms. Ebenso wie der PSA-Test definiert er das Risiko eines Prostatakarzinoms, gibt jedoch keine diagnostische Ja/Nein-Antwort.
Die Expression des für Prostatakrebs hoch spezifischen PCA3-Gens wird – nach forcierter Tastuntersuchung – in Zellen aus Urin bestimmt und in Relation zur PSA-Gen-Expression gesetzt. Ähnlich wie beim PSA-Wert steigt das Risiko eines Prostatakarzinoms mit der PCA3-Expression.
Das Ergebnis kann oft weiter helfen, wenn nach PSA-Bestimmung weitere Fragen bestehen“, erklärt Schmitz-Draeger. Die Schwäche des PSA-Wertes ist seine Spezifität – und die daraus resultierende Überdiagnostik in Form von Biopsien oder aufwändigen bildgebenden Verfahren. „Er lässt eben keine weitere Diskriminierung zu“, so der Urologe.
Bei erhöhtem PSA-Wert und negativer Stanzbiopsie ist der PCA3-Test dagegen informativ und liefert eine Entscheidungshilfe für oder gegen eine kurzfristige Rebiopsie, wie Schmitz-Draeger unter Berufung auf eine deutsche Studie ausführt. Die Studienergebnisse legen auch nahe, den Test bei Patienten mit einer sehr großen Prostata einzusetzen. „Hier finden sich oft erhöhte PSA-Werte, ohne dass ein Karzinom vorliegt. Die PCA3-Expression scheint jedoch nicht vom Volumen der Prostata abhängig zu sein."
Hoher Score korreliert mit höherer Malignität
Problematisch kann die Diagnostik bei Patienten unter 5-alpha-Reduktasehemmern sein. „Wir konnten zeigen, dass der Test auch bei Finasterid-Patienten aussagekräftig ist.“ Als weiteren Vorteil wertet der Experte die signifikante Beziehung zwischen Malignitätsgrad und PCA3-Score: Patienten mit aggressiven Tumoren weisen einen erhöhten PCA3-Wert auf und werden dadurch eher einer weiterführenden Diagnostik zugeführt als Patienten mit niedrigerem PCA3-Score und niedrigerem Malignitätsgrad. Dieser Vorteil ist für Schmitz-Draeger bei der Beurteilung von Sensitivität und Spezifität des Tests mit einzubeziehen, die sich in einer eigenen Studie bei Patienten mit einem erhöhten PSA-Wert und vorangegangener negativer Stanzbiopsie auf 63 bzw. 65 % beliefen. „Das klingt auf den ersten Blick nicht sehr eindrucksvoll, aber wir haben in dieser Situation keine bessere Unterstützung für unser weiteres Vorgehen.“
Niedriger Score sorgt für Entspannung
Wie sicher ist ein sehr niedriger Score, und wie lange kann sich der Patient dann in Sicherheit wiegen? Nach den Erfahrungen des Urologen selbst und den publizierten Daten sind die Ergebnisse bei wiederholter Untersuchung sehr stabil – eher ungewöhnlich für einen komplexen biologischen Test. Der Grenzwert – bei 35 festgelegt – entspricht einer Expression, die 35-mal höher ist, als die Expression von PSA. Unter 35 sinkt das Risiko für ein Prostatakarzinom, darüber ist es erhöht. „Nehmen wir einen Patienten mit einem sehr niedrigen Wert von z. B. 5: Dieser hat ein etwa 3-mal geringeres Risiko, als andere Patienten mit dem gleichem PSA-Wert. Setzen wir das Risiko eines Prostatakarzinoms bei Patienten mit einem PSA-Wert zwischen 4,0 und 10,0 ng/ml auf rund 25 %, so hat dieser Patient ein Risiko, das bei etwa 8 % liegt. Das ist zwar keine endgültige Sicherheit, bewirkt jedoch Entspannung bei Arzt und Patient.“
Als hoch interessant schätzt der Urologe die Frage zum Einsatz des Tests bei der Überwachung von Patienten ein, bei denen ein niedrig malignes Prostatakarzinom vorliegt und die als Kandidaten für „watchful waiting“ in Frage kämen: Theoretisch könnte sich hier eine Option eröffnen, nachdem mehrere Studien den Zusammenhang zwischen PCA3-Expression und Malignitätsgrad gezeigt haben. Auch zwischen Tumorvolumen und PCA3-Expression dürfte ein Zusammenhang bestehen. „Insgesamt erscheint diese mögliche Indikation als plausibel. Aber es handelt sich bisher noch um reine Spekulation, Daten dazu existieren derzeit nicht.“
Klar ist für den Experten allerdings, dass der PSA-Test – trotz aller Unzulänglichkeiten – in Zukunft definitiv nicht durch den PCA3 abgelöst werden wird: „Er ist kein Ersatz, sondern in einigen Bereichen eine wertvolle Ergänzung“, sagt Schmitz-Draeger überzeugt und wünscht sich weitere Untersuchungen, insbesondere Längsschnittstudien.
Eine Reihe von Untersuchungen sind bereits auf dem Weg: In Deutschland wird der PCA3-Test derzeit vor der ersten Biopsie überprüft. Geplant ist eine Studie, bei der die Werte mit histologisch aufgearbeitetem Prostatagewebe verglichen werden, das bei Patienten mit Blasenkarzinomen gewonnen wurde, die sich einer kombinierten Zystektomie und Prostatektomie unterziehen mussten. In den kommenden Jahren könnten sich deshalb noch verschiedene Indikationen für den Test ergeben, spekuliert der Experte.
Dr. Renate Leinmüller, Wiesbaden
Prof. Dr. med.Bernd Schmitz-Draeger (Fürth)

Urologe schrieb am 8.10.2008:
Der PCA3-Test kann keinen Krebs finden, aber einen Hinweis darauf, ob weiter gesucht werden sollte (nämlich dann, wenn der Score über 35 ist. Aber auch bei einem Score unter 5 gibt es ca. 12 % positive Biopsien, andererseits bei Scores über 54 immer noch 30 % negative Biopsien!). Damit erhöhen sich die Verdachtsmomente und ggf. die Notwendigkeit einer erneuten Probenentnahme.
Ein neues, interessantes und viel wichtigeres Einsatzgebiet stellt meiner Meinung nach der PCA3-Test in der Überwachung des Active-surveillance/watchfull-waiting-Patienten dar. Gleichbleibende Scores = weiter warten, steigende Scores = Achtung!